Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger die Voraussetzungen für die beantragte Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen nicht erfüllt.
Nach
§ 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - sollen behinderte Menschen mit einem
GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des
§ 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Bei dem Kläger ist bisher lediglich ein
GdB von 20 v.H. festgestellt worden, so dass er den Tatbestand des § 2
Abs. 3
SGB IX nicht erfüllt. Gegenteiliges kann der Kläger weder daraus herleiten, dass er behauptet, der Grad seiner Behinderung sei fehlerhaft festgestellt worden, noch kann er seinen Anspruch auf das Ergebnis der Begutachtung durch den Neurologen
Dr. W stützen, der einen
GdB von 50 v.H. bescheinigt hat. Abgesehen davon, dass die Annahme eines
GdB in letzterem Umfang eine Gleichstellung ausschließt, weil danach Schwerbehinderung im Sinne des
SGB II vorliegt (§ 2
Abs. 2
SGB IX), ist unabdingbare Voraussetzung für die Gleichstellung durch die Beklagte, dass die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständige Behörde das Vorliegen einer Behinderung und deren Grad mit 30 v.H. festgestellt hat (
vgl. BSG, Urt. v. 02.03.2000 -
B 7 AL 46/99 R = SozR 3 - 3870 § 2
Nr. 1
S. 2 f;
BSG Urt. v. 24.06.1998 -
B 9 SB 17/97 R = SozR 3 - 3870 § 4
Nr. 24
S. 98 f). Dies folgt aus
§ 68 Abs. 2 S. 1 SGB IX, wonach die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen aufgrund einer Feststellung nach
§ 69 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgt. Zu dieser Feststellung ist aber gemäß § 69
Abs. 1
S. 1
SGB IX allein die für die Durchführung des BVG zuständige Behörde ermächtigt (einhellige Meinung,
BSG a.a.O.; Götze in Hauck/Noftz,
SGB IX, § 2 Rn 50; Knittel,
SGB IX, § 2 Rn 100; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 11. Aufl., § 2 Rn 48).
Dahinstehen kann, inwieweit eine während des laufenden Gleichstellungsverfahrens ergehende Entscheidung der für die Durchführung des BVG zuständigen Behörde, auch wenn sie auf den Antragszeitpunkt zurückwirkt, Berücksichtigung zu finden hat (
vgl. Schmidt, br 2002, 141 f). Eine solche Entscheidung mit der Feststellung eines
GdB von wenigstens 30 v. H. ist zu Gunsten des Klägers bisher nämlich nicht erfolgt.
Es besteht auch kein Anlass, das Verfahren zur Klärung des
GdB auszusetzen. Dies gilt insbesondere in Ansehung des Gutachtens von
Dr. W, dessen Feststellungen als Sachverständiger regelmäßig zur Entscheidungsgrundlage der SGe gemacht werden
bzw. zu Anerkenntnissen der Behörden führen. Sein Begutachtungsergebnis würde nämlich eine Gleichstellung obsolet machen.
Die Bestimmung des § 2
Abs. 3
SGB IX verstößt nicht deshalb gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des
Art. 3
Abs. 1 Grundgesetz (
GG), weil behinderte Menschen, deren
GdB weniger als 30 v.H. beträgt, eine Gleichstellung nicht erlangen können. Der allgemeine Gleichheitssatz ist regelmäßig dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (BVerfGE 1, 14,52; 89, 132, 141). Gleiches gilt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfGE 55, 72, 88; 93, 386, 397). Die Verletzung des Willkürverbots oder des Gebots der verhältnismäßigen Gleichbehandlung ist nicht abstrakt, sondern nur bezogen auf die jeweils getroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche zu beantworten (
vgl. BVerfGE 75, 108, 157: 103, 310, 318; SozR 3-4100 § 111
Nr. 6
S. 30). Die Gleichstellung ist ohnehin nicht allein vom Umfang der Behinderung abhängig, sondern erfordert darüber hinaus, dass ohne sie der behinderte Mensch einen Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten kann (§ 2
Abs. 3
SGB IX). Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber nicht jeder Behinderung solche Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt beimisst, sondern erst ab einem bestimmten Ausmaß. Die Möglichkeit der Gleichstellung beinhaltet darüber hinaus ein Korrektiv zur starren Grenze der Festlegung der Schwerbehinderung nach § 2
Abs. 2
SGB IX (
vgl. Knittel a.a.O. Rn 103). Dieses gestufte System hält sich aber in dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bezüglich der Ausgestaltung sozialer Vergünstigungen.
Ebenso wenig ist die Regelung des § 2
Abs. 3
SGB IX mit supranationalem Recht unvereinbar. Ob die Richtlinie 200/78/
EG des Rates der Europäischen Union vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (
Amtsbl. EG L 303/16), die nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes gilt (
Art. 3
Abs. 3 der Richtlinie 200/78/
EG), überhaupt Prüfungsmaßstab dabei sein kann, kann ebenfalls offen bleiben. Weder die Richtlinie selbst noch das zu ihrer Umsetzung in das nationale Recht geschaffene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (
AGG) verbieten nämliche eine nach dem Grad der Behinderung differenzierte Behandlung der Arbeitnehmer (
vgl. Wendeling-Schröder/Stein,
AGG, § 1 Rn 58).
Die Berufung ist daher mit der auf § 193 Sozialgerichtsgesetz beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160
Abs. 2
SGG) sind nicht erfüllt.