Urteil
Zur Frage, wer die Erhaltungskosten eines für den Behinderten erforderlichen Pkw zu tragen hat

Gericht:

BSG 7. Senat


Aktenzeichen:

7 RAr 45/75


Urteil vom:

11.03.1976


Grundlage:

  • AFG § 57 Fassung 1969-06-25

Leitsatz:

1. Bedarf der Behinderte zur Erreichung seines Arbeitsplatzes wegen der Behinderung eines Kraftfahrzeuges, so ist die BA verpflichtet, die technisch und wirtschaftlich gebotenen Reparaturkosten im Rahmen des AFG § 57 zu tragen.

Orientierungssatz:

1. Die Kosten für den ständigen Unterhalt des Kraftfahrzeuges eines Behinderten gehören nicht zu den geeigneten und erforderlichen Maßnahmen iS des AFG § 57. Sie sind - wie zB Kosten für Benzin, Öl, Inspektion - als allgemeine Betriebskosten von einem behinderten wie von einem nicht behinderten Arbeitnehmer gleichermaßen selbst zu tragen und gehören daher im weitesten Sinne zu denjenigen des Lebensunterhaltes.

Sonstiger Orientierungssatz:

1. AFG § 57 schließt die Förderungspflicht der Bundesanstalt für Arbeit nur in dem Umfang aus, in dem eine andere Stelle vorrangig verpflichtet ist (Aufstockung). Erforderlich iS des AFG § 57 sind Maßnahmen nur insoweit, als der Behinderte die Kosten nicht selbst tragen und auch keine gesetzlich vorgesehenen Leistungen Dritter beanspruchen kann.

2. Für Leistungen, die nach AFG § 57 zu gewähren sind, besteht keine Anordnungsermächtigung.

3. Als arbeitssuchend iS von AFG § 53 ist nicht anzusehen, wer in Arbeit steht, seinen Arbeitsplatz nicht wechseln will und auch nicht gezwungen ist, sich eine neue Beschäftigung zu suchen.

4. Zur Zulässigkeit einer "Prozeßstandschaft".

5. Die Bundesanstalt für Arbeit ist über die Verpflichtung, den Behinderten entsprechend einem Nichtbehinderten zu fördern hinaus gehalten, Maßnahmen zu fördern, die geeignet sind, die Arbeitsfähigkeit des Behinderten zu erhalten.

6. AFG § 57 ist nicht allein Zuständigkeitsvorschrift, sondern auch Anspruchsgrundlage.

7. Unter beruflicher Eingliederung ist nicht nur die formelle Eingliederung, sondern auch eine Maßnahme, die der Erhaltung des Arbeitsplatzes des Behinderten dient, zu verstehen.

8. Leistungen werden nach dem AFG nur gewährt, wenn sie vor Eintritt des Ereignisses beantragt sind, das die Gewährung der Leistung begründet. Dies schließt nicht aus, daß in gewissen Grenzen ein Antrag rückwirkend gestellt werden kann.

Diese Entscheidung wird zitiert von:

BSG 1981-05-13 7 RAr 36/80 Vergleiche
ZfSH 1976, 263-264, Wuttke, H (Entscheidungsbesprechung)

Referenznummer:

KSRE003640020


Informationsstand: 01.01.1990