Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger die Voraussetzungen zur Feststellung des gesundheitlichen Merkmals Hilflosigkeit (Merkzeichen "H") vorliegen.
Der 1945 geborene Kläger leidet an einer progressiv verlaufenden Muskeldystrophie. Diese Krankheit sowie eine chronische asthmoide Bronchitis führten 1992 nach dem Schwerbehindertengesetz (
SchwbG) zur Feststellung eines Grades der Behinderung (
GdB) von 90 sowie einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen "G"). Am 18. Juli 1995 beantragte der Kläger die Erhöhung des festgestellten
GdB auf 100 sowie die Zuerkennung der Merkzeichen "B", "aG" und "H". Mit Bescheid vom 5. Februar 1996 stellte der Beklagte die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" fest. Im Übrigen lehnte er den Antrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 1996 zurück.
Im sozialgerichtlichen Verfahren erkannte der Beklagte das Vorliegen eines
GdB von 100 sowie der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" an. Mit Urteil vom 26. September 1997 verpflichtete das Sozialgericht Oldenburg (SG) den Beklagten nach Beweisaufnahme, bei dem Kläger ab 1. Januar 1997 die gesundheitliche Voraussetzung für die Zuerkennung des Merkzeichens "H" festzustellen.
Das Landessozialgericht Niedersachsen (
LSG) hat die Berufung des Beklagten nach weiterer Beweisaufnahme durch Urteil vom 29. Mai 2001 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei hilflos iS von § 33b Abs 6 S 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Er könne auf Grund einer progredienten Muskeldystrophie die Arme nicht mehr so weit abduzieren, dass Kopfhöhe erreicht werde. Im Bereich der Rumpfmuskulatur sei die Schwäche so weit fortgeschritten, dass ein Aufrichten aus der Rückenlage und Heben des Oberkörpers aus der Bauchlage nicht ohne Abstützen und fremde Hilfe möglich sei. Auf Grund der gutachtlichen Feststellungen bedürfe der Kläger bei allen Verrichtungen der persönlichen Hygiene (Duschen, Baden, Haarekämmen oder -föhnen, Rasieren, Zähneputzen) fremder Hilfe. Dies gelte auch für das An- und Auskleiden, soweit es den Oberkörper betreffe, denn der Kläger könne kein Kleidungsstück über den Kopf ziehen. Außerdem bedürfe er der Hilfe, wenn er einmal des Nachts die Toilette aufsuchen müsse, sowie bei der mundgerechten Zubereitung seiner Mahlzeiten und bei Gängen außerhalb seiner Wohnung. Der Kläger sei danach deshalb hilflos, weil sich seine Hilfebedürftigkeit auf alle maßgeblichen Bereiche der regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens erstrecke und hierbei die Anzahl der Verrichtungen, die der Kläger noch ohne fremde Hilfe ausüben könne, gegenüber der Anzahl derjenigen Verrichtungen, bei denen er fremder Hilfe bedürfe, weit in den Hintergrund trete. Bis auf kurze Wege innerhalb der Wohnung einschließlich des Gangs zur Toilette sei er nicht in der Lage, eine der maßgeblichen Verrichtungen vollständig allein durchzuführen. Der auf einer Tagung 1997 geäußerten Auffassung der Sektion "Versorgungsmedizin" des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA), dass die Voraussetzungen der hier einschlägigen Vorschriften erst dann gegeben seien, wenn der Hilfebedürftige täglich wenigstens zwei Stunden fremde Hilfe in Anspruch nehmen müsse, könne der Senat nicht beitreten. Im Falle des Klägers ergebe sich zeitlich ein täglicher Hilfebedarf von 56 Minuten. Außerdem seien weitere Zeiten für eine ständige Bereitschaft der Hilfsperson, insbesondere wegen des nächtlichen Toilettenganges und einmal wöchentlich auftretender Asthmaanfälle, zu berücksichtigen. Da der Kläger zudem in der Woche durchschnittlich zweimal stürze, sei über die eigentliche Dauer der Hilfeleistung hinaus eine Hilfsperson erforderlich, damit sich der Kläger hinreichend und sicher fortbewegen könne. Nach alledem werde jedenfalls die in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genannte zeitliche Mindestdauer der Hilfebedürftigkeit von einer Stunde täglich erreicht.
Der Beklagte hat die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision eingelegt. Er ist der Auffassung: Der Hilfebedarf des Klägers von täglich 62 Minuten sei nicht erheblich und auch nicht - wie erforderlich - von einem messbaren wirtschaftlichen Wert. Der medizinische Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) sei in seinen Pflegegutachten von 1995 und 1997 von einem Zeitaufwand für Grundpflege von 55 Minuten (Stufe I - § 15 Abs 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Pflegeversicherung -
SGB XI) ausgegangen. Das BMA habe sich wie der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim BMA - Sektion "Versorgungsmedizin" - mehrfach dahingehend geäußert, dass der zeitliche Mindestumfang der Hilfeleistung oberhalb der Eingangsschwelle des für die Zuordnung zur Pflegestufe II nach § 15 Abs 3 Nr 2
SGB XI erforderlichen Zeitaufwandes von zwei Stunden für die Grundpflege liegen müsse. Im Hinblick auf diese Vorschrift und angesichts der Tatsache, dass nach § 65 Abs 2 Satz 2 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV)
idF des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996 die Zuerkennung des Merkzeichens "H" der Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Stufe III nach dem
SGB XI gleichstehe, sowie auch unter Berücksichtigung der erheblichen steuerlichen und finanziellen Vorteile, die mit der Zuerkennung des Merkzeichens "H" verbunden seien, müsse die festzulegende zeitliche Mindestgrenze jedenfalls deutlich mehr als eine Stunde betragen.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG Oldenburg vom 26. September 1997 und des
LSG Niedersachsen vom 29. Mai 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der nicht durch einen beim
BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz
SGG).
Die Revision des Beklagten ist iS der Zurückverweisung begründet. Die berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen reichen nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "H" hat.
Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen gemäß § 69 Abs 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) vom 19. Juni 2001, in Kraft getreten am 1. Juli 2001 (Art 68 Abs 1
SGB IX), die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen. Demgemäß entscheiden diese Behörden auch darüber, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen der vom Kläger beanspruchten - ua steuerrechtlichen (vgl § 33b Abs 3 Satz 3, Abs 6 Satz 1 EStG) - Förderung bei Hilflosigkeit gegeben sind. Im Schwerbehindertenausweis ist das Merkzeichen "H" einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos iS des § 33b EStG oder entsprechender Vorschriften ist (§ 3 Abs 1 Nr 2 der auf Grund von § 70
SGB IX ergangenen Schwerbehindertenausweisverordnung). Durch das seit Juli 2001 geltende neue Recht hat sich vorliegend in der Sache keine Änderung ergeben gegenüber dem bis dahin geltenden § 4 Abs 4
SchwbG; diese Vorschrift ist noch für die Zeit bis zum 30. Juni 2001 auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt, hier also auf den Zeitraum ab Juli 1995, anzuwenden.
Gemäß § 33b Abs 6 Satz 2 EStG in der seit dem 1. Januar 1995 geltenden Fassung (vgl bereits
BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12 S 47, Nr 15 S 60) ist eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (§ 33b Abs 6 Satz 3 EStG). Diese Fassung des Begriffs der Hilflosigkeit geht auf Umschreibungen zurück, die von der Rechtsprechung im Schwerbehindertenrecht bezüglich der steuerlichen Vergünstigung und im Versorgungsrecht hinsichtlich der gleich lautenden Voraussetzungen für Pflegezulage nach § 35 BVG (vgl dazu das Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 - B 9 V 3/01 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entwickelt worden sind. Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst nicht an den Begriff der Pflegebedürftigkeit nach §§ 14, 15
SGB XI angelehnt (vgl
BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12 S 48). Er wollte vielmehr deutlich machen, dass die steuerrechtlich und versorgungsrechtlich bedeutsame Hilflosigkeit von der versicherungs- und sozialhilferechtlich bedeutsamen Pflegebedürftigkeit unabhängig bleibt (vgl dazu näher a. a.O.).
Bei den gemäß § 33 Abs 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren (vgl dazu auch Bürck, ZfS 1998, 97, 100). Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl § 14 Abs 4
SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege ( Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche werden unter dem Begriff der sog Grundpflege zusammengefasst (vgl § 4 Abs 1 Satz 1, § 15 Abs 3
SGB XI; § 37 Abs 1 Satz 2
SGB V; zur Erläuterung: Höfler in Kasseler Komm § 37
SGB V RdNr 22 mwN). Hinzu kommen nach der Rechtsprechung des
BSG ( vgl BSGE 72, 285 = SozR 3-3870 § 4 Nr 6; ähnlich auch Nr 21 Abs 3 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem
SchwbG, hrsg vom BMA, 1996
AHP 1996) Maßnahmen zur psychischen Erholung, geistige Anregungen und Kommunikation (Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen). Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (vgl zB zu § 35 BVG:
BSG, Urteil vom 2. Juli 1997, SozR 3-3100 § 35 Nr 6).
Was das Ausmaß des in § 33b EStG angesprochenen Hilfebedarfs anbelangt, geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus (vgl dazu Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 - B 9 V 3/01 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen):
Die tatbestandlich vorausgesetzte "Reihe von Verrichtungen" kann regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen (vgl
BSG SozR 3-3100 § 35 Nr 6; Urteil vom 2. Juli 1997 - 9 RVs 9/96 -, VersorgVerw 1997, 94; vgl auch BT-Drucks 12/5262 S 164). Die Beurteilung der Erheblichkeit orientiert sich an dem Verhältnis der dem Beschädigten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtungen zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann. In der Regel wird dabei auf die Zahl der Verrichtungen, den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen sein.
Mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben in der sozialen Pflegeversicherung (vgl § 15
SGB XI) hält es der erkennende Senat für sachgerecht, die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen zu beurteilen. Dazu hat er bereits entschieden, dass nicht hilflos ist, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist ( vgl BSGE 67, 204, 207 = SozR 3-3870 § 4 Nr 1;
BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12;
BSG SozR 3-3100 § 35 Nr 6; Senatsurteil vom 10. September 1997 - 9 RV 8/96 -). Daraus ergibt sich jedoch nicht schon, dass bei einem Überschreiten dieser Mindestgrenze in jedem Fall Hilflosigkeit zu bejahen ist. Vielmehr sieht der Senat einen täglichen Zeitaufwand - für sich genommen - erst dann als hinreichend erheblich an, wenn dieser mindestens zwei Stunden erreicht. Diese Grenzziehung soll den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen (vgl dazu auch das Rundschreiben des BMA vom 31. August 1998 - VI 5-55463-5/1 (55492)); sie ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Da die Begriffe der Pflegebedürftigkeit (vgl §§ 14, 15
SGB XI) und der Hilflosigkeit (vgl § 35 BVG, § 33b EStG) nicht völlig übereinstimmen (vgl dazu
BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12), können im vorliegenden Zusammenhang die zeitlichen Grenzwerte der sozialen Pflegeversicherung zwar nicht unmittelbar übernommen werden, sie lassen sich jedoch als gewisse Orientierungspunkte nutzen. Immerhin decken sich die von beiden Begriffen erfassten Verrichtungsbereiche insoweit, als es die sog Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) betrifft. Im Rahmen der § 33b EStG (bzw § 35 BVG) sind - wie oben gezeigt - zusätzlich noch der Bereich der geistigen Anregung und Kommunikation und - ebenfalls anders als grundsätzlich in der Pflegeversicherung (vgl
BSG SozR 3-3300 § 14 Nr 8) - Anleitung, Überwachung und Bereitschaft zu berücksichtigen. Da im Hinblick auf den insoweit erweiterten Maßstab bei der Prüfung von Hilflosigkeit leichter ein größerer Zeitaufwand für fremde Betreuungsleistungen erreicht wird als im Bereich der Grundpflege bei der Pflegeversicherung, liegt es nahe, hier von einer Zwei-Stunden-Grenze auszugehen, was dem Grundpflegeerfordernis für die Pflegestufe II der Pflegeversicherung entspricht (vgl § 15 Abs 3 Nr 2
SGB XI).
