Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist, ob dem Kläger ein Grad der Behinderung (
GdB) von 50 bereits ab November 2000 zuzuerkennen ist.
Der 1943 geborene Kläger, der seit 01. Oktober 2003 Altersrente bezieht, stellte am 29. Dezember 2000 einen Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz und gab an, wegen Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, rheumatischen Beschwerden in allen Großgelenken, einem Sehnenriss im rechten und linken Schultergelenk sowie Beschwerden im linken Hüft- und Kniegelenk im Alltag dauernd und erheblich beeinträchtigt zu sein.
Zur Ermittlung des Sachverhalts zog der Beklagte den Heilverfahrensentlassungsbericht des Rehabilitations-Zentrums der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bad S vom 04. Dezember 2000 und eine ärztliche Auskunft des Praktischen Arztes
Dr. B vom 24. Januar 2001 bei, der Entlassungsberichte der C, Campus B-B, vom 27. April und 06. Juli 2000 über stationäre Aufenthalte wegen Tachycardien beigefügt waren.
Nach Auswertung der Unterlagen durch die Versorgungsärztin
Dr. B stellte der Beklagte mit bindendem Bescheid vom 07. Mai 2001 einen
GdB von 30 wegen folgender Behinderungen fest:
1. Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Herzmuskelentzündung 2. Funktionseinschränkung linkes Schultergelenk
Außerdem lehnte er die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab.
Die Behinderung zu 1. wurde intern mit einem Einzel-
GdB von 30 und die Behinderung zu 2. mit einem Einzel-
GdB von 10 bewertet.
Am 17. Januar 2003 stellte der Kläger einen Änderungsantrag nach dem Sozialgesetzbuch IX (
SGB IX), weil sich seine körperliche und seelische Belastbarkeit weiter verringert habe. Seit 2000 bestünden lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, es habe sich ein Gehirntumor mit Ödem gebildet, dadurch bestünden erhebliche Gesichtsfeldausfälle auf beiden Augen. Dem Antrag beigefügt waren ein Bericht der Augenärztin
Dr. F vom 13. Januar 2003, bei der der Kläger sich am 27. Juli 2002 erstmalig vorgestellt hatte, sowie ein Bericht der Klinik für Neurochirurgie des C-T Klinikums C vom 08. Januar 2001 mit der Diagnose des Verdachts eines Meningeoms rechts-okzipital parasagittal und der Bericht eines MRT des Neurocraniums vom 14. Oktober 2002.
Auf Veranlassung des Beklagten erstatteten
Dr. B am 29. Januar 2003 und der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten
Dr. R am 30. Januar 2003 ärztliche Auskünfte, denen eine Vielzahl medizinischer Berichte beifügt waren. Die Versorgungsärztin
Dr. B wertete auch diese Unterlagen aus und empfahl die Zuerkennung eines
GdB von nunmehr 50. Als neue Behinderung habe sich auf Grund des Berichts der Augenärztin
Dr. F eine Gesichtsfeldeinengung ergeben, die mit einem Einzel-
GdB von 30 zu diesem Zeitpunkt zu bewerten sei.
Dem Vorschlag der Versorgungsärztin folgend erkannte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2003 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch X (
SGB X) einen
GdB von 50 ab Antragstellung an.
Am 25. Februar 2003 beantragte der Kläger die rückwirkende Anerkennung eines
GdB von 50 für die Zeit vor dem 16. November 2000. Wie sich aus den medizinischen Unterlagen ergebe, bestehe bei ihm das Meningeom mit angrenzendem Ödem bereits seit 1994. Resultierend daraus sei bereits 1994 ein Gesichtsfeldverlust von 70 % auf dem rechten Auge festgestellt worden.
Der Beklagte holte daraufhin eine ärztliche Auskunft des Nervenarztes
Dr. W vom 06. März 2003 ein, der die Diagnose eines rechts-okzipital gelegenen Meningeoms bestätigte und bis auf die Visusminderung
bzw. die Gesichtsfeldstörung einen unauffälligen neurologischen und psychopathologischen Befund mitteilte. Außerdem zog der Beklagte die Patientenunterlagen des Klägers seit 1994 von der Augenärztin
Dr. D bei.
