Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid vom 13. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung des Bescheides des Versorgungsamtes H vom 20. Dezember 1989 und Feststellung eines
GdB von 50 bereits ab dem 16. November 2000 (bis zum 16. November 2003).
Wie das Sozialgericht mit Recht ausführt, ist Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers § 44
Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB X). Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegen die Voraussetzungen des § 44
Abs. 2
SGB X für eine Änderung des Bescheides vom 20. Dezember 1989, mit dem für die Zeit bis zur rückwirkenden Neufeststellung durch den Beklagten ein
GdB von 30 festgestellt worden ist, nicht vor. Der Bescheid ist nicht rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Feststellung eines
GdB von 50 bereits für die Zeit vom 16. November 2000 bis zum 16. November 2003, mithin für einen vor dem Änderungsantrag vom 17. November 2003 liegenden Zeitraum, nicht gegeben sind.
Nach
§ 69 Abs. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest, wobei gemäß
§ 2 SGB IX Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft sind gemäß § 69
Abs. 1 Satz 4 und 5
SGB IX abgestuft als
GdB in Zehnergraden von 20 bis 100 entsprechend den Maßstäben des § 30
Abs. 1 BVG
i.V.m. den vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen - für die Zeit bis Ende 2008 heranzuziehenden - Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (
AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung festzustellen. Den
AHP kommt hierbei die Bedeutung von antizipierten Sachverständigengutachten zu, durch die die möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet erreicht werden soll. Die
AHP engen das Ermessen der Verwaltung ein, führen zur Gleichbehandlung und sind deshalb auch geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zu Grunde gelegt zu werden.
In zeitlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Feststellung des
GdB um eine Statusentscheidung handelt, die prinzipiell in die Zukunft wirkt und nach § 6
Abs. 1 Satz 1
SchwbAwV lediglich deshalb auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück zu beziehen ist, um den schwerbehinderten Menschen durch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar zu belasten. Für eine weitergehende Rückwirkung ist nach Maßgabe von
§ 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbAwV nur dann Raum, wenn der Betroffene ein besonderes Interesse für eine frühere Statusentscheidung glaubhaft machen kann. Eine solche Rückwirkung muss jedoch auf offenkundige Fälle beschränkt werden, um den Sinn und Zweck einer Statusentscheidung nicht zu konterkarieren (
vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 1991 -
9a/9 RVs 11/89 -, zitiert nach juris, für den auch hier vorliegenden Fall der Rücknahme eines Feststellungsbescheides nach § 44
Abs. 2
SGB X). Offenkundigkeit ist hierbei nach Auffassung des Senats nur dann anzunehmen, wenn die für die Feststellung erforderlichen Voraussetzungen aus der Sicht eines unbefangenen, sachkundigen Beobachters nach Prüfung der objektiv gegebenen Befundlage ohne weiteres deutlich zu Tage treten (
vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 19. Januar 2010 - L 11 SB 358/08 -, veröffentlicht in juris).
Die vorstehend beschriebenen Anforderungen an eine rückwirkende Feststellung eines
GdB 50 für die Zeit vom 16. November 2000 bis zum 16. November 2003 sind im Fall des Klägers nicht erfüllt.
Der Kläger hat zwar ein besonderes Interesse an der früheren Feststellung eines
GdB von 50 glaubhaft gemacht, weil ihm nach § 236 a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches die von ihm bereits beantragte Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Berücksichtigung von Abschlägen zustehen würde, wäre seine Schwerbehinderteneigenschaft bereits zum 16. November 2000 festgestellt. Eine rückwirkende Feststellung eines
GdB von 50 für die Zeit vom 16. November 2000 bis zum 16. November 2003 scheidet jedoch bereits deshalb aus, weil nach den vorliegenden medizinischen Erkenntnissen zur Überzeugung des Senats bereits der Nachweis geführt ist, dass keine Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die für den vorstehenden Zeitraum die Zuerkennung eines
GdB von 50 rechtfertigen können. Auf die Frage, ob ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass hier Funktionsbeeinträchtigungen gegeben sind, die zur rückwirkenden Feststellung eines
GdB von 50 berechtigen würden, kommt es damit im Fall des Klägers von vornherein nicht an.
Eine Höherbewertung des von dem Beklagten mit einem Einzel-
GdB von 30 bewerteten orthopädischen Leidens für die Zeit vor dem 17. November 2003 scheidet aus. Insoweit ist der Beklagte nach Teil A Ziffer 26.18 der der hier zur Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen heranzuziehenden
AHP 1996,
S. 140, zutreffend davon ausgegangen, dass die funktionellen Auswirkungen des Wirbelsäulenleidens allenfalls ein Maß erreicht haben, das die Zuerkennung eines
GdB von 30 rechtfertigt. Eine zu einem
GdB von 40 führende Verschlechterung lässt sich erst für die Zeit ab dem 17. November 2003 feststellen, weil erst ab diesem Zeitpunkt weitere Funktionsbeeinträchtigungen der Hüftgelenke hinzugetreten sind. Gesicherte medizinische Erkenntnisse, die darauf schließen lassen, dass das orthopädische Leiden bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Ausmaß erreicht hat, das die Anerkennung eines höheren
GdB rechtfertigt, sind nicht vorhanden. Sie werden insbesondere auch nicht durch den Sachverständigen
Dr. S aufgezeigt, der gerade darauf verweist, dass sich die objektiv gutachterliche Bewertung - mangels anderweitiger Nachweisunterlagen (Behandlungslücke) - exakt nur auf den Behandlungszeitraum von 2005 bis 2008 beziehen könne. Soweit er gleichwohl Aussagen auch für die Zeit vor dem 17. November 2003 getroffen hat, entbehren sie einer ausreichenden Grundlage. Nichts anderes gilt mit Blick auf die von dem Sachverständigen überdies diagnostizierte somatoforme Schmerzstörung, die aus seiner Sicht mit einem Einzel-
GdB von 20 zu bewerten ist. Denn abgesehen davon, dass sich der Sachverständige selbst außer Stande gesehen hat, einen exakten Entstehungszeitpunkt zu nennen, fehlt es auch insoweit an gesicherten Erkenntnissen.
Allerdings ist das bei dem Kläger bestehende Apnoe-Syndrom rückwirkend ab dem 15. November 2000 mit einem Einzel-
GdB von 20 zu bestimmen. Nach Teil A Ziffer 26.8
AHP 1996,
S. 85, ist ein obstruktives oder gemischtförmiges Schlaf-Apnoe-Syndrom (Nachweis durch Untersuchung im Schlaflabor) mit der Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung (CPAP-Therapie) mit einem Einzel-
GdB von 20, ohne Notwendigkeit einer kontinuierlich nasalen Überdruckbeatmung mit 0 - 10 zu bewerten. Danach ergibt sich die Zuerkennung eines Einzel-
GdB von 20 bereits ab dem 15. November 2000. Denn die Notwendigkeit einer laufenden CPAP-Therapie ist nicht erst durch den Bericht der H-U-Kliniken S belegt, sondern lässt sich zur Überzeugung des Senats bereits aus dem im Widerspruchsverfahren vom Kläger vorgelegten Bericht des St. H-Krankenhauses vom 27. August 1997 herleiten. Folgerichtig hat auch die Versorgungsärztin B in ihrer Stellungnahme vom 5. September 2005 eine entsprechende rückwirkende Feststellung empfohlen.
Gleichwohl liegen im Falle des Klägers für die Zeit vor dem 17. November 2003 keine Funktionsbeeinträchtigungen vor, die die Feststellung eines Gesamt-
GdB von 50 rechtfertigen können.
Liegen, wie hier, mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der (Gesamt-)
GdB gemäß § 69
Abs. 3
SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festzustellen. Nach Teil A
Nr. 19
Abs. 3
AHP 1996,
S. 34, ist bei der Beurteilung des Gesamt-
GdB von der Funktionsbehinderung auszugehen, die den höchsten Einzel-
GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbehinderungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten
GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Dabei führen nach Teil A
Nr. 19
Abs. 4
AHP 1996,
S. 35, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen
GdB von 10 bedingen, von Ausnahmefällen abgesehen auch dann nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei einer Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem
GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Dies zugrunde gelegt, kommt für die Zeit vor dem 17. November 2003 die Feststellung des von dem Kläger begehrten Gesamt-
GdB von 50 nicht in Betracht. Eine Höherbewertung des bei dem Kläger führenden, mit 30 zu bewertenden orthopädische Leiden ist für die Zeit vor dem 17. November 2003 mit Blick auf das bestehende Apnoe-Syndrom nicht gerechtfertigt. Eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung lässt sich zur Überzeugung des Senats mit Blick auf die insoweit allenfalls leichte Funktionsbeeinträchtigung nicht feststellen. Auch das allenfalls mit einem
GdB von 10 zu bewertende Magenleiden führt zu keiner Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, so dass es bei einem Gesamt-
GdB von 30 verbleiben muss. Überdies würde eine - hier unterstellte - Erhöhung des Ausmaßes der Behinderung aufgrund bestehender Apnoe allenfalls einen Gesamt-
GdB von 40 rechtfertigen können. Hiermit wäre dem Kläger aber mit Blick auf das erstrebte Klageziel einer abschlagsfreien Altersrente aufgrund festgestellter Schwerbehinderung letztlich ohnehin nicht gedient.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil Gründe hierfür gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.