Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Gleichstellung vom 9. August 2010 erneut zu entscheiden. Die Frage, ob die Beklagte mangels Vorliegens einer atypischen Fallgestaltung - und somit ohne Berücksichtigung von Ermessensgesichtspunkten - zu verpflichten gewesen wäre, eine Gleichstellung nach
§ 2 Abs. 3 SGB IX auszusprechen, bedarf demgegenüber keiner Entscheidung, da der Kläger - im Hinblick auf die ihn insoweit treffende Klageabweisung - keine Berufung eingelegt hat.
Nach § 2
Abs. 3
SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem
GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2
Abs. 2
SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen (mit einem
GdB von wenigstens 50; § 2
Abs. 2
SGB IX) gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz i.
S. des
§ 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können.
Beim Kläger wurde mit Bescheid vom 11. September 2003 ein
GdB von 30 festgestellt.
Hinsichtlich des geeigneten Arbeitsplatzes ist auf die angestrebte Tätigkeit im Beamtenverhältnis abzustellen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung von einer rechtlich-funktionalen Dimension des Arbeitsplatzbegriffs auszugehen. Insoweit hat der 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in einer zur gleichen Problematik kürzlich ergangenen - Entscheidung vom 19. Juni 2013 (Aktenzeichen:
L 6 AL 116/12, juris Rdn. 28 f.) folgendes ausgeführt: "Arbeitsplatz ist hiernach diejenige Stelle, in deren Rahmen eine bestimmte Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeits-, Dienst oder Ausbildungsverhältnisses mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten vollzogen wird (
BVerwG, Urteil vom 8. März 1999
5 C 5/98 - Rn. 12 nach juris; = NZA 1999, 826; Trenk-Hinterberger in: Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 73, Rn. 5
m.w.N.). Der Arbeitsplatzbegriff des § 73
SGB IX hat zwar zunächst eine rechnerische Komponente, wie die Beklagte zu Recht hervorhebt, wenn es etwa um die Ermittlung des Umfanges der Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers geht. Sie hat aber auch einen rechtlich-funktionalen Bedeutungsgehalt. Nur die Einbeziehung funktionaler Kriterien ermöglicht eine Feststellung, ob
z.B. ein Ersatzbeschäftigungsverhältnis oder eine Vertretung im Sinne des § 73
Abs. 2
Nr. 7
SGB IX vorliegen, bei denen jeweils nur ein Arbeitsplatz zu berücksichtigen ist, oder ob es sich um zusätzlich zu zählende Arbeitsplätze handelt (jurisPK-Goebel § 73 Rn. 8
m.w.N.). Auf die rechtlich-funktionalen Qualitäten des Arbeitsplatzes, insbesondere bei den Eigenheiten der Rechtsstellung aus dem dem Arbeitsplatz zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch bei Prüfung der Arbeitsplatzgefährdung im Rahmen des § 2
Abs. 3
SGB IX abzustellen (
vgl. speziell zum Beamtenverhältnis:
BSG, Urteil vom 1. März 2011 -
B 7 AL 6/10 R - Rn. 13 nach juris).
Ohne eine rechtlich-funktionale Betrachtungsweise des Arbeitsplatzbegriffs könnte das
SGB IX nicht seinem Auftrag aus
Art. 21 und 26 der Charta der der Grundrechte der Europäischen Union,
Art. 5 der Richtlinie 2000/78/
EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf,
Art. 3
Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz, sowie
§§ 7,
8,
24 AGG i.V.m. § 9 Beamtenstatusgesetz, § 8 Hessisches Beamtengesetz gerecht werden. Ein diskriminierungsfreier Zustand ist nach den genannten Vorschriften nicht bereits dann hergestellt, wenn ein behinderter Mensch in irgendeiner Weise eine Tätigkeit ausüben kann, die regelmäßig im Beamtenverhältnis ausgeübt wird; vielmehr müssen Gesetzgeber und Dienstherr die Voraussetzungen zum Zugang zum Beamtenverhältnis in der Weise modifizieren, dass ein diskriminierungsfreier Zugang zur Ausübung der entsprechenden Tätigkeit gerade im Beamtenverhältnis ermöglicht wird (
vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 25. Januar 2011 -
5 LC 190/09 - juris; von Roetteken, jurisPR-ArbR 36/2011
Anm. 5). Aus den vorgenannten Umständen folgt auch, dass der Kläger mit der von ihm verfolgten Zielsetzung der Gleichstellung, die Lebenszeiternennung zu erreichen, keinesfalls "besondere Ansprüche" verfolgt, die nicht für eine Arbeitsplatzgefährdung herangezogen werden könnten. Er begehrt lediglich den diskriminierungsfreien Erhalt
bzw. die Wiedererlangung seines Arbeitsplatzes, der nach hessischem Recht typischerweise im Wege des Beamtenverhältnisses ausgestaltet ist."
Dieser Rechtsauffassung zur rechtlich-funktionalen Betrachtungsweise schließt sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugung an.
Auch steht für den Senat aufgrund der bereits im Verwaltungsverfahren von der Beklagten selbst eingeholten Stellungnahmen fest, dass der Kläger ohne die Gleichstellung für die angestrebte Beamtenlaufbahn im Technischen Verwaltungsdienst, die - wie dem im Berufungsverfahren vorgelegten Schriftsatz des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. Oktober 2010 unmissverständlich zu entnehmen ist - auch tatsächlich eingerichtet wurde, aufgrund seiner behinderungsbedingten gesundheitlichen Einschränkungen nicht in Betracht kommt. Damit ist die Behinderung auch die wesentliche Ursache, weshalb der Kläger "einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73
SGB IX nicht erlangen" kann. Für den Senat steht auch fest, dass sich die Chancen des Klägers auf die angestrebte Verbeamtung mit einer Gleichstellung erheblich verbessern. Insoweit ergibt sich schon aus Ziffer 1.3. der in Auszügen vorgelegten und von dem C. zu berücksichtigenden "Rahmenintegrationsvereinbarung zur Eingliederung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in der Bundesfinanzverwaltung" (Bl. 27-30 der Verwaltungsakte der Beklagten), dass von schwerbehinderten Menschen - und damit auch von diesen gleichgestellten - bei der Einstellung nur das Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt werden darf. Ebenso können danach schwerbehinderte Menschen als Beamtinnen
bzw. Beamte auch dann eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht auszuschließen ist. Die Bewerberinnen und Bewerber seien darauf hinzuweisen, dass eine beamtenrechtliche Versorgung eine abgeleistete Dienstzeit von mindestens 5 Jahren (Wartezeit) voraussetzt. Vor diesem Hintergrund wird bei schwerbehinderten Menschen die körperliche Eignung im Allgemeinen auch dann noch als gegeben angesehen, wenn nach amtsärztlichem Zeugnis davon ausgegangen werden kann, dass sie mindestens fünf Jahre dienstfähig bleiben. Hiervon ist bei dem Kläger auch aufgrund der Ausführungen von
Dr. D. in dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 21. September 2010 ("Für seine bisherige Tätigkeit ist künftige Dienstunfähigkeit innerhalb der nächsten 5 Jahre nicht zu erwarten") nach derzeitiger Aktenlage auszugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (
SGG).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür
gem. § 160
Abs. 2
SGG nicht vorliegen. Die Frage, ob der Arbeitsplatzbegriff auch ein rechtlich-funktionales Element aufweist, ist bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.