Die zulässige Berufung ist im Umfang des durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2009 abgegebenen Teilanerkenntnisses begründet und im Übrigen unbegründet.
Im vorgenannten Umfang ist die zulässige Klage begründet. Die Verurteilung des Beklagten war gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit § 307 Zivilprozessordnung (
ZPO) - ohne Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs- geboten, weil der Kläger das Teilanerkenntnis des Beklagten nicht angenommen hat (
vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 1986 - 12 RK 38/85 - zitiert nach juris). Der Beklagte war deshalb unter Änderung des Bescheides vom 25. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2005 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 28. November 2007 entsprechend dem weiteren Teilanerkenntnis vom 10. Dezember 2009 zu verpflichten, für den Kläger ab dem 1. Dezember 2005 bis zum 31. Juli 2006 einen Grad der Behinderung von 30 festzustellen.
Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Das Sozialgericht hat insoweit die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der angefochtene Bescheid ist in der Fassung der Teilanerkenntnisse des Beklagten vom 28. November 2007 und vom 10. Dezember 2009 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-
GdB als 20 für die Zeit vom 29. März 2004 bis zum 30. November 2005 und auf Feststellung eines höheren Gesamt-
GdB als 30 für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005. Denn eine rechtlich wesentliche Verschlimmerung der Leiden des Klägers, die für die genannten Zeiträume die Zuerkennung eines höheren
GdB gerechtfertigt hätte, ist nicht eingetreten (§ 48
Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch).
Nach
§ 69 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sind für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (vormals Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung) herausgegebenen
AHP in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008 -
AHP 2008) zu beachten, die gemäß § 69
Abs. 1 Satz 5
SGB IX für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 durch die in der Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1
Abs. 1 und 3, des § 30
Abs. 1 und des § 35
Abs. 1 BVG - Versorgungsmedizin-Verordnung (
VersMedV) - vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I, Seite 2412) festgelegten "versorgungsärztlichen Grundsätze" abgelöst worden sind. Die
AHP sind zwar kein Gesetz und sind auch nicht aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen worden. Es handelt sich jedoch bei ihnen um eine auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhende Ausarbeitung im Sinne von antizipierten Sachverständigengutachten, die die möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet zum Ziel hat. Die
AHP engen das Ermessen der Verwaltung ein, führen zur Gleichbehandlung und sind deshalb auch geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt zu werden. Gibt es solche anerkannten Bewertungsmaßstäbe, so ist grundsätzlich von diesen auszugehen (
vgl. z. B. Bundessozialgericht -
BSG -, BSGE 91, 205), weshalb sich auch der Senat für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 auf die genannten
AHP stützt. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 ist demgegenüber für die Verwaltung und die Gerichte die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene
Anlage zu § 2 VersMedV maßgeblich, mit der die in den
AHP niedergelegten Maßstäbe mit lediglich redaktionellen Anpassungen in eine normative Form gegossen worden sind, ohne dass die bisherigen Maßstäbe inhaltliche Änderungen erfahren hätten.
Einzel-
GdB sind entsprechend diesen Anhaltspunkten als Grad der Behinderung in Zehnergraden entsprechend den Maßstäben des § 30
Abs. 1 BVG zu bestimmen. Für die Bildung des Gesamt-
GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen sind nach § 69
Abs. 3
SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach
Teil A Nr. 3 a) VersMedV (Seite 10; ebenso bereits
Nr. 19
AHP 2008, Seite 24
ff.) die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-
GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen
GdB-Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem
GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A
Nr. 3 d) aa) - ee) der Anlage zu § 2
VersMedV, Seite 10; ebenso zuvor
AHP 2008
Nr. 19
Abs. 1, 3 und 4, Seite 24
ff.).
Unter Beachtung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-
GdB als 20 für die Zeit vom 29. März 2004 bis zum 30. November 2005 und auf Feststellung eines höheren Gesamt-
GdB als 30 für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Gesamtheit der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere aus dem Gutachten des Arztes für Orthopädie
Dr. T vom 25. Juni 2007 in dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Potsdam - S 16 R 789/05 - und dem Gutachten des Arztes für Psychiatrie
Dr. B vom 20. Januar 2009 in dem anschließenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 8 R 3/08 -. Diese Gutachten enthalten aussagekräftige Untersuchungsbefunde und können für die hier nach dem Schwerbehindertenrecht vorzunehmende Beurteilung verwendet werden. Hiernach leidet der Kläger an einem pseudoradikulären Halswirbelsäulensyndrom bei Zustand nach C5/C6 Spondylodese, einem pseudoradikulären Lendenwirbelsäulensyndrom bei muskulärer Dysbalance, einer Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen, einer Anpassungsstörung in symptomatischer Ausgestaltung von Zukunftsangst, Depression und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie an arteriellem Hypertonus und Adipositas.
