Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Verschlimmerung seiner Schwerhörigkeit Folge der anerkannten BK
Nr. 2301 ist sowie die Versorgung mit einem Hörgerät und die Gewährung einer Rente.
Mit bei der Beklagten am 10.02.2016 eingegangenem Schreiben zeigte der Facharzt für Arbeitsmedizin C. (D.
AG) der Beklagten den Verdacht auf Vorliegen der Berufskrankheit
Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) an. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger 59 Jahre alt.
Am 17.02.2016 füllte der Kläger den von der Beklagten übersandten Fragebogen zur BK 2301 aus. Hierin gab er an, dass die Erkrankung (Hörminderung) sich erstmalig am 22.08.1994 bei einem Hörtest am Flughafen bemerkbar gemacht habe. Seitdem werde er von der Flughafenklinik der D.
AG untersucht/behandelt. Arbeitsmedizinische Voruntersuchungen seien bei
Dr. E. (E-Stadt) durchgeführt worden. Er sei vom 01.09.1971 bis 21.08.1994 bei der Firma F. als Dreher und Fräser im Umfang von 30 Stunden pro Woche, zu 100 % in geschlossenen Räumen, tätig gewesen. Gehörschutz sei ihm nicht zur Verfügung gestellt worden. Seit dem 22.08.1994 bis heute sei er bei der D.
AG als Gepäckmeister mit 35 Wochenstunden tätig; sein Arbeitsbereich liege auf dem Vorfeld des Flughafens und finde zu 30 % in geschlossenen Räumen und zu 70 % im Freien statt. Der Lärm gehe vom Flughafen, dem Vorfeld und den Flugzeugen aus. Gehörschutz sei ihm zur Verfügung gestellt und von ihm auch getragen worden. Ein Hörgerät habe er nicht.
Im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen forderte die Beklagte bei der gesetzlichen Krankenversicherung des Klägers eine Mitglieds- und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an. Diese ergab eine fortlaufende Mitgliedschaft des Klägers seit dem 01.09.1971 sowie Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers vom 01.11.2001 bis 05.11.2001
u. a. wegen "Otitis media" und vom 09.01.2004 bis 12.01.2004
u. a. wegen "Entzündung der Tuba auditiva".
Der Arbeitgeber des Klägers (durch die Personalabteilung, Frau G.) meldete sich unter dem 01.04.2016 und gab an, dass der Kläger vom 22.08.1994 bis 30.04.2002 im Gepäckdienst/in der Flugzeugabfertigung als Gepäckabfertiger (Be- und Entladen von Gepäck) tätig gewesen sei sowie seit dem 01.05.2002 bis dato im Gepäckdienst als Gepäckmeister tätig sei mit Führungsverantwortung und weniger körperlicher Arbeit. Von Anfang an sei der Kläger in der Gepäckabfertigung (Fluggastgepäck) 80 % in geschlossenen Räumen und 20 % im Freien, 4 Stunden pro Arbeitsschicht, 16 Stunden pro Woche,
ca. 4 bis 5 Tage pro Monat dem Lärm der Gepäckförderanlage ausgesetzt. Lärmmessungen seien nicht durchgeführt worden. Dem Arbeitgeber seien keine beruflichen Einwirkungen bekannt, die die Hörminderung erklären könnten. Fortwährend fänden arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen des Klägers bei Herrn C. statt und Schutzmaßnahmen (Gehörschutz) würden regelmäßig beachtet.
Der Hausarzt des Klägers,
Dr. H., äußerte sich in seinem Befundbericht für die Beklagte vom 07.04.2016 so: Der Kläger sei bei ihm als Dauerpatient seit dem 01.04.1983 in Behandlung. Es bestehe eine beidseitige Lärmschwerhörigkeit mit Hörgeräteversorgung beidseits und Tragen eines konsequenten Gehörschutzes, zumindest seit 10/2000. Anamnestisch habe vor der Einstellung bei D. bereits eine geringgradige Schwerhörigkeit bestanden. Der Kläger sei früher bei dem mittlerweile verstorbenen HNO-Arzt
Dr. I. sowie zur gelegentlichen Mitbehandlung bei dem HNO-Arzt
Dr. J. sowie bei Herrn
Dr. E. in Behandlung gewesen. Seinem Bericht waren beigefügt
bzw. liegen nachgeheftet in der Verwaltungsakte:
1. der Bescheid nach dem Schwerbehindertenrecht des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales vom 29.06.2010 (
GdB 30 wegen Koronarer Herzkrankheit, Schlaf-Apnoe-Syndrom, Funktionsstörung im Knie links und Funktionsstörung der Wirbelsäule),
2. Arbeitsmedizinische Audiogramme vom
a) 14.07.1994 (Einstellungsuntersuchung mit dem Vermerk: "=) HNO"),
b) 14.10.1997 (Nachuntersuchung unter Verweis auf den Vorbefund 1994),
c) 11.10.2000 (Nachuntersuchung unter Verweis auf den Vorbefund 1997 mit der Auflage, dass der Kläger im Lärmbereich konsequent Gehörschutz tragen sollte,
d) 27.09.2001 (Nachuntersuchung unter Verweis auf den nicht aktenkundige Vorbefund 1998 mit derselben Auflage wie am 11.10.2000) sowie
3. weitere Audiogramme unklarer Provenienz vom 07.11.2007, 05.02.2016 und 07.03.2016 und
4. ein von dem HNO-Arzt
Dr. K. für den Rentenversicherungsträger ausgefülltes Formular ("Lärm III") aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 25.10.2004. Hierin wird die Diagnose einer geringen Schwerhörigkeit beidseits ohne Notwendigkeit der Erstattung einer BK-Anzeige gestellt. Eine Schallleitungsstörung sei rechts wie links ausgeschlossen. Eine cochleäre Schallempfindungsstörung sei beidseits wahrscheinlich, ein Hörverlust für Zahlen insbesondere bei den Frequenzen 500
Hz, 1000
Hz sowie 2000
Hz sei durch das Tonaudiogramm (beigefügt) beidseitig bestätigt. Bei weiterer Lärmexposition sei eine lärmbedingte Zunahme des Hörverlustes unwahrscheinlich. Das Kontrollaudiogramm des HNO-Kollegen bei der Einstellungsuntersuchung sei sehr wahrscheinlich nicht korrekt. Ob sich
Dr. K. damit auf das aktenkundige Audiogramm vom 14.07.1994 bezieht, ist unklar.
Die Beklagte beauftragte den Technischen Aufsichtsdienst (heute Präventionsdienst) mit der Abgabe einer Stellungnahme Arbeitsplatzexposition. Diese wurde unter dem 24.05.2016 vorgelegt und war nach Aktenlage und einem Gespräch mit Frau G., Herrn L. (Sicherheitsfachkraft des Arbeitgebers) sowie dem Kläger zustande gekommen; sie bezog sich auf die Beschäftigung des Klägers bei der D.
AG. Die Tätigkeit als "Gepäckabfertiger" (1) wird in der Stellungnahme wie folgt beschrieben: Abfertigung der Gepäckstücke: DX-Gepäck sortieren und Ankunftsband auflegen; Gepäck Ladeservice übergeben; Gepäck auf Position bereitstellen; Gepäck nach entsprechenden Kriterien sortieren; Gepäckstücke aus GFA entnehmen; Handlung des Sperrgepäcks durchführen; Interlinegepäck sortieren und codieren; Ladeinfo aus info-System beschaffen; Leergut bereitstellen und abräumen; Rücklaufgepäck bearbeiten; Störungen an Einsatzleiter/-in weiterleiten; Wagen und Container mit Gepäck beladen; Aufteilung
ca. 50 % auf Abfertigungsposition; 50 % in geschlossenen Räumen. Die Tätigkeit als "Gepäckmeister" (2) wird wie folgt beschrieben: Führungsaufgaben in der Gepäckabfertigung: Beobachtung und Steuerung der oben genannten Tätigkeiten mit Führungsaufgaben und administrativen Aufgaben, 30 % davon auf Abfertigungspositionen, 70 % in Gebäuden, Transferzentrale und Gategepäckräumen.
Der Technische Aufsichtsdienst (Herr M.) kam zu der Beurteilung, dass der Tagesexpositionspegel bezüglich der Tätigkeit als "Gepäckabfertiger" - anhand der Ergebnisse aus vorangegangenen Untersuchungen sowie Messungen durch Arbeitgeber - die obere Auslöseschwelle der Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung von 85
dB(A) überschreite und der Tagesexpositionspegel bezüglich der Tätigkeit als "Gepäckmeister" - beruhend auf einer Schätzung - zwischen der unteren und oberen Auslöseschwelle der Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung liege. Aus der beigefügten "Berechnung nach dem IFA-Programm" lässt sich hingegen für die Tätigkeit als Gepäckmeister ab 01.05.2002 der Tagesexpositionspegel von kleiner gleich 85
dB(A) entnehmen.
