Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 10. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat weder Anspruch auf einen höheren
GdB als bereits vom Beklagten festgestellt noch auf die Merkzeichen "G", "B" oder "H".
Nach
§ 69 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag das Vorliegen einer Behinderung und den
GdB fest. Gemäß § 69
Abs. 4
SGB IX sind im Verfahren zur Feststellung des
GdB auch die erforderlichen Feststellungen zu treffen, wenn daneben weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind.
Zum
GdB:
Gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert im Sinn des Teils 2 des
SGB IX ist nach § 2
Abs. 2
SGB IX derjenige, bei dem ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und der seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinn des
§ 73 SGB IX rechtmäßig in Deutschland hat.
Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind gemäß § 69
Abs. 1 und 3
SGB IX abgestuft als
GdB in 10er Graden von 20 bis 100 entsprechend den Maßstäben des § 30
Abs. 1 BVG und der seit 1. Januar 2009 geltenden Versorgungsmedizin-Verordnung (
VersMedV) festzustellen. Die
VersMedV enthält als Anlage die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (
VMG), anhand derer die medizinische Bewertung von Behinderungen und die Bemessung des
GdB erfolgt.
Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, ist für jede einzelne Behinderung ein
GdB anzugeben. Zur Bildung des Gesamt-
GdB sind die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Dabei verbietet sich die Anwendung jeglicher Rechenmethode. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. In der Regel ist von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-
GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten
GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Dabei führen grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen
GdB-Grad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem
GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (
VMG Teil A. Nr. 3 Buchstabe d;
vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Januar 2008,
L 13 SB 79/04).
Nach diesen Grundsätzen ist der
GdB des Klägers ab Antragstellung mit 30 zutreffend bewertet.
Die Mukoviszidose ist mit einem
GdB von 30 nach wie vor ausreichend eingestuft (
VMG Teil B. 15.5). Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen und insbesondere den Feststellungen des Sachverständigen
Dr. D., niedergelegt in seinem Gutachten vom 31. Mai 2014, leidet der Kläger an Mukoviszidose mit Einschränkungen hinsichtlich der Lungenfunktion und des Magen-Darm-Traktes. Auch wenn altersbedingt noch keine Lungenfunktionsmessung möglich war, verweist
Dr. D. überzeugend darauf, dass bereits verschiedene obstruktive Infekte aufgetreten sind und deswegen auch eine stationäre Behandlung erforderlich war. Allerdings konnten diese Infekte bislang unter Therapie beherrscht werden, eine Besiedelung mit Problemkeimen konnte bislang ebenfalls nicht nachgewiesen werden und die Lungenfunktion zeigte sich nur leicht eingeschränkt. Was die gastrointestinalen Beeinträchtigungen anbelangt, zeigen sich die Entwicklung und der Ernährungszustand des Klägers soweit als altersgemäß. Das belegen auch die bisher durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen U 1 bis U 6 und die Untersuchung bei
Dr. D.. Bei den dargelegten maßgeblichen funktionellen Einschränkungen ist die Einstufung der Mukoviszidose mit einem
GdB von 30 durch den Sachverständigen für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend. Insbesondere kann die medizinische Bewertung der Lungenfunktionseinschränkung als leicht nicht als bloße "subjektive Einschätzung" abgetan werden. Vielmehr handelt es sich um die schlüssig und fundiert dargelegte sachkundige Beurteilung durch
Dr. D.. Soweit insofern auf eine vermeintlich anderslautende Bewertung seitens der Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik U. verwiesen wird, überzeugt dies nicht. Denn in den vorgelegten Attesten und Stellungnahmen werden kaum aktuelle funktionelle Einschränkungen beschrieben, sondern vor allem mögliche zukünftige Beschwerden dargestellt. Dabei handelt es sich aber eben um mögliche, aber nicht sichere Einschränkungen und zudem liegen diese so derzeit - glücklicherweise - nicht vor. Die bislang nachgewiesenen funktionellen Einschränkungen des Klägers eröffnen den
GdB-Rahmen von 30 bis 40 (unter Therapie Aktivitäten und Lungenfunktion leicht eingeschränkt, Gedeihen und Ernährung noch altersgemäß). Eine höhere Bewertung kommt nicht infrage, da für das Gericht weder eine deutliche Einschränkungen der Aktivitäten und der Lungenfunktion noch häufige Gedeih- und Entwicklungsstörungen nachgewiesen sind. Im eröffneten Bewertungsrahmen hält das Gericht - der Beurteilung durch den Sachverständigen folgend - die Einstufung am unteren Rand, also mit einem
GdB von 30, für ausreichend, weil sich derzeit die Entwicklung und das Gedeihen des Klägers erfreulicherweise als altersgemäß und gut darstellen. Auch wenn zu sehen ist, dass dies wohl zu einem großen Teil auf das große - und auch an den Kräften zehrende - Engagement der Eltern des Klägers mit intensiver häuslicher Therapie zurückzuführen ist, erlauben die Vorgaben der
VMG nicht, mögliche oder zu erwartende Beeinträchtigungen quasi im Vorgriff schon zu berücksichtigen.
