I. Die zulässige Berufung ist begründet. Denn die zulässige Klage ist für den Zeitraum ab 1. November 2009 unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) für den Zeitraum ab 1. November 2009.
Nach § 56
Abs. 1 Satz 1
SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf Rente.
Die erste Voraussetzung für eine Verletztenrente - das Vorliegen eines Versicherungsfalls, hier: eines Arbeitsunfalls - ist erfüllt. Für einen Arbeitsunfall ist gemäß § 8
Abs. 1
SGB VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung eines Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer/sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden (oder den Tod des Versicherten) verursacht hat, haftungsbegründende Kausalität (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 -
B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 10).
Die vom Kläger zur Zeit des Sturzes ausgeübte Verrichtung - das Sichfortbewegen - ist Teil seiner versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang). Der Kläger war auf dem zurückgelegten Weg (nicht in der Beschäftigtenversicherung nach § 2
Abs. 1
Nr. 1
SGB VII, sondern) in der Wegeunfallversicherung nach § 8
Abs. 2
Nr. 1
SGB VII versichert. Denn er befand sich zur Zeit des Unfalles auf dem unmittelbaren Weg von dem Ort seiner Tätigkeit zu seiner Wohnung. Diese Verrichtung führte auch zu einem Unfallereignis - dem Umknicken und Hinfallen - (Unfallkausalität). Ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis liegt nämlich auch bei einem Stolpern über die eigenen Füße (
BSG, Urteil vom 17. Februar 2009 - B 2 U 18/08 -, juris), einem Umknicken infolge Unachtsamkeit (Keller, in: Hauck/Noftz,
SGB VII, § 8 Rn. 11b, Stand: 05/15) sowie auch bei einem Aufprall auf den Boden (
BSG, Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R -, juris) vor. Aufgrund des Sturzes erlitt der Kläger einen Gesundheitserstschaden, nämlich eine Distorsion des rechten Sprunggelenks und eine Flake fractur der lateralen Talusschulter (haftungsbegründende Kausalität).
Die zweite Voraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Folge dieses Versicherungsfalles, erfordert zunächst, dass überhaupt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten durch eine Beeinträchtigung seines körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens gegeben ist und dass diese Beeinträchtigung infolge des festgestellten Versicherungsfalls eingetreten ist, also über einen längeren Zeitraum andauernde Unfallfolgen vorliegen. Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Folge eines Versicherungsfalles muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens oder direkt ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 12). Hierbei muss die Unfallfolge im Sinne eines Vollbeweises feststehen.
Infolge des Versicherungsfalles ist zwar bei dem Kläger eine
MdE eingetreten, aber nicht in einem Umfang, der auch für den Zeitraum ab dem 1. November 2009 einen Rentenanspruch begründen kann.
Nach § 56
Abs. 1 Satz 1
i. V. m.
Abs. 3
SGB VII setzt der Anspruch auf eine Verletztenrente eine
MdE von wenigstens 20 v. H. voraus. Der Zahlbetrag der Verletztenrente bestimmt sich sodann nach der Höhe der
MdE und dem Jahresarbeitsverdienst. Die
MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56
Abs. 2 Satz 1
SGB VII). Die Bemessung der
MdE hängt damit zum einen von den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und zum anderen von dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten ab. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (
BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 -
B 2 U 11/15 R -, juris, Rn. 14). Die Bemessung des Grades der
MdE ist nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG eine tatsächliche Feststellung, die das Tatsachengericht unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nach § 128
Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen richterlichen Überzeugung trifft (
BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R -, juris, Rn. 15).
Die
MdE-Tabellenwerte sind allgemeine (generelle) Tatsachen, die für die Bestimmung des Inhalts einer Rechtsnorm - nämlich des in § 56
Abs. 2
SGB VII verwendeten Begriffs der
MdE - und damit für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle relevant sind. Bei einer Vielzahl von Unfallfolgen haben sich im Laufe der Zeit für die Schätzung der
MdE Erfahrungswerte herausgebildet. Sie sind in Form von Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und dienen als Hilfsmittel für die
MdE-Einschätzung im Einzelfall. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von den versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber als in sich stimmiges Beurteilungsgefüge die Grundlage für eine gleichförmige Bewertung der
MdE, ohne dass hier eine exakte rechtsdogmatische Einordnung der
MdE-Tabellen erforderlich wäre (
BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 B 2 U 11/15 R -, juris, Rn. 18).
MdE-Tabellen bezeichnen typisierend das Ausmaß der durch eine körperliche, geistige oder seelische Funktionsbeeinträchtigung hervorgerufenen Leistungseinschränkungen in Bezug auf das gesamte Erwerbsleben und ordnen körperliche oder geistige Funktionseinschränkungen einem Tabellenwert zu. Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte geben damit auch allgemeine Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperliche Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit aufgrund des Umfangs der den Verletzten versperrten Arbeitsmöglichkeiten wieder und gewährleisten, dass die Verletzten bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (
BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R -, juris, Rn. 19).
Von diesen Grundsätzen ausgehend kann der Kläger weder wegen orthopädischer (1.) noch wegen neurologisch-psychiatrischer (2.) Einschränkungen eine Rente beanspruchen, wobei die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge abzulehnen waren (3.).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen orthopädischer Einschränkungen.
a) Zur Überzeugung des Senats beträgt die
MdE des Klägers jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum (ab 1. November 2009) aufgrund orthopädischer Einschränkungen im Bereich des rechten Fußes lediglich 10 v. H.
Insoweit tritt er der Einschätzung von
Dr. S. bei, dass bei dem Kläger die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk auf Heben/Senken 5-0-20° beträgt und die Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk nicht eingeschränkt ist, so dass eine Bemessung der
MdE mit 10 v. H. angemessen ist. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass nach den allgemein akzeptierten
MdE-Tabellen bei einer Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk auf Heben/Senken 0-0-30° eine
MdE von 10, bei einer vollständigen Versteifung des oberen Sprunggelenks eine
MdE von 20, bei einer vollständigen Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks eine
MdE von 30 und bei einer Versteifung des unteren Sprunggelenks eine
MdE von 10 v. H. angenommen wird und der Kläger im Vergleich zu einer Versteifung des oberen Sprunggelenks (
MdE 20 v. H.) funktionell deutlich bessergestellt ist. In keiner
MdE-Tabelle wird für die Funktionseinschränkung, die der des Klägers entspricht, eine
MdE von mindestens 20 v. H. angegeben. Auf eventuelle graduelle Unterschiede in diesen Tabellen kommt es mithin nicht an. Zu Recht hat
Dr. S. auch die Einschränkungen des Klägers nicht mit denjenigen gleichgesetzt, die aus einem Knöchelbruch mit sekundärer Arthrose und wesentlichen Funktionseinschränkungen resultieren.
Sofern der Kläger kritisiert, dass
Dr. S. weder die beginnende Arthrose noch sonstige Knorpelschäden bei seiner Bemessung berücksichtigt hat, weist der Senat darauf hin, dass maßgeblich für die
MdE-Bemessung nicht der Gesundheitsschaden als solcher ist, sondern der Funktionsverlust (
BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 - B 2 U 11/15 R -, juris, Rn. 14) und dass die vom Kläger geltend gemachten weiteren Schäden nicht zu nachweisbaren Funktionseinschränkungen führen. Diese Grundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung verkennt
Dr. R., wenn er seine gegenteilige Auffassung damit begründet, es dürfe nicht sehenden Auges abgewartet werden, bis ein noch größerer Schaden gefunden werde.
Eine Erhöhung der
MdE kommt auch nicht wegen eventueller Schmerzen des Klägers in Betracht. Schmerzen, die üblicherweise mit den Schäden verbunden sind oder weitere subjektive Beschwerden, sind bereits in den
MdE-Erfahrungswerten enthalten; nur bei nachweisbaren objektivierbaren Besonderheiten kann eine Erhöhung angezeigt sein, während subjektive Angaben des Betroffenen insoweit nicht ausreichen (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht,
SGB VII, § 56 Rn. 40, Stand: 93 EL März 2017). Zutreffend hat daher auch
Dr. S. ausgeführt, dass Schmerzen prinzipiell in den
MdE-Werten enthalten sind und es lediglich bei außergewöhnlichen Schmerzen zu einer eventuellen Erhöhung des jeweiligen
MdE-Satzes kommt, was allerdings beim Kläger nicht der Fall ist. Sofern der Kläger hiergegen geltend macht, zweimal in der Woche Ibuprofen mit einer Dosis von 800 mg einzunehmen, kann nach Überzeugung des Senats hierin keine außergewöhnliche Schmerzbelastung zum Ausdruck kommen, die eine Erhöhung des
MdE-Wertes rechtfertigen könnte, zumal der Kläger keine entsprechende Schmerztherapie in Anspruch genommen hat. Auch die seitengleiche Beschwielung der Füße und die fehlende Seitendifferenz der Muskulatur sprechen gegen eine relevante Schonung des rechten Fußes und damit gegen außergewöhnliche Schmerzen.
Dieses Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit steht jedenfalls ab dem Tag der Untersuchung des Klägers bei
Prof. Dr. J. am 9. Oktober 2009 angesichts der dort erhobenen Bewegungsausmaße zur Überzeugung des Senats fest. Ob für die Zeit davor mit
Dr. S. und
Prof. Dr. J. davon auszugehen ist, dass aufgrund der am 31. Juli 2008 erhobenen Bewegungsausmaße eine
MdE von 20 v. H. gerechtfertigt ist, kann dahinstehen. Denn dieser Zeitraum ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Dass die Untersuchung des Klägers durch
Dr. S. schon mehr als zwei Jahre zurückliegt, ändert an der Verwertbarkeit des Gutachtens nichts. Denn es ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich der Zustand des Klägers im Bereich des rechten Fußes derart verschlechtert haben könnte, dass eine andere Bewertung der
MdE als möglich erscheint. Die bloße pauschale Behauptung einer Verschlechterung ist insoweit nicht ausreichend.
b) Soweit der Kläger außerdem Gesundheitsschäden im Bereich der Halswirbelsäule, Lendenwirbelsäule und Schulter geltend macht, können diese Einschränkungen keine höhere
MdE begründen.
Der Senat geht zwar davon aus, dass diese Schäden beim Kläger vorliegen. Sie sind aber nicht durch den Unfall vom 26. September 2007 nach der Theorie der wesentlichen Bedingung verursacht worden.
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis, wonach jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). In einer zweiten Prüfungsstufe ist die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden können,
d. h. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg unerheblichen Ursachen (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 13). Diese Unterscheidung und Zurechnung erfolgt nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, wonach als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 14). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit; diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, sodass die reine Möglichkeit nicht ausreicht (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 20).
Der Senat tritt der Einschätzung von
Dr. S. bei, dass Erkrankungen an der linken Schulter sowie im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule keine Unfallfolgen sein können. Das streitgegenständliche Unfallereignis kann bereits im naturwissenschaftlichen Sinne keine conditio sine qua non für jene Erkrankungen sein.
2. Auch Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet können keinen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente begründen. Solche Erkrankungen sind bereits nicht rechtlich-wesentlich auf den Unfall vom 26. September 2007 zurückzuführen.
Der Senat geht davon aus, dass bei dem Kläger im Februar 2008 eine Angststörung, im Mai 2017 eine rezidivierende depressive Störung und im Juli 2017 eine Belastungsstörung, eine retrograde Amnesie, eine Orientierungsstörung, eine Anpassungsstörung, eine Störung im Sozialverhalten, eine Störung durch Alkohol, eine Somatisierungsstörung, eine psychovegetative Erschöpfung bei zwanghafter Neurostruktur mit depressiven Anteilen sowie Angstzustände vorgelegen haben.
Diese psychischen Störungen sind jedoch nicht nach der Theorie der wesentlichen Bedingung Folgen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls. Die Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten für alle als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen und damit auch für psychische Störungen (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 21).
Der Arbeitsunfall ist bereits im naturwissenschaftlichen Sinne keine Bedingung, ohne die die in Rede stehenden Gesundheitsstörungen des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet entfielen.
Eine geringe Schwere des Unfalls steht zwar einer Zurechnung der psychischen Gesundheitsstörungen nicht zwingend entgegen. Denn es gibt bei seelischen Erkrankungen keinen Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ein als geringfügig beurteiltes Trauma stets als bloße Gelegenheitsursache anzusehen ist (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 40/05 R -, juris, Rn. 10).
