Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Der angefochtene Bescheid vom 21. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren
GdB als 30 seit dem 7. Oktober 2005.
Nach den
§§ 2 Abs. 1,
69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als 6 Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu bewerten. Hierbei sind als antizipiertes Sachverständigengutachten die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (
AHP) heranzuziehen, und zwar entsprechend der streitgegenständlichen Zeit ab dem 7. Oktober 2005 in den Fassungen von 2005 und - zuletzt - 2008. Seit dem 01. Januar 2009 sind die in der
Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I
S. 2412), zuletzt geändert durch die Vierte Verordnung zur Änderung der
VersMedV vom 28. Oktober 2011, festgelegten "versorgungsmedizinischen Grundsätze" in Form einer
Rechtsverordnung in Kraft, welche die
AHP - ohne dass hinsichtlich der medizinischen Bewertung eine grundsätzliche Änderung eingetreten wäre - abgelöst haben.
Einzel-
GdB sind entsprechend diesen Maßstäben als Grad der Behinderung in Zehnergraden entsprechend den Maßstäben des § 30
Abs. 1 BVG zu bestimmen. Für die Bildung des Gesamt-
GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind nach § 69
Abs. 3
SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Teil A
Nr. 19
AHP 2005 und 2008,
S. 24
ff.,
bzw. Teil A Nr. 3 der Anlage zu § 2 VersMedV,
S. 22 f., die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-
GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen
GdB-Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem
GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (
vgl. Teil A
Nr. 19
Abs., 1, 3 und 4,
AHP 2005 und 2008,
S. 24
ff.,
bzw. Teil A
Nr. 3 d) aa) - ee) der Anlage zu § 2
VersMedV,
S. 22).
Dies zu Grunde gelegt, hat der Beklagte den
GdB im Falle der Klägerin seit der Antragstellung am 7. Oktober 2005 zutreffend mit 30 bewertet.
Das bestehende psychische Leiden, das durchgängig vorgelegen hat, ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen
Dr. T und
Dr. Albrecht auch zur Überzeugung des Senats mit einem
GdB von in Form einer Dysthymie als leichtere psychovegetative
bzw. psychische Störung nach Maßgabe des Teils A
Nr. 26.3
AHP 2005 und 2008, Seite 48,
bzw. Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 der VersMedV, Seite 42, zu bewerten. Die Sachverständigen haben übereinstimmend und überzeugend dargelegt, dass es sich um eine Dysthymie, also um eine chronische Form einer depressiven Verstimmung, handelt, die ihren Ursprung in dem Unfalltod des Ehemannes der Klägerin im Jahre 1998 findet. Eine Höherbewertung rechtfertigt sich auch zur Überzeugung des Senates nicht, weil sich in Auswertung der Anamnese sowie der Exploration zum typischen Tagesablauf, wie sie durch die Sachverständigen
Dr. T und
Dr. A vorgenommen worden sind, kein Anhalt dafür ergibt, dass die Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit verbunden ist. Der Sachverständige
Dr. T hat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass eine somatoforme Störung bei der Klägerin nicht vorliegt, die Schmerzwahrnehmung als Symptom der Dysthymie bei der Bewertung des
GdB berücksichtigt worden sei und insoweit kein eigenständiges Störungsbild vorliege, da sich ein Korrelat in den körperlichen Beeinträchtigungen fände. Demzufolge war auch eine diagnostizierte Fibromyalgie, die nach den Bewertungsmaßstäben der
AHP bzw. VersMedV letztlich als somatoforme Störung zu bewerten ist (
vgl. Teil A
Nr. 26.18
AHP 2005 und 2008,
S. 113,
bzw. Teil B Nr. 18.4 der Anlage zu § 2 VersMedV,
S. 104,) nicht zu berücksichtigen. Diese Einschätzung hat der Sachverständige
Dr. Al auf ausdrückliche Anfrage des Senats bestätigt. Insoweit hat er überzeugend ausgeführt, dass die verstärkte Fokussierung der Klägerin auf die Schmerzwahrnehmung allein ein Epiphänomen der bestehenden Dysthymie sei.
Mit den Sachverständigen
Dr. K und
Prof. Dr. W, sind die dermatologischen Erkrankungen des a) Histamintoleranzsyndroms und eines b) Kontaktekzems mit einem Einzel-
GdB von 20
bzw. 10 ab ihrer Feststellung im Januar 2006 zu bewerten. Der Sachverständige
Dr. K hat bezüglich der Histaminintoleranz überzeugend dargelegt, dass dieses mangels entsprechender ausdrücklicher Benennung in den AHPs
bzw. der
VersMedV entsprechend den Bewertungsgrundsätzen zu einer Urticaria (= Nesselsucht) wegen der häufiger auftretenden Schübe und Allergene unter Berücksichtigung ihrer Vermeidbarkeit bei konsequenter Ernährung nach Maßgabe des Teils A
Nr. 26.17 der
AHP 2005 und 2008, Seite 107, 108
bzw. des
Teils B Nr. 17.2 der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 98, mit einem Einzel-
GdB von 20 zu bewerten ist, während das Kontaktekzem infolge der Nutzung umfangreich angebotener Kosmetika, Pflegepräparate und Medikamente, die relevante Allergene nicht enthalten, keine besondere Beeinträchtigung im Alltagsleben nach sich ziehe, so dass der
GdB insoweit in Anwendung vorgenannter Grundsätze nur mit 10 zu bewerten war.
Die bei der Klägerin ferner diagnostizierte Sprue ist in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen
Prof. Dr. W mit einem Einzel-
GdB von 20 ab ihrer Feststellung frühestens im Februar 2008 zu bewerten (
vgl. Teil A
Nr. 26.10 der
AHP 2005 und 2008, Seite 80,
bzw. Teil B
Nr. 20.2.3 der Anlage zu § 2
VersMedV,
S. 72). Unter strenger diätetischer Therapie ist die Erkrankung ohne wesentliche Folgeerscheinungen, wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat.
Auch die bestehende Harninkontinenz ist - in Übereinstimmung mit dem Sachverständige
Prof. Dr. O nach Maßgabe des Teil A
Nr. 26.15
AHP 2005 und 2008, Seite 91,
bzw. Teil B Nr. 12.2.4 der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 83 - mit einem Einzel-
GdB von
max. 20 zu bewerten.
Das Lendenwirbelsäulenleiden rechtfertigt indes unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen
Dr. S keinen höheren Einzel-
GdB als 10. Eine Höherbewertung ergibt sich insbesondere nicht unter Berücksichtigung des von der Klägerin nunmehr vorgelegten Attestes des
Dr. H vom 15. März 2012. Die insoweit bis zum 14. Dezember 2009 erfolgten Befunde sind durch den Sachverständigen
Dr. Sch anlässlich der Erstellung seines Zusatzgutachtens im Dezember 2009 gewürdigt worden. Soweit
Dr. H auf Untersuchungsergebnisse und Diagnosen vom 15. März 2012 verweist, rechtfertigen diese eine Höherbewertung nicht, weil sich daraus im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats jedenfalls keine mehr als 6 Monate andauernde weitere Funktionsbeeinträchtigung ableiten lässt (
vgl. hierzu § 69
Abs. 1 Satz 5
SGB IX i. V. m. § 30
Abs. 1 Satz 3 BVG).
Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen rechtfertigt sich kein höherer Gesamt-
GdB als 30 seit der Antragstellung am 7. Oktober 2005. Im Rahmen der Gesamt-
GdB-Bildung kommt allein der jeweils mit einem Einzel-
GdB von 20 zu bewertenden psychischen Erkrankung der Klägerin, dem Histaminintoleranzsyndrom und der Sprue eine Relevanz zu. Aufgrund des Umstandes, dass die vorstehende dermatologische Erkrankung im Januar 2006 und die Sprue im Februar 2008 hinzugetreten sind, die psychische Erkrankung der Klägerin mit Blick auf die Ausführungen des Sachverständigen
Dr. A vor der psychiatrischen Begutachtung durch den Sachverständigen
Dr. T. im Februar 2008 nicht ausschließbar noch mit einem Einzel-
GdB von 30 zu bewerten war, rechtfertigt sich mit dem Sachverständigen
Dr. A auch zur Überzeugung des Senats die Einschätzung, dass wegen der Überschneidungen vorgenannter Funktionsbeeinträchtigungen der
GdB seit der Antragstellung durchgängig mit 30 zu bewerten ist. Die mit 20 zu bewertende Harninkontinenz wirkt sich nicht
GdB-erhöhend aus. Nach den Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen
Prof. Dr. O führt die Harninkontinenz zu keinem großen Leidensdruck und löst keine Einschränkung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben aus. Vor diesem Hintergrund liegt insoweit lediglich eine leichte Funktionsbeeinträchtigung vor, die nicht auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung schließen lässt Dies gilt erst recht hinsichtlich der weiteren jeweils mit einem Einzel-
GdB von lediglich 10 zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen. Die Bewertung des Gesamt-
GdB mit 60 durch den Sachverständigen
Dr. T steht unter Berücksichtigung vorgenannter Ausführungen nicht im Einklang mit den versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Dessen Bewertung läuft im Ergebnis nahezu auf eine unzulässige Addition der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen hinaus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG nicht gegeben sind.