Nach Ansicht des Gerichts kommt es auch nicht infrage, die aus der Mukoviszidose resultierenden
bzw. damit einhergehenden Einschränkungen, hier in Form rezidivierender bronchialer Infekte und einer exokrinen Pankreasinsuffizienz, gesondert
bzw. zusätzlich nach anderen Grundsätzen der
VMG zu bewerten (vorliegend namentlich
VMG Teil B. 8.2, 8.3 und
10.2). Das käme nämlich einer Doppelwertung gleich. Wie sich aus der Formulierung der
VMG Teil B. 15.5 leicht ablesen lässt, werden damit sowohl Einschränkungen der Lungenfunktion
bzw. der Atemwege als auch Störungen der Ernährung und weitere Folgen der Mukoviszidose wie Diabetes umfasst. Auch stellt die
GdB-Einstufung nach dem Regelungsregime des
SGB IX und der
VersMedV maßgeblich auf funktionelle Einschränkungen ab und nicht auf eine Krankheitsdiagnose als solche. Mit der Ziffer 15.5 sollen daher, auch wenn insofern in gewissem Sinn eine kausale Verortung und keine bloß finale erfolgt, alle funktionellen Auswirkungen der Erkrankung Mukoviszidose berücksichtigt werden. Anders ließen sich die vorgegebenen
GdB-Rahmen
bzw. die Steigerungen nicht erklären, vor allem nicht durch die verschiedenen Grade und Formen der Mukoviszidose. Denn deren funktionell verschiedenen Ausprägungsformen wird ja durch den großen Rahmen des
GdB von 20 bis 100 Rechnung getragen. Auch ist zu sehen, dass gerade Kinder bei Aufsplittung der
GdB-Wertung auf verschiedene Ziffern der
VMG meist schlechter fahren würden. So sieht
VMG Teil A. 5. d. ll. die Zuerkennung des Merkzeichens "H" vor bei einem
GdB von wenigstens 50 für die Mukoviszidose allein, nicht aber wenn zwar insgesamt Schwerbehinderteneigenschaft erreicht wird, aber aufgrund verschiedener Leiden (
vgl. Landessozialgericht -
LSG - Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. März 2013,
L 7 SB 58/08).
Weitere Behinderungen, die einen
GdB von mindestens 10 rechtfertigen, liegen nicht vor. Insbesondere begründet der von
Dr. D. noch diagnostizierte Windelsoor des Klägers noch keinen
GdB.
Insgesamt ist der
GdB des Klägers mit 30 angemessen eingestuft. Eine Erhöhung des
GdB von 30 für die Muskoviszidose käme auch bei Berücksichtigung des Windelsoor mit einem
GdB von 10 nicht Betracht. Dass der
GdB von 30 ausreichend ist, ergibt auch eine vergleichende Betrachtung: Der Kläger ist noch nicht im selben Ausmaß in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt wie etwa beim Verlust von drei Fingern mit Einschluss des Daumens (
GdB 40) oder beim Verlust eines Auges mit dauernder, einer Behandlung nicht zugänglichen Eiterung der Augenhöhle (
GdB 40).
Zu den Merkzeichen "G", "B" und "H":
Nach den diesen Nachteilsausgleichen zugrunde liegenden Regelungen (
§ 145 Abs. 1 Satz 1 und
§ 146 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sowie § 69
Abs. 4
SGB IX in Verbindung mit
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Schwerbehindertenausweisverordnung - SchwbAwV - und § 33b des Einkommensteuergesetzes - EStG -) ist für alle Merkzeichen Voraussetzung, dass Schwerbehinderteneigenschaft vorliegt. Das ist beim Kläger nicht der Fall, ihm steht lediglich ein
GdB von 30 zu. Zum Merkzeichen "H" sei außerdem angemerkt, dass auch zweifelhaft ist, ob der von
Dr. D. behinderungsbedingt angenommene Hilfebedarf für erforderliche Inhalationen, für die Zubereitung einer speziellen kalorienreichen Nahrung und die erhöhte Körperpflege wegen starken Schwitzens überhaupt berücksichtig werden könnte (siehe dazu im Einzelnen
LSG Sachsen-Anhalt,
a. a. O.). Bliebe dieser auch noch außer Betracht, würde selbst bei wohlwollender Bewertung ein Zeitaufwand von einer Stunde deutlich unterschritten.
Damit ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193
SGG.