Bei dem HNO-Arzt
Dr. J. ließ der Kläger auf Veranlassung der Beklagten am 04.11.2016 einen "überschwelligen Test (SISI)" sowie ein Tonschwellenaudiogramm und eine Sprachaudiometrie durchführen. Anschließend beauftragte die Beklagte ihren audiologischen Berater, Herrn
Prof. Dr. N., mit einer audiologischen Beurteilung nach Aktenlage, die dieser unter dem 20.01.2017 abgab. Zunächst führte der Beratungsarzt im Hinblick auf die Stellungnahme Arbeitsplatzexposition des Herrn M. anmerkend aus:
"Die Angabe "kleiner gleich 85
dB(A)" bedeutet, dass auch im Tätigkeitsabschnitt 2 [Gepäckmeister;
Anm. d. Verf.] 85 db(A) erreicht werden. Dagegen steht unter Punkt 2 in der zusammenfassenden Beurteilung: "Der Tagesexpositionspegel im Tätigkeitsbereich 2 als Gepäckmeister liegt zwischen der unteren und oberen Auslöseschwelle der Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung." Diese Formulierung schließt ein Erreichen der oberen Auslöseschwelle für den Tätigkeitsbereich 2 aus. Das wird durch das aktenkundige IFA-Berechnungsprotokoll bestätigt:
IFA-Berechnung Tätigkeit 1: 86,1
dB(A)
IFA-Berechnung Tätigkeit 2: 83,4
dB(A)."
Ein Berechnungsprotokoll mit diesen Werten ist nicht aktenkundig;
Anm. d. Verf.
Der Beratungsarzt N. kam in seiner Stellungnahme zu folgender Einschätzung: "Sollte sich bestätigen, dass Herr A. von 1971 bis 1994 beruflich lärmexponiert gewesen ist, dann bestand zum Ende des beruflichen Lärms 04/2002 eine mit Wahrscheinlichkeit wesentliche berufsbedingte
MdE von 10 v. H. Falls Herr A. von 1971 bis 1994 nicht lärmexponiert war, war die 1994 bestehende Hörminderung nicht berufsbedingt. Die weitere Verschlechterung bis zum aktuellen Untersuchungsergebnis vom 04.11.2016 ist nicht beruflich verursacht. Auch wenn man von einem durch eine Lärmexposition vor 1994 bedingten Hörverlust ausgehen muss, ist 2016 der fragliche berufsbedingte Anteil von 07/1994 nicht mehr der wesentliche Anteil an der aktuellen Erkrankung. Bei Herrn A. besteht keine Berufskrankheit nach
Nr. 2301."
Bei seiner Beurteilung war der Beratungsarzt davon ausgegangen, dass der Kläger seit 05/2002 nicht mehr auf einem Lärmarbeitsplatz tätig gewesen sei. Der Kläger sei daher nur knapp 8 Jahre (von 08/1994 bis 04/2002) bei einem Tagesexpositionspegel von 86,1
dB(A) moderat beruflich lärmexponiert gewesen. Dieser Zeitraum sei jedoch nicht in der Lage gewesen, einen wesentlichen Lärmhörschaden zu verursachen. Das Lärm-III-Ton- und Sprachaudiogramm vom 25.10.2004, das zweieinhalb Jahre nach dem Ende des beruflichen Lärms 04/2002 ermittelt worden sei, zeige im Vergleich hierzu, dass die knapp 8 jährige berufliche Lärmexposition von 08/1994 bis 04/2002 nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gehörs des Klägers geführt habe. Das aktuelle Ton- und Sprachaudiogramm vom 04.11.2016 zeige nun eine ganz erhebliche Zunahme des Hörverlustes, wobei sich die Hörminderung nun nicht mehr nur auf den Hochtonbereich, sondern beidseits auch auf den Mitteltonbereich beziehe. Die Verschlimmerung nach 05/2002 ohne berufliche Lärmexposition sei nicht berufsbedingt.
Mit Bescheid vom 30.01.2017 stellte die Beklagte, zunächst entgegen der Beurteilung des Beratungsarztes, fest, dass bei dem Kläger eine Lärmschwerhörigkeit bestehe und diese eine Berufskrankheit nach
Nr. 2301 der Berufskrankheiten-Liste sei. Als Folgen der Berufskrankheit anerkannte die Beklagte: "Beginnende Hochtoninnenohr-Schwerhörigkeit beiderseits bis zum Jahr 5/2002". Ein Anspruch auf Rente wegen der Berufskrankheit bestehe nicht.