Ein weiteres Argument für eine solche Grenzziehung lässt sich aus § 33b EStG selbst gewinnen. Die Höhe des durch diese Vorschrift dem steuerpflichtigen behinderten Menschen gewährten Pauschbetrages von 7.200 DM bzw 3.700 Euro hebt sich außerordentlich von dem Pauschbetrag ab, der behinderten Menschen mit einem
GdB von 100 zusteht (1.420 Euro bzw 2.760 DM). Dieser Begünstigungssprung ist nur bei Erforderlichkeit zeitaufwändiger und deshalb entsprechend teurer Hilfeleistungen erklärbar und gerechtfertigt. Eine entsprechende Tendenz ergibt sich auch aus § 65 Abs 2 Satz 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung 2000 (BGBl I, 717), wonach der Nachweis von Hilflosigkeit nicht nur durch einen Schwerbehindertenausweis mit eingetragenem Merkzeichen "H" erbracht werden kann, sondern auch durch die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 3
SGB XI. Da diese Vorschrift lediglich alternative Nachweismöglichkeiten für Leistungen eröffnet, zwingt sie nicht dazu, den für die Bejahung von Hilflosigkeit erforderlichen Zeitaufwand mit mehr als zwei Stunden anzusetzen.
Um den individuellen Verhältnissen des Beschädigten hinreichend Rechnung tragen zu können, erscheint es geboten, bei der Beurteilung von Hilflosigkeit nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen. Vielmehr kommt dabei auch weiteren Umständen der Hilfeleistung, insbesondere ihrem wirtschaftlichen Wert, Bedeutung zu. Dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen mitbestimmt, bei denen fremde Hilfe erforderlich ist. Denn eine Hilfsperson kann regelmäßig nur für zusammenhängende Zeitabschnitte, nicht jedoch für einzelne Handreichungen herangezogen bzw beschäftigt werden.
Dieser Umstand rechtfertigt es, Hilflosigkeit im hier geforderten Sinne bereits bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege (wegen der Zahl der Verrichtungen bzw ungünstiger zeitlicher Verteilung der Hilfeleistungen) besonders hoch ist.
Ob der Kläger gemessen an diesen Kriterien iS von § 33b EStG als hilflos anzusehen ist, vermag der erkennende Senat auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des
LSG nicht abschließend zu entscheiden. Was den zeitlichen Hilfebedarf des Klägers anbelangt, so hat das
LSG lediglich einen solchen von 56 Minuten hinreichend konkret bezogen auf im Rahmen des § 33b EStG berücksichtigungsfähige Verrichtungen festgestellt. Damit läge der Kläger unterhalb der Grenze, von der ab überhaupt die Bejahung von Hilflosigkeit in Betracht kommt. Für die Berücksichtigung eines weiter gehenden Hilfebedarfs fehlt es an entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz.
Soweit das
LSG die Anrechnung von Bereitschaftszeiten im Bezug auf einen nächtlichen Toilettengang des Klägers sowie wegen Asthmaanfällen und Stürzen, die bei ihm im Durchschnitt ein- bis zweimal wöchentlich auftreten, in Betracht gezogen hat, ist nicht hinreichend beachtet worden, dass solche Zeiten grundsätzlich nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie zeitlich und örtlich denselben Einsatz erfordern wie körperliche Hilfe (vgl dazu
BSG SozR 3-3870 § 4 Nr 12 S 49 f). Dies setzt voraus, dass eine entsprechende einsatzbereite Anwesenheit und Aufmerksamkeit aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist (vgl dazu
AHP 1996 Nr 21 Abs 3). Dass der vom
LSG angenommene Bereitschaftsbedarf diesen Anforderungen entspricht, ist nicht ohne weiteres ersichtlich.
Da der erkennende Senat die nach alledem erforderlichen Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst durchführen kann (vgl § 163
SGG), ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
LSG zurückzuverweisen. Dieses Gericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.