Urteil
Herabsetzung des GdB nach Ablauf der Heilungsbewährung einer Totalentfernung des Magens - Ausschluss der Doppelbewertung von Unterzuckerungszuständen in mehreren Funktionssystemen

Gericht:

LSG Sachsen-Anhalt 7. Senat


Aktenzeichen:

L 7 SB 8/14


Urteil vom:

15.06.2016


Grundlage:

Leitsatz:

Ein GdB von 50 aufgrund einer Totalentfernung des Magens ist auch beim Vorliegen eines Spätdumping-Syndroms nicht gegeben, wenn das Dumping-Syndrom ausschließlich bei - vermeidbaren - Diätfehlern auftritt und im Übrigen ein nahezu konstantes Körpergewicht im Normbereich gegen eine erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes spricht und auch sonst keine schweren Komplikationen auftreten.

Rechtsweg:

SG Magdeburg, Urteil vom 10.12.2013 - S 26 SB 154/11

Quelle:

Justiz Sachsen-Anhalt

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin nach Ablauf der Heilungsbewährung.

Die am ... 1968 geborene Klägerin unterzog sich am 27. Oktober 2003 einer Gastrektomie aufgrund eines Siegelring-Karzinoms sowie einer radikalen Lymphknotendissektion. Im Zeitraum vom 17. November bis 5. Dezember 2013 befand sich die Klägerin in stationärer internistisch-onkologischer Behandlung in der H.-Klinik K.-W.

Auf Antrag der Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2004 für die Funktionsbeeinträchtigung "Verlust des Magens bei Erkrankung in Heilungsbewährung" ab 27. Oktober 2003 einen GdB von 80 fest. Der diesbezüglichen gutachterlichen Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes hätten die aktuellen medizinischen Unterlagen der H.-Klinik zu Grunde gelegen. Die Funktionsbeeinträchtigung der Erkrankung des Magens befinde sich noch im Stadium der Heilungsbewährung; daher werde die Funktionsbeeinträchtigung - obwohl dies durch die derzeitigen tatsächlichen Auswirkungen nicht gerechtfertigt sei - zunächst mit einem höheren GdB bewertet. Nach Ablauf der Heilungsbewährung im Oktober 2008 werde der GdB überprüft und entsprechend der dann noch verbliebenen tatsächlichen Funktionsbeeinträchtigung gegebenenfalls neu festgestellt.

Im November 2008 veranlasste der Beklagte ein Überprüfungsverfahren, indem er einen Befundschein der Hausärztin der Klägerin, Dr. med. R., einholte. Diese berichtete am 21. November 2008, seit der Gastrektomie bestünden bei der Klägerin eine allgemeine physische und psychische Schwäche, eine ausgeprägte Nahrungsunverträglichkeit auf zuckerhaltige, fettige oder blähende Speisen, welche Bauchschmerzen, Meteorismus, Hypoglykämien und Durchfälle verursachten. Die physische und psychische Belastbarkeit der Klägerin liege bei zwei bis drei Stunden pro Tag. Nur bei Einhaltung von Ruhephasen halte sie ihr Körpergewicht und verhindere eine weitere Gewichtsabnahme.

Auf dieser Grundlage holte der Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme des Vertragsarztes P. ein. Dieser setzte für den Verlust des Magens nach Heilungsbewährung ohne Hinweise auf Rezidive oder Absiedlungen (Metastasen) einen GdB von 30 an, welcher zugleich den Gesamt-GdB bilde.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2010 hörte der Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 30 für die Zukunft an.

In ihrer Stellungnahme vom 6. April 2010 teilte die Klägerin u. a. mit, durch die Entfernung des Magens sei eine Zersetzung des Magenbreis nur unter Zufuhr von Medikamenten möglich. Im Übrigen leide sie an einem Spätdumping-Syndrom.

Daraufhin bat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2010 um die Mitteilung des behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie und den dortigen Behandlungszeitraum sowie um Mitteilung der Ärzte, bei denen weitere Unterlagen wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach dem Verlust des Magens angefordert werden könnten. Hierauf teilte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Juni 2010 mit, dass sie sich nicht in psychologischer Behandlung befinde. Auskünfte könnten durch Dr. med. R. erteilt werden.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2010 hob der Beklagte den Bescheid vom 18. März 2004 auf und stellte ab 1. Juli 2010 einen GdB von 30 fest.

Dagegen erhob die Klägerin am 1. Juli 2010 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, die totale Entfernung des Magens habe erhebliche Einschränkungen im Lebensablauf zur Folge; sie müsse alle zwei Stunden Nahrung zu sich nehmen und danach Ruhezeiten einhalten. Sie leide an einem Spätdumping-Syndrom, welches sich durch Völlegefühl, Durchfall, Herzrasen, Schweißausbrüche sowie - einige Zeit nach dem Essen - mit den Symptomen einer Unterzuckerung (wie Schwindel- und Schwächegefühl) äußere. Da dies nicht therapierbar sei, sei für sie nicht ersichtlich, wozu es noch einer psychologischen Behandlung bedürfe.

Der Beklagte holte daraufhin erneut einen Befundbericht der Hausärztin Dr. med. R. vom 3. August 2010 nebst Entlassungsbericht der Universitätsklinik M. vom 11. November 2003 und Gastroskopie-Bericht des A.-Klinikums S. vom 26. November 2008 ein. Mit Befundschein vom 3. August 2010 verwies Dr. med. R. wiederum auf die Einschränkung der physischen und psychischen Belastbarkeit der Klägerin. Sie könne daher ihre privaten und beruflichen Aktivitäten nur noch zu 30 % leisten. Bei Diätfehlern (fette oder süße Nahrung) träten Beschwerden in Form eines Dumping-Syndroms auf. Die Klägerin wiege bei einer Größe von 1,62 m 57 kg.

Der Beklagte holte eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme des Vertragsarztes Dr. med. B. vom 24. Oktober 2010 ein. Nach dieser Stellungnahme liege bei der Klägerin keine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes vor, so dass die auftretenden Beschwerden bei Diätfehlern bei einem GdB von 30 miterfasst seien.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 teilte der Beklagte der Klägerin im Rahmen einer zweiten Anhörung mit, die Auswertung aller vorliegenden Befundunterlagen habe ergeben, dass der GdB mit 30 zu bewerten sei.

Nachdem sich die Klägerin hierauf nicht mehr zur Sache geäußert hatte, wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2011 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 16. Mai 2011 beim Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie sei durch ihre gesundheitliche Situation am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt. So müsse sie wegen der Erkrankung häufig Nahrung in vielen kleinen Mengen zu sich nehmen. Wegen des Spätdumping-Syndroms leide sie unter Völlegefühl nach der Nahrungsaufnahme, Durchfall, Herzrasen und Schweißausbrüchen. In psychischer Hinsicht leide ihr Selbstwertgefühl unter diesen Beeinträchtigungen. Sie sei durch das ständige Unwohlsein und Schwindelanfälle nachhaltig verunsichert.

Das SG hat einen weiteren Befundbericht von Dr. med. R. vom 4. Juli 2012 eingeholt, die gleich bleibende Befunde mitgeteilt hat. Die Klägerin leide unter Übelkeit, Schwindel und Schweißausbruch nach dem Genuss von zuckerhaltigen und Milchprodukten sowie - seit ca. zwei Jahren - unter zunehmender Gedächtnis- und Konzentrationsverschlechterung. Die Hausärztin stellte u. a. die Diagnose "Dumping-Syndrom". Die Klägerin wiege nunmehr bei einer Größe von 1,61 m 58 kg.

Im Verlauf des sozialgerichtlichen Verfahrens holte der Beklagte eine weitere prüfärztliche Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes vom 8. Oktober 2012 ein. Danach begründe der Verlust des Magens nach Ablauf der Heilungsbewährung im Oktober 2008 einen GdB von 30. Dabei sei zu berücksichtigen, dass weder Rezidive noch Metastasen aufgetreten seien und bei einem normwertigen BMI (Body-mass-Index) von 22,4 eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes auszuschließen sei. Beschwerden im Sinne eines Dumping-Syndroms würden bei Diätfehlern auftreten. Im Hinblick auf eine von der Hausärztin bescheinigte reaktive depressive Verstimmung, die mit einer Verschlechterung von Gedächtnis und Konzentration einhergehe, sei unter dem Gesichtspunkt einer psychischen Störung ein GdB von 10 vorzuschlagen. Es verbleibe indes bei einem Gesamt-GdB von 30.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 3. April 2013 teilte die Klägerin nochmals mit, dass sie sich nicht in psychiatrischer Behandlung befinde.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2013 hat das SG den Beklagten insoweit zur Abänderung des Bescheides vom 21. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2011 verurteilt, als darin ein GdB von weniger als 40 festgestellt worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Seit dem Erlass des Bescheides vom 18. März 2004 sei eine wesentliche Verbesserung im Behinderungszustand der Klägerin eingetreten. Im Vordergrund stünden die Auswirkungen der Totalentfernung des Magens nach der Tumorerkrankung 2003. Es seien keine erneuten Rezidive oder Metastasen aufgetreten, so dass die fünfjährige Heilungsbewährung erfolgreich verlaufen sei. Die Beeinträchtigungen im Funktionssystem Verdauungsorgane gemäß Randnummer B 10.2.1 der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) seien mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten; die normalgewichtige Klägerin leide zwar nicht an Beeinträchtigungen des Kräfte- und Ernährungszustandes, jedoch an einem Spätdumping-Syndrom als Komplikation der Totalentfernung des Magens. Es bestehe eine ausgeprägte Nahrungsunverträglichkeit auf zuckerhaltige, fettige oder blähende Speisen. Die körperliche Belastbarkeit liege bei fünf bis sechs Stunden mit Pausen nach jeweils 1,5 Stunden. Der Bewertungsrahmen der Randnummer B 10.2.1 der Anlage zu § 2 VersMedV sei indes nicht vollständig auszuschöpfen, da deutliche und schwere Komplikationen nicht belegt seien. Der Zustand der Klägerin sei vergleichbar mit an Diabetes erkrankten Menschen. Diese erreichten, sofern täglich mindestens vier Insulininjektionen und die selbstständige Variierung der Insulindosis nötig seien, erst dann einen GdB von 50, wenn durch erhebliche Einschnitte gravierende Beeinträchtigungen in der Lebensführung gegeben seien. Zwar benutze auch die Klägerin nach ihren Angaben ein Blutzuckermessgerät und müsse gegebenenfalls Traubenzucker oder eine Banane essen; die Messung erfolge jedoch nicht täglich, sondern nur "ab und zu"; an Durchfällen bzw. Fettstühlen leide sie "eher selten". Auch aus einem Vergleich ganz erheblicher Einschränkungen in der Lebensführung bei anderen Erkrankungen, für die ein GdB von wenigstens 50 vorgesehen sei (z. B. Colitis ulcerosa, mittelgradige Einschränkung der Lungenfunktion oder Herzerkrankung mit Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung) ergebe sich kein anderes Bild. Die Klägerin gehe einer im Wesentlichen normalen Lebensführung nach. Für die bei der Klägerin im Funktionssystem Psyche bestehenden Beeinträchtigungen sei gemäß Randnummer B 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV ein Teil-GdB von 10 einzusetzen. Dass die Klägerin keine spezielle ärztliche Behandlung durchführen lasse, spreche gegen außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen (Einzel-)GdB von 10 bedingten, führten regelmäßig nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung.

Gegen das ihr am 10. Januar 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. Februar 2014 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend hat sie vorgetragen, das SG habe Schlussfolgerungen gezogen, die nur der Beurteilung eines Sachverständigen unterlägen. Es seien gravierende Beeinträchtigungen in der Lebensführung und sonstige gesundheitliche Probleme der Klägerin verkannt worden. Neben dem Dumping-Syndrom habe die tumorbedingte Magenentfernung massive Auswirkungen auf organmedizinischer Ebene, was eine erhebliche Veränderung der Lebensführung bedinge. Die Klägerin sei in jeglicher Hinsicht nicht mehr belastbar und habe nach der Operation ihr Gewerbe abmelden müssen. Es sei unverständlich, dass das SG lediglich eine Parallele zu einer Diabeteserkrankung gezogen habe.


Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. Dezember 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2011 aufzuheben.


Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, in der Gesamtschau der Beeinträchtigungen sei ein GdB von 40 gerechtfertigt. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung eines GdB von 50 seien nach den Befundunterlagen nicht gegeben.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den Bescheid vom 18. März 2004 aufgehoben. Der Bescheid vom 21. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2011 war indes insoweit rechtswidrig, als darin ein GdB von weniger als 40 (nämlich 30) festgestellt worden ist. Das Urteil des SG vom 10. Dezember 2013, welches nunmehr einen GdB von 40 beinhaltet, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Gegenstand des Rechtsstreits ist eine isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG gegen einen belastenden Verwaltungsakt. Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide der Erlass des Widerspruchsbescheides am 11. April 2011 und damit die Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003, B 9 SB 6/02 R, juris).

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere ist die nach § 24 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Sozialverwaltungsverfahren und Datenschutz (SGB X) erforderliche Anhörung zu der beabsichtigten Herabsetzung des Grades der Behinderung für die Zukunft mit Schreiben vom 25. Februar 2010 (sowie nochmals gesondert im Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 27. Dezember 2010) erfolgt.

Ihre materielle Ermächtigungsgrundlage finden die von der Klägerin angefochtenen Bescheide in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Als wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes gilt - sowohl hinsichtlich der Besserung als auch der Verschlechterung - jedenfalls eine Veränderung, die es erforderlich macht, den Gesamtgrad der Behinderung um mindestens 10 anzuheben oder abzusenken.

Auf der Grundlage von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Beklagte - grundsätzlich zu Recht - den Bescheid vom 18. März 2004 aufgehoben und den Behinderungsgrad neu festgestellt. Es ist eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen durch den Ablauf der Heilungsbewährung nach der Gastrektomie aufgrund eines Siegelring-Karzinoms sowie einer radikalen Lymphknotendissektion eingetreten, die nicht mehr den mit Bescheid vom 18. März 2004 festgestellten GdB von 80, sondern ab 1. Juli 2010 - gemäß dem Urteil des SG - eine Bewertung mit 40 rechtfertigt.

Die Behandlungen wegen des Siegelring-Karzinoms und der in diesem Zusammenhang vorgenommenen totalen Magenentfernung in der Onkologischen Abteilung der H.-Klinik in K.-W. waren im Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides bereits seit ca. 6 ½ Jahren abgeschlossen. Aus dem Befundschein der Hausärztin Dr. med. R. vom 21. November 2008 ergeben sich keine Hinweise auf Rezidive oder Metastasen. Vielmehr sind ausweislich des Gastroskopie-Befundes vom November 2008 bei der Klägerin keine erneuten Rezidive oder Metastasen aufgetreten. Dieser Ablauf der Heilungsbewährung stellt eine tatsächliche Veränderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X dar. Die Zeitdauer der Heilungsbewährung bei malignen Erkrankungen basiert auf Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft über die Gefahr des Auftretens einer Rezidiverkrankung in den ersten fünf Jahren nach der Erstbehandlung sowie der regelmäßig vorhandenen subjektiven Befürchtung vor einem Rezidiv. Die Heilungsbewährung erfasst darüber hinaus auch die vielfältigen Auswirkungen, die mit der Feststellung, der Beseitigung und der Nachbehandlung eines Tumors in allen Lebensbereichen verbunden sind. Dies rechtfertigt es nach der sozialmedizinischen Erfahrung, bei Krebserkrankungen zunächst nicht nur den Organverlust zu bewerten. Vielmehr ist hier zunächst für einen gewissen Zeitraum unterschiedslos der Schwerbehindertenstatus zu gewähren. Die pauschale, umfassende Berücksichtigung körperlicher und seelischer Auswirkungen der Erkrankung kann jedoch nicht auf Dauer Bestand haben. Da nach der medizinischen Erfahrung nach rückfallfreiem Ablauf von fünf Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit die Krebserkrankung überwunden ist und außerdem neben der unmittelbaren Lebensbedrohung auch die vielfältigen Auswirkungen der Krankheit auf die gesamte Lebensführung entfallen sind, ist der GdB dann nur noch anhand der noch verbliebenen Funktionseinschränkungen zu bewerten (BSG, Urteil vom 9. August 1995, 9 RVs 14/94, juris).

Für die Feststellung des GdB aufgrund der nach der Überwindung der Krebserkrankung noch verbliebenen Funktionseinschränkungen zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 11. April 2011) ist das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) maßgebend. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Regelung knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (bzw. Funktionsbeeinträchtigungen) vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung festgestellt.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades - dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) - nach den allgemeinen Auswirkungen der Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen VersMedV vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch § 30 Abs. 16 BVG ermächtigt ist.

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" - VMG (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und damit der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zu Grunde zu legen.

Der hier streitigen Bemessung des GdB ist die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu Grunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der GdS-Tabelle sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte (Teil B, Nr. 1 a). In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der im Teil A, Nr. 2 e genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a).

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen der Klägerin ein GdB von 40 festgestellt werden. Die bei der Klägerin nach Ablauf der Heilungsbewährung von fünf Jahren vorliegenden Funktionseinschränkungen rechtfertigen nach den eingeholten Befundberichten nebst Anlagen unter Berücksichtigung der versorgungsärztlichen Stellungnahmen keinen höheren GdB.

a) Das Hauptleiden der Klägerin ist dem Funktionssystem Verdauung zuzuordnen und wird durch die operative Entfernung des Magens wesentlich geprägt. Der Senat hält für die totale Entfernung des Magens zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung einen GdB von höchstens 40 für angemessen.

Nr. 10.2.1 VMG enthält für die Totalentfernung des Magens folgenden Bewertungsrahmen:

Totalentfernung des Magens

ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes je nach Beschwerden: 20-30

bei Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und/oder Komplikationen (z. B. Dumping-Syndrom): 40-50.

Nach Entfernung des malignen Magentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren nach Entfernung eines Magenfrühkarzinoms: 50

GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren nach Entfernung aller anderen malignen Magentumoren je nach Stadium und Auswirkung auf Allgemeinzustand: 80-100.

In der fünfjährigen Zeit der Heilungsbewährung kommt es wegen der begünstigenden Regelung für an einem malignen Magentumor Erkrankte zunächst nicht auf die jeweiligen Funktionsausfälle aufgrund der Erkrankung an. Unabhängig von der jeweiligen Entwicklung des Gesundheitszustandes der Klägerin seit 2003 bis zum Ablauf der Heilungsbewährung im Oktober 2008 war daher zu ihren Gunsten zunächst von einem GdB von 80 auszugehen. Nach den Befundberichten der Hausärztin, welche nach Mitteilung der Klägerin allein zu ihrer Erkrankung Auskunft geben könne, und ihrem eigenen Vortrag ist bei der Klägerin seit 2003 kein erneuter Tumor aufgetreten. Der Beklagte hat daher zutreffend den Ablauf der fünfjährigen Heilungsbewährung festgestellt. Mit dem Ablauf der Heilungsbewährungszeit sind daher nur noch die konkreten erkrankungsbedingten Funktionseinschränkungen der Entfernung des Magens zu bewerten. Nach Nr. 10.2.1 VMG kommt es für den jeweiligen Bewertungsrahmen auf die Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und/oder auftretende Komplikationen an.

Nach Auffassung des Senats sind nach diesen Maßstäben die Beeinträchtigungen im Funktionssystem Verdauungsorgane mit einem GdB von 40 zu bewerten. Die Klägerin leidet an einem Dumping-Syndrom, das sich letztlich als Komplikation infolge der Totalentfernung des Magens darstellt.

Es kommt hier nicht in Betracht, den Bewertungsrahmen des GdB von 50 voll auszuschöpfen. Denn es fehlt an einer hinreichend hohen Intensität der Komplikation, sodass sich die Klägerin innerhalb des Bewertungsrahmens lediglich bei einem GdB von 40 bewegt. So ist sie trotz des Spätdumping-Syndroms bei einer Größe von 1,61 m/1,62 m und einem (zwischen den Befundberichten vom 3. August 2010 und 4. Juli 2012 nahezu unveränderten) Körpergewicht von 57 bzw. 58 kg mit einem BMI zwischen 22 und 23 normalgewichtig. Das Dumping-Syndrom tritt nach den Befundberichten der Hausärztin Dr. med. R. bei Diätfehlern insbesondere nach dem Verzehr von zuckerhaltigen Lebensmitteln und Milchprodukten mit den Symptomen von Übelkeit und Schwindel auf. Diese Auswirkungen treten zwei- bis dreimal wöchentlich auf, allerdings nicht bei der Aufnahme leichter Speisen. Die Nahrungsmittelunverträglichkeit mit den Symptomen Bauchschmerzen, Blähbauch, Hypoglykämien und Durchfall bezieht sich auf zuckerhaltige, fettige und blähende Speisen. Die Klägerin muss insoweit nach den Mitteilungen der Hausärztin eine strikte Diät einhalten, diverse Lebensmittel meiden und sich körperlich betätigen. Schwere Komplikationen und Einschränkungen des Kräfte- und Ernährungszustandes sind indes nicht gegeben. Diese resultieren auch nicht aus den eigenen Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 10. Dezember 2013, in welcher die Klägerin u. a. dargelegt hat, wie sie die geschilderten Symptome durch den Verzehr leichter Speisen weitgehend vermeiden könne. Nicht zuletzt der Umstand, dass die Klägerin, die sich im Übrigen lediglich in regelmäßiger hausärztlicher und nicht auch in fachinternistischer Behandlung befindet, ihr Körpergewicht durch Einhaltung der ärztlichen Diät- und Bewegungsvorgaben weitgehend stabil halten kann, spricht zur Überzeugung des Senats gegen so gravierende Komplikationen, dass hieraus ein GdB von 50 abgeleitet werden könnte. Der Senat folgt im Übrigen - auch wegen der zu einem großen Teil den Folgen einer diabetesbedingten Unterzuckerung vergleichbaren Symptome - der Einschätzung des SG bezüglich eines Vergleichs des Zustands der Klägerin mit an Diabetes mellitus erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die eine Überprüfung ihres Blutzuckers selbst durchführen und dokumentieren müssen und durch erhebliche Einschnitte gravierend in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sind (Teil B, Nr. 15.1 VMG). Abgesehen davon, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen nicht täglich Blutzuckermessungen durchführen muss, fehlt es jedenfalls an einer gravierenden Beeinträchtigung in der Lebensführung. So geht die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2013 regelmäßig in ein Fitnessstudio und viel spazieren. Auch kümmere sie sich um ihren Sohn und die alltäglichen Hausarbeiten. Es kann insofern von einer weitgehend normalen Lebensführung ausgegangen werden. Demgegenüber träten Durchfall bzw. Fettstühle "eher selten" auf, so dass auch die hierdurch bedingten Einschränkungen schon in quantitativer Hinsicht nicht als gravierend bewertet werden können.

Entsprechendes gilt für einen Vergleich des gesundheitlichen Zustands der Klägerin mit an Colitis ulcerosa erkrankten Menschen, bei denen ebenfalls zu einem Großteil ähnliche Symptome auftreten. Für einen GdB von 50-60 bedarf es hier einer Erkrankung mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle). Wie sich bereits aus den obigen Ausführungen ergibt, sind diese Voraussetzungen bei der (konstant) normalgewichtigen Klägerin, die auch nur an vereinzelten Durchfällen leidet, nicht zu begründen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bedurfte es nicht der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch den Senat. Die maßgeblichen Befunde, Diagnosen und die sich hieraus ergebenden Funktionseinschränkungen lassen sich - für den hier maßgeblichen Zeitpunkt im April 2011 - den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere den Befundberichten der behandelnden Hausärztin Dr. med. R., entnehmen. Bei der Frage, welcher GdB insoweit aus den gesundheitlichen Einschränkungen in Bezug auf das Funktionssystem Verdauung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen resultiert, handelt es sich sodann um eine vom Senat zu beurteilende Rechtsfrage.

b) Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15. Juni 2016 eine gesonderte Bewertung zeitweise auftretender Hypoglykämien - gegebenenfalls im Hinblick auf das Funktionssystem Stoffwechsel und innere Sekretion - geltend gemacht hat, greift dies im Ergebnis nicht durch. Zunächst treten - wie bereits ausgeführt - Hypoglykämien im Fall der Klägerin grundsätzlich nur bei Diätfehlern auf und können daher nach den eigenen Angaben der Klägerin durch den Verzehr leichter Speisen weitgehend vermieden werden. Darüber hinaus wurden die Unterzuckerungszustände als im Zusammenhang mit dem Spätdumping-Syndrom auftretende Symptome bereits im Funktionssystem Verdauung berücksichtigt, so dass keine unzulässige Doppelbewertung erfolgen kann (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. September 2015 - L 7 SB 72/14).

c) Für die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin, die von der Hausärztin Dr. med. R. als reaktive depressive Verstimmung beschrieben werden und dem Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" zuzuordnen sind, kann maximal ein GdB von 10 festgestellt werden. Nach den VMG (Teil B, Nr. 3.7) werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Für stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten werden mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit 80 bis 100 bewertet. Zwar hat die Hausärztin Dr. med. R. wiederholt auch auf eine allgemeine psychische Schwäche bzw. Belastung der Klägerin verwiesen. Diese wird indes weder von der Hausärztin näher konkretisiert noch befindet sich die Klägerin in fachärztlicher oder psychologischer Behandlung. Bereits dies spricht für eine allenfalls leichte psychovegetative Störung, die nicht wesentlich über die möglichen seelischen Begleiterscheinungen der zentralen Erkrankung der Klägerin im Funktionssystem Verdauung hinaus geht und als solche gemäß Teil A, Nr. 2 i VMG in den in der GdS-Tabelle niedergelegten Sätzen schon mit berücksichtigt ist.

d) Da bei der Klägerin Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren GdB vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Gesamtbehinderungsgrad zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der VMG anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

Danach kommt ausgehend von dem Einzel-GdB von 40 für das Funktionssystem Verdauung keine weitere Erhöhung aufgrund der weiteren Funktionsstörung in Betracht. Die mit einem Einzel-GdB von 10 bewertete psychovegetative Störung erhöht nicht das Ausmaß der Gesamtbeeinträchtigung (dazu VMG, Teil A Nr. 3 ee). Für einen Ausnahmefall, der bei einem Einzel-GdB von nur 10 auch den Gesamtbehinderungsgrad erhöht, liegen hier keine Anhaltspunkte vor.

Letztlich widerspräche die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bei der zwar krankheitsbedingt eingeschränkten, aber - nicht zuletzt durch die weitgehend normale Bewältigung der alltäglichen Angelegenheiten, etwa im Rahmen der Führung des Haushalts, und die aktive sportliche Freizeitgestaltung in einem Fitnessstudio - in das gesellschaftliche Leben integrierten Klägerin dem nach Teil A Nr. 3 VMG zu berücksichtigenden Vergleichsmaßstab. So spricht gegen die Annahme einer Schwerbehinderung ein wertungsmäßiger Vergleich mit anderen Erkrankungsgruppen, für die ein Einzel-GdB von 50 festgestellt werden kann. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann nur angenommen werden, wenn die zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung beeinträchtigen. Eine derartig schwere Funktionsstörung liegt bei der Klägerin nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass im erstinstanzlichen Verfahren vor dem SG nur eine geringfügige Erhöhung des GdB der Klägerin (von 30 auf 40) erfolgt ist, womit die Klägerin insbesondere ihr Hauptziel der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nicht erreicht hat, und die Erfolglosigkeit der hiergegen gerichteten Berufung der Klägerin.

Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor.

Referenznummer:

R/R7457


Informationsstand: 14.11.2017