Zur Begründung der bezeichneten Unfallfolge und der Rentenablehnung bezog sich die Beklagte auf die ihr vorliegenden audiologischen Befunde sowie die Stellungnahme des
Prof. Dr. N. vom 20.01.2017. Grund für die Anerkennung bis zum Monat 5/2002 und nicht darüber hinaus sei, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in beruflichem Lärm über 85
dB(A) tätig sei. Eine Zunahme der Hörminderung über diesen Zeitraum hinaus könne dann nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr auf beruflichen Lärm zurückgeführt werden und sei dann alters- oder anlagebedingt. Ein Hörgerät könne ebenfalls nicht von der Beklagten bezahlt werden, da die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien für die Indikation von Hörgeräten vorschrieben, dass das Einsilbenverstehen bei 65
dB(A) auf dem besseren Ohr nicht größer als 80 % sein dürfe. Die Werte des Klägers hätten im Oktober 2004 rechts jedoch bei 95 % und links bei 100 % gelegen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er seit 30 Jahren auf dem Vorfeld am Flughafen arbeite und daher auch die Lärmschwerhörigkeit komme. Zudem legte der Kläger eine Bescheinigung seines Arbeitgebers (unterzeichnet durch Frau G.) vom 09.07.2015 vor, in der es heißt: "[ ] Herr A. ist als Gepäckmeister tätig (s. Planstellenbeschreibung). Sein Aufgabengebiet wird überwiegend auf dem Vorfeld sowie in der Transferzentrale ausgeführt. Die Transferzentrale befindet sich ebenfalls auf dem Vorfeld." Die Planstellenbeschreibung war der Bescheinigung beigefügt. Der Präventionsdienst liege falsch, wenn er von einem Aufenthalt auf dem Vorfeld im Umfang von nur 30 % ausgehe. Tatsächlich halte sich der Kläger zu
ca. 70 % auf dem Vorfeld auf. Und auch wenn er sich in "geschlossenen" Räumen aufhalte, bestehe weiterhin eine Lärmbelastung, da durch offene Türen der Räume der Lärm aus dem Vorfeldbereich noch stark zu hören sei.
Unter dem 06.06.2017 schrieb die Beklagte die O.
GmbH Formen und Werkzeugbau betreffend die Beschäftigung des Klägers von 1971 bis 1994 an. Dieses Schreiben kam unzustellbar zurück.
Ebenfalls am 06.06.2017 fertigte Herr M. eine Aktennotiz für den Sachbearbeiter der Beklagten an mit folgendem Wortlaut: "zu dem Widerspruch von Herrn A. möchte ich anmerken, dass die in meiner Berechnung zugrunde gelegten Zeitanteile in Absprache mit Herrn A. und der zuständigen Personalreferentin G. angesetzt wurden. Die dem [ ...] Widerspruch beigelegten Unterlagen, die auch von Frau G. an Herrn A. gesendet wurden, zeigen keine als Berechnungsgrundlage geeigneten Zeitanteile auf, sondern listen nur die unterschiedlichen Tätigkeiten eines Gepäckmeisters auf. Ich gehe davon aus, dass die zeitlich deutlich nach Erstellung des Schreibens von Frau G. an Herrn A. (Schreiben vom 09.07.2015) gemachten Angaben in dem Gespräch vom Mai 2016 [anlässlich der Ermittlung der Arbeitsplatzexposition durch Herrn M.;
Anm. d. Verf.] weiterhin Bestand haben. Somit bleibe ich bei der Aussage, dass die Lärmbelastung ab 2002 unter 85 db(A) im täglichen Durchschnitt lag und bis heute liegt."
Mit Schriftsatz vom 12.06.2017 erläuterte die Beklagte dem Kläger, unter Beifügung derselben, die Aktennotiz des Herrn M. vom 06.06.2017 und führte weiter aus: "Der angefochtene Bescheid vom 30.01.2017 ist insofern missverständlich formuliert, als die beginnende Innenohrschwerhörigkeit nur bis 5/2002 als Berufskrankheit anerkannt wird. Richtigerweise ist die zu diesem Zeitpunkt bestehende Innenohrschwerhörigkeit beidseits auch noch darüber hinaus bis auf weiteres Folge der beruflichen Lärmeinwirkung und somit auch weiterhin und in der Zukunft Folge der anerkannten Berufskrankheit. Lediglich die nach 01.05.2002 eingetretenen Verschlechterungen Ihres Hörvermögens können nicht als Folge der Berufskrankheit anerkannt werden, da seither nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes keine ausreichende Lärmgefährdung zur Verschlimmerung der Berufskrankheit mehr ermittelt werden konnte."
Deshalb verfügte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2017 gegenüber dem Kläger wie folgt: "auf Ihren Widerspruch vom 13.02.2017 wird der Bescheid vom 30.01.2017 dahingehend abgeändert, dass die bei Ihnen bestehende beginnende Hochtoninnenohr-Schwerhörigkeit beiderseits nicht nur bis zum Jahr 2002, sondern auch darüber hinaus als Berufskrankheit anerkannt wird. Die seit dem Jahr 2002 eingetretene Verschlimmerung Ihres Hörverlustes wird nicht als Folge der Berufskrankheit anerkannt."
