I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen.
Beim Kläger sind mit Bescheid vom 06.12.2004 als Feststellungen nach
§ 69 SGB IX Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule und ein Vorfall an der Halswirbelsäule nach einem
GdB von 30 erfolgt. Ab 22.03.2009 wurde ein
GdB von 50 von 100 festgestellt.
Der 1957 geborene Kläger ist Polizeihauptkommissar bei der bayerischen Polizei. Er beantragte am 02.11.2005 die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach
§ 2 Abs. 3 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Zur Begründung führte er an, seine seit 01.01.2004 im Wechselschichtdienst ausgeübte Tätigkeit als Dienstgruppenleiter in Bad K. (Direktion
S., Niederbayern) nicht weiter ausüben zu können, da er nach der Einschätzung des Polizeiarztes nachtdienstunfähig sei. Auf diesen Antrag ordnete die vorgesetzte Behörde die Abordnung des Klägers von Bad K. zur Grenzpolizeiinspektion F. (Polizeidirektion R.) auf einen Tagesdienstposten an. Mit Wirkung vom 01.05.2006 wurde der Kläger unter Beibehaltung der Gehaltsgruppe A 11 nach F. versetzt.
Nach Ansicht des Klägers ist der neue Arbeitsplatz ein geringwertigerer Dienstposten. Er habe seine Führungsposition mit Aufstiegschancen verloren (unterschiedliche Bewertung der Dienstposten: A 11/00, nun: A 09/11). Diese Abstufung hätte sich mit der beantragten Gleichstellung nicht realisiert.
Nach Anhörung des Arbeitgebers lehnte die Beklagte den Antrag auf Gleichstellung mit Bescheid vom 07.01.2006 ab, da der Arbeitsplatz des Klägers nicht aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet sei und er zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes nicht auf den Schutz der Gleichstellung angewiesen sei. In dem dagegen erhobenen Widerspruch führte der Kläger zur Begründung an, dass sein berufliches Fortkommen durch die gesundheitlichen Einschränkungen eingeschränkt sei. Ein Beamter in Besoldungsgruppe A 11 könne sowohl auf der Ebene eines Sachbearbeiters als auch auf Führungsebene, jeweils mit unterschiedlichen Beförderungsoptionen, eingesetzt sein. Statt eines Einsatzes als Dienstgruppenleiter (Führungsebene), sei er jetzt auf einem geringerwertigen Dienstposten als Sachbearbeiter im gehobenen Dienst (mit Wirkung zum 01.05.2006 zur Grenzpolizeistation F. versetzt und mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte eines Sachbearbeiters gehobener Dienst betraut) eingesetzt. Sein berufliches Fortkommen sei dadurch eingeschränkt. Durch den Wegfall von Zuschlägen verdiene er weniger.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie an, dass eine Gleichstellung zum Erhalt des bisherigen Arbeitsplatzes schon daran scheitere, dass der vormals geeignete Arbeitsplatz nicht weiterhin ausgefüllt werden könne und damit der geeignete Arbeitsplatz in Wegfall geraten sei. Weiterhin sei unbestritten, dass ein geeigneter gleichwertiger Arbeitsplatz (Dienstgruppenleiter im Tagesdienst), für dessen Erlangung eine Gleichstellung unter Umständen in Betracht kommen könnte, bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde nicht zur Verfügung stehe. Sollte dies künftig der Fall sein, könne erneut eine Gleichstellung beantragt werden.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Sein jetziger Dienstposten sei keine Führungsfunktion. Besondere Umstände, die auch bei einem Beamten die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen rechtfertigen, seien gegeben, da er aus behinderungsbedingten Gründen auf einen nicht gleichwertigen Arbeitsplatz versetzt worden sei. Bei einer künftigen Anhebung weiterer Dienstgruppenleiter-Dienstposten bei seiner früheren Dienststelle wäre eine Beförderung möglich gewesen.
Das SG hat im Urteil vom 29.05.2008 die Klage gegen den Bescheid vom 17.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2006 abgewiesen. Als Beamter auf Lebenszeit sei der Kläger keiner Konkurrenzsituation ausgesetzt gewesen. Er sei weiterhin als Beamter auf Lebenszeit in seiner bisherigen Besoldungsgruppe eingesetzt. Eine Gefährdung seines Arbeitsplatzes in Form der Auflösung seiner Behörde bestehe nicht. Ebenso wenig sei ein Verfahren auf Ruhestandversetzung im Raum.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgerichts (
LSG) eingelegt.
