A1. Grad der Behinderung (GdB), Grad der Schädigungsfolgen (GdS)
1.1 Der Grad der Behinderung (GdB) gibt die nach Zehnergraden von 10 bis 100 abgestufte Beeinträchtigung der Teilhabe unabhängig von der Ursache der Gesundheitsstörung wieder (finale Betrachtungsweise). Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) gibt die nach Zehnergraden von 10 bis 100 abgestufte Beeinträchtigung der Teilhabe durch die Schädigungsfolge wieder (kausale Betrachtungsweise). Als Schädigungsfolge wird im Sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einem schädigenden Ereignis steht. Zu den Schädigungsfolgen gehören auch Gesundheitsstörungen, die keine Teilhabebeeinträchtigung mit einem GdS von mindestens 10 bedingen. Alle die Teilhabe beeinträchtigenden körperlichen, geistigen, seelischen und Sinnesbeeinträchtigungen sind zu berücksichtigen. Die in Teil B genannten GdB bzw. GdS sind Anhaltswerte. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung.
1.2 GdB und GdS werden nach den gleichen Grundsätzen bemessen. Beide Begriffe haben die Auswirkungen von Teilhabebeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht nur im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt. Sie setzen voraus, dass der Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und dadurch die Teilhabe mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate (dauerhaft) beeinträchtigt ist.
1.3 Die in Teil B genannten GdB stellen alters-, geschlechts- und trainingsunabhängige typische Werte dar. Sie wurden teilhabeorientiert auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft und der Medizintechnik unter Berücksichtigung versorgungsmedizinischer Erfordernisse festgelegt (§ 153a des Neunten Buches Sozialgesetzbuch). Sie berücksichtigen bereits:
- 1.3.1 Störungen des psychischen Befindens und einzelne psychische Symptome als Begleiterscheinungen von Gesundheitsstörungen. Sind die psychischen Begleiterscheinungen erheblich höher, als aufgrund der körperlichen Veränderungen zu erwarten wäre, und erfüllen sie die Kriterien einer eigenständigen Diagnose aus der ICD, liegt eine Komorbidität vor. Diese ist getrennt zu ermitteln und im Rahmen der Bildung des Gesamt-GdB nach Nummer 3.3 zu bewerten.
- 1.3.2 die üblichen Schmerzen als Symptom einer Gewebeschädigung oder Gewebeerkrankung. Dies schließt auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände mit ein. Sind die Schmerzen erheblich höher, als aufgrund der körperlichen Veränderungen zu erwarten wäre, und erfüllen sie die Kriterien einer eigenständigen Diagnose aus der ICD, liegt eine Komorbidität vor. Diese ist getrennt zu ermitteln und im Rahmen der Bildung des Gesamt-GdB nach Nummer 3.3 zu bewerten. Wenn der Schmerz Leitsymptom einer psychischen Störung ist, ist die durch den Schmerz verursachte Teilhabebeeinträchtigung im GdB für die psychische Störung enthalten.
- 1.3.3 eine Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes, soweit in Teil B nicht anders angegeben. Sind die psychischen Begleiterscheinungen erheblich höher, als aufgrund der Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes zu erwarten wäre, ist Nummer 1.3.1 zu berücksichtigen.
- 1.3.4 die typischerweise mit der Behandlung einhergehenden Folgen oder Begleiterscheinungen. Bei außergewöhnlichen Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung ist ein höherer GdB gerechtfertigt.
1.4 Je nach Einzelfall kann von den in Teil B genannten GdB mit einer die besonderen Gegebenheiten darstellenden Begründung abgewichen werden.
1.5 Aus dem GdB ist nicht auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit zu schließen. Individuell neben der Gesundheitsstörung vorliegende Gegebenheiten wie zum Beispiel der ausgeübte oder angestrebte Beruf sowie die Wohnsituation sind nicht zu berücksichtigen.
1.6 Bei Gesundheitsstörungen, die in Teil B nicht genannt sind, ist die Teilhabebeeinträchtigung in Analogie zu dort genannten vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu bewerten.
1.7 Bei Gesundheitsstörungen mit einer im Verlauf typischerweise unterschiedlich stark ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung ist als GdB ein Wert festzusetzen, der die Beeinträchtigungen in ihrem Verlauf am ehesten abbildet. Bei abklingenden Gesundheitsstörungen ist für den GdB der Wert festzusetzen, der der über sechs Monate hinaus (dauerhaft) verbliebenen oder voraussichtlich verbleibenden Teilhabebeeinträchtigung entspricht.
1.8 Zukünftig zu erwartende Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht zu berücksichtigen. Jedoch sind innerhalb von sechs Monaten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schnell voranschreitende Teilhabebeeinträchtigungen wie in Teil B angegeben zu berücksichtigen.
1.9 Stirbt ein Antragsteller oder eine Antragstellerin innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt einer Gesundheitsstörung, so ist für diese Gesundheitsstörung der GdB anzusetzen, der nach ärztlicher Erfahrung nach Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Gesundheitsstörung zu erwarten gewesen wäre. Fallen Eintritt der Gesundheitsstörung und Tod zusammen, kann ein GdB nicht angenommen werden. Eintritt der Gesundheitsstörung und Tod fallen nicht nur dann zusammen, wenn beide Ereignisse im selben Augenblick eintreten, sondern auch dann, wenn die Gesundheitsstörung in so rascher Entwicklung zum Tode führt, dass der Eintritt der Gesundheitsstörung und des Todes einen untrennbaren Vorgang darstellen.