Im Begründungsteil, der implizit eine Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen enthält, führte die Beklagte aus, dass der Kläger zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2301 erfülle, dass aber nach den Ermittlungen des Präventionsdienstes die seit 2002 bestehende berufliche Lärmexposition, bei
ca. 30 % Arbeit auf Abfertigungspositionen von Flugzeugen und 70 % Arbeit in Gebäuden, in der Transferzentrale und in Gate-Gepäckräumen, nicht geeignet sei, eine Hörschädigung zu verursachen oder eine Verschlimmerung des bis dahin schon geschädigten Hörvermögens herbeizuführen. Auch aus den vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte hinsichtlich der Berechnung des beruflichen schichtbezogenen Beurteilungspegels.
Der Kläger hat durch seinen Prozessbevollmächtigten am 22.09.2017 Klage zum Sozialgericht Frankfurt erhoben.
Der Klägervertreter trägt vor,
seit 2002 habe sich an der Lärmexposition des Klägers nichts geändert. Auch als Gepäckmeister sei er mindestens 7/8 seiner Arbeitszeit beruflichen Lärmeinwirkungen ausgesetzt. Im Durchschnitt leiste der Kläger die geschuldete Arbeit auf dem Vorfeld und in der Maschinenhalle, in die die Flugzeuge mit laufenden Triebwerken ein- und ausfahren würden. Im Durchschnitt leiste der Kläger allenfalls eine Stunde pro Tag Arbeiten, an denen er keinen erhöhten Lärmeinwirkungen ausgesetzt sei, nämlich, wenn er an seinem
PC in einem lärmgeschützten Büroraum arbeite. Der Arbeitszeitanteil an Abfertigungspositionen betrage zwischen 85 und 90 %.
Der Klägervertreter beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 30.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.08.2017 insoweit aufzuheben, als die Beklagte es abgelehnt hat, die seit dem Jahr 2002 eingetretene Verschlimmerung des Hörverlustes als Folge der BK
Nr. 2301 festzustellen und den Kläger mit einem Hörgerät/Hörgeräten zu versorgen sowie ihm eine Rente zu gewähren, und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die seit dem Jahr 2002 eingetretene Verschlimmerung des Hörverlustes Folge der BK
Nr. 2301 ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit einem Hörgerät/Hörgeräten zu versorgen sowie ihm eine Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf die Berechnung der Lärmeinwirkung am Arbeitsplatz des Klägers durch Herrn M. in der Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 24.05.2016 sowie in der Stellungnahme desselben vom 06.06.2017, in der Herr M. auf das Vorbringen des Klägers im Widerspruchsverfahren (In-Frage-Stellen seiner Berechnung) eingegangen sei. Die Expositionsermittlung könne nicht unzutreffend sein, weil sie auf den persönlichen Angaben von Frau G., Herrn L. und dem Kläger selbst in dem Vor-Ort-Gespräch im Mai 2016 mit Herrn M. beruhe. Die vorgelegte Bescheinigung der Frau G. vom 09.07.2015 stehe hierzu nicht im Widerspruch, da diese sehr allgemein gehaltene Bescheinigung vor den Ermittlungen des Herrn M. erstellt worden sei, die persönlicher, umfangreicher und spezifischer seien.
Das Gericht hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen die Verwaltungsakte der Beklagten zu dem Rechtsstreit beigezogen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen, der Gegenstand der (mündlichen Verhandlung und) Entscheidungsfindung war.
Die Klage ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht Frankfurt eingereicht worden. Die Klage ist als kombinierte Teil-Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54
Abs. 1 Satz 1 erste und zweite Alternative, Absatz 4
SGG) statthaft (der Verpflichtungsteil bezieht sich auf die behördliche Feststellung des Bestehens der BK-Folge).
Vorliegend ist der Streitgegenstand allerdings auf die Teilaufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung und die Verpflichtung zur Neubescheidung reduziert:
Nach § 131
Abs. 5 Satz 2
i. V. m. Satz 1 und entsprechender Anwendung des Absatzes 3
SGG kann das Gericht, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich ansieht, und soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist, wobei eine derartige Entscheidung nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht möglich ist (§ 131
Abs. 5 Satz 5
SGG). Bezüglich des ursprünglich nur auf reine Anfechtungsklagen für anwendbar gehaltenen § 131
Abs. 5
SGG ist mit der Einfügung des Satzes 2 ("Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54
Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden") klargestellt, dass eine Anwendung auch bei Verpflichtungs- und kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen gegeben ist (
vgl. Schütz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl. 2017, § 131
SGG, Rz. 57 mwN.). Die entsprechende Anwendung des Absatzes 3 des § 131
SGG bedeutet, dass im Urteil neben der Bescheidaufhebung die Verpflichtung auszusprechen ist, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Mit der Anwendung der genannten Vorschrift ist der Streitgegenstand auf den Aufhebungs- und Bescheidungsteil beschränkt (
vgl. Meyer-Ladewig,
SGG, § 131 Rz. 20; zitiert nach beck-online); eine Entscheidung über die Sachanträge findet nicht statt.
