Urteil
Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen
Gericht:
SG Ulm 6. Kammer
Aktenzeichen:
S 6 AL 362/16
Urteil vom:
09.04.2019
SG Ulm 6. Kammer
S 6 AL 362/16
09.04.2019
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Kläger begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Der 1959 geborene Kläger ist versicherungspflichtig seit 1990 als Montierer in der Klappenfertigung bei der W. M. GmbH in L. tätig.
Bei dem Kläger wurde mit Bescheid des Landratsamtes Alb-Donau-Kreis vom 04.08.2014 (Bl. 6 Verwaltungsakte - VA -) ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 ab 12.02.2014 festgestellt (Funktionsbeeinträchtigungen: Herzklappenfehler, aneurysmatische Erweiterung der Aorta descendes mit Einengung der Strombahn, Bluthochdruck, Herzschrittmacher, Herzleistungsminderung).
Krankheitsbedingt (Bl. 62 SG-Akte) kam es bei dem Kläger 2011 zu 23 Fehltagen, 2012 zu 100 Fehltagen, 2013 zu 62 Fehltagen, 2014 zu 88 Fehltagen und 2015 zu 77 Fehltagen. Ein Großteil der aufgetretenen Arbeitsunfähigkeitszeiten standen hierbei im Zusammenhang mit den o.g. Gesundheitsstörungen des Herzens und des Blutkreislaufes. Nach Durchführung einer perkutanen transluminalen Koronarangioplastie (PTCA) und einer Stentimplantation im März 2015 (Bl. 71 SG-Akte) traten zunächst keine weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten infolge der Herz-Kreislauf-Erkrankungen mehr auf. Vielmehr erkrankte der Kläger in der Zeit ab März 2015 im Wesentlichen an grippalen Infekten, Gastritis und einer Leistenhernie, was 2016 zu 109 Fehltagen, 2017 zu 13 Fehltagen und 2018 zu 44 Fehltagen (Bl. 62 SG-Akte) führte. Einmalig im August 2018 hat die Herzerkrankung des Klägers (Bl. 98 SG-Akte) zu 14 Fehltagen, die Hypertonie zu weiteren zwei Fehltagen geführt. Seitdem ist der Kläger diesbezüglich nicht mehr erkrankt (Bl. 105 SG-Akte).
Mit Schreiben vom 19.05.2015 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.2015, wobei das Arbeitsgericht Augsburg (Az.: 8 Ca 294/15) mit Urteil vom 23.09.2015 die Unwirksamkeit der Kündigung feststellte (Bl. 17 SG-Akte). Eine weitere Kündigung vom 10.09.2015 zum 31.03.2016 erklärten die Arbeitgeberin und der Kläger im Vergleichswege für unwirksam (Protokoll Arbeitsgericht Augsburg Az.: 8 Ca 550/15, Bl. 22 SG-Akte). Die Arbeitgeberin hat am 24.10.2016 erneut eine Kündigung zum 31.05.2017 ausgesprochen; die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Augsburg (Az.: 1 Ca 705/16) ist nach wie vor anhängig.
Bereits am 20.07.2015 (Bl. 1 VA) beantragte der Kläger die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Die Arbeitgeberin äußerte die Auffassung, dass der Arbeitsplatz des Klägers infolge hoher Fehlzeiten ungeeignet, eine Umsetzung aber möglich sei (Bl. 37 VA).
Mit Bescheid vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Arbeitsplatz nicht geeignet sei.
Hiergegen hat der Kläger am 02.02.2016 Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben. Er trägt vor, dass sein Arbeitsplatz sehr wohl geeignet sei. Bei Anfall weiterer krankheitsbedingter Fehlzeiten seien jedoch weitere Kündigungen zu befürchten, was nicht zuletzt auch die während des Klageverfahrens erneut ausgesprochene Kündigung belege. Er sei nach seiner Genesung infolge der Leistenhernie seit Oktober 2016 weder arbeitsfähig und sein unmittelbarer Vorgesetzter sei auch sehr zufrieden mit ihm. Er habe sogar jegliche Überstunden geleistet.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 03.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass der Kläger aufgrund der im Bescheid des Versorgungsamtes festgestellten Gesundheitsstörungen seit März 2015 keine wesentlichen Fehlzeiten mehr habe, diese vielmehr auf einen Leistenbruch und eine Gastritis zurückzuführen seien. Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
ArbG Augsburg, Urteil vom 23.09.2015 - 8 Ca 294/15
ArbG Augsburg, Urteil vom 31.03.2016 - 8 Ca 550/15
1 Ca 705/16 - anhängig
R/R8458
Informationsstand: 23.07.2020