Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung von Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und Hepatitis B als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Klägerin ist ausgebildete Krankenpflegehelferin und war bis 2002 im Behindertenbereich in den Anstalten PQ. als Krankenpflegerin im Umfang einer Vollzeitbeschäftigung mit der Betreuung von körperbehinderten Kindern beschäftigt. Als solche ist sie bei der Beklagten, wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, versichert. Auf Veranlassung ihres Arbeitgebers ließ sie sich am 17. August 2000, am 13. September 2000 sowie am 12. Februar 2001 durch Herrn
Dr. S. S. in C-Stadt-G. mit dem Impfstoff Twinrix Adulto gegen Hepatitis A und B impfen. Am 25. Juli 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung und Entschädigung bestimmter Gesundheitsbeeinträchtigungen als Anerkennung einer Berufskrankheit (BK). Hierzu teilte sie mit, dass bei ihr der Verdacht auf multiple Sklerose erhoben worden sei und 1999 die ersten Probleme in Form von Schwindel aufgetreten seien. Nach den erfolgten Impfungen hätten sich die Symptome in Form von Gangstörung, Müdigkeit, Gleichgewichtsstörungen
usw. heftig verstärkt. Zunächst habe sie einen Zusammenhang zwischen der Impfung und den Beschwerden wegen ihrer Geringfügigkeit nicht gesehen und sei erst durch Literaturhinweise ihres behandelnden Arztes
Dr. PW. (Neurologe) auf die Möglichkeit einer Verbindung gestoßen.
Die Beklagte zog verschiedene ärztliche Behandlungs- und Befundberichte, ein Vorerkrankungsverzeichnis der
DAK vom 11. September 2003, medizinische Unterlagen aus dem Verfahren zum Feststellungsantrag eines Grades der Behinderung (
GdB) nach dem Schwerbehindertenrecht beim Versorgungsamt sowie die Rentenakte der Landesversicherungsanstalt Hessen bei. Des Weiteren hörte die Beklagte die Klägerin am 21. August 2003 an. Allerdings habe sie bereits vor dem 17. August 2000 ähnliche Beschwerden in Form von Gleichgewichtsstörungen gehabt. Des Weiteren erklärte der Arzt, der die Impfungen verabreicht hatte, Allgemein- und Arbeitsmediziner
Dr. S., am 10. September 2003, dass die Klägerin nach der am 17. August 2000 durchgeführten Hepatitis B-Impfung ihm gegenüber keine Nebenwirkungen nach der Impfung angegeben habe.
Ein Bericht des Arztes für Orthopädie
Dr. WW. vom 13. Juli 2001 ergab, dass die Klägerin seit dem Vortag über heftige Beschwerden, Gleichgewichtsstörungen und Schwindelanfälle klage. Der Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Arzt
Dr. LM. diagnostizierte im Juli 2001 bei der Klägerin einen unklaren Schwindel sowie eine akute periphere Vestibularisläsion. Die Ärzte für Radiologie Dres. XY. führten zu einem MRT des Schädels am 10. August 2001 aus, dass die multiplen KM-inerten, wenige mm großen Demyelinisierungszonen des subcorticalen Marklagers beider Großhirnhemisphären, die sich KM-inert verhalten würden, am ehesten vasculärer Genese seien. Bei Persistenz der Gangstörung werde eine Liquordiagnostik angeraten. Nervenarzt PK. berichtete unter dem 3. August 2001, dass sich die Klägerin bei ihm wegen seit eineinhalb Jahren in unregelmäßigen Abständen und mit unregelmäßiger Dauer bestehenden Missempfindungen im Kopf im Sinne von schwindelartigen Erscheinungen vorgestellt habe und diagnostizierte eine bekannte Migräne mit deutlicher Besserung seit regelmäßiger Einnahme von Sandomigran. Der Internist
Dr. RT. berichtete am 19. März 2002 über eine Vorstellung der Klägerin wegen Müdigkeit, Schlappheit und Neigung zum Frieren. Allerdings habe sich für eine organische Ursache kein Hinweis ergeben. Diese Symptome seien auf das geringe Körpergewicht nach einer Gewichtsreduktion von 15
kg seit November 2001 zurückzuführen. Der Internist
Dr. M. diagnostizierte im ärztlichen Bericht vom 25. Juli 2002 eine rezidivierende Hämaturie, Hufeisenniere und Hypercholesterinämie. Ein Hinweis für eine Nierenfunktionsstörung habe sich nicht finden lassen. Laut eines ärztlichen Berichts der Dres. R., Radiologen, vom 28. August 2002 lagen bei der Klägerin eine noch normal große Schilddrüse mit diffusen regressiven Parenchymveränderungen beiderseits vor. Die Stoffwechsellage habe im euthyreoten Bereich gelegen. Der Arzt für Allgemeinmedizin
Dr. PP. diagnostizierte im ärztlichen Bericht vom 16. September 2002 bei der Klägerin ein schweres Erschöpfungssyndrom, ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom sowie Ein- und Durchschlafstörungen. Die Radiologen Dres. R. führten im ärztlichen Bericht vom 26. September 2002 zum MRT des Schädels vom 25. September 2002 aus, dass sich vom Aspekt der Lageverteilung her der Verdacht einer Encephalomyelitis disseminata ergeben habe, wobei die Flairsequenz hochfrontoparietal rechts sowie parietal linksseitig einzelne kleinste umschriebene Signalanhebungen gezeigt habe.