Der Kläger hat Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Beklagten, soweit diese die seit dem Jahr 2002 eingetretene Verschlimmerung des Hörverlustes nicht als Folge der anerkannten BK
Nr. 2301 gewertet und die Gewährung einer Rente sowie die Versorgung mit einem Hörgerät abgelehnt hat. Die Beklagte ist verpflichtet, nach Durchführung weiterer Sachverhaltsermittlungen darüber zu entscheiden, ob der Kläger einen Anspruch auf die Feststellung hat, dass der seit 2002 eingetretene Hörverlust Folge der BK 2301 ist sowie ob der Kläger Anspruch auf Rentengewährung sowie die Versorgung mit einem Hörgerät/Hörgeräten hat.
Diese Entscheidung resultiert daraus, dass nach der Überzeugung der erkennenden Kammer nach Art und Umfang erhebliche Ermittlungen erforderlich sind, um über die geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden. Zudem ist die Neubescheidung durch die Beklagte unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich.
1. Erforderlichkeit (weiterer) Sachverhaltsmittlungen
Weitere erhebliche Ermittlungen sind nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts erforderlich: Nach § 20
Abs. 1 und 2
SGB X ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen, Umstände zu berücksichtigen.
Aus dem Untersuchungsgrundsatz und dem daraus folgenden Recht der Behörde, alle zulässigen Beweismittel zu benutzen, folgt, dass die Behörde das Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich einer Beweisaufnahme unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände zu würdigen hat. Demzufolge hat die Behörde nicht nur das Ergebnis der Beweisaufnahme, sondern auch den Vortrag der Beteiligten, den Gesamteindruck aller Umstände, Zeugen und Beteiligte, amtsbekannte Tatsachen, zu würdigen. Ebenso wie im gerichtlichen Verfahren dürfen die Feststellungen der Behörde nur auf gewonnenen Überzeugungen beruhen. Hinsichtlich der Richtigkeit der Entscheidungsgrundlagen ist keine absolute Gewissheit erforderlich, jedoch müssen alle bei vernünftiger Betrachtung zu beachtenden objektiven Zweifelsgründe des Falles durch die für die Tatsache sprechenden Gesichtspunkte überwunden werden (Vogelgesang in: Hauck/Noftz, SGB, 12/10, § 20
SGB X, Rn. 18 mwN).
Vorliegend lässt die Aktenlage nach den Erkenntnissen des Gerichts eine solche Überzeugungsbildung bei der Beklagten nicht zu, da die Ermittlung der Lärmeinwirkung auf den Kläger völlig unzureichend ist.
Die Entscheidung der Beklagten, dass die seit dem Jahr 2002 eingetretene Verschlimmerung des Hörverlustes nicht Folge der BK 2301 ist, beruht auf dem Ermittlungsergebnis des Präventionsdienstes (Stellungnahme Arbeitsplatzexposition des Herrn M. vom 25.04.2016 sowie dessen Stellungnahme vom 06.06.2017), sowie der hierauf beruhenden Stellungnahme ihres Beratungsarztes
Prof. N. vom 20.01.2017. Herr M. ist von einer Tätigkeit des Klägers ab 2002 mit 30 % im Außenbereich und 70 % in Gebäuden ausgegangen. Der Kläger hat im Fragebogen der Beklagten am 17.02.2016 und in seinem Widerspruchsschreiben jedoch genau das Gegenteil angegeben: Als Gepäckmeister (seit 05/2002) sei er 30 % in geschlossenen Räumen und 70 % im Freien tätig; zudem sei er auch bei der Tätigkeit in geschlossenen Räumen Lärmeinwirkungen ausgesetzt. Über diesen Vortrag sowie die Bescheinigung des Arbeitgebers (Frau G.) vom 09.07.2017, dass der Kläger überwiegend auf dem Vorfeld tätig ist, ist die Beklagte schlicht hinweggegangen unter Verweis auf persönliche, anderslautende Angaben der Beteiligten gegenüber Herrn M. am 23.05.2016, die in die Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 24.05.2016 eingeflossen seien. Indes sind die Angaben, die Frau G., Herr L. und der Kläger gegenüber Herrn M. gemacht haben, nicht dokumentiert, so dass ein notwendiger Abgleich durch die Beklagte nicht stattfinden konnte. Dass der Kläger bereits im Widerspruchsverfahren den von der Beklagten zugrunde gelegten Tatsachen heftig widersprochen hat, hat die Beklagte nicht berücksichtigt; und dass sich offenbar eine Diskrepanz zwischen der Bescheinigung der Frau G. vom 09.07.2015 einerseits und ihren im persönlichen Gespräch am 23.05.2016 gegenüber Herrn M. geäußerten Tatsachen, die gar nicht näher bezeichnet werden, andererseits auftut, hat die Beklagte mit dem rein zeitlichen Argument des Herrn M. in seiner Stellungnahme vom 06.06.2017 ("spätere Angabe glaubwürdiger"), das unter den gegebenen Umständen völlig unzureichend ist, unter den Tisch fallen lassen.