Mit Bescheid vom 23. April 2003 erkannte der Beklagte einen
GdB von 50 bereits ab dem 01. Juli 2002 an, dem Zeitpunkt der erstmaligen Vorstellung bei der Augenärztin
Dr. F. Dagegen legte der Kläger erneut Widerspruch ein, mit dem er seine Auffassung, die Schwerbehinderteneigenschaft habe bereits vor dem 16. November 2000 vorgelegen, bekräftigte. Er legte den Bericht von MRT-Untersuchungen des Schädels am 24. Oktober und 14. Dezember 1994 vor.
Der Beklagte veranlasste daraufhin ein Gutachten nach Aktenlage durch
Dr. G, Chefärztin der Augenklinik des C-T Klinikums C, vom 04. Juli 2003. Die Gutachterin führte aus, eine rückwirkende Begutachtung sei nicht möglich, da zwischen der Gesichtsfeldbestimmung von 1994 und der von 2002 gravierende Unterschiede bestünden, die nicht durch einen kontinuierlichen Krankheitsverlauf begründbar seien. Schubweise Verläufe der Gesichtsfeldausfälle seien bei den vorhandenen Kreislauf- und Herzproblemen wahrscheinlich. Die Ausfälle am rechten Auge seien zwar ophthamologisch auf Grund der "Optikusatrophie" wahrscheinlich, unterlägen aber im Laufe der Jahre einem wesentlichen qualitativen Wandel, der nur durch häufige Gesichtsfelduntersuchungen nachvollziehbar sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2003 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. April 2003 zurück, da aus den beigezogenen medizinischen Unterlagen für die Zeit vor dem 16. Oktober [gemeint wohl November] 2000 kein
GdB von mindestens 50 festgestellt werden könne. Dies werde durch das Gutachten von
Dr. G bestätigt. In diesem werde auch angeführt, insbesondere der Befund vom 08. Januar 2003 zeige, dass das bei dem Kläger diagnostizierte Meningeom keinen linearen Verlauf im Wachstum habe, so dass eine Schlussfolgerung auf daraus resultierende Gesichtsfeldausfälle in früheren Jahren nicht möglich sei.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Cottbus erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel, die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft spätestens zum 16. November 2000 zu erreichen, weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat zu Ermittlung des Sachverhalts Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte, der Internistin und Kardiologin
Dipl. med. G vom 16. Januar 2004, des Nervenarztes
Dr. W vom 19. Januar 2004, des Praktischen Arztes
Dr. B vom 27. Januar 2004, des Chirurgen
Dipl. med. H vom 27. Februar 2004 und der Augenärztin
Dr. F vom 10. Juni 2004, eingeholt.
Dazu hat der Beklagte Stellungnahmen des Versorgungsarztes
Dr. G-L vom 05. April 2004 und 30. Juni 2004 sowie des Versorgungsarztes
Dr. J vom 02. August 2004 vorgelegt.
Im Anschluss daran hat das Sozialgericht ein Gutachten von
Dr. P, Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde des Klinikums F
GmbH veranlasst, das dieser am 16. Dezember 2004 erstattet hat und in dem er zu dem Ergebnis gekommen ist, bei dem Kläger bestünden rechts mehr als links eingeschränkte Gesichtsfeldaußengrenzen mit parazentralem Gesichtsfelddefekt links, eine Sehschärfenreduktion rechts im Fernbereich, eine ausgeprägte Atrophie im Bereich der Sehnervenpapille beidseits sowie eine Störung des Farbsehens rechts. Dieser auf Grund seiner gutachterlichen Untersuchungen erhobene Befund sei mit einem
GdB von 35 zu bewerten. Eine rückwirkende Beurteilung des
GdB sei auch nach mehrmaliger Durchsicht aller vorliegenden Befunde nicht möglich.
Durch Urteil vom 10. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Kläger vor dem 01. Juli 2002 Behinderungen gehabt habe, die mit einem
GdB von 50 zu bewerten gewesen seien. Es sei insbesondere nicht feststellbar, dass zu diesem Zeitpunkt Gesichtsfeldausfälle vorgelegen hätten, die schon damals die Anhebung des Gesamt-
GdB auf 50 gerechtfertigt hätten. Der Beklagte habe den bindend gewordenen Bescheid vom 07. Mai 2001, der einen
GdB von 30 festgestellt habe, gemäß § 44
Abs. 2
SGB X überprüft. Die Prüfung habe ergeben, dass der bestandskräftig gewordene Bescheid nicht rechtswidrig gewesen sei. Dies ergebe sich aus den schlüssigen und überzeugenden Gutachten von
Dr. G und
Dr. P, die die zahlreichen in der Akte vorhandenen Vorbefunde berücksichtigt hätten.
