Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Zwischen den Beteiligten sind Höhe und Dauer der Verletztenrenten nach den Arbeitsunfällen vom 22. April 2004 und vom 4. August 2004 streitig.
Die 1956 geborene Klägerin, die als Keyaccount-Managerin bei der A. Versicherungs-
AG versicherungspflichtig beschäftigt ist, erlitt am 18. Mai 1982 als Beifahrerin im Pkw ihres Ehemannes auf dem Weg zu ihrer damaligen Arbeitsstelle einen ersten Arbeitsunfall (Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Pkw). Der Chirurg
Dr. Z. diagnostizierte am Unfalltag ein HWS-Schleudertrauma. Ein krankhafter Befund der Hals (HWS)- und oberen Brustwirbelsäule (BWS) wurde bei der radiologischen Untersuchung nicht erhoben (
vgl. Durchgangsarztbericht vom 18. Mai 1982). Die Klägerin befand sich deswegen bis zum 25. Mai 1982 in stationärer Behandlung, wobei im Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses C. die ergänzende Diagnose einer BWS- und Lendenwirbelsäulen (LWS)-Prellung gestellt wurde. Nachfolgend wurde die Klägerin mittels Krankengymnastik, Reizstrom und Eisanwendungen konservativ behandelt. Sie war bis zum 16. Juni 1982 arbeitsunfähig erkrankt (AU). Entschädigungsleistungen wegen dieses Arbeitsunfalls wurden nicht erbracht.
Am 22. April 2004 fuhr auf ihrem Weg zur Arbeit ein anderes Fahrzeug auf ihren stehenden Pkw auf, wobei die Klägerin angeschnallt war. Wegen Schmerzen in der unteren HWS, später auch der oberen BWS begab sie sich in die Chirurgische Abteilung des Städtischen Krankenhauses Sindelfingen.
Dr. K. stellte auf Grund einer Distorsion der HWS, der Zerrung der Nackenmuskulatur sowie einer Prellung der BWS und LWS AU zunächst für 14 Tage fest (
vgl. Durchgangsarztbericht vom 22. April 2004). Die Klägerin wurde nachfolgend physiotherapeutisch behandelt (Krankengymnastik und Massagen).
Im Rahmen der stufenweise Wiedereingliederung der Klägerin verunfallte sie am 4. August 2004 auf dem Weg zur Arbeit erneut. Es fuhr ein anderes Auto von hinten auf ihren Pkw auf, wobei sie angeschnallt war. Der Chirurg
Dr. K. diagnostizierte am Unfalltag eine HWS-Distorsion und eine LWS-Prellung mit neurologischer Symptomatik. Die Klägerin wurde stationär bis zum 7. August 2004 aufgenommen. Dabei ergaben die Röntgenaufnahmen aller Abschnitte der Wirbelsäule in zwei Ebenen keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung. Die Klägerin klagte über Parästhesien im Bereich der Fingerspitzen der rechten Hand; eine Einschränkung der Kraft oder Motorik konnte
Dr. K. nicht objektivieren (
vgl. Durchgangsarztbericht vom 4. August 2004). Die am 6. August 2004 durchgeführte Kernspintomographie der HWS ergab ebenfalls keinen Anhalt für eine knöcherne Verletzung, jedoch ausgeprägte Osteochondrosen im Bereich der mittleren Cervicalsegmente mit nicht sequestrierten Vorwölbungen der Bandscheibe im Segment C4/5 medial sowie im Segment C5/linksbetont und Segment C6/7 medial (
vgl. Entlassungsbericht vom 18. August 2004).
Am 5. Oktober 2004 wurde die Klägerin ambulant untersucht, wobei eine eher endgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei unauffälligem neurologischem Befund beschrieben, aber auf Grund der erheblichen Restbeschwerden ein stationäres Heilverfahren befürwortet wurde (
vgl. Arztbericht vom 7. Oktober 2004). Die Klägerin wurde daraufhin vom 14. Oktober bis 11. November 2004 stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. behandelt, wobei es zu einer Verbesserung der HWS-Beweglichkeit bei nur geringgradiger Verbesserung der Schmerzen und subjektiven Beschwerden der Klägerin kam (
vgl. Entlassungsbericht vom 16. November 2004). Bei der neurologischen Zusatzuntersuchung vom 19. Oktober 2004 bestanden keine manifesten oder latenten Paresen, die Muskeltrophik und der Muskeltonus waren unauffällig. Reflexe waren seitengleich mittellebhaft auslösbar, auch die Koordination gelang. Eine Myelonläsion oder radikuläre Läsion konnte ausgeschlossen werden (
vgl. Befundbericht vom 21. Oktober 2004). Nach einer ab dem 8. Dezember 2004 durchgeführten erweiterten ambulanten Physiotherapie, einer Arbeits- und Belastungserprobung ab dem 18. Januar 2005 und wiederholten Nachuntersuchungen der Klägerin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. erachteten die behandelnden Ärzte die Klägerin ab dem 28. Februar 2005 wieder für vollschichtig arbeitsfähig; eine unfallbedingte
MdE bestehe nicht (
vgl. Zwischenbericht vom 18. Februar 2005).
Die Beklagte ließ die Klägerin chirurgisch begutachten.
Dr. F. führte aus, dass die Klägerin seit dem 14. April 2005 wieder arbeite, wobei ihr Autofahrten bis zu einer Stunde möglich seien und die Arbeiten am
PC noch erschwert wären (reduzierte Fingermobilität). Mit den Unfällen in ursächlichem Zusammenhang stünden eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung in beide Arme und Beine, radiologische und kernspintomographische Veränderungen der HWS mit erosiver Osteochondrose C5/6 und C6/7 mit Endplattenveränderung sowie Dehydrierung der Bandscheiben, paravertebrale lumbale thorakolumbale und nuchale Myogelosen, Bewegungseinschränkung der LWS und Osteochondrose des lumbosakralen Übergangs. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE) bewertete er ab dem 28. Februar 2005 mit 30 vom Hundert (v. H.). Auf Nachfrage führte
Dr. F. in seiner ergänzenden Stellungnahme aus, die von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen beruhten auf einer Summation der drei Unfallereignisse. Unfallunabhängige Vorschäden oder anlagebedingte Veränderungen habe er nicht feststellen können. Das Unfallereignis vom Mai 1982 habe nachgewiesenermaßen zu radiologischen Veränderungen der HWS geführt und einen Anteil von 10 % an der gesamten unfallbedingten
MdE. Die weiteren, zeitlich eng zusammenliegenden und in ihrer Intensität vergleichbaren beiden Unfallereignisse von April und August 2004 hätten in ihrer Summe einen wesentlichen Anteil von 90 % an der unfallbedingten
MdE. Eine prozentuale Abstufung bezogen auf jedes Unfallereignis sei rein spekulativ und nicht sinnvoll.
Am 22. Juni 2006 begab sich die Klägerin in Behandlung bei
Dr. F., der über massive posttraumatische degenerative Veränderungen berichtete. Wegen multipler allergischer Reaktionen auf sämtliche Analgetika sei eine adäquate Schmerzbehandlung nicht möglich. Bei PD
Dr. M. berichtete die Klägerin am 31. Oktober 2006, dass es subjektiv wie objektiv durch die krankengymnastische Behandlung eine deutliche Besserung gebe. Die Beweglichkeit der HWS sei insgesamt besser.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere orthopädische Begutachtung der Klägerin. PD
Dr. M. führte zunächst aus, dass sich an der unfallbedingten
MdE, die seit dem 28. Februar 2005 mit 30 v. H. angegeben worden sei, nichts geändert habe. Der Unfall vom 18. Mai 1982 habe zu den radiologischen Veränderungen im HWS-Bereich geführt. Das Ereignis vom 4. August 2004 habe neurologische Ausfälle nach sich gezogen, weshalb der Anteil an der
MdE durch diesen Unfall höher einzuschätzen sei. Eine regelmäßige Fortsetzung der Physiotherapie sei erforderlich. Auf Nachfrage seitens der Beklagten (
vgl. Schreiben vom 14. September 2007) erstattete PD
Dr. M. ein neues Gutachten, in dem er ausführte, dass sich auf Grund des ersten Unfalls vom 18. Mai 1982 keine
MdE in rentenberechtigendem Sinn ergeben habe. Die Röntgenaufnahmen der HWS hätten keine pathologischen Veränderungen gezeigt. Es habe sich um einen Unfall mit Schweregrad I gehandelt, der eine unfallbedingte AU von 1 bis 3 Wochen nach sich gezogen habe. Der Unfall vom 22. April 2004 habe frische knöcherne Verletzungen nicht gezeigt, er sei als Unfall nach einem Schweregrad II einzustufen. Daraus resultiere eine unfallbedingte
MdE von 20 v. H. bis zum Ende des ersten Halbjahres, danach um 10 v. H. bis zum Ende des ersten Unfalljahres. Das dritte Unfallereignis vom 4. August 2004 habe ebenfalls keine knöchernen Verletzungen ergeben. Auch kernspintomographisch seien frische Verletzungsfolgen nicht sichtbar gewesen, sodass der Schweregrad bei II liege. Auch zu diesem Unfallereignis werde die
MdE mit 20 v. H. bis zum Ende des ersten halben Jahres, danach mit 10 v. H. bis zum Ende des Unfalljahres eingeschätzt. Das Unfallereignis von Mai 1982 habe an der Gesamt-
MdE keinen Anteil. Die Arbeitsunfälle von April und August 2004 hätten einen Anteil von jeweils 50 % an der
MdE.
Gestützt hierauf anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2008 das Ereignis vom 22. April 2004 als Arbeitsunfall und stellte als Unfallfolgen "vorübergehende schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im Bereich der HWS durch vorübergehende Verschlimmerung der vorbestehenden Beschwerden nach Zerrung der HWS" fest. Die degenerativen Veränderungen (Entartungen) im Bereich der Halswirbelsäule seien hingegen nicht Folge des Arbeitsunfalls. Die Beklagte gewährte der Klägerin Verletztenrente vom 2. August 2004 bis zum 21. Oktober 2004 nach einer
MdE von 20 v. H. und vom 22. Oktober 2004 bis zum 21. April 2005 nach einer
MdE von 10 v. H. Ab dem 22. April 2005 bestehe kein Anspruch mehr auf Verletztenrente. Als Folge des Arbeitsunfalls vom 4. August 2004 anerkannte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 19. Februar 2008 dieselben Gesundheitsstörungen und gewährte der Klägerin für die Zeit vom 28. Februar 2005 bis zum 21. April 2005 Verletztenrente als Gesamtvergütung nach einer
MdE von 10 v. H. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf Verletztenrente.
Die dagegen unter Vorlage der am Verkehrsunfallverfahren angefallenen Unterlagen eingelegten Widersprüche blieben erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 31. Juli 2009). Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, dass auch die MRT-Untersuchung der HWS vom 6. August 2004 und die neurologische Untersuchung vom 21. Oktober 2004 keine unfallbedingten strukturellen Verletzungsmerkmale an der HWS ergeben hätten, sodass lediglich eine HWS-Zerrung mit Schweregrad II vorliege.
Hiergegen hat die Klägerin jeweils am 28. August 2009 Klagen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, die mit Beschluss vom 4. Januar 2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurden.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die Klägerin von Amts wegen und auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) orthopädisch begutachten lassen.
Der von Amts wegen angehörte Sachverständige
Dr. C. hat ausgeführt, die Klägerin habe über Sensibilitätsstörungen an den Armen und Beinen berichtet, wobei ihr Bewegung und Physiotherapie Linderung verschafften, sie sei auch sportlich aktiv. Als Schmerzmittel nehme sie nur frei verkäufliche Präparate. Sie habe sich in einem guten Allgemein- und gesteigerten Ernährungszustand befunden. Die Muskulatur der BWS und LWS sei massiv verspannt gewesen. Motorische Störungen hätten sich ebenso wenig wie Muskelatrophien gefunden. Die HWS-Rotation sei mittelgradig eingeschränkt, die Seitneigungen und die Inklination stärkergradig vermindert, die Reklination sei weitgehend frei gewesen. Die Funktionseinbußen könnten durch die fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen in den Etagen C4 bis C7 erklärt werden, die bereits 2004 nachgewiesen und zwischenzeitlich wahrscheinlich zugenommen hätten. Radikuläre Störungen seien nicht feststellbar. Die berichteten Sensibilitätsstörungen könnten weder einem Segment noch einem peripheren Nervenverlauf zugeordnet werden. Die Entfaltung der BWS und LWS sei nicht eingeschränkt. Die Abspreizung der linken Schulter sei stärker eingeschränkt, was wahrscheinlich auf eine degenerative Veränderung an der Rotatorenmanschette zurückzuführen sei. Bei dem Autounfall 1982 habe eine strukturelle Schädigung der HWS und BWS ausgeschlossen werden können. Die Röntgenaufnahmen anlässlich des im April 2004 erlittenen Unfalls hätten ebenfalls eine frische knöcherne Verletzung nicht ergeben, wohl aber fortgeschrittene Verschleißerscheinungen. Es lasse sich zwar nicht mit Sicherheit ausschließen, aber auch durch nichts beweisen, dass diese degenerativen Veränderungen auf den Unfall von 1982 zurückzuführen seien. Dagegen spreche, dass die Klägerin bis zu dem erneuten Ereignis beschwerdefrei, nicht behandlungsbedürftig und uneingeschränkt arbeits- und sportfähig gewesen sei. Die Rekonvaleszenz nach dem Unfall im April 2004 sei prolongiert gewesen, weil der Unfall eine bereits vorgeschädigte HWS getroffen habe. Das Ereignis habe also zu einer vorübergehenden Verschlimmerung eines vorbestehenden klinisch stummen Verschleißleidens geführt, die aber nicht richtungsweisend gewesen sei. Ab dem 4. August 2004 seien keine eindeutig auf den zweiten Unfall zurückzuführenden Verletzungsfolgen mehr nachweisbar gewesen. Die Beurteilung von