Der Senat tritt aber der Einschätzung von
Dr. V. bei, dass die konkrete Verletzung des Klägers bereits nicht geeignet war, eine psychische Störung rechtlich wesentlich zu verursachen und dass jedenfalls angesichts fehlender Hinweise auf eine psychische Beeinträchtigung in der Zeit nach dem Unfall sowie des Umstandes, dass die Angststörung ein multifaktoriell bedingtes Symptom ist, nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Unfallereignis eine psychische Störung verursacht hat. Insbesondere das Fehlen von psychischen Symptomen des Klägers im Anschluss an den Unfall bestätigt die Einschätzung von
Dr. V. Denn nach den Kausalitätskriterien in der gesetzlichen Unfallversicherung kommt einer psychischen Erstreaktion vor allem bei minderschweren Ereignissen die Bedeutung als notwendige Anknüpfungstatsache im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Arbeitsunfall und Unfallfolge zu (Hessisches
LSG, Urteil vom 25. März 2014 - L 3 U 207/11 - juris).
Der Senat ist mithin davon überzeugt, dass eine psychiatrische Erkrankung nicht rechtlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 26. September 2007 zurückzuführen ist. Eine Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen ist daher nicht erforderlich. Der Senat kann seine Entscheidung auf die Stellungnahme von
Dr. V. stützten. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht vorgebracht. Ein Verstoß gegen § 200
Abs. 2
SGB VII liegt bereits deshalb nicht vor, weil die beratungsärztliche Stellungnahme kein Gutachten in diesem Sinne ist (
BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rn. 38).
Die Einschätzung von
Dr. V. wird zudem auch durch die Ausführung von
Dr. S. bestätigt, wonach neurologische Komplikationen in keinem der Vorgutachten und Vorberichte dokumentiert worden seien.
3. Die von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Beweisanträge waren abzulehnen.
a) Der Beweisantrag aus dem Schriftsatz vom 8. Oktober 2018 auf Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens (von Amts wegen) und Vernehmung sachverständiger Zeugen war abzulehnen.
Dieser Beweisantrag ist bereits nicht prozessordnungsgemäß und damit unzulässig. Ein zulässiger Beweisantrag setzt eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels voraus; dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest das hypothetische Beweisergebnis anzugeben (
BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 - B 9 V 28/16 B -, juris, Rn. 14). Diese Anforderungen erfüllt der Beweisantrag des Klägers nicht. Der Kläger hat als zu beweisende Tatsache lediglich angegeben, dass er "aufgrund des Arbeitsunfalles auch an einer neurologisch/psychiatrischen Erkrankung leidet, welche ebenfalls bei der Bemessung der
MdE zu berücksichtigen" sei. Diese Angaben sind bereits deshalb nicht hinreichend substantiiert, weil sie sich nicht ansatzweise damit auseinandersetzen, welche Tatsachen im Einzelnen vorliegen müssen, um einen Anspruch auf eine Rente wegen einer psychiatrischen Erkrankung zu begründen. Ein solcher Vortrag ist insbesondere deshalb erforderlich, weil eine im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung wesentliche Verursachung einer psychiatrischen Erkrankung durch einen Bagatellunfall nur ausnahmsweise in Betracht kommt und
Dr. V. eine solche Verursachung eindeutig ausgeschlossen hat. Der Kläger trägt zudem nicht einmal vor, welche Erkrankung konkret auf den Unfall zurückzuführen sein soll und wann die Symptome der Erkrankung erstmals aufgetreten sind. Eine solche Konkretisierung ist insbesondere deshalb erforderlich, weil der Kläger offenbar im 18. April 2015 einen schweren Autounfall erlitten hat und die im Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin T. vom 6. Juli 2017 benannten Diagnosen offenbar auf diesen Unfall zurückgeführt werden. Zudem fehlt jede Angabe über das hypothetische Beweisergebnis. Im Grunde soll die beantragte Beweisaufnahme erst die beweiserheblichen Tatsachen aufdecken. Der Antrag ist mithin ein bloßer Beweisermittlungsantrag.
Der Senat war auch materiell-rechtlich (§ 103
SGG) nicht gehalten, dem Beweisantrag zu folgen. Denn er ist davon überzeugt, dass psychiatrische Erkrankungen des Klägers nicht rechtlich wesentlich auf den streitgegenständlichen Arbeitsunfall zurückzuführen sind. Auch ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag kann abgelehnt werden, wenn das Fehlen der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist (
BSG, Beschluss vom 23. Juli 2015 - B 2 U 78/15 B -, juris, Rn. 7).
b) Abzulehnen war auch der Antrag,
Dr. S. zur mündlichen Verhandlung zu laden und zu befragen. Der Senat war weder aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht nach § 103
SGG (1) noch wegen des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62
SGG,
Art. 103
Abs. 1 Grundgesetz -
GG - (2) zu einer Ladung von
Dr. S. zur mündlichen Verhandlung verpflichtet.
(1) Die Nichtladung von
Dr. S. zur mündlichen Verhandlung stellt zunächst keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Senats dar. Zwar kann die Nichtladung eines Sachverständigen zum Termin nach §§ 103, 118
Abs. 1 Satz 1
SGG i. V. m. § 411
Abs. 3
ZPO ermessensfehlerhaft und damit ein Aufklärungsmangel sein. Dies setzt jedoch voraus, dass ausgehend von der Rechtsauffassung des Gerichts konkrete Gesichtspunkte erläuterungsbedürftig sind. Insbesondere muss eine nochmalige mündliche Befragung des Sachverständigen zu bereits schriftlich im Rahmen der Gutachtenerstattung vorgelegten und beantworteten Fragen im Rahmen einer Aufklärungsrüge nicht schon deshalb erfolgen, weil der Kläger subjektiv noch weiteren Erläuterungs-
bzw. Aufklärungsbedarf zu bereits beantworteten Fragen sieht (
BSG, Beschluss vom 19. April 2017 - B 13 R 339/16 B -, juris, Rn. 11). Aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Senats sind jedoch keine Punkte mehr erläuterungsbedürftig geblieben.
Der Beweisantrag war zudem ebenfalls nicht prozessordnungsgemäß. Der Kläger trägt keine konkreten Tatsachen vor, welche die Beweiserhebung erbringen könnte. Die Begründung für seinen Beweisantrag erschöpft sich darin, dass Widersprüche zwischen den beiden bislang eingeholten Sachverständigengutachten aufgeklärt würden und sich ergebe, dass der Kläger unter Unfallfolgen leide, die mit einer
MdE von 20 v. H. zu bewerten seien. Aus welchen konkreten Tatsachen, die durch eine Befragung von
Dr. S. bewiesen werden sollen, eine höhere
MdE folgen könnte, trägt er hingegen nicht vor.
(2) Ein Anspruch des Klägers auf eine mündliche Befragung von
Dr. S. folgt auch nicht aus seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (
Art. 103
Abs. 1
GG, § 62
SGG).
Nach §§ 116, 118
Abs. 1
SGG i. V. m. §§ 397
Abs. 2, 402, 411
Abs. 3
ZPO haben die Beteiligten zwar ein Fragerecht an den Sachverständigen, sofern der Antrag rechtzeitig gestellt wird und die Fragen objektiv sachdienlich sind. Das Gericht hat indes nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob es den Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung lädt oder ihn schriftlich befragt (
BSG, Beschluss vom 24. Juli 2012 - B 2 U 100/12 B -, juris, Rn. 15). Da
Art. 103
Abs. 1
GG keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung enthält, besteht auch kein verfassungsrechtlicher Anspruch, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben; es ist verfassungsrechtlich daher jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn Fachgerichte die Beteiligten vorrangig darauf verweisen, Fragen und Einwendungen schriftlich vorzutragen, um Sachverständige damit zu konfrontieren; die gegebenenfalls anschließende mündliche Befragung kann geboten sein, wenn sie sich nicht in einer Wiederholung schriftlicher Äußerungen erschöpft, sondern darüber hinaus einen Mehrwert hat, wobei auch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, die mündliche Befragung von der Benennung konkreter Fragen und Einwendungen abhängig zu machen (
BVerfG(K), Beschluss vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1522/12 -, juris, Rn. 2).