Dr. P habe zudem den Kläger auch persönlich untersucht. Beide Gutachten seien jedoch übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass eine rückwirkende Einschätzung der im Jahr 2000 vorliegenden Gesichtsfeldausfälle auf der Grundlage der vorhandenen Befunde nicht möglich sei. Die durch
Dr. B im Jahr 1994 durchgeführte Gesichtsfelduntersuchung entspreche nicht den durch die Anhaltspunkte vorgegebenen Untersuchungsmethoden. Selbst wenn man zugunsten des Klägers die Ergebnisse der Gesichtsfelduntersuchung vom 22. Juni 1994 verwende, könne aus diesen Ergebnissen nicht auf einen
GdB geschlossen werden. Der Gutachter
Dr. P sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gesichtsfelduntersuchung eine hauptsächlich einseitige Einengung der normalen Gesichtsfeldaußengrenze auf durchschnittlich 30 % am rechten Auge belege. Diese Einschränkung des rechten Auges sei durch das linke Auge im Wesentlichen noch kompensiert worden. Es liege insoweit keine Einengung auf 10 % des Zentrums vor, die mit einem
GdB von 10 zu bewerten wäre. Der
GdB für die auf der Grundlage der Gesichtsfelduntersuchung vom Juni 1994 festgestellten Gesichtsfeldausfälle betrage nach den Vorgaben der Anhaltspunkte 0. Die Gutachterin
Dr. G habe außerdem festgestellt, dass aus der Entwicklung des Tumors nicht auf den Verlauf der Gesichtsfeldausfälle geschlossen werden könne. Dies überzeuge insbesondere auch deshalb, weil die Auswirkung des 1994 nicht erkannten Tumors nicht mehr und in regelmäßigen Abständen untersucht worden sei. Es erscheine schlüssig, dass allein auf der Grundlage der Ergebnisse der bildgebenden Verfahren ein Zusammenhang zwischen Tumorentwicklung und Auswirkung auf das Sehvermögen nicht getroffen werden könne. Es gebe keine weiteren Indizien dafür, dass die heute bestehenden Gesichtsfeldausfälle bereits im Jahr 2000 vorgelegen hätten. Eine Erhöhung des Gesamt-
GdB ab dem 16. November 2000 sei daher nicht möglich.
Am 08. Juni 2005 hat der Kläger Berufung gegen das ihm am 30. Juni 2005 zugestellte Urteil eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Mai 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2003 zu verpflichten, seinen Antrag vom 25. Februar 2003 auf Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 bereits ab 16. November 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und den Bescheid vom 07. Mai 2001 insoweit zurückzunehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat weitere Befundberichte eingeholt, die am 09. September 2005 von dem Facharzt für Diagnostische Radiologie
Dr. B, am 12. September 2005 von dem Internisten
Dipl. med. K, am 24. September 2005 von der Augenärztin
Dr. F und am 02. November 2005 von dem Praktischen Arzt
Dr. B erstattet worden sind.
Dazu hat der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Versorgungsarztes
Dr. J vom 09. Dezember 2005 vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags Feststellung eines
GdB von 50 bereits ab 16. November 2000.
Die von dem Kläger mit Antrag vom 25. Februar 2003 begehrte Feststellung eines
GdB von 50 ab 16. November 2000 setzt die Überprüfung des bindend gewordenen Bescheides vom 07. Mai 2001 voraus, denn der Beklagte hat auf den Antrag des Klägers vom 19. Dezember 2000 hin den bestandskräftigen Bescheid vom 07. Mai 2001 erlassen, mit dem ein
GdB von 30 festgestellt worden ist. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, in dessen Regelungsgehalt nur unter den Voraussetzung der §§ 44
ff. SGB X eingegriffen werden kann. § 44
Abs. 2
SGB X ist die hier allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage, die dem Begehren des Klägers Rechnung trägt, denn der Kläger hat, wenn auch nicht ausdrücklich, mit seinem Antrag vom 25. Februar 2003 zum Ausdruck gebracht, dass der Bescheid vom 07. Mai 2001 wegen eines zu niedrigen
GdB rechtswidrig ist.
