Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist zutreffend.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid vom 26. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines
GdB von 100, hilfsweise 50, bereits ab dem 1. Mai 2000.
Wie das Sozialgericht mit Recht ausgeführt hat, ist Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers
§ 69 Abs. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Hiernach stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden - hier das Versorgungsamt Berlin - das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest, wobei gemäß
§ 2 SGB IX Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft sind gemäß § 69
Abs. 1 Satz 4 und 5
SGB IX abgestuft als
GdB in Zehnergraden von 20 bis 100 entsprechend den Maßstäben des § 30
Abs. 1 BVG
i.V.m. den vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen
AHP in ihrer jeweils geltenden Fassung festzustellen. Den
AHP kommt hierbei die Bedeutung von antizipierten Sachverständigengutachten zu, durch die die möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet erreicht werden soll. Die
AHP engen das Ermessen der Verwaltung ein, führen zur Gleichbehandlung und sind deshalb auch geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zu Grunde gelegt zu werden.
In zeitlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Feststellung des
GdB um eine Statusentscheidung handelt, die prinzipiell in die Zukunft wirkt und nach § 6
Abs. 1 Satz 1
SchwbAwV lediglich deshalb auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück zu beziehen ist, um den schwerbehinderten Menschen durch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar zu belasten. Für eine weitergehende Rückwirkung ist nach Maßgabe von
§ 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV nur dann Raum, wenn der Betroffene ein besonderes Interesse für eine frühere Statusentscheidung glaubhaft machen kann. Eine solche Rückwirkung muss jedoch auf offenkundige Fälle beschränkt werden, um den Sinn und Zweck einer Statusentscheidung nicht zu konterkarieren (
vgl. Bundessozialgericht -
BSG -, Urteil vom 29. Mai 1991 -
9a/9 RVs 11/89 -, zitiert nach juris, allerdings nicht für den Fall der Erstfeststellung, sondern den Fall der Rücknahme eines Feststellungsbescheides nach § 44
Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches). Offenkundigkeit ist hierbei nach Auffassung des Senats nur dann anzunehmen, wenn die für die Feststellung erforderlichen Voraussetzungen aus der Sicht eines unbefangenen, sachkundigen Beobachters nach Prüfung der objektiv gegebenen Befundlage ohne weiteres deutlich zu Tage treten.
Die vorstehend beschriebenen Anforderungen an eine rückwirkende Feststellung eines
GdB von 100, hilfsweise 50, für die Zeit ab dem 1. Mai 2000 sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Der Kläger hat zwar ein besonderes Interesse an einer früheren Feststellung jedenfalls insoweit glaubhaft gemacht, als ihm nach § 236 a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen zustehen würde, wäre seine Schwerbehinderteneigenschaft bereits zum 16. November 2000 festgestellt. Es fehlt jedoch an einem offenkundigen Fall, weil medizinische Befunde, aus denen sich die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Feststellung deutlich entnehmen ließen, für die Zeit vor dem Monat April 2002 weder vorliegen noch ermittelbar sind. Letzteres ergibt sich für den Senat aus den Angaben des Klägers selbst sowie vor allem den Attesten der Internistinnen
Dr. P und
Dr. L vom 25. April 2007. Denn danach sind hier entweder nur ganz pauschale Aussagen darüber möglich, dass der Kläger bereits in der Zeit ab dem 1. Mai 2000 unter vereinzelt aufgetretenen Teerstühlen sowie unter starken Symptomen einer Anämie und unter Kraftlosigkeit gelitten hat (
vgl. das Attest von
Dr. P sowie den Beweisantrag des Klägers), oder es können nur Rückschlüsse aus Befunden aus der Zeit ab April 2002 gezogen werden (
vgl. das Attest von
Dr. L), was - weil insoweit über eine einfache Prüfung hinausgehende Bewertungen vorzunehmen sind - im Regelfall der Annahme eines offenkundigen Falls im oben genannten Sinne entgegensteht. Anhaltspunkte dafür, dass hier ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, weil die späteren Befunde so eindeutig sind, dass sie ohne weiteres nur den Rückschluss auf die Richtigkeit der Behauptungen des Betroffenen zulassen, liegen entgegen der Auffassung des Klägers hier schon deshalb nicht vor, weil die Befundlage für die Zeit ab April 2002 auf einem völlig neuen Sachverhalt, nämlich der Entfernung des GIST-Tumors, fußt. Eine eindeutige Aussage zu den Befunden in der Zeit von Mai 2000 bis März 2002 lässt sich damit nicht treffen.
Vor diesem Hintergrund musste der Senat im Fall des Klägers in weitere Ermittlungen nicht eintreten. Insbesondere musste er den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nach § 106
SGG und § 109
SGG nicht folgen, weil sie - wie der Beweisantrag zu 1. - nur vage Tatsachenbehauptungen zum Inhalt haben, aus denen sich konkrete Funktionsbeeinträchtigungen nicht ableiten lassen,
bzw. - wie der Beweisantrag zu 2. - auf die Einholung eines Rückschlussgutachtens zielen, auf das es bei der Prüfung der Frage, ob ein offenkundiger Fall gegeben ist, gerade nicht ankommen kann. Zudem war dem Beweisantrag zu 1. nicht nachzukommen, weil das sozialgerichtliche Verfahren eine Parteivernehmung nicht kennt. Dass der Kläger Arzt ist, ändert hierbei an dem Charakter seiner Vernehmung als Partei nichts. Dem Beweisantrag zu 2. war überdies nicht zu folgen, weil sich dieser Antrag mit dem Vorbringen des Klägers im Übrigen nicht in Übereinstimmung bringen lässt. Denn mit diesem Antrag soll bewiesen werden, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in der Zeit von Mai 2000 bis April 2002 nicht signifikant verändert hat. Demgegenüber gehen die sonstigen Ausführungen des Klägers dahin, dass sich seine Tumorerkrankung im Laufe der Zeit stetig weiterentwickelt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Sache selbst. Die mit dem Widerspruchsbescheid vom 23. August 2007 getroffene Kostenentscheidung war hierbei unangetastet zu lassen, weil der Beklagte hiermit eine den Kläger teilweise begünstigende Regelung getroffen hat, an der er sich festhalten lassen muss.
Die Revision war nach § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG zuzulassen, weil der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit und unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf Feststellung des
GdB Rückwirkung entfalten kann, grundsätzliche Bedeutung zukommt.