Zwischenzeitlich sind auch mit Bescheid vom 04.02.2008 neue Feststellungen des Zentrums Bayern Familien und Soziales L. auf einen Erhöhungsantrag im November 2007 ergangen. Als Behinderungen ist zusätzlich eine Schwerhörigkeit (
GdB 20) sowie ein Gesamt-
GdB von 40 anerkannt worden. Mit Bescheid vom 08.07.2009 ist schließlich ein
GdB von 50 ab 22.3.2009 (Gültigkeit des Ausweises ab 22.03.2009) festgestellt worden. Hinzugekommen sind Funktionsbehinderungen des Ellenbogengelenkes, Funktionsbehinderung des Schultergelenks mit einem
GdB von 20 und degenerative Veränderungen der Kniegelenke,
GdB 20.
Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und darüber hinaus angeführt, dass er in den Jahren 2006 bis 2009 lange Perioden der Arbeitsunfähigkeit gehabt habe und deswegen auch eine Ruhestandversetzung drohe. Dadurch sei sein Arbeitsplatz gefährdet. Schließlich habe die Auflösung der Dienststelle F. gedroht, weswegen zahlreiche andere Kollegen gleichgestellt worden seien.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger schließlich vorgetragen, dass er eine Versetzung im Jahre 2005 nicht mit Rechtsbehelfen angefochten habe. Er habe sich jedoch auf eine Stellenausschreibung vom 30.06.2009 um einen höheren Dienstposten beworben. Er sei nicht berücksichtigt worden und habe deswegen bereits ein Verfahren beim Verwaltungsgericht R. hinter sich. Eine Zulassung der Berufung beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof werde beantragt. Gegen eine Beurteilung im Januar 2009, die sich auf Zeiträume vor der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft erstrecke, werde er sich noch mit Rechtsbehelfen wenden.
Der Kläger stellt den Antrag,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 29. Mai 2008 sowie des Bescheides vom 17. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2006 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 2. November 2005 bis zum 21. März 2009 einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Gleichstellung nicht erfüllt seien. Wenn der Kläger diese begehre, um beim zuständigen Integrationsamt Antrag auf einen ergonomisch geformten Stuhl stellen zu können, könne dies die Gleichstellung ebenfalls nicht begründen. Die behinderungsbedingte Gefährdung des geeigneten Arbeitsplatzes, die hier aber nicht gegeben sei, könne auch nicht mit der Notwendigkeit der Verbesserung der individuellen Arbeitsplatzsituation nachgewiesen werden.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Die form- und fristgerecht erhobene, insgesamt zulässige Berufung ist sachlich nicht begründet.
Richtiger Beklagter ist die Bundesagentur. Gemäß
§ 104 Abs. 1 Nr. 5 SGB IX (Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit) ist die Bundesagentur für Arbeit unter anderem zuständig für die Gleichstellung, deren Widerruf und Rücknahme. Gemäß § 51
Abs. 1
Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - (in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit) ist damit auch der Rechtsweg gegeben. Dieser ist ansonsten gespalten, weil gegen Entscheidungen der Integrationsämter der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.
Der Arbeitgeber des Klägers war nicht notwendig beizuladen, weil ihm gegenüber eine Entscheidung nicht ergeht, § 75
Abs. 2, 1. Alternative
SGG. Denn ein Arbeitgeber kann nicht geltend machen, durch die Gleichstellung eines Arbeitnehmers mit einem schwerbehinderten Menschen in eigenen Rechten verletzt zu sein (BSGE 89, 119ff = SozR 3-3870 § 2
Nr. 2).
Gegenstand der Klage ist die Weigerung der Beklagten zu einer Handlung (Feststellung), die in der Feststellung eines Status besteht. Bei der Gleichstellung ist diese konstitutiv. Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht (§ 69
SGB IX) sind nicht mit der Feststellungsklage, sondern allein im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz. 9. Auflage 2008, § 55
Rdnr. 13c). Es handelt sich insoweit um Statusfragen (
vgl. BSG SozR 3-1300 § 44
Nr. 3), für deren Feststellung ausschließlich die für das Schwerbehindertenrecht zuständige Behörde (nicht - wie bei einer Feststellungsklage - das Gericht) zuständig ist. Klageart ist damit die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54
Abs. 1 Satz 1
SGG).
Zuvor muss der Kläger aber geltend machen, in seinen Rechten verletzt zu sein. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein (§ 54
Abs. 1
S. 2
SGG).
Nach dem, weil sachdienlich (§ 99
Abs. 1
SGG), zulässig geänderten Klagegegenstand ist nunmehr das Verlangen einer Gleichstellung für die Zeit vom 02.11.2005 bis zum 21.03.2009 im Streit. Die Erledigung des Klagebegehrens für die Zeit danach durch die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft bedarf somit keiner Erörterung mehr.
Der streitbefangene Zeitraum gehört zwar der Vergangenheit an, wohingegen der Kläger nach wie vor bei seinem damaligen Arbeitgeber beschäftigt ist.
Dennoch ist nach seinem Vortrag durch die fehlende Gleichstellung eine mittelbare Beeinträchtigung des Dienstverhältnisses gegeben, weil sich die für eine aktuelle Bewerbung maßgebliche Beurteilung noch über die Zeit vom 02.11.2005 bis zum 21.03.2009 erstreckt. Vergangene Rechtsverhältnisse können auch grundsätzlich Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BSGE 76, 48, 50,
BAG NZA 97, 1246). Soweit verlangt wird, dass von dem Rechtsverhältnis noch anhaltende Wirkungen ausgehen, handelt es sich um eine Frage des Feststellungsinteresses. Das kann nach den zu § 131
Abs. 1
S. 3
SGG entwickelten Grundsätzen insbesondere bei Wiederholungsgefahr oder Rehabilitationsinteresse gegeben sein. Das wäre hier der Fall, weil bereits Maßnahmen im personellen Management erfolgt sind, bevor die Eigenschaft als Schwerbehinderter festgestellt worden ist. Schließlich ist gemäß
§ 68 Abs. 2 S. 2 SGB IX eine rückwirkende Feststellung möglich. Danach wird die Gleichstellung mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam.
Kein Rechtsschutzinteresse ist aber gegeben, soweit der Kläger auf den thematischen Beginn seines Gleichstellungsverfahrens (seine Versetzung) abstellt. Bei der Förderung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ist auch an Beförderungen gedacht. So bestimmt
§ 81 Abs. 1 S. 1 SGB IX zwar als Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen, dass die Arbeitgeber verpflichtet sind zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten (§ 81
Abs. 1
S. 3
SGB IX). Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 95
Abs. 2 und hören die in
§ 93 genannten Vertretungen an (§ 81
Abs. 1
S. 4
SGB IX). Gemäß
§ 95 Abs. 4 SGB IX hat schließlich die Schwerbehindertenvertretung das Recht, an allen Sitzungen des Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrates und deren Ausschüssen sowie des Arbeitsschutzausschusses beratend teilzunehmen; sie kann beantragen, Angelegenheiten, die einzelne oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe besonders betreffen, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Schließlich hat der Personalrat nach
Art. 75
Abs. 1
Nr. 6
S. Bayerischen Personalvertretungsgesetzes mitzubestimmen in Personalangelegenheiten bei einer Versetzung. Der Kläger hat aber selbst vorgetragen, dass er seine Versetzung im Jahre 2005 nicht mit Rechtsbehelfen angefochten habe. Damit würde eine Gleichstellung für die Vergangenheit insoweit ins Leere greifen. Es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BVerwGE 121, 1 RdNr. 19; BSGE 82, 176, 177, 182 f = SozR 3-3870 § 4
Nr. 24 S 94, 100; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl. 2005, vor § 51 RdNr. 16a).
Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht eine Verpflichtung der Beklagten zur Gleichstellung verneint. Der Verweigerungsakt ist nicht rechtswidrig, der Kläger damit nicht in seinen Rechten verletzt.
Nach dem zuletzt gestellten Antrag auf eine Verpflichtung zur Gleichstellung für die Zeit vom 02.11.2005 bis zum 21.03.2009 ist nicht mehr zu prüfen, ob die Gleichstellung für die Bewerbung auf ein Angebot vom 30.6.2009 gerechtfertigt gewesen wäre. Insoweit ist der Kläger ohnehin durch die zuerkannte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch geschützt.
