1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Harnblasentumor als Folge einer Berufskrankheit (BK) der
Nr. 1303 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen ist.
Der ... geborene Kläger war zuletzt vom 21.05.1991 bis zum 30.04.2015 bei der Firma X Spedition
GmbH, K., als Tanklastwagenfahrer beschäftigt. Dabei hatte er eigenen Angaben zufolge auch Kontakt zu Benzol und seinen Homologen. Im März 2015 diagnostizierte der Urologe
Dr. B. bei dem Kläger einen Harnblasentumor.
Im April 2015 erstattete der Kläger bei der Beklagten eine Verdachtsanzeige auf das Vorliegen einer BK. Nach Einholung eines Berichts ihres Präventionsdienstes, weiterer medizinischer Sachaufklärung und aufgrund der Stellungnahme der Gewerbeärztin E. lehnte die Beklagte die Feststellung der Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK
Nr. 1301 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, der Kläger sei im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit keinen Einwirkungen gegenüber aromatischen Amine ausgesetzt gewesen (Bescheid vom 15.09.2015, Widerspruchsbescheid vom 12.01.2016).
Nachdem der Kläger im Rahmen seiner Begründung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.09.2015 die Feststellung der Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK der
Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV geltend gemacht hatte mit der Begründung, er sei während seiner langjährigen Tätigkeit als Tanklastzugfahrer fortlaufend in erhöhtem Maße Benzoldämpfen ausgesetzt gewesen, leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren auch zu dieser BK ein. Hierzu holte sie u.a. eine weitere Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein. Dieser führte zusammenfassend aus, Ottokraftstoffe und in geringerem Ausmaß auch Dieselkraftstoffe enthielten als typische Mineralölprodukte Aromate wie Benzol, Toluol, Xylol und weitere Alkylbenzole. Insoweit lasse sich eine ausreichende Exposition mit Bezug zu einer BK
Nr. 1303 grundsätzlich bestätigen. Auch sei Benzol als krebserzeugend eingestuft. Zielorgan des kanzerogenen Angriffs sei allerdings das blutbildende
bzw. lymphatische System. Die Harnblase entspreche demgegenüber nicht der Organotropie dieser Verbindung. Benzol sei deshalb generell nicht geeignet, einen Harnblasenkrebs zu verursachen. Die übrigen Aromate seien nicht als krebserzeugend eingestuft und kämen deshalb schon dem Grunde nach nicht als Ursache der angezeigten Blasenkrebserkrankung in Betracht. Dem stimmte die Gewerbeärztin E. zu (
vgl. Stellungnahme vom 02.12.2015). Gestützt auf das Ermittlungsergebnis lehnte die Beklagte die Feststellung der Harnblasenkrebserkrankung als Folge der BK
Nr. 1303 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 22.12.2015, Widerspruchsbescheid vom 24.04.2016).
Deswegen hat der Kläger am 13.04.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, sowohl
Dr. B. als auch die ihn behandelnden Ärzte des Klinikums Y., B., bestätigten einen ursächlichen Zusammenhang der Blasenkrebserkrankung mit beruflichen Einwirkungen durch Benzoldämpfe. Zur Stützung seines Begehrens legt der Kläger eine Bescheinigung des
Dr. B. vor.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 22. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK der
Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Mit Schreiben vom 29.06.2016 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54
Abs. 1
S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG); zur Klageart
vgl. BSG SozR 4-2700 § 9
Nr. 22, Rnr. 13
m.w.N. und
LSG Baden-Württemberg vom 17.03.2016 - L 6 U 1518/14 -, Rnr. 50 (Juris)) zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54
Abs. 2
S. 1
SGG). Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, die Harnblasenkrebserkrankung des Klägers als Folge einer BK der
Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV festzustellen. Hierüber konnte die Kammer gemäß § 105
Abs. 1
S. 1
SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
1. Nach § 7
Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (
SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen. BKen sind nach § 9
Abs. 1
S. 1
SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Eine solche Bezeichnung hat der Verordnungsgeber mit den sogenannten Listenkrankheiten in der Anlage 1 zur BKV vorgenommen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Diese Listenerkrankungen umfassen u.a. nach
Nr. 1303 Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt. Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (
vgl. BSG SozR 4-5671 Anl. 1
Nr. 2108
Nr. 5, Rnr. 17 und
BSG vom 23.04.2015 -
B 2 U 10/14 R -, Rnr. 11 (Juris)). Dass die berufsbedingte Erkrankung
ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK.
