Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151
Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) und begründet. Denn der Bandscheibenvorfall der Klägerin bei L5/S1 ist als Folge einer BK der
Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und durch Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer
MdE von 20 v.H. von der Beklagten zu entschädigen. Sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen einer BK der
Nr. 2108 hat der Senat bejaht, so dass die entgegenstehenden Entscheidungen der Beklagten und des Sozialgerichts, die beide die arbeitstechnischen Voraussetzungen verneint hatten, aufzuheben waren.
BKen sind nach § 9
Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der
Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS wurden mit der zweiten Verordnung zur Änderung der BKV unter der
Nr. 2108 in die BK-Liste aufgenommen. Danach sind BKen bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Anerkennung einer BK setzt voraus, dass die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkung eine Krankheit verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Einwirkungen in nachgewiesener Dauer und Intensität begründet die Haftung. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Folgeerkrankungen ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu beurteilen (dazu BSGE 103, 59). Voraussetzung für die Feststellung jeder Erkrankung als BK ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, für die Entschädigungsleistungen beansprucht werden, im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sind. Eine absolute Sicherheit ist bei der Feststellung des Sachverhalts nicht zu erzielen. Erforderlich ist aber eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, wonach kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen vorgenannter Tatbestandsmerkmale zweifelt (Bundessozialgericht
BSG-, BSGE 6, 144; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz,
Anm. 5 zu § 118
m.w.N.). Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287; 61, 127, 128). Für die Anerkennung der ursächlichen Zusammenhänge muss nur eine Wahrscheinlichkeit bestehen. Bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (
BSG in SozR
Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.). Der ursächliche Zusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).
Die Klägerin leidet an einer "bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung" im Sinne der BK
Nr. 2108. Nach dem "Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK-
Nr. 2108" (veröffentlicht in: Bundesarbeitsblatt 1993,
S. 50
ff.) unter III ist die Diagnose einer bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung auf der Grundlage der Vorgeschichte sowie der Ergebnisse von klinischer und radiologischer Untersuchung zu stellen. Die ausgelösten degenerativen Prozesse, zu denen anlagebedingte Wirbelsäulenstörungen und -fehlhaltungen nicht gehören, müssen sich in einer radiologisch objektivierbaren Form wiederfinden. Neben einem objektivierbaren Bandscheibenschaden muss die klinische Relevanz dieses Schadens in Form eines chronischen oder chronisch rezidivierenden Beschwerdebildes mit Funktionseinschränkungen gesichert sein, damit der Begriff einer bandscheibenbedingten Erkrankung erfüllt ist (dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl.,
S. 579-586.; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), Kommentar,
Anm. 5.1. und 5.2. zu M 2108; Brandenburg, Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit, Die Berufsgenossenschaft 1993, 791, 794). Bei der Klägerin wurde am 3. April 2003 einen Bandscheibenvorfall bei L5/S1 festgestellt, nachdem sie seit Februar 2003 über Rückschmerzen geklagt hatte, die ab Ende März 2003 ins linke Bein ausgestrahlt hatten, wie von der Klägerin im Rahmen ihres BK-Antrages gegenüber der Beklagten dargelegt wurde.
Prof. L., Neurologische Klinik Weilmünster, beschrieb im Bericht vom 7. April 2003 ein infolge des Bandscheibenvorfalles aufgetretenes Wurzelkompressionssyndrom S1 links, das auch der die Klägerin behandelnde Orthopäde D. damals unter Hinweis auf einen Nervendehnungsschmerz, einen fehlenden Achillessehnenreflex und Dysästhesien bei L5/S1 klinisch bestätigte (Bericht vom 23. Juni 2003). Laut radiologischem Zusatzgutachten des
Dr. F. vom 23. September 2011 ist der Bandscheibenvorfall bei L5/S1 links mediolateral ausgeprägt mit caudalem Sequester und führt zu einer erheblichen Bedrängung der linken S1-Wurzel. Diesen anatomischen Begebenheiten entsprechend hatte
Prof. L. im weiteren Bericht vom 27. April 2010 aufgrund einer Untersuchung vom Vortage sowie auch dessen früherer Mitarbeiter
Dr. Q., jetzt Hochtaunus-Kliniken Bad Homburg, im aktuellsten Bericht vom 17. Oktober 2013 aufgrund einer Untersuchung vom gleichen Tage das Fortbestehen des Wurzelkompressionssyndroms S 1 links bestätigt.
Die Klägerin unterlag in ihrer Lehr- und Gesellenzeit als Schreinerin einer beruflichen Hebe- und Tragebelastung, die als solche geeignet war, eine bandscheibenbedingte LWS-Erkrankung zu verursachen.