In einem ärztlichen Bericht vom 14. Oktober 2002 schlossen die Dres. LA. und FY. der PQ.-Klinik eine Encephalomyelitis disseminata aus, äußerten jedoch den Verdacht auf Vaskulitis und stellten eine Hypercholesterinämie fest. So habe die Klägerin berichtet, seit Juli 2001 eine unklare Unsicherheit beim Aufstehen und Laufen zu verspüren sowie im Herbst 2001 Sensibilitätsstörungen in Form von Dysästhesien im Bereich der linken Flanke verspürt zu haben, welche bis heute mit wechselnder Intensität vorhanden seien. Die Klägerin sei bei Verdacht auf Encephalomyelitis disseminata stationär vom 30. September bis 6. Oktober 2002 behandelt worden, nach eingehenden Untersuchungen inklusive des Blutbildes, einer durchgeführten Liquordiagnostik sowie visuell evozierter Potentiale sowie MRT habe diese Verdachtsdiagnose jedoch ausgeschlossen werden können. Die subkortikalen Herde im MRT seien eher vaskulärer Genese.
In einem Entlassungsbericht vom 11. Dezember 2002 der F.-Klinik in G-Stadt, erstellt von Dres. LA. und FY. aufgrund der stationären Behandlung vom 5. November bis 3. Dezember 2002 wurden als Diagnosen eine leicht linksbetonte Gangataxie und Vertigo ungeklärter Ätiologie, der Verdacht auf eine entzündliche ZNS-Erkrankung, Hypercholesterinämie sowie ein psychophysisches Erschöpfungssyndrom gestellt. Es habe sich bei der Klägerin klinisch eine leichtgradige linksbetonte Stand- und Gangataxie verbunden mit Schwankschwindelzuständen gezeigt, welche sich diagnostisch nicht auf eine spezifische entzündliche ZNS-Erkrankung beziehen ließen. Für den weiteren Verlauf bestehe allerdings der Verdacht auf eine entzündliche ZNS-Erkrankung. In einem ärztlichen Bericht vom 26. Mai 2003 äußerten
Prof. Dr. YC.., Dres. NB. und XS. von der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums MM., dass bei der Klägerin anamnestisch weder eindeutige Schubereignisse noch Progression abzugrenzen seien, es hätten keine oligoklonalen Banden im Liquor nachgewiesen werden können. In der Elektrophysiologie habe sich keine spezifische Veränderung gezeigt und auch im cMRT seien nur einige für die
MS nicht typische Herde abzugrenzen gewesen. Es werde eine stationäre Aufnahme zur weiteren Beobachtung und Beurteilung sowie Diagnosesicherung empfohlen. Weiter wurde der Verdacht auf somatisierte Depression geäußert. Dres. R. gingen nach einem MRT des Schädels vom 1. Juli 2003 in ihrem Befundbericht des Weiteren von Hinweisen für eine Encephalomyelitis disseminata aus, ebenso der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Dr. PW. in seinem ärztlichen Bericht vom 6. