Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angegriffenen Urteil die Klage auch hinsichtlich der Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab dem 12. Mai 2011 und des Merkzeichens "H" ab dem 1. August 2008 abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2007 ist auch insoweit rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "H" ab den vorliegend noch geltend gemachten Zeitpunkten.
Nach
§ 69 Absatz 1 Satz 1 SGB Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden nach § 69 Absatz 4
SGB IX die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1 der Vorschrift.
Gemäß
§ 145 Absatz 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Nach
§ 146 Absatz 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Bei der Prüfung der Frage, ob die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nichtbehinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (Bundessozialgericht (
BSG), Urteil vom 10. Dezember 1987 -
9a RVs 11/87, Rn. 8
ff. bei Juris). Allerdings ist es für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht ausreichend, dass diese Wegstrecke nicht in dem genannten Zeitraum bewältigt werden kann. Denn
Teil D Nr. 1d der Anlage zu
§ 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I
S. 2412) gibt an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, um annehmen zu können, dass ein behinderter Mensch infolge einer Einschränkung des Gehvermögens in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Gehvermögen des Menschen von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird, zu denen neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also dem Körperbau und etwaigen Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, gehören. Von all diesen Faktoren filtert die
VersMedV diejenigen heraus, die außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des behinderten Menschen nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen. Die
VersMedV beschreibt dabei Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind, und die bei dort nicht erwähnten Behinderungen als Vergleichsmaßstab dienen können (
vgl. BSG, Urteil vom 13. August 1997 -
9 RVs 1/96, Rn. 19 bei Juris).
Nach diesen rechtlichen Vorgaben kann der Kläger die Zuerkennung des Merkzeichens "G" auch für die Zeit ab dem 12. Mai 2011 nicht beanspruchen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen
Dr. E ist der Kläger in der Lage, ortsübliche Wegstrecken von etwa zwei Kilometern Länge in weniger als einer halben Stunde ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich und andere zu Fuß zurückzulegen. Darüber hinaus bestehen beim Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen
Dr. E auch keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich genommen einen
GdB von wenigstens 50 bedingen (
vgl. Teil D
Nr. 1d Satz 1 der Anlage zu § 2 der
VersMedV). Auch innere Leiden oder sonstige Gründe, die die Bewegungsfähigkeit des Klägers erheblich beeinträchtigen würden, liegen nach den Feststellungen des Sachverständigen
Dr. E nicht vor. Vielmehr beschreibt dieser in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen
Dr. T weiterhin ein in Schuhen und barfuß gut raumförderndes Gangbild des Klägers mit seitengleicher Abrollung der Füße sowie einen sicheren Zehen- und Fersenstand sowie -gang. Die von dem Kläger geschilderte medikamenten- und schmerzbedingte Schwindelneigung konnte nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen
Dr. E nicht objektiviert werden.
Der Begriff der Hilflosigkeit ist definiert in § 145 Absatz 1
SGB IX sowie in §§ 33 a, b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Eine Person ist danach hilflos, wenn sie in Folge von Gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe von häufigen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Bei den gemäß § 33 b Absatz 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich neben dem auch von der Pflegeversicherung erfassten Bereich der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität
vgl. § 14 Absatz 1 Satz 1, 15 Absatz 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI)) um Maßnahmen der psychischen Erholung, geistigen Anregung und Kommunikation (
vgl. BSG, Urteil vom 23. Juni 1993 -
9/9a RVs 1/91, Rn. 11
ff. bei Juris). Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (
vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 1997 -
9 RV 19/95, Rn. 13
ff. bei Juris). Die in § 33 b EStG tatbestandlich vorausgesetzte "Reihe von Verrichtungen" ist regelmäßig erst dann gegeben, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen, wobei sich die Erheblichkeit an dem Verhältnis der dem Beschädigten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtung zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann, orientieren (
vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 -
B 9 V 3/01 R, Rn. 22
ff. bei Juris; Urteil vom 12. Februar 2003 -
B 9 SB 1/02 R, Rn. 13
ff. bei Juris).
Der Kläger ist unter Berücksichtigung der vorgenannten rechtlichen Vorgaben entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen
Dr. E zur eigenständigen Lebensführung in der Lage und auch unter Berücksichtigung dessen, dass er seinen rechten Arm nicht bewegen kann, nicht hilflos. So beschreibt der Sachverständige, dass der Kläger - entsprechend einem einarmigen Menschen - sich zügig ohne fremde Hilfe und ohne Benutzung des rechten Armes entkleiden konnte. Einen Bedarf an einer Handreichung oder Anleitung bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens konnte der Sachverständige bei dem Kläger gerade nicht feststellen. Der Senat schließt sich den auch insoweit überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1
SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Absatz 2
SGG nicht gegeben sind.