Für den damit allein noch maßgeblichen Zweck einer Gleichstellung wegen der für eine Bewerbung vom Juni 2009 maßgeblichen Beurteilung auch noch über die in der Vergangenheit liegende Zeit vom 02.11.2005 bis zum 21.03.2009 besteht kein Anspruch auf Gleichstellung. Die Gleichstellung "soll" nach § 2
Abs. 3
SGB IX erfolgen, ist also nicht in das freie Ermessen der Bundesagentur für Arbeit gestellt, sondern durch die Sollvorschrift gebunden. Damit besteht ein Anspruch auf die Gleichstellung und sie muss vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. An der weiteren Grundvoraussetzung einer Gleichstellung im involvierten Zeitraum, einer Behinderung an sich im Sinne von § 2
Abs. 3
SGB IX hat der Senat keine Zweifel. Insoweit wird auf die Feststellungen im Tatbestand verwiesen.
Eine Gleichstellung kann aber nach den tatbestandlich zwingenden Voraussetzungen nur bewirkt werden, wenn sie notwendig ist. Sie dient dem in § 2
Abs. 3 letzter Halbsatz
SGB IX aufgeführten Zweck, dass der Behinderte infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten kann. Vorgesehen ist entweder eine Erlangens- oder Behaltensfunktion, ein Vermittlungs- oder ein Sicherungserschwernis. Bei Letzterem ist die Gleichstellung eine Maßnahme, die dem behinderten Menschen in einer ungünstigen Konkurrenzsituation an seinem Arbeitsplatz helfen soll. Je schlechter diese Situation ist, desto eher und notwendiger muss danach die Hilfe durch Gleichstellung einsetzen. Demnach geht die übereinstimmende Literatur davon aus, dass Beamte und Richter, die minderbehindert sind und sich im Dienst befinden, für die Gleichstellung ausscheiden, da ihnen der Arbeitsplatz gesichert ist (
LSG Rheinland-Pfalz vom 10.11.1995, ZfS 1996
S. 375;
LSG NRW vom 23. 5. 2002 -
L 9 AL 241/01;
OVG Münster vom 23.4.2004, BehindertenR 2005
S. 26; Warnecke, Soz. Fortschritt 1965
S. 91; Knittel § 2 Rn 155; Wiegand/Dalichau § 2 Rn 66f.; KSW/Kreikebohm § 2 Rn 8; a.A.
GK/Schimanski § 2 Rn. 279ff. wegen Versetzung; Mrozynski § 2 Rn. 58 wegen beruflicher Entfaltung). Weiter müssen danach besondere Ansprüche des Betroffenen (Aufstiegsabsichten) für die Beurteilung, ob eine Hilfe notwendig ist, unberücksichtigt bleiben, da die Gleichstellung keine Bevorzugung gegenüber den gesunden Mitbewerbern bringen, sondern nur eine Beeinträchtigung im Berufsleben verhindern soll. Es ist zu bedenken, dass es neben den Behinderten auch andere sozialbedürftige Personen
(z. B. ältere Angestellte) gibt, denen die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz schwer wird (A./Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB I, 12. Auflage 2010, Rn 8 zu § 2
SGB IX).
Der hier verfolgte Zweck der Gleichstellung betrifft die Beeinflussung einer dienstlichen Beurteilung. Nach § 13
Abs. 2 der Verordnung über die Laufbahnen der bayerischen Beamtinnen und Beamten (Laufbahnverordnung - LbV) vom 1. April 2009 ist bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamtinnen und Beamter die Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen.
Über den Wortlaut § 2
SGB IX sowie seine entsprechende Interpretation in Rechtsprechung und Literatur kann sich der Senat nicht hinwegsetzen. Diese enthält keine Notwendigkeit der Gleichstellung für Zwecke des § 13 der Laufbahnverordnung.
Schließlich zielt auch die Gleichstellung auf dieselben Zwecke wie die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft an sich. Sie fördert,
z.B. durch Anreize und Sanktionen die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber (vergleiche Kapitel 2 des
SGB IX,
§§ 71 bis
79 SGB IX) und schützt bei Kündigungen (vergleiche Kapitel 5 des
SGB IX,
§§ 93 bis
100 SGB IX) im Sinne der oben genannten Funktionen. Darüber hinaus ist die Förderung von behinderten Menschen am Arbeitsplatz durch individuelle Ansprüche gegenüber dem jeweiligen Arbeitgeber geregelt. In § 81
Abs. 4
SGB IX hat der Gesetzgeber individuelle Ansprüche der schwerbehinderten Beschäftigten gegenüber ihren Arbeitgebern geregelt. Damit ist klargestellt worden, dass es sich um bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber dem einzelnen schwerbehinderten Menschen handelt, die dieser auch gerichtlich durchsetzen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschäftigung geht über den allgemeinen Beschäftigungsanspruch hinaus. Damit wird dem schwerbehinderten Arbeitnehmer jedoch kein Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz eingeräumt, der seinen Wünschen und Neigungen entgegenkommt (
vgl. Dau/Düwell/Haines, Sozialgesetzbuch IX, 2. Auflage 2009, § 81 100). Entsprechendes gilt im Recht des öffentlichen Dienstes,
z.B. durch den sog. Schwerbehindertenerlass. Eine Verletzung dieser Verpflichtung kann dazu führen, dass sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig macht. Das hat vor allem dann praktische Bedeutung, wenn der Arbeitnehmer für den ihm zugeteilten Arbeitsplatz infolge Krankheit dauerhaft arbeitsunfähig ist und der Arbeitgeber schuldhaft die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes verweigert, auf dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden könnte.
Dies betrifft aber in der Sache des Klägers die nicht mehr zu prüfende Frage der Versetzung in der Vergangenheit. Wenn der Kläger insoweit auf seine aktuelle Bewerbung abstellt, ist er für die oben genannten Zwecke durch die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch geschützt. Insoweit sind die Feststellungen von Bedeutung, dass der Kläger durch seine Versetzung einen behindertengerechten Arbeitsplatz erlangt und seinen Anspruch auf Ablösung eines nicht behindertengerechten Arbeitsplatzes erfüllt erhalten hat.
Für eine eventuell mit der Gleichstellung bestehende Förderungsverpflichtung durch den Arbeitgeber im o.g. Sinne bezogen auf den jetzt innegehabten Arbeitsplatz bestehen keine Anhaltspunkte. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass eine Gefährdung dieses Arbeitsplatzes besteht, die es notwendig macht, ihm wegen seiner Behinderungen einen anderen freien Arbeitsplatz zuzuweisen. Abgesehen davon bestehen zuvor - wie die Beklagte richtig hingewiesen hat - Ansprüche darauf, den bereits vom schwerbehinderten Menschen besetzten Arbeitsplatz entsprechend auszustatten (§ 81
Abs. 4
Nr. 5
SGB IX), ihn behinderungsgerecht einzurichten und
ggf. umzugestalten (§ 81
Abs. 4
Nr. 4
SGB IX). Nach den zutreffenden Feststellungen des Betriebsarztes
Dr. U. vom 01.08.2005 liegen die wesentlichen Funktionseinschränkungen der Erwerbsfähigkeit des Klägers in der Unmöglichkeit, Schichtdienst (Nachtdienst des zwischen 22:00 und 6:00) zu verrichten. Eine solche Dienstverrichtung ist am derzeitigen Arbeitsplatz des Klägers nicht erforderlich. Nach Auskunft der Polizeidirektion R. vom Januar 2006 ist der derzeitige Arbeitsplatz des Klägers behinderungsgerecht ausgestaltet und aufgrund behinderungsbedingten Auswirkungen nicht gefährdet. Im Übrigen war der Kläger aber an der Geltendmachung eines Anspruchs auf Zuweisung eines anderen freien Arbeitsplatzes durch die Feststellung seiner Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch seit 22.03.2009 nicht mehr gehindert. Auch insoweit bedarf es keiner Gleichstellung für die Vergangenheit.
Für den eigentlich vom Kläger verfolgten Zweck, eine Änderung seiner dienstlichen Beurteilung im Sinne von § 13 der Laufbahnverordnung, sieht das
SGB IX keine Gleichstellung vor. Das Schwerbehindertenrecht darf über die genau gesetzlichen geregelten Verpflichtungen der Arbeitgeber hinaus lediglich vor Diskriminierung schützen, nicht aber zu einer Bevorzugung von Schwerbehinderten oder Gleichgestellten führen. Eine weitergehende Beschränkung von Arbeitgebern in ihrer Personaldisposition ist nicht vom Willen des Gesetzgebers getragen und stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken. Zur Erlangung einer wahrheitsgemäßen, seinem Gesundheitszustand entsprechenden Beurteilung ist der Kläger auf die Gegebenheiten des Beamtenrechts zu verweisen. Demgemäß hat er auch bereits kundgetan, Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zu suchen.
Die Berufung ist demnach unbegründet, weil kein Anspruch des Klägers auf Gleichstellung besteht und das SG die Klage damit zu recht abgewiesen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Der Kläger ist unterlegen.
Gründe zur Zulassung der Revision nicht ersichtlich.