Denn auch die Ermittlungsergebnisse des Herrn M. vom 24.05.2016, wonach der Tagesexpositionspegel der Tätigkeit des Klägers als Gepäckmeister bei "kleiner gleich 85
dB(A)" lag, er mithin den Schwellenwert von 85
dB(A) der Lärm- und Vibrationsschutzverordnung sogar erfüllte, und des
Prof. N., wonach der Tagesexpositionspegel (unter Zitierung einer nicht aktenkundigen IFA-Berechnung) bei 83,4
dB(A), mithin knapp unterhalb des Schwellenwertes lag, gaben der Beklagten Hinweise für die notwendige Vertiefung ihrer Ermittlungen (zu Gunsten des Klägers), die ebenfalls unterblieb.
Daneben provozierte auch die Stellungnahme des Arbeitgebers (vertreten durch Frau G.) vom 01.04.2016 Nachfragen, da der Arbeitgeber hierin (entgegen seinen späteren Angaben und entgegen dem Vorbringen des Klägers) davon ausgegangen ist, dass die Lärmeinwirkung nicht von Flugzeugen, sondern von der Gepäckförderanlage ausgeht. Auch die in diesem Zusammenhang gemachten, aus sich selbst heraus nicht verständlichen, Zeitangaben des Arbeitgebers (siehe Tatbestand) hätten der weiteren Erklärung bedurft. Dass der Kläger nach Arbeitgeber-Angaben fortwährenden arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen untersteht und Gehörschutz trägt, ist widersprüchlich zu der gleichzeitigen Einschätzung des Arbeitgebers, dass keine beruflichen Einwirkungen bekannt seien, die die Hörminderung erklären könnten. Passend zu den regelmäßigen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen müssten beim Arbeitgeber dann auch weitere Audiogramme, nämlich nach 2002, vorliegen, die aber nicht aktenkundig sind. Aus den vorliegenden Audiogrammen (siehe Tatbestand), die seit 2000 mit der Auflage des konsequenten Tragens von Gehörschutz versehen sind, lässt sich eine schädigende Lärmeinwirkung im Sinne der BK 2301 jedenfalls für die Jahre 2000 und 2001 ableiten.
Trotzdem unterblieben seitens der Beklagten weitere aufklärende Ermittlungen.
Damit gilt schließlich: Die Beurteilung von
Prof. N. in seiner Stellungnahme vom 20.01.2017, die die Beklagte in ihrer Entscheidung übernahm und wonach die Verschlimmerung der Hörminderung nach Mai 2002 nicht beruflich bedingt ist, erfolgte auf der nicht bewiesenen Tatsachengrundlage, dass der Kläger ab 05/2002 (Aufstieg zum Gepäckmeister) nicht mehr lärmschädigend tätig (gewesen) ist.
2. Aus dem soeben Ausgeführten ergibt sich die Notwendigkeit zeitlich (
vgl. Schütz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl. 2017, § 131
SGG, Rz. 61) aufwändiger Ermittlungen des Sachverhalts, um auf dieser Grundlage und ohne Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz eine sachgerechte Behördenentscheidung treffen zu können.
Zuallererst wird die Beklagte durch Rückfrage bei Herrn M. versuchen müssen, zu erhellen, welche Angaben Frau G., Herr L. sowie der Klägerin ihm gegenüber im persönlichen Gespräch am 23.05.2016 konkret gemacht haben.
Beim Arbeitgeber sind Audiogramme nach 2001 anzufordern; für den Fall deren Fehlens sind die Gründe zu ermitteln. Daneben ist die Korrektheit der Inhalte der Stellungnahme Frau G. vom 01.04.2016, ihrer Bescheinigung vom 09.07.2015 sowie (falls ermittelbar) ihrer persönlichen Angaben vom 23.05.2016 zu klären.