Außerdem müssen wie bei einem Arbeitsunfall auch bei einer BK die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkung und die als BK-Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung gehören, erwiesen sein (
vgl. BSGE 45, 1, 9; 58, 80, 83 und 60, 58
ff. sowie
BSG SozR 3-5670 Anlage 1
Nr. 2108
Nr. 2
m.w.N.). Dem gegenüber reicht für den nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit aus (
vgl. BSG SozR 4-5671 Anl. 1
Nr. 2109
Nr. 1, Rnr. 12;
BSG SozR 4-5671 Anl. 1
Nr. 3101
Nr. 4, Rnr. 16
m.w.N.;
BSG SozR 4-2700 § 9
Nr. 14, Rnr. 9
m.w.N. sowie zuletzt
BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R -, Rnr. 11; - B 2 U 20/14 R -, Rnr. 10 und -
B 2 U 6/13 R -, Rnr. 10 (jeweils Juris)). Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs liegt vor, wenn nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht, d.h. wenn die für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründe zumindest deutlich überwiegen (st. Rspr.;
vgl. BSGE 45, 285, 286;
BSG SozR 4-2700 § 8
Nr. 17 und a.a.O., § 200
Nr. 3 sowie
BSG vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - (Juris)). Kann u.a. der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet (st. Rspr. seit BSGE 6, 70, 72;
vgl. u.a.
BSG SozR 3-2200 § 548
Nr. 11). Das ist vorliegend der Kläger.
2. Daran orientiert sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, die Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK der
Nr. 1303 festzustellen. Zwar leidet der Kläger - zwischen den Beteiligten nicht umstritten und nicht zweifelhaft - jedenfalls seit März 2015 an einer Harnblasenkrebserkrankung mit transurethraler Resektion im Klinikum Y. am 01.04.2015 und Nachoperation am 05.05.2015. Er war nach den glaubhaften Darlegungen des Präventionsdienstes der Beklagten während seiner Tätigkeit als Tanklastzugwagenfahrer auch beruflichen Einwirkungen durch Benzoldämpfe ausgesetzt. Benzol ist ein systemisches Kanzerogen. Allerdings wird der Blasenkrebs durch die BK
Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV nicht erfasst (
vgl. SG Düsseldorf vom 31.10.2006 - S 16 (18) U 15/04 -, Rnr. 10 und SG Hamburg vom 07.04.2006 - S 40 U 409/04 -, Rnr. 48 (jeweils Juris)). Vielmehr sind die typischen Erkrankungen dieser BK Leukämien und Lymphome, wie der Präventionsdienst der Beklagten und die Gewerbeärztin E. im Ergebnis übereinstimmend und zutreffend ausgeführt haben (
vgl. auch Abschnitt II des Merkblatts zur BK
Nr. 1303, veröffentlicht in BArbBl. 1964, 30 sowie Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall- und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010,
S. 1240). Während die Benzolhomologe Toluol, Xylol und Styrol nicht kanzerogen sind, worauf der Präventionsdienst der Beklagten ebenfalls zutreffend hinwiesen hat - Toluol und Xylol wirken neurotoxisch auf das Zentralnervensystem, ebenso Styrol, dessen akute Wirkung in Schleimhautreizungen der oberen Atemwege und der Augen besteht (
vgl. Koch in Lauterbach, Unfallversicherung, 4. Aufl., § 9
SGB VII, Anh.
IV 1303 erg Erl,
S. 247/5 f.) -, ist Benzol als Verursacher von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems bekannt. Zwar können nach mehrjährigen Einwirkungen bestimmte Aminoverbindungen des Benzols Schleimhautveränderungen der Harnwege, Blasenpapillome und Blasenkrebs verursachen. In diesem Fall handelt es sich jedoch um Erkrankungen im Sinne der
Nr. 1301 der Anlage 1 zur BKV. Dies lässt sich Abschnitt
IV des Merkblatts zur BK
Nr. 1304 der Anlage 1 zur BKV, veröffentlicht in BArbBl. 1963, 130) entnehmen (
vgl. SG Düsseldorf vom 31.10.2006 - S 16 (18) U 15/04 -, Rnr. 10 sowie - im Ergebnis - Schleswig-Holsteinisches
LSG vom 24.11.2005 - L 1 U 18/04 - Rnr. 17 und 26 (jeweils Juris)).
Vor diesem Hintergrund sah sich die Kammer auch nicht gedrängt, von Amts wegen (§ 103
S. 1
SGG) weiteren Beweis etwa durch Einholung schriftlicher Auskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen oder ein medizinischen Sachverständigengutachtens einzuholen (
vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, § 103, Rnr. 4
m.w.N.).
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die ärztliche Bescheinigung von
Dr. B. vom 21.06.2016. Denn dessen Auffassung eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs zwischen berufsbedingten Benzoleinwirkungen und dem Auftreten einer Harnblasenkrebserkrankung stimmt mit der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung nicht überein.
3. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Absätze 1 und 4
SGG.