Die von dem Arzt
Dr. in seinem rentenrechtlichen Gutachten vom 25. Juni 2007 nach eingehender Untersuchung des Klägers als Auswirkungen des pseudoradikulären Halswirbelsäulensyndroms bei Zustand nach C 5/C6 Spondylodese festgestellten "mäßigen" Funktionsstörungen in Form von Bewegungseinschränkungen, Sensibilitätsstörungen und Schmerzen entsprechen nach Art und Intensität den in der
Anlage zu § 2 VersMedV (Teil B Nr. 18.9, Seite 90, ebenso zuvor
AHP 2008
Nr. 26.18, Seite 116) genannten mittelgradigen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenschadens (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome), sodass ihre Bewertung mit einem Einzel-
GdB von 20 für den gesamten Zeitraum ab dem 29. März 2004 erforderlich, aber auch ausreichend ist. Hingegen können schwere funktionelle Auswirkungen des Wirbelsäulenschadens im Sinne der Anlage zu § 2
VersMedV bzw. der
AHP 2008 auch unter Berücksichtigung der weiter vorliegenden Befunde nicht festgestellt werden. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen der Ärztin
Dr. W in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2007.
Die von dem Arzt
Dr. darüber hinaus als Auswirkungen des pseudoradikulären Lendenwirbelsäulensyndroms festgestellten "leichten bis mäßigen" Funktionsstörungen ohne motorische und sensible Ausfälle an der unteren Extremität entsprechen - auch unter Berücksichtigung der von dem Arzt festgestellten Adipositas - nach Art und Intensität den in der Anlage zu § 2
VersMedV (Teil B
Nr. 18.9, Seite 90, ebenso zuvor
AHP 2008
Nr. 26.18, Seite 116) genannten geringen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenschadens, sodass ihre Bewertung mit einem Einzel-
GdB von 10 für den gesamten Zeitraum ab dem 29. März 2004 ebenfalls angemessen ist. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen der Ärztin
Dr. W in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2007.
Im Hinblick auf die von dem Arzt
Dr. T in seinem Gutachten festgestellte Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen und die von dem Arzt
Dr. B in seinem rentenrechtlichen Gutachten vom 20. Januar 2009 festgestellte anhaltende somatoforme Schmerzstörung ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte das Hals- und Lendenwirbelsäulenleiden des Klägers für den Zeitraum vom 29. März 2004 bis zum 30. November 2005 insgesamt mit einem
GdB von 20 beurteilt und für den Zeitraum ab 1. Dezember 2005 einen
GdB von 30 anerkannt hat. Denn nach dem Inhalt der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere der vorgenannten Gutachten der Ärzte
Dr. T und
Dr. B kann nicht festgestellt werden, dass bei dem Kläger seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen im Sinne der
Anlage zu § 2 VersMedV (Teil A Nr. 2. i), Seite 9, ebenso zuvor
AHP 2008
Nr. 18
Abs. 8, Seite 23) in einem Ausmaß vorgelegen haben, die für die Zeit vor dem 1. Dezember 2005 einen höheren
GdB als 20 und für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005 einen höheren
GdB als 30 rechtfertigen.