Dr. N. vom Präventionsdienst der Beklagten wie auch
Prof. E. als gerichtlicher Sachverständiger haben sich zur Quantifizierung der Hebe- und Tragebelastung der Klägerin des sogenannten Mainz-Dortmunder-Dosis-Modells (MDD-Modell) bedient. Nach der Rechtsprechung des
BSG (Urteile vom 18. März 2003 -
B 2 U 13/02 R juris - und vom 19. August 2003 -
B 2 U 1/02 R juris -) ist das MDD-Modell eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK
Nr. 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten" oder "langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau umschriebenen Einwirkungen. Da das MDD-Modell für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte festsetzt, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko für Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann, sondern die angegebenen Richtwerte insbesondere für die Gesamtbelastungsdosis als bloße Orientierungswerte anzusehen sind, kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein Unterschreiten dieser Werte das Vorliegen einer BK von vornherein ausschließt. Da Orientierungswerte aber andererseits auch keine unverbindliche Größe sind, die beliebig unterschritten werden kann, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu entscheiden (so das
BSG im Urteil vom 30. Oktober 2007 -
B 2 U 4/06 R juris -). Das
BSG hat in dieser Entscheidung am MDD-Modell grundsätzlich festgehalten. Da es aufgrund einer vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften initiierten Fallkontrollstudie zur besseren epidemiologischen Klärung der Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen beruflichen Belastungen und Entstehung von bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankungen (sog. Deutsche Wirbelsäulenstudie) Hinweise gibt, dass auch unterhalb des Orientierungswertes nach dem MDD-Modell ein erhöhtes Risiko für bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS bestehen kann, hat es das
BSG im Urteil vom 30. Oktober 2007 für sachgerecht erachtet, den unteren Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS ausgeschlossen ist und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, im Licht dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Hälfte des im MDD-Modell vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh für Männer und 17 MNh für Frauen zu reduzieren. Zudem ist nach der
BSG-Entscheidung vom 30. Oktober 2007 die dem MDD-Modell zugrunde liegende Druckkraft pro Arbeitsvorgang von 3.200 N bei Männern auf den Wert von 2.700 N zu reduzieren. Auf eine Mindesttagesdosis ist entsprechend dem Ergebnis der deutschen Wirbelsäulenstudie zu verzichten, zumal es für die bisher geforderte Mindesttagesdosis von 5.550 Nh für Männer keine gesicherte Ableitung gibt. Danach wird es für sachgerecht gehalten, alle Hebe- und Tragebelastungen, die die aufgezeigte Mindestbelastung von 2.700 N bei Männern erreichen, entsprechend dem quadratischen Ansatz zu berechnen und aufzuaddieren.
Diesen Vorgaben entsprechend hat der mit der Beantwortung auch dieser Frage betraute medizinische Sachverständige
Prof. E., der als Mitglied sowohl der Arbeitsgruppe zur Entwicklung des MDD-Modells als auch der Expertengruppe, die die so genannte Konsensempfehlungen erarbeitet hat, über besondere Sachkunde zur Klärung sowohl der arbeitstechnischen als auch der medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen der BK-
Nr. 2108 verfügt, mit 16,22 MNh eine Gesamtbelastungsdosis der Klägerin ermittelt, die den "neuen Orientierungswert" von 8,5 MNh bei Frauen deutlich übersteigt und sich im Bereich des "alten Orientierungswertes" von 17 MNh für Frauen bewegt. Er hat zu diesem Zweck die Klägerin intensiv zu ihrer Hebe- und Tragebelastung zunächst bei der Firma H. in der Lehrzeit von Juli 1988 bis Juni 1991 und sodann bei der Firma J. in der Gesellenzeit von August 1991 bis September 1999 befragt und hat deren Angaben, die in allen wesentlichen Punkten in Übereinstimmung mit den Angaben der als Zeugen gehörten Arbeitgeber H. und J. stehen, seinen in 26 Tabellen niedergelegten Berechnungen zugrunde gelegt. Der Senat folgte den umfangreichen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, die allenfalls in zwei Punkten Bedenken erwecken, die allerdings nur zu graduellen Veränderungen seines Ergebnisses führen können, daher insgesamt nicht beachtlich sind und insbesondere keine ergänzende Sachaufklärung gebieten.