Dr. F., die am 22. April 2004 festgestellten degenerativen Veränderungen seien Folgen des ersten Unfalls 1982, sei nicht nachvollziehbar, weil rein spekulativ. Demzufolge könne auch eine
MdE für den Unfall im April nicht eingeschätzt werden. Das Ereignis im August 2004 habe zu einer weiteren Akutbehandlung mit einem sich daran anschließenden langwierigen Heilverfahren geführt. Die Auswirkungen dieses dritten Unfalls seien gravierender gewesen, weswegen die Rekonvaleszenz gut sechs Monate in Anspruch genommen habe. Bei Abschluss des Heilverfahrens hätte aber festgestellt werden können, dass eine
MdE nicht mehr bestehe. Der Unfall habe deswegen nur zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der vorbestehenden degenerativen HWS-Veränderungen geführt. Dies lasse es gerechtfertigt erscheinen, für die Dauer vom 28. Februar 2005 bis 3. August 2005 die
MdE mit 20 v. H. einzuschätzen, danach vom 4. August 2005 bis 3. August 2006 mit 10 v. H. festzustellen und ab dem 4. August 2006 mit unter 10 v. H. zu bewerten. Eine
MdE um 30 v. H., die zum Beispiel bei einer Luxationsfraktur mit Bandscheibenbeteiligung und statistisch wirksamem Achsenknick ausgelöst werde, sei mit der von der Klägerin erlittenen Distorsion der HWS nicht vergleichbar. Der Beurteilung von PD
Dr. M. könne insoweit nicht gefolgt werden, da das Konstrukt, eine Gesamt-
MdE jeweils zur Hälfte auf die beiden Unfälle zu verteilen, zwar pragmatisch, aber rein fiktiv und deshalb nicht nachvollziehbar sei.
Der nach § 109
SGG erneut angehörte Sachverständige
Dr. F. ist bei seiner Auffassung verblieben, dass die Krankheitserscheinungen nach dem Unfall im April bis zum erneuten Trauma im August als Folge des ersten Unfalls zu deuten seien. Die Klägerin sei bis zum dritten Unfallereignis noch AU gewesen, die AU habe bis zum 28. Februar 2005 fortbestanden. Die Röntgenaufnahmen am Unfalltag im April zeigten eine bereits erheblich degenerativ veränderte HWS, was möglicherweise auf den Erstunfall 1982 zurückzuführen sei. Dies sei aber rein spekulativ. Das Unfallereignis im August sei auch geeignet gewesen, das HWS-Syndrom, das noch nicht abgeklungen sei, erneut anzufachen. Die bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin, die er bereits in seinem ersten Gutachten beschrieben habe, seien Folge der beiden Arbeitsunfälle, denn die Klägerin sei davor trotz radiologischer HWS-Veränderungen völlig beschwerdefrei gewesen. Die
MdE wegen des Arbeitsunfalls vom April 2004 bewertete er für die Zeit vom 22. Oktober 2004 bis 28. Februar 2005 mit 100 v. H. und seither mit 30 v. H. Die Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. August 2004 bewertete er seit dem 28. Februar 2005 ebenfalls mit 30 v. H.
Die Beklagte hat hierzu eine fachärztliche Stellungnahme von
Dr. Th. vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, für
Dr. F. komme es offensichtlich überhaupt nicht darauf an, ob ein Unfallereignis über eine strukturelle Schädigung zu nachfolgend nachweisbaren ausgeprägten Schäden geführt habe oder nicht. Ohne den Nachweis einer solchen HWS-Verletzung sei unter Zugrundelegung der gutachterlichen Literatur eine dauerhafte Verletzungsfolge aber nicht plausibel zu machen. Der Umstand, dass ein Hergang geeignet sei, einen strukturellen Körperschaden auszulösen, bedeute noch nicht, dass dieser dann auch eintrete. Auch ließen sich die umfangreichen geäußerten Beschwerden der Klägerin nicht allein in Anbetracht der dokumentierten körperlichen Befunde, geschweige denn aus dem mitgeteilten HWS-Syndrom, erklären.