Bei sachgerechter Auslegung hat der Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2003 auch eine Entscheidung nach § 44
Abs. 2
SGB X getroffen. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid auf den Antrag vom 25. Februar 2003 auf rückwirkende Feststellung eines höheren
GdB Bezug genommen hat, sondern auch daraus, dass der Beklagte tatsächlich eine rückwirkende Entscheidung zum 01. Juli 2002 getroffen und im Übrigen ausgeführt hat, ein
GdB von 50 könne für die Zeit vor dem 16. Oktober 2000 nicht festgestellt werden.
Diese Entscheidung des Beklagten ist rechtmäßig, denn die Voraussetzungen des § 44
Abs. 2
SGB X liegen nicht vor. Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 07. Mai 2001 war nicht zurückzunehmen, weil der Beklagte zu Recht bei dem Kläger keinen
GdB von 50 bereits zum 16. November 2000 festgestellt hatte.
Der Senat ist nach Auswertung aller medizinischen Unterlagen und Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger zu diesem Zeitpunkt zwar Behinderungen vorgelegen haben, die durch sie bedingten Funktionsstörungen jedoch nicht so schwerwiegend waren, dass sie die Feststellung eines
GdB von 50 rechtfertigten. Denn ein
GdB von 50 kann beispielsweise nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkungen der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich sind wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beins ab Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislauf-Schäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bei bereits leichter Belastung (
AHP 1996/2004/2005
Nr. 19 (2)).
Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft trifft der Beklagte eine Statusentscheidung, die generell nur für die Zukunft wirkt. Das beruht nicht in erster Linie darauf, dass über die erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen für die Vergangenheit nur schwer Feststellungen zu treffen sind. Dem wird schon dadurch Rechnung getragen, dass ein Antragsteller in jedem Fall das Risiko trägt, dass eine ausreichende Sachaufklärung zu seinen Gunsten nicht mehr möglich ist. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch, dass die Rechtsstellung als schwerbehinderter Mensch mit einem bestimmten
GdB sich häufig nur in der Zukunft auf die Gestaltung verschiedener Rechtsverhältnisse auswirken kann,
z.B. im einen Arbeitsrechtsverhältnis. Im Interesse des schwerbehinderten Menschen, durch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar benachteiligt zu werden, ordnet jedoch
§ 6 Abs. 1 S. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung (
SchwbAwV) an, dass die Feststellung des
GdB nicht erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung hierüber, sondern ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gilt. Dass ist im Fall des Klägers der Antrag vom 29. Dezember 2000. Eine weitere Rückwirkung eines solchen Antrags ist nach Maßgabe des § 6
Abs. 1
S. 2
SchwbAwV vorgesehen; sie ist allerdings auf offenkundige Fälle zu beschränken (
BSG SozR 3-1300 § 44
Nr. 3; Urteil des Bayerischen
LSG vom 24. Oktober 2006, Aktenzeichen
L 18 SB 18/04).
Der Offenkundigkeit der behaupteten Tatsache, bereits seit 16. November 2000 wegen Gesichtsfeldausfällen schwerbehindert zu sein, steht bereits entgegen, dass keine medizinischen Unterlagen aus diesem Zeitraum vorliegen, mit denen der Nachweis geführt werden könnte. Die vorliegenden Berichte und augenärztlichen Auskünfte aus 1994 und ab 2002 können allein dazu dienen, Rückschlüsse auf den behaupteten Eintritt der Schwerbehinderung zu ziehen. Ob diese Verfahrensweise dazu dienen kann, offenkundige Tatsachen festzustellen, erscheint zweifelhaft. Die Entscheidung der Frage kann jedoch dahinstehen, da die von dem Sozialgericht durchgeführten Ermittlungen den von dem Kläger zu führenden Nachweis nicht erbracht haben.