Prof. E. gegenüber hat die Klägerin angegeben, im Berufsgrundbildungsjahr 1988/1989 insgesamt 12 Wochen im Praktikum bei der Firma H. gearbeitet zu haben, während sie dazu im Erörterungstermin vom 8. September 2009 nur von einem Umfang von maximal 6 Wochen jährlich berichtet hatte.
Prof. E. war in Tabelle 28 zu seinem Gutachten (Seite 61) von einer Hebe- und Tragebelastung der Klägerin im Umfang von 0,5 MNh für die 12-wöchigen Praktika ausgegangen, die auf 0,25 MNh zu reduzieren wäre, soweit man die Angaben im Erörterungstermin zugrunde legen würde. Eine weitere - ebenfalls nur geringfügige - Reduzierung der Gesamtbelastungsdosis in derselben Tabelle würde sich ergeben, wenn man für die Lehrzeit der Klägerin nicht von einer täglichen Arbeitszeit von 11,5 Stunden - wie
Prof. E. - sondern von einem für einen Lehrling eher plausiblen Tagespensum von 8 Stunden ausgehen würde, womit die in Tabelle 28 auf Seite 62 des Gutachtens für den Zeitraum von August 1989 bis Juli 1991 berechnete Dosis von insgesamt 3,93 MNh ausgehend von 11,5 Stunden täglich auf 2,73 MNh unter Zugrundelegung eines Achtstundentages zu reduzieren wäre. Selbst wenn die Dosisberechnung des gerichtlichen Sachverständigen von 16,22 auf etwa 14,5 MNh zu vermindern wäre, wird der "neue Orientierungswert" von 8,5 MNh deutlich überschritten mit der Folge, dass die berufliche Hebe- und Tragebelastung der Klägerin als für die Entstehung des Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 beachtliche wesentliche Mitursache unverändert in Betracht zu ziehen ist.
Der Senat hatte danach keine Veranlassung, in eine nochmalige und ergänzende Befragung der Zeugen H. und J. einzutreten, da die im Kammertermin vom 18. August 2006 vor dem Sozialgericht alle ihnen noch erinnerlichen Details angegeben hatten. Soweit
Dr. N. sich in seiner letzten Stellungnahme vom 14. August 2012 zu einer abschließenden Berechnung nach dem MDD-Modell außerstande sah, schadet dies nicht. Denn der Senat stützt seine Entscheidung nicht auf die diversen Stellungnahmen des
Dr. N. sondern auf das Gutachten des Sachverständigen
Prof. E. Dieser hat die Defizite der Tatsachenfeststellung durch
Dr. N. aufgezeigt, der weder die Belastungen der Klägerin während der Praktika berücksichtigt hat noch für die Lehrzeit der Klägerin von zutreffenden Belastungswerten ausgegangen ist.
Dr. N. hat zudem die Belastungsumfänge der Klägerin bei der Firma J. pauschal auf die Firma H. übertragen und hat damit die deutlich unterschiedlichen individuellen Gegebenheiten bei den verschiedenen Firmen nicht berücksichtigt. Auch seine Grundannahme der Schichtarten der Klägerin bei der Firma J. ist nach den umfassenden Darlegungen des
Prof. E. nicht haltbar und wird einer individuellen Ermittlung der Hebe- und Tragebelastung der Klägerin für ihr gesamtes Berufsleben nicht gerecht.
Dr. N. hatte im Übrigen in zahlreichen Stellungnahmen unterschiedliche Gesamtbelastungsdosen der Klägerin zur Diskussion gestellt, die eine Bandbreite von 3,6 über 7,2 bis zu 8,64 MNh abdecken und zumindest was den höchsten Wert betrifft nach der neueren
BSG-Rechtsprechung den auf 8,5 MNh für Frauen reduzierten Orientierungswert übersteigen. Soweit
Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 26. August 2008 nach der neuen
BSG-Rechtsprechung von 5 MNh ausgeht, hat er die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt, die diese im Verwaltungsverfahren in Form von Fragebögen für die Firmen H. und J. gemacht hatte. Die beiden Fragebögen können indessen die vielgestaltige Hebe- und Tragebelastungen der Klägerin bei beiden Arbeitgebern nicht hinreichend genau abbilden und erreichen nicht annährend die Detailliertheit und Genauigkeit, die mit Hilfe der Befragung durch
Prof. E. gewonnen werden konnte.
Allerdings führt die Tatsache, dass sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen schweren Hebens und Tragens als auch der vom Verordnungsgeber in der BK
Nr. 2108 geforderte Befund eines bandscheibenbedingten LWS-Leidens zur Überzeugung des Senats nachgewiesen sind, nicht zu der im Sinne eines Anscheinsbeweises zu rechtfertigenden Annahme (dazu § 9
Abs. 3
SGB VII), dass damit auch von einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Belastung im Rahmen der medizinischen Zusammenhangsbeurteilung auszugehen ist. Denn die Pathogenese bandscheibenbedingter LWS-Erkrankung ist vielgestaltig und der berufliche Einfluss ist nur einer unter vielen denkbaren Kausalfaktoren, so dass es immer einer individuellen Abwägung im Einzelfall bedarf und der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Belastungseinwirkungen anhand zusätzlicher Merkmale positiv festzustellen und zu begründen ist, wobei der Senat folgende Kriterien als für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Rahmen der BK
Nr. 2108 wesentlich ansieht: das Krankheitsbild - insbesondere in Form eines die Altersnorm überschreitenden Wirbelsäulenbefundes einerseits und eines belastungskonformen Schadensbildes andererseits, das Bestehen einer konstitutionellen Veranlagung
bzw. weitergehender konkurrierender Erkrankungen sowie die Eignung der belastenden Einwirkung zur Verursachung der Krankheit, biomechanische Begleitumstände wie Körperhaltung und zur Verfügung stehende Hilfsmittel, individuelle Konstitution und zeitliche Korrelation zwischen Erkrankungsverlauf und beruflichen Überlastungen (dazu Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), Kommentar,
Anm. 6.2. zu M 2108; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl.,
S. 499 bis 508 sowie Urteil des
BSG vom 27. Juni 2006 - Az:
B 2 U 13/05 R - juris). Auch die "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten BKen der LWS", die "Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung" aus dem Jahr 2005 (veröffentlicht in: Trauma und Berufskrankheit, 2005, Seiten 211
ff. (Teil I), 320
ff. (Teil II), gehen von diesen Vorgaben aus (ebenso Urteil des
BSG vom 27. Juni 2006). Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse für eine qualifizierte Begutachtung der BKen 2108 bis 2110. Die Autoren - darunter auch der gerichtliche Sachverständige
Prof. E. - gehören einer interdisziplinären Arbeitsgruppe von Sachverständigen an, die selbst intensiv in die Zusammenhangsbegutachtung bei LWS-Erkrankungen eingebunden sind und die auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichtet wurde. Diese Konsensempfehlungen stellen - jedenfalls soweit sie einvernehmlich verfasst wurden - die von der Rechtsprechung bei Beurteilung derartiger Zusammenhangsfragen zugrunde zu legende herrschende Meinung der einschlägig tätigen Fachwissenschaftler dar (dazu
BSG-Urteil vom 9. Mai 2006 -
B 2 U 26/04 R - juris; Mehrtens-Brandenburg, a.a.O.,
Anm. 6.1. zu M2108,
S. 146). Die Konsensempfehlungen beschreiben das belastungskonforme Schadensbild durch den Vergleich der Veränderungen zwischen Beschäftigten mit hoher Wirbelsäulenbelastung und der Normalbevölkerung hinsichtlich der Kriterien Lebensalter beim Auftreten der Schädigung, Ausprägungsgrad in einem bestimmten Alter, Verteilungsmuster der Bandscheibenschäden an der LWS sowie Lokalisationsunterschiede zwischen biomechanisch hoch und mäßig belasteten Wirbelsäulenabschnitten der gleichen Person und Entwicklung einer Begleitspondylose (dazu:
S. 212, 214 der Konsensempfehlungen unter Ziffer 1.1.3). Sind die Grundvoraussetzungen zur Anerkennung erfüllt - also das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung einerseits und einer ausreichenden beruflichen Belastung andererseits sowie einer plausiblen zeitlichen Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung - soll anhand folgender Kriterien abgewogen werden, ob ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich ist: Eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der LWS spricht eher für einen Zusammenhang, ein Befall der HWS und/oder der BWS je nach Fallkonstellation eher gegen einen Zusammenhang der Befunde mit beruflichen Belastungen. Eine Aussparung der beiden unteren LWS-Segmente spricht gegen eine berufliche Verursachung, Begleitspondylosen haben eine positive Indizwirkung, wenn sie über das Altersmaß hinausgehen und mindestens zwei Segmente betreffen. Die Konsensempfehlungen enthalten 21 Fallkonstellationen, wobei für sechs Konstellationen kein Konsens erzielt werden konnte, wofür als Gründe neben dem Phänomen der Begleitspondylose als Positivkriterium die Bedeutung degenerativer HWS-Veränderungen als möglicher Hinweis auf ein schicksalhaftes Geschehen zu nennen sind. Bei der Beurteilung der übrigen 15 Befundkonstellationen bestand Einigkeit.
Unter Berücksichtigung dieser medizinischen Vorgaben bejaht der Senat den beruflichen Zusammenhang der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung der Klägerin mit überwiegenden medizinischen Gründen und folgt in allen wesentlichen Punkten den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen
Prof. E. Denn bei der Klägerin wurde im April 2003 bereits im Alter von 30 Jahren ein Bandscheibenvorfall bei L5/S1 festgestellt, wobei es sich - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist und von dem gerichtlichen Sachverständigen bestätigt wird - um eine die Altersnorm überschreitende Erkrankung im Segment L5/S1 handelte. Der Erkrankungsbefund der Klägerin zeigt sich im Bereich eines der unteren drei LWS-Segmente, was im Allgemeinen für die Annahme des beruflichen Zusammenhanges gefordert wird. Eine konstitutionelle Veranlagung
bzw. konkurrierende Erkrankungen der Wirbelsäule bestehen nicht. Außer einer Streck-Fehlhaltung der HWS sind keine prädiskotischen Deformitäten bei der Klägerin zu erkennen, wie
Dr. F. und
Prof. E. dargelegt haben, und bandscheibenbedingte Veränderungen der HWS und der BWS fehlen, deren Befall auf eine anlagebedingte Schwäche des Achsenorganes hindeuten könnte. Im Hinblick auf die individuelle Konstitution der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass sie als Frau in früher Jugend einen "Männerberuf" erlernt und im Anschluss als Gesellin ausgeübt hat. Sie hat sich dabei nicht geschont und in demselben Umfange mitgearbeitet, wie dies von männlichen Arbeitskollegen erwartet wurde. Infolgedessen unterlag sie einer für Frauen beachtlich hohen Hebe- und Tragebelastung.
Mit dem Sachverständigen
Prof. E. bejaht der Senat auch die zeitliche Korrelation zwischen beruflicher Hebe- und Tragebelastung und dem Auftreten der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung. Die Klägerin war ab dem zweiten Lehrjahr bis zum Ausscheiden aus dem Beruf im August 1989 zehn Jahre in einem "Männerberuf" tätig gewesen, der mit schwerer körperlicher Belastung verbunden ist, wobei die Klägerin den fachlichen Anforderungen in vollem Umfange entsprach, wie beide Arbeitgeber als Zeugen übereinstimmend bestätigt haben.
Nachdem die Grundvoraussetzungen einer bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung eine ausreichende berufliche Belastung und eine plausible zeitliche Korrelation zwischen Exposition und Diagnosestellung - zur Überzeugung des Senats feststehen, geht dieser in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen
Prof. E. auch davon aus, dass bei der Klägerin ein so genanntes belastungskonformes Schadensbild an der Wirbelsäule besteht. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der B2-Konstellation, wobei es sich um eine der als anerkennungsfähig herausgearbeiteten typischen Fallkonstellationen handelt. Die B-Konstellationen setzen eine bandscheibenbedingte Erkrankung an einem der beiden untersten LWS-Segmente voraus verbunden mit einer Chondrose Grad II oder höher und/oder einem Vorfall. Die Konstellation B2 erfordert weiter, dass wesentliche weitere Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und auch eine Begleitspondylose nicht besteht. In diesen Fällen wird der wesentlich beruflich bedingte Zusammenhang als erfüllt angesehen, wenn gemäß Zusatzkriterium 1 dort genannte Veränderungen an mehreren Bandscheiben bestehen, nach Zusatzkriterium 2 bei stattgehabter besonders intensiver Belastung, die bei Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren angenommen wird, sowie nach Zusatzkriterium 3 bei Bestehen eines besonderen Gefährdungspotenzials durch hohe Belastungsspitzen, wofür das Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richterwertes durch hohe Belastungsspitzen bei Frauen ab 4,5 kN einen Anhaltspunkt darstellt.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen
Prof. E. war die Klägerin an insgesamt 9 Arbeitsplätzen bei den Firmen H. und J. hohen Belastungsspitzen in einem Umfang ausgesetzt, dass sie allein durch diese Belastungen die Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes von 4500 KN erreichte, wodurch sie die Voraussetzungen des Zusatzkriteriums 3 erfüllte. Im Einzelnen erfolgten derartige Belastungen der Klägerin bei der Firma H. von August 1989 bis Juli 1991 beim Tragen sowie dem ein- oder beidseitigem Heben und Absetzen schwerer Balkontüren sowie entsprechender Fenster und Balkontürenelemente aus Mahagoni oder Niangon. Bei der Firma J. kam es zu derartigen extrem belastenden Tätigkeiten von August 1991 bis Juli 1993 im Maschinenraum bei beidhändigem Heben und Absetzen von Hart- und Weichhölzern, beim Transport und der Anlieferung schwerer Eichenholzbohlen vom LKW zum Lagerplatz sowie auf den Dachboden, beim einhändigen Heben von Span- und MDF-Platten im Maschinenraum sowie auf den Baustellen von August 1993 bis September 1999 bei Montage und Demontage von Frankfurter Schränken, deren erhebliche Gewichte aufweisende Einzelteile (Sockelteil, oberer Kranz, Rückenwand) von der Klägerin allein oder zu zweit zu heben und zu tragen waren, was im vorgenannten Zeitraum auch bei Messetransporten, wo derartige Schränke zur Ausstellung gelangten, wiederholt erforderlich wurde. Auch bei der Montage der Unterkonstruktion von MDF-Decken sowie von Massivholzmöbeln wurden im vorgenannten Zeitraum bei der Firma J. beim Heben, Tragen und Absetzen der gefertigten Teile entsprechende Spitzenbelastungsdosen erreicht. Im Einzelnen haben alle diese Umstände Eingang in die Tabelle 9, 13-15, 17, 18, 19, 21-23 und 25 zum Gutachten des
Prof. E. gefunden, worauf wegen weiterer Einzelheiten zu verweisen ist. Die Klägerin war danach in erheblichem Umfange bei beiden Arbeitgebern bei unterschiedlichen Arbeitsverrichtungen über längere Zeiträume
Prof. E. zufolge einem besonderen Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen ausgesetzt, so dass auch ohne den Nachweis von Begleitspondylosen der berufliche Ursachenzusammenhang ihres Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 wahrscheinlich ist. Der Senat hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Konstellation B2, wo sich berufliche Belastungen hauptsächlich aus wiederholten Spitzenbelastungen ergeben und das Fehlen einer Begleitspondylose keine negative Indizwirkung hat, im Wesentlichen zu Belastungen für den Pflegebereich geäußert (Urteile vom 30. Juni 2011, L 3 U 205/06, vom 18. August 2009, L 3 U 202/04, vom 20. April 2010, L 3 U 212/06 sowie vom 13. März 2007, L 3 U 889/03), wobei diese Entscheidungen allerdings maßgeblich auf die dabei konkret verrichteten Tätigkeiten abstellen. Entscheidend kann jedoch nicht der ausgeübte Beruf als solcher sein, sondern die dabei auf die LWS einwirkenden Belastungen, die bei der Klägerin im Beruf als Schreinerin bei der Firma H. und J. nach den detaillierten Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen
Prof. E. zum Zusatzkriterium 3 der Konstellation B2 mit den Belastungen in Pflegeberufen vergleichbar sind. Inwieweit
Prof. E. auch die Voraussetzungen des zweiten Zusatzkriteriums zur Konstellation B2, eine "besonders intensiven Belastung", ebenfalls zutreffend bejaht hat, konnte der Senat dahinstehen lassen.
Allerdings ist der letztlich zur Berufsaufgabe zwingende Bandscheibenvorfall bei L5/S1 erst dreieinhalb Jahre nach Ausscheiden der Klägerin aus dem Beruf diagnostiziert worden und darauf hindeutende Rückenschmerzen hatte die Klägerin erst etwa 2 Monate vor der Diagnosestellung geäußert. Die Konsensempfehlungen fordern zwar, dass eine ausreichende berufliche Belastung der Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung vorausgegangen sein muss. Sie fordern indessen nicht, dass der Bandscheibenvorfall während der Berufsausübung
bzw. direkt im Anschluss daran entstanden sein muss, gehen vielmehr davon aus, dass ein Bandscheibenvorfall auch zeitlich später auftreten kann, wobei die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit der Länge des Zeitraums abnimmt, der zwischen Expositionsende und erstmaliger Diagnosestellung liegt (Konsensempfehlungen Seite 216). An diese Vorgaben anknüpfend hat
Prof. E. darauf verwiesen, dass - nach der im Anschluss an die Konsensempfehlungen erstellten - Deutschen Wirbelsäulenstudie aus dem Jahre 2007 selbst nach Ablauf einer 10-jährigen expositionsfreien Zeit noch ein um den Faktor 2,2 erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Bandscheibenvorfalls besteht. Ob tatsächlich nach Ablauf einer so langen expositionsfreien Zeit der berufliche Zusammenhang noch hinreichend wahrscheinlich zu machen ist, bedurfte im Falle der Klägerin keiner Entscheidung. Denn nach den konkreten Umständen ist die etwas über drei Jahre betragende expositionsfreie Zeit als unschädlich anzusehen. Denn die Klägerin war als Frau langjährig, das heißt mehr als 10 Jahre, einer körperlich schwer belastenden Tätigkeit in einem Männerberuf ausgesetzt und hatte bei Aufgabe des Berufes bereits vereinzelt Rückenbeschwerden unter den Diagnosen Lumbago
bzw. Lumboischialgie gehabt. Sie war laut Vorerkrankungsverzeichnis der
AOK Hessen bis zu ihrem Ausscheiden in den Jahren 1997 für 3 Tage, 1998 für 12 Tage und 1999 für 18 Tage unter der Diagnose "Lumboischialgie" arbeitsunfähig gewesen und der behandelnde Orthopäde
Dr. K. hatte im Bericht vom 24. Juni 1999 eine Lumbago mit Nervenreizung festgestellt. Sie war nach Berufsaufgabe in der expositionsfreien Zeit infolge ihrer schweren Krebserkrankung in keiner Weise berufstätig und auch keiner relevanten Hebe- und Tragebelastung mit Auswirkungen auf die LWS ausgesetzt gewesen. Irgendwelche prädiskotische Deformitäten oder sonstige Konkurrenzursachen, die zum Entstehen des Bandscheibenvorfalles hätten beitragen können, existieren nicht, so dass der Senat keine Zweifel hatte, mit
Prof. E. davon auszugehen, dass die langjährige berufliche Exposition bis 1999 als wesentliche Mitursache des 2003 diagnostizierten Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 anzuerkennen ist.
Die Klägerin war indessen im Zeitraum August/September 1999 nicht infolge einer bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung gezwungen, den Beruf als Schreinerin aufzugeben. Sie hatte diese Tätigkeit bei der Firma J. letztmals am 15. August 1999 ausgeübt, da sie am Folgetag wegen einer Krebserkrankung der Schilddrüse operiert werden musste. Seitdem ist sie nicht mehr ins Arbeitsleben zurückgekehrt. Reale Ursache für die Aufgabe der belastenden Schreinertätigkeit war danach nicht eine bandscheibenbedingte LWS-Erkrankung, die erst dreieinhalb Jahre später diagnostiziert wurde. Dieser Umstand steht der Anerkennung einer BK-
Nr. 2108 nicht entgegen. Denn nach der zutreffenden und vom Senat geteilten herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Lehre muss eine ursächliche Verknüpfung zwischen dem als BK anerkannten Leiden und der Aufgabe der belastenden Tätigkeit nicht bestehen (ständige Rechtsprechung des
BSG in BSGE 73, 1, 3;
BSG in SozR 2200 § 571
Nr. 4; ebenso Becker, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anmerkungen 168, 257, 258 zu § 9
SGB VII sowie derselbe, die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheitenrecht, NZS 2004, 617, 622 sowie Koch in: Lauterbach, Unfallversicherung (
SGB VII), Kommentar, Anmerkung 71 zu § 9). Der Eintritt des Versicherungsfalles einer BK kann auch nach dem Ende der versicherten Tätigkeit liegen, wenn erst längere Zeit nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit die durch die berufliche Exposition verursachte Erkrankung zum Ausbruch kommt. Beispielsweise bei Krebserkrankungen haben Versicherte aufgrund der erheblichen Latenzzeiten zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Krankheit häufig längst die versicherte Tätigkeit und oft auch das Erwerbsleben insgesamt beendet. Für die BK-
Nr. 2108 kann letztlich nichts anderes gelten (dazu
BSG, SozR 3-5670, Anlage 1,
Nr. 2108,
Nr. 2). Die Gegenansicht von Pöhl, Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit im Berufskrankheitenrecht. Die Berufsgenossenschaft, 2000, 475, 477 sowie von Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht,
SGB VII, Anmerkung 16 zu § 9 überzeugt nicht. Während Pöhl eine nähere Begründung für seine Auffassung nicht gibt, reklamiert Ricke eine Systemwidrigkeit und fordert, dass die gefährdende Tätigkeit infolge der BK-bedingten objektiven Aufgabenotwendigkeit tatsächlich aufgegeben werden muss. Seine Auffassung wird indessen den mit langjährigen Karenzzeiten behafteten, durchaus nicht seltenen BKen ebensowenig gerecht wie dem in diesen Fällen besonders greifenden Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung, der eine Entschädigung für durch berufliche Einflüsse hervorgerufene Erkrankungen nicht davon abhängig machen darf, zu welchem Zeitpunkt die Erkrankung zum Ausbruch kommt und ob zu diesem Zeitpunkt noch die Versicherteneigenschaft besteht und durch den Ausbruch der Erkrankung beendet wird.
Die damaligen Wirbelsäulenbefunde hätten die Klägerin 1999 nicht zur Berufsaufgabe veranlasst, denn die Klägerin hätte ihrer Einlassung zufolge gerne weiter als Schreinerin gearbeitet, wenn sie die bösartige Schilddrüsenerkrankung nicht zum Ausscheiden aus dem Berufsleben gezwungen hätte. Auch der gerichtliche Sachverständige
Prof. E. geht dementsprechend nicht davon aus, dass die Klägerin bereits 1999 wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung zur Berufsaufgabe gezwungen war, was er vielmehr erst ab 2003 nach Auftreten des Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 annimmt, worin der erkennende Senat ihm beitritt. Denn die Klägerin hätte ab 2003 den körperlich schweren und für eine Frau besonders belasteten Schreinerberuf, der bei der Firma J. wie auch bei der Firma H. mit häufigen Belastungsspitzen für den Rücken verbunden war, mit einer derartigen Wirbelsäulenschädigung nicht weiter ausüben können und war damit bei medizinisch objektiver Betrachtung ab April 2003 zur "Unterlassung" gezwungen.
Die Klägerin erfüllt schließlich die Voraussetzungen zum Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 56
Abs. 1
SGB VII, da die Folgen des als BK-
Nr. 2108 festzustellenden Bandscheibenvorfalles mit einer
MdE von 20 v.H. zu bewerten sind.
Prof. E. kommt zu dieser
MdE-Bewertung in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlungen, die Vorschläge zur
MdE-Bewertung enthalten, die im Wege der Gleichbehandlung auch auf die Klägerin zur Anwendung zu bringen sind. Denn eine rentenberechtigende
MdE von 20 v.H. ist nach den Konsensempfehlungen (Seite 327) bei mittelgradigen Leistungseinschränkungen infolge einer bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankung vorgesehen. Als insoweit relevante Erkrankungen kommen ein lokales LWS-Syndrom oder ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden in Betracht, ebenso eine Lumboischalgie mit belastungsabhängigen Beschwerden und deutlichen Funktionseinschränkungen sowie mittelgradige Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach einer Operation.
Prof. E. geht insofern zutreffend von einer
MdE von 20 v.H. aus. Denn die Klägerin leidet an einem Wurzelkompressionssyndrom seit Erstfeststellung des Bandscheibenvorfalles im Jahre 2003.
Prof. L. hat dieses 2003 erstmals festgestellte Syndrom 2010 anlässlich einer weiteren Untersuchung bestätigt und die Klägerin hat im Senatstermin durch Vorlage des aktuellen Berichtes des
Dr. Q., eines früheren Mitarbeiters des
Prof. L., vom 17. Oktober 2013 das Fortbestehen des Wurzelkompressionssyndrom bei L5/S1 bei linksseitig teilsequestriertem Bandscheibenvorfall auch aktuell zweifelsfrei nachgewiesen. Der von
Prof. E. in der ergänzenden Stellungnahme vom 7. August 2003 abschließend empfohlenen erneuten neurologischen Untersuchung, die auch die die Beklagte beratenden Chirurgin
Dr. P. mit Stellungnahmen vom 18. April
bzw. 15. Mai 2013 empfohlen hat, bedurfte es in Anbetracht des aktuellsten Berichtes des
Dr. Q. nicht, der eine unveränderte Befundlage bei der Klägerin bestätigt hat, auf der
Prof. E. seine
MdE-Schätzung aufgebaut hatte. Da die Klägerin weitere Erkrankungen als BK-Folge weder geltend gemacht und auch nicht die Gewährung einer höheren Unfallrente begehrt hat, hatte der Senat nicht darüber zu befinden, ob die von
Prof. E. bereits angesprochenen und im Bericht des
Dr. Q. vom 17. Oktober 2003 bestätigten Blasen- und Mastdarmstörungen weitere Folgen der BK-
Nr. 2108 darstellen und unter Umständen
MdE-erhöhend Anerkennung finden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160
Abs. 2
SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und der Rechtsstreit ausgehend von einer gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts allein aufgrund der umfassend festgestellten Tatsachen zum arbeitstechnisch wie auch arbeitsmedizinischer Art zu entscheiden war.