Mit Urteil vom 20. Januar 2011, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 28. Januar 2011, hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. August 2004 Verletztenrente für die Zeit vom 28. Februar bis zum 3. August 2005 nach einer
MdE um 20 v. H. der Vollrente unter Anrechnung der bereits im Zeitraum 28. Februar bis zum 21. April 2005 insoweit gezahlten Verletztenrente nach einer
MdE um 10 v. H. zu gewähren. Im Übrigen hat das Gericht die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls im April 2004 stünde der Klägerin keine höhere Verletztenrente zu, denn die Folgen dieses Arbeitsunfalls bedingten seit dem Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit am 2. August 2004
bzw. über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus keine messbare
MdE. Dagegen müsse unter Zugrundelegung der Darlegungen des Sachverständigen
Dr. C., die wohl begründet und widerspruchsfrei seien, wegen dem Arbeitsunfall im August eine höhere
MdE wie zugesprochen zuerkannt werden. Die von dem Sachverständigen diagnostizierten Gesundheitsstörungen seien aber nicht in vollem Umfang Folge der streitigen Arbeitsunfälle, die im Wesentlichen nur zu einer Distorsion der HWS mit regionalen Muskelzerrungen geführt hätten. Dies hätten die Sachverständigen
Dr. C. und PD
Dr. M. übereinstimmend ausgeführt. Das werde auch durch die Durchgangsarztberichte von
Dr. K. bestätigt, die jeweils keinen Anhalt für frische Frakturen ergeben hätten. Dagegen habe die Klägerin bereits im April 2004 an Vorerkrankungen der HWS gelitten, die sich ebenso bei den im August 2004 angefertigten Röntgenaufnahmen in gleichem Ausmaß gezeigt hätten. Diese Veränderungen seien weder Folge des Arbeitsunfalls im April noch im August 2004 gewesen. Das habe auch
Dr. F. in seiner ergänzenden Stellungnahme bestätigt. Diese Einschätzung stehe in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Gutachtensliteratur. Danach müssten traumatische Bandscheibenschäden in jedem Fall mit Begleitverletzungen im Sinne knöcherner oder ligamentärer Schäden in den betroffenen Segmenten verbunden sein. Solche Begleitverletzungen seien indes nicht diagnostiziert worden. Ob die Veränderungen Folge des ersten Arbeitsunfalls seien, sei für die Entscheidung nicht rechtsrelevant, weil die Folgen des Arbeitsunfalls 1982 nicht streitgegenständlich seien. Im Übrigen habe
Dr. C. allenfalls nicht ausgeschlossen und damit für möglich erachtet, was indessen nicht ausreichend sei, dass die degenerativen Veränderungen der HWS möglicherweise auf den Erstunfall zurückzuführen seien. Der Arbeitsunfall im April habe zu einer vorübergehenden Verschlimmerung des vorbestehenden Verschleißleidens geführt, wobei eine richtungsweisende Verschlimmerung nicht eingetreten sei. Das Unfallereignis im August sei gravierender gewesen, wie dies auch
Dr. C. ausgeführt habe. Die von der Klägerin berichteten Sensibilitätsstörungen seien durch die Befunde nicht erklärbar. Diesen käme auch, nachdem Muskelatrophien nicht zu objektivieren und die Kraftentfaltung in gekreuztem Handdruck nahezu seitengleich ausgefallen seien, keine funktionelle Bedeutung zu. Die Entfaltung der BWS und LWS sei nicht eingeschränkt gewesen. Die Gesundheitsstörungen der HWS entsprächen in ihrem klinischen Ausmaß dem Grad II nach Erdmann.
Dr. C. sei auch insoweit zu folgen, als die Arbeitsunfälle von April und August 2004 zu keinen jeweils voneinander abgrenzbaren Substanzschäden geführt hätten und sich nach dem 4. August 2004 deshalb auch keine eindeutig auf den Arbeitsunfall vom 22. April 2004 zurückführbaren Verletzungsfolgen nachweisen ließen. Das Ergebnis habe auch der Sachverständige
Dr. F. so bestätigt, indem er das von ihm diagnostizierte HWS-Syndrom auf beide Arbeitsunfälle aus dem Jahr 2004 zurückgeführt habe. Soweit PD
Dr. M. den streitigen Unfällen einen Anteil von jeweils 50 % am Ausmaß der Unfallfolgen zuordnen wolle, überzeuge dies schon deswegen nicht, weil abgrenzbare Gesundheitsstörungen nicht diagnostiziert worden seien. Insbesondere habe der Sachverständige auch die Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit nicht objektiviert. Das Gutachten von
Dr. F. könne ebenfalls nicht überzeugen. Der Sachverständige habe bereits eine konkrete Abgrenzung der jeweiligen Unfallfolgen vermissen lassen, was indessen erforderlich sei, um die konkreten Entschädigungsleistungen festzusetzen. Eine
MdE um 30 v. H. sei mit den unfallmedizinischen und unfallrechtlichen Bewertungskriterien nicht in Einklang zu bringen, da es an einer knöchernen Verletzung fehle.
Mit ihrer dagegen am 25. Februar 2011 erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie verweist darauf, dass sie am 2. August 2004 noch AU gewesen sei, da sie sich in der beruflichen Wiedereingliederungsmaßnahme befunden habe. Mithin habe sie auch in der Zeit zwischen dem 2. und 4. August 2004 Anspruch auf Verletztenrente. Mollowitz habe in dem Werk "Der Unfallmann, Begutachtungen der Folgen von Arbeitsunfällen, privaten Unfällen und Berufskrankheiten" ausgeführt, dass Schäden an Mechano- und Nozirezeptoren zwar bildhaft nicht nachzuweisen seien, diese Schäden aber irreparabel wären. Das Gutachten von
Dr. F. stütze das klägerische Begehren. Dies gelte auch für das ursprüngliche Gutachten von PD
Dr. M ... Entgegen dem Gutachten von
Dr. C. lägen neurologische und morphologische Ausfälle vor, nämlich eine pseudoradikuläre Schmerzausstrahlung in beide Beine und Arme. Sie leide an einem posttraumatischen Cervikalsyndrom, das durch Wurzelirritationen anlässlich des Unfalls entstanden sei. Zusätzlich müsse berücksichtigt werden, dass sie eine kognitive erlebnisreaktive Komponente in der Entwicklung der Schmerzsymptomatik erlitten habe. Hierzu müsse
Dr. C. angehört oder ein neurologisches Gutachten eingeholt werden (Schriftsatz vom 23. August 2011).
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. Januar 2011 sowie die Bescheide vom 19. Februar 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Juli 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. April 2004 ab dem 22. Oktober 2004 Verletztenrente nach einer
MdE um 15 vom Hundert der Vollrente sowie wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 4. August 2004 ab dem 22. April 2005 Verletztenrente nach einer
MdE um 15 vom Hundert der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Das Gericht habe aus nachvollziehbaren Gründen dargelegt, weshalb es dem Gutachten des
Dr. F. nicht folgen könne.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Behandlungsdaten bei der Krankenkasse der Klägerin, der
BKK Verbund plus, erhoben.
Die Beteiligten sind nach Durchführung des Erörterungstermins vom 26. Juli 2011 darauf hingewiesen worden, dass der Senat nach § 153
Abs. 4
SGG die Berufung auch ohne Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Der Senat kann über die Berufung nach § 153
Abs. 4
SGG auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten, eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten und die Beteiligten gehört worden sind.
Die nach den §§ 143, 151
Abs. 1, 144
Abs. 1 Satz 2
SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat über die vom SG zuerkannte Teilrente hinaus keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente über den 3. August 2005 hinaus oder einer höheren Leistung wegen der Folgen der beiden Arbeitsunfälle vom 22. April und 4. August 2004.
Der Senat konnte vorliegend ohne erneute Anhörung des Sachverständigen
Dr. C. oder Einholung eines neurologischen Gutachtens entscheiden. Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es nicht.
Dr. C. hat sein Gutachten in Kenntnis und unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhalts, d.h. sowohl des fachneurologischen Befunds vom 19. Oktober 2004 (Bl. 4 des Gutachtens) wie der abweichenden Einschätzung des Sachverständigen
Dr. F. (Bl. 5 des Gutachtens), der im Wesentlichen seine bereits aktenkundige Auffassung im gerichtlichen Verfahren noch einmal bestätigt hat, erstattet. Nachdem die von der Klägerin geäußerten Beschwerden bei der fachneurologischen Untersuchung im Oktober 2004 wie auch bei der Untersuchung durch
Dr. C., der radiculäre Störungen bei seitengleich auslösbarem Reflexstatus und ungestörter Motorik eben nicht feststellen konnte, nicht objektiviert werden konnten, besteht auch kein Anlass für eine neurologische Begutachtung.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin erstrebte Leistung ist § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente (§ 56
Abs. 1 Satz 1
SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56
Abs. 1 Satz 2
SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind dabei nach § 56
Abs. 1 Satz 3
SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die
MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56
Abs. 2 Satz 1
SGB VII). Die Bemessung der
MdE hängt also von zwei Faktoren ab (
vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004 -
B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56
Nr. 1), den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der
MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der
MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der
MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der
MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Nach diesen Maßstäben ergibt sich für die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG vorgenommenen Ermittlungen und der im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Durchgangsarztberichte von
Dr. K. kein über die Verurteilung des SG hinausgehender Rentenanspruch.
Die durch den Arbeitsunfall von April 2004 verursachten Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigt über den 2. August 2004 hinaus keine Verletztenrente nach einer
MdE von 10 v. H. Nur das Unfallereignis von August 2004 begründet Verletztenrente nach einer
MdE von 20 v. H. für die Zeit vom 28. Februar bis 3. August 2005 unter Anrechnung der bereits gezahlten Verletztenrente. Danach besteht kein Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente, da die unfallbedingte
MdE bis zum Ablauf des zweiten Jahres nur eine
MdE um 10 v. H. und danach eine solche von weniger als 10 v. H. bedingt. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 142
Abs. 2 Satz 3
SGG ab.
Ergänzend ist im Hinblick auf die Berufungsbegründung auszuführen, dass sich hieraus keine andere Beurteilung ergibt. Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass sie nach dem 2. August 2004 weiterhin AU war, wird dies zwar durch die bescheinigten AU-Zeiten der
BKK Verbund plus nicht bestätigt. Nach
§ 74 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) setzt eine stufenweise Wiedereingliederung eines Versicherten aber voraus, dass dieser noch AU und seine bisherige Tätigkeit nur teilweise verrichten kann. Die somit unzweifelhaft vorliegende AU der Klägerin auch in der Zeit vom 2. bis 4. August 2004 begründet indessen keinen Anspruch auf Anspruch auf Rentenzahlung in diesem Zeitraum. Denn sie hat während dieser Zeit von der Beklagten weiter Verletztengeld erhalten, wie dies in dem Erörterungstermin vom 26. Juli 2011 nochmals bestätigt wurde. Solange aber ein Anspruch auf Verletztengeld besteht, wird eine Rente nach § 72
Abs. 1
SGB VII nicht geleistet.
Die Folgen des zweiten Arbeitsunfalls im April 2004 waren trotz fortbestehender AU mit Beendigung der Verletztengeldzahlung im Wesentlichen ausgeheilt und begründen deswegen nicht - wie aber
Dr. F. annimmt - eine
MdE von 100 v. H. bis zum 28. Februar 2005 und von 30 v. H. ab dem 29. Februar 2005. Das sieht auch die Klägerin teilweise so, denn sie hat abweichend von der gutachterlichen Einschätzung, der sie aber im Übrigen folgen möchte, ab dem 22. Oktober 2004 nur Verletztenrente nach einer
MdE um 15 v. H. der Vollrente beantragt. Aus Sicht des Senats spricht bereits die - wenn auch zunächst noch zeitlich limitierte - Wiederherstellung des Leistungsvermögens ab 2. August 2004 gegen dauerhafte Unfallfolgen des zweiten Unfallereignisses. Denn nach dem 4. August 2004 waren keine Unfallfolgen mehr nachweisbar, die eindeutig auf den Unfall vom April zurückzuführen waren, was zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Klägerin geht. Das hat der Sachverständige
Dr. C. in Auswertung der zeitnah erhobenen Befunde wie der Auswertung der angefertigten Röntgen- und MRT-Aufnahmen ausführlich begründet dargelegt. Der Senat entnimmt dies auch den Abrechnungsunterlagen, wonach die Unfallheilbehandlung am 22. Juli 2004 abgeschlossen war (Bl. 42 V-Akte).
Betreffend den dritten Arbeitsunfall vom August 2004 kann allein der Umstand, dass die Klägerin mehr als zwölf Wochen AU war, ebenfalls einen Schweregrad III nicht begründen. Die Klägerin hat gegenüber dem Sachverständigen
Dr. F. selbst eingeräumt, Ende Februar 2005 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein. Zu einer späteren Arbeitsaufnahme des auch im weiteren Verlauf als Vollzeitarbeitsverhältnis ausgestalteten Beschäftigungsverhältnisses kam es nur deswegen erst im April 2005, weil die Klägerin noch Resturlaub hatte. Auch die von der Krankenkasse mitgeteilten AU-Zeiten bestätigen das. Denn die Klägerin war dann erst wieder vom 16. Oktober 2006 bis 7. Januar 2007 erneut wegen der HWS-Distorsion AU. Das belegt bis einschließlich September 2010, dass die Klägerin zumindest langfristig nicht nur für arbeitsfähig erachtet wurde, sondern auch tatsächlich ohne irgendwelche dokumentierten Behandlungen gearbeitet hat, was nach der Rechtsprechung einen starken Beweiswert hat. Die EAP, die auf Kosten der Beklagten von November 2006 bis Januar 2007 durchgeführt wurde, konnte ambulant bei voller Arbeitsfähigkeit erfolgen, belegt also nur eine Behandlungsbedürftigkeit.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass jedenfalls der dritte Unfall vom August 2004 schwerer und der Heilungsverlauf mit sechsmonatiger Rekonvaleszenz verzögert war. Andererseits ist es durch beide Unfallereignisse, worauf insbesondere der Sachverständige
Dr. C. hingewiesen hat, nicht zu frischen knöchernen, ligamentären oder muskulären Verletzungen gekommen, wie dies insbesondere das am 6. August 2004 angefertigte MRT der HWS bestätigt hat. Auch das nachfolgende MRT vom 22. Juni 2006 hat einen im Wesentlichen entsprechenden Befund erbracht. Dass und warum eine solche Verletzung bei einer Halswirbelsäulendistorsion nur einen Schweregrad II begründet, hat
Dr. C. und ihm folgend das SG ausführlich begründet dargelegt. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Für die Richtigkeit dieser Einschätzung spricht aus Sicht des Senats auch, dass die Klägerin nach der Rehabilitationsbehandlung vom 14. Oktober bis 11. November 2004 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. mit einer deutlich gebesserten Beweglichkeit der HWS bei Ausschluss einer neurologischen Affektion entlassen werden konnte. Die von
Dr. C. aufgrund der Untersuchung vom 25. Januar 2010 beschriebene mittelgradige Einschränkung der Beweglichkeit der HWS ist hingegen auf die bereits 2004 erkennbaren, damals noch initialen osteochondrotischen degenerativen Veränderungen im Segment C4-C7 und damit nicht auf die Unfallereignisse zurückzuführen. Der Senat teilt die nachvollziehbar begründete Einschätzung von
Dr. C., dass es zwischenzeitlich zu einer Zunahme der Funktionseinbuße auf Grund der fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen gekommen ist, wobei nach wie vor radikuläre Störungen bei seitengleich auslösbarem Reflexstatus und ungestörter Motorik nicht bestehen. Die
MdE von 20 v. H., die
Dr. C. und ihm folgend das SG für angemessen erachtet haben, trägt dem verzögerten Heilungsverlauf Rechnung. Die bereits im November 2004 geringgradigen Funktionseinbuße seitens der HWS ohne neurologische Störungen oder substanzielle Schädigungen rechtfertigen keine
MdE von 30 v. H.
Insoweit war weder für den Senat noch für das SG das Gutachten von PD
Dr. M. ausschlaggebend. Der Senat musste deswegen nicht dem Umstand nachgehen, warum PD
Dr. M. auf die begründeten Einwendungen der Beklagten in seinem zweiten berichtigten Gutachten nicht eingegangen ist und warum er bei gleichen Befunden nunmehr eine niedrigere
MdE befürwortet hat. Ausschlaggebend für die Entscheidung war vielmehr das gerichtlich eingeholte Gutachten von
Dr. C., dem sich das SG in vollem Umfang auch hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten angeschlossen hat.
Soweit schließlich die Klägerin vorgetragen hat, dass sich aus der unfallmedizinischen Gutachtenliteratur von Mollowitz "Der Unfallmann, Begutachtungen der Folgen von Arbeitsunfällen, privaten Unfällen und Berufskrankheiten" etwas Anderes ergeben könne, so führt dies ebenfalls nicht zu einer für die Klägerin positiveren Bewertung. Durch die von Mollowitz vorgenommene Beschreibung von Patienten, die unter therapieresistenten Nacken- und Schulterschmerzen ohne objektive Befunde leiden, wird lediglich die Möglichkeit dargetan, dass es durch ein Unfallereignis auch ohne bildhaften Nachweis zu Schäden an der HWS kommen kann. Dies belegt aber im Falle der Klägerin keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass es durch den Auffahrunfall bei der Vorschädigung der HWS durch die degenerativen Veränderungen zu unfallbedingten Funktionseinschränkungen in dem von der Klägerin begehrten rentenberechtigendem Ausmaß gekommen ist.
Allein der Umstand, dass die Klägerin nach dem ersten Unfall 1982 trotz der unbestrittenen und auch radiologisch gesicherten degenerativen Veränderungen der HWS beschwerdefrei war, belegt nicht, dass eine über die Verurteilung seitens des SG hinausgehende
MdE für die Folgen der Unfälle begründet wird. Denn die von der Krankenkasse der Klägerin mitgeteilten Behandlungsdaten können den klägerischen Vortrag so nicht bestätigen. Danach hat die Klägerin sowohl im Januar/Februar 1998 wie im Oktober 2000 Massagen und Heilgymnastik in Anspruch nehmen müssen, kann also nicht beschwerdefrei gewesen sein. Die diesbezügliche andere Annahme der Sachverständigen
Dr. F. stützt sich auch nur allein auf die Anamnese, d.h. den klägerischen Vortrag.
Gleiches gilt für das Ausmaß der von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Schmerzsymptomatik. Denn die Klägerin führt eine zielgerichtete Schmerzbehandlung nicht durch. Der Senat entnimmt dies nicht nur den von der Krankenkasse mitgeteilten Behandlungsdaten, wonach keinerlei medizinische Behandlungen (Physiotherapie, Massagen o.ä.) abgerechnet wurden, obwohl diese nach den Angaben der Klägerin immer zu einer Linderung ihrer Beschwerden geführt hat, sondern auch dem Vorbringen der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen
Dr. C ... Danach nimmt die Klägerin nur noch frei erhältliche, somit niedrig dosierte Schmerzmittel. Die Klägerin hat dies mit einer Unverträglichkeit gegenüber Voltaren erklärt. Nachdem aber noch zahlreiche andere Schmerzmittel zur Verfügung stehen und die konsequente Schmerzbehandlung nicht nur aus der Verabreichung von Medikamenten besteht, kann der Leidensdruck und demzufolge auch die Schmerzsymptomatik nicht so ausgeprägt sein wie von der Klägerin geschildert (so u.a.
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2010 -
L 8 SB 1549/10 - zit. nach Juris), was im Übrigen auch durch die ständige Arbeitsfähigkeit belegt wird.
Die Berufung der Klägerin war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193
SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.