Der gerichtliche Sachverständige
Dr. P hat in seinem Gutachten vom 16. Dezember 2004 nach sorgfältiger Auswertung aller beigezogenen medizinischen Unterlagen festgestellt, dass mangels vorliegender augenärztlicher Befunde eine Aussage darüber, wie weit die Gesichtsfeldeinschränkungen im November 2000 fortgeschritten waren, nicht getroffen werden kann. Der Sachverständige hat auf die Problematik hingewiesen, dass die Gesichtsfelduntersuchungen, die am 22. Juni 1994 und 21. Oktober 2002 durchgeführt wurden, nicht mit dem Perimeter der Marke Goldmann III /
IV, wie in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996 -
AHP 1996 -
bzw. den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2
SGB IX) -
AHP Nr. 26.4 - gefordert, durchgeführt worden seien. Er erklärt dies damit, dass die Untersuchungen bei dem Kläger vornehmlich einer medizinischen Fragestellung dienten. In diesem Fall ist die automatische Perimetrie die am häufigsten verwendete Methode. Für die gutachterlichen Untersuchungen könne jedoch auf ein solches Gerät nicht zurückgegriffen werden. Die Ergebnisse der kinetischen und der statisch-automatischen Gesichtsfelduntersuchungen seien zwar nicht miteinander vergleichbar, ergänzten sich aber. Aus der Gesichtsfelduntersuchung von 1994 ergebe sich links ein normaler Befund und rechts eine Einengung auf 30 . Dies entspreche nach den
AHP Nr. 26.4 einem
GdB von 0. Diese Untersuchung könne bei der Einschätzung des
GdB berücksichtigt werden, da die Untersuchung am Tübinger Perimeter, wie er am 22. September 1994 verwendet worden sei, auch die Außenbereiche des Gesichtsfeldes erfasse und es sich hauptsächlich um absolute Ausfälle handele. Die Gesichtsfelduntersuchung vom 21. Oktober 2002 erfasste jedoch nur das zentrale 30 - Gesichtsfeld und sei für eine Begutachtung ungeeignet. Man könne nur im Vergleich mit dem Gesichtsfeld des rechten Auges vom 22. September 1994 vermuten, dass der Gesichtsfeldausfall im zentralen Bereich zugenommen habe. Da aber keinerlei Gesichtsfeldmessungen während des Zwischenzeitraums durchgeführt worden seien, könne eine Aussage über die
GdB-Bewertung nicht erfolgen. Alle augenärztlichen Befunderhebungen hätten ausschließlich und zielgerichtet der Beantwortung spezieller Fragestellungen zu Tumornebenwirkungen, Kontraindikationen für den Einsatz eines Herzmedikaments und cerebralen Durchblutungsstörungen gedient. Die Begutachtung am 13. November 2004 durch ihn habe eine Gesichtsfeldeinengung rechts auf durchschnittlich 22,5 und links auf durchschnittlich 35 ergeben. Dies entspreche einer allseitigen doppelseitigen Einengung auf 27,5 und werde nach den
AHP Nr. 26.4 mit einem
GdB von 35 bewertet. Rückschlüsse auf die Zeit im November 2000 ließen sich daraus allerdings nicht ziehen.
Der Senat hat keine Bedenken, den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen zu folgen. Diese stehen in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Feststellungen der im Verwaltungsverfahren tätig gewordenen Augenärztin
Dr. Greiner in ihrem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 04. Juli 2003.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in seinem Fall die
AHP 1983, die in
Nr. 26.4 noch nicht die Verwertung der manuell-kinetischen Perimetrie entsprechend der Marke Goldmann III/4 anordnen, anzuwenden sind. Denn es geht hier um die Beurteilung eines Sachverhalts aus dem Jahr 2000, für den die
AHP 1983 keine Gültigkeit mehr haben. Dass bei dem Kläger nicht zeitnah die erforderlichen augenärztlichen Untersuchungen durchgeführt worden sind, fällt in seinen Risikobereich. Die nur begrenzte Rückwirkung der Feststellungen, wie sie in § 6
Abs. 1
SchwbAwV angeordnet ist, trägt den Schwierigkeiten der Ermittlung medizinischer Sachverhalte, die in der Vergangenheit liegen, Rechnung.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Gründe für diem Zulassung der Revision gemäß § 160
Abs. 2
SGG liegen nicht vor.