Das Fragerecht des Klägers ist bereits erfüllt. Er hatte ausreichend Gelegenheit, schriftliche Fragen an den Sachverständigen zu richten, die dieser auch ausführlich und eindeutig beantwortet hat. Ein Mehrwert einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen
Dr. S. ist weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Soweit
Dr. S. einzelne Fragen nicht beantwortet hat, stellt dies keine Verletzung des Fragerechts des Klägers dar. Denn die nicht beantworteten Fragen sind nicht objektiv sachdienlich. Sie sind nämlich entweder nicht beweiserheblich oder die Notwendigkeit ihrer Beantwortung wurde nicht erläutert. Sachdienlich sind nämlich nur Fragen, die sich im Rahmen des Beweisthemas halten, nicht abwegig sind und nicht bereits eindeutig beantwortet wurden, nicht aber solche, die die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründen oder beweisunerheblich und damit rechtsmissbräuchlich sind (in diesem Sinne
BSG, Urteil vom 16. Juni 2016 - B 13 R 119/14 B -, juris, Rn. 13).
Sofern der Kläger von
Dr. S. Ausführungen zu Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet verlangt, weist der Senat darauf hin, dass sich diese Aspekte nicht mehr im Rahmen des Beweisthemas bewegen.
Dr. S. wurde nur zu Erkrankungen auf seinem, also auf orthopädischem Fachgebiet befragt. Die Fragen, ob der Kläger an Erkrankungen der linken Schulter und im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule leide, sind rechtsmissbräuchlich. Denn der Kläger begründet bereits nicht, warum eine solche Erläuterung notwendig sein sollte, zumal das Vorhandensein dieser Erkrankungen als wahr unterstellt werden kann, da eine rechtlich wesentliche Verursachung durch den streitgegenständlichen Unfall offensichtlich ausscheidet. Zu der Frage, welche Folgen eine Verweigerung der Anfertigung von Röntgenbildern hat, hatte
Dr. S. keine Stellung zu nehmen, weil es sich hierbei um eine rechtliche Wertung handelt.
Sofern der Kläger in seinem Schriftsatz vom 7. Februar 2018 Fragen zu einer eventuellen Tätigkeit von
Dr. S. bei einer Berufsgenossenschaft gestellt hat, besteht bereits kein Fragerecht. Denn diese Umstände sind für den Rechtsstreit nicht objektiv sachdienlich. Die Fragen des Klägers zu eventuellen Tätigkeiten des Sachverständigen für Berufsgenossenschaften lassen keine Bezugspunkte zum streitgegenständlichen Anspruch auf Verletztenrente erkennen. Auch Anhaltspunkte für eine mögliche Befangenheit des Sachverständigen liegen nicht vor. Insbesondere wäre auch eine frühere Tätigkeit für Berufsgenossenschaften oder eine Beschäftigung in einer von einer Berufsgenossenschaft getragenen, aber eigenständigen Organisation (
BG-Unfallklinik) für sich genommen kein Grund für die Besorgnis der Befangenheit (Keller, in: Meyer-Ladewig
u. a.,
SGG, 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 12j).
c) Dem Antrag auf Vernehmung von
Dr. R. musste der Senat ebenfalls nicht nachkommen.
(1) Ein Fragerecht besteht insoweit nicht. Denn der Senat hat kein Gutachten, sondern lediglich eine ergänzende Stellungnahme bei
Dr. R. eingeholt. Ein Fragerecht gibt es indes prinzipiell nur für die in der jeweiligen Instanz eingeholten Gutachten (Keller, in: Meyer-Ladewig
u. a.,
SGG, 12. Aufl. 2017, § 118 Rn. 12g m. w. N.).
(2) Der entsprechende Beweisantrag war überdies mangels hinreichender Substantiierung nicht prozezessordnungsgemäß. Außerdem ist der Senat davon überzeugt, dass die Ausführungen von
Dr. R., soweit sie denen von
Dr. S. widersprechen, unzutreffend sind.
d) Schließlich war auch der Antrag, ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, abzulehnen. Er ist ebenfalls unzulässig. Denn es fehlt bereits an der Benennung eines Beweisthemas. Zudem sieht der Senat keinen Anlass für weitere Ermittlungen von Amts wegen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG. Das Unterliegen der Beklagten war geringfügig. Der Kläger hat lediglich für den Zeitraum 6. April bis 31. Oktober 2009 obsiegt. Für den anschließenden Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat war er unterlegen.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160
Abs. 2
SGG liegen nicht vor.