Des Weiteren ist durch Nachfrage beim Kläger/beim Arbeitgeber zu ermitteln, ob und falls ja, bei welchen Tätigkeiten der Kläger seit Mai 2002 Gehörschutz getragen hat und trägt, da dieser Umstand Indizwirkung für das Ausmaß der Lärmeinwirkung hat. Dem entsprechend ist in einer anschließenden Vor-Ort-Ermittlung die Lärmexposition in den lärmbelasteten Tätigkeitsbereichen durch geeignete Maßnahmen konkret zu ermitteln; Angaben Beteiligter, auf die sich der Präventionsdienst bezieht, sind zu dokumentieren; die Datenherkunft für die Expositionsberechnung ist nachvollziehbar anzugeben (den Verweis auf "Ergebnisse aus vorangegangenen Untersuchungen sowie Messungen durch Arbeitgeber" oder "Schätzung", ohne nähere Darlegung, wie in der Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 24.05.2016 erfolgt, darf nicht mehr akzeptiert werden).
Für den Fall, dass nach diesen Ermittlungen die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Feststellung einer berufsbedingten (weiteren) Hörminderung ab Mai 2002 oder später vorliegen, ist nach Klärung des Vorhandenseins eines Stützrententatbestandes infolge des Arbeitsunfalls des Klägers mit Knieverletzung im Jahr 2006 in medizinischer Hinsicht zu ermitteln: Bei
Dr. E. sowie dem Praxisnachfolger von
Dr. I., der noch zu ermitteln sein wird, und bei
Dr. J. (bei diesem hatte die Beklagte nur eine aktuelle Untersuchung veranlasst und keine Befunde eingeholt) sind Vorbefunde anzufordern (
vgl. Bericht
Dr. H. vom 07.04.2016) und es sollte die Diskrepanz zwischen dem Ergebnis der Untersuchung des Klägers bei
Dr. K. am 25.10.2004 und dem "Kontrollaudiogramm des HNO-Kollegen bei der Einstellungsuntersuchung" (
Dr. K., s. Tatbestand) geklärt werden.
Sodann sind durch einen hno-ärztlichen Sachverständigen die Zusammenhangsfrage zu beantworten und die
MdE zu bestimmen.
3. Sachdienlichkeit unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten
Die Beklagte kann die erforderlichen Ermittlungen und
ggf. Begutachtung schneller und effizienter als das Gericht durchführen: Während im Gerichtsverfahren sämtliche Ermittlungen ausschließlich durch die Kammervorsitzende vorzunehmen sind und diesbezüglich ausgehende und eingehende Schriftsätze an die Beteiligten weiterzuleiten sind, die ihrerseits hierzu Stellung nehmen und Anträge stellen können, über die das Gericht
ggf. im laufenden Klageverfahren zusätzlich zu entscheiden hat, kann die Behörde mehrere Sachbearbeiter mit einzelnen Ermittlungsschritte beauftragen. Eine Kommunikation mit dem Gericht findet im Verwaltungsverfahren nicht und mit Verfahrensbeteiligten nicht in dem Umfang statt, wie dies soeben für das gerichtliche Verfahren beschrieben wurde. Die Behörde, die sich somit vollständig auf die Ermittlungsarbeit konzentrieren kann, kann ihre Entscheidung gerade deswegen deutlich schneller treffen als das Gericht, was dem Verfahrenslauf zugutekommt. Betreffend die im vorliegenden Fall vorrangig zu ermittelnde Lärmexposition kommt hinzu, dass die Beklagte mit dem Präventionsdienst ganz unmittelbar auf sachkundiges Personal mit sächlicher Ausstattung zur Durchführung von Lärmmessungen vor Ort und anschließender Lärmberechnung zurückgreifen kann, wohingegen das Gericht hierfür erst (einen) geeignete(n) technische(n) Sachverständige(n) finden müsste.
Mit der Zurückverweisung an die Verwaltung hat sich der Kläger einverstanden erklärt. Anderweitige Interessen der Beklagten treten hinter dem öffentlichen Interesse an einer Entlastung des Gerichts von umfangreichen Sachverhaltsermittlungen zugunsten einer schnelleren Bearbeitung durch die Verwaltung zurück.
4. Die 6-Monats-Frist des § 131
Abs. 5 Satz 5
SGG ist gewahrt (Eingang der Verwaltungsakte der Beklagten bei Gericht war am 17.10.2017).
Daher war die angefochtene Entscheidung der Beklagten teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden. Betreffend die Hörgeräteversorgung wird zuvor noch zu ermitteln sein, ob der Kläger (entgegen seinen eigenen Angaben am 17.02.2016 und entsprechend dem Bericht des
Dr. H.) bereits eine Hörgeräteversorgung (durch die Krankenkasse?) erhalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Hierbei war nicht zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass seinem Sachantrag nicht entsprochen wurde, da der Streitgegenstand beschränkt war (
s. o.;
vgl. auch Meyer-Ladewig,
SGG, § 131 Rz. 20; zitiert nach beck-online).
Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144
SGG.