Soweit die Ärztin
Dr. W nach Auswertung der ärztlichen Befunde, insbesondere des Gutachtens des Arztes
Dr. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2007 das Vorliegen einer außergewöhnlichen Schmerzreaktion in Form eines Schmerzsyndroms mit der Notwendigkeit spezieller schmerztherapeutischer Behandlung im Sinne eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms nach der Anlage zu § 2
VersMedV (
Teil B Nr. 18.9, Seite 90, ebenso zuvor
AHP 2008
Nr. 26.18, Seite 116) festgestellt hat, kann eine Verfestigung dieses Schmerzsyndroms im Sinne einer nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung frühestens für den Zeitraum ab 1. Dezember 2005 angenommen werden. Denn entsprechende durch objektive Befunde untermauerte Hinweise auf eine verfestigte Schmerzstörung finden sich erstmals in dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 2. Januar 2006 über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Bklinik B in der Zeit vom 8. Dezember 2005 bis 29. Dezember 2005. Für die Zeit davor fehlt es hingegen an objektiven Befunden, die diese Annahme rechtfertigen. Den Ausführungen der Ärzte
Dr. und
Dr. B, wonach die Beeinträchtigungen des Klägers im festgestellten Ausmaß bereits seit dem erlittenen Unfall im Juli 2003 bestehen, kann deshalb nicht gefolgt werden. Den vorliegenden Befunden ist darüber hinaus nicht zu entnehmen, dass die funktionellen Auswirkungen des Schmerzsyndroms so gravierend sind, dass diese eine Bewertung des Wirbelsäulenleidens mit einem höheren
GdB als 30 für die Zeit ab 1. Dezember 2005 rechtfertigen. Insoweit wird die entsprechende Einschätzung der Versorgungsärztin
Dr. W in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23. November 2007 bestätigt durch den Arzt
Dr. B, der in seinem Gutachten vom 20. Januar 2009 ausgeführt hat, dass die von ihm festgestellte Anpassungsstörung in symptomatischer Ausgestaltung von Zukunftsangst, Depression und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nicht so tiefgreifend sei und die Gestaltungsfähigkeit des Klägers nicht entscheidend beeinträchtigten.
Die von dem Arzt
Dr. B festgestellte Anpassungsstörung in symptomatischer Ausgestaltung von Zukunftsangst, Depression und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung entspricht in ihren funktionellen Auswirkungen den in der Anlage zu § 2
VersMedV (
Teil B Nr. 3.7, Seite 27 der Anlage zu § 2 VersMedV, ebenso
Nr. 26.3,
S. 48,
AHP 2008) genannten leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen, sodass ihre Bewertung mit einem höheren Einzel-
GdB als 20 für die Zeit ab 1. Dezember 2005 nicht gerechtfertigt ist. Stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die einen
GdB von 30-40 rechtfertigen, können auch unter Berücksichtigung der weiter vorliegenden Befunde nicht festgestellt werden. Auch hinsichtlich des seelischen Leidens finden sich zudem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dieses in verfestigter Form bereits vor dem 1. Dezember 2005 vorgelegen hat. Denn auch insoweit gilt, dass entsprechende durch objektive Befunde untermauerte Hinweise auf eine verfestigte Schmerzstörung sich erstmals in dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 2. Januar 2006 über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Bklinik B in der Zeit vom 8. Dezember 2005 bis 29. Dezember 2005 finden lassen und es für die Zeit davor an entsprechenden Befunden mangelt.
Das für den Zeitraum ab 1. Dezember 2005 berücksichtigte seelische Leiden führt nicht zu einer Anhebung des Gesamt-
GdB, die von dem Beklagten durch das Anerkenntnis vom 10. Dezember 2009 vorgenommene Bewertung der klägerischen Leiden mit einem Gesamt-
GdB von 30 für den Zeitraum ab 1. Dezember 2005 ist nicht zu beanstanden. Wie bereits oben dargelegt, ist es auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem
GdB-Grad von 20 nach
Teil A Nr. 3 d) ee) der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 10 (ebenso zuvor
AHP 2008
Nr. 19
Abs. 1, 3 und 4, Seite 24
ff.) vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. So liegt der Fall auch hier. Denn hier überschneiden sich die funktionellen Auswirkungen des Wirbelsäulenleidens in Form eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms mit den funktionellen Auswirkungen der als seelisches Leiden berücksichtigten psychosomatischen Störungen erheblich. Angesichts der Geringgradigkeit des psychischen Leidens des Klägers erscheint deshalb über die
GdB-erhöhende Anerkennung eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms hinaus eine weitere Anhebung des
GdB wegen weiterer funktioneller Auswirkungen der festgestellten psychosomatischen Störungen nicht gerechtfertigt. Ob der von den Ärzten
Dr. T und
Dr. B festgestellte arterielle Hypertonus einen Einzel-
GdB rechtfertigt, kann dahinstehen. Denn jedenfalls begründet dieses Leiden angesichts der nach den vorliegenden Befunden allenfalls geringfügigen Auswirkungen keine Anhebung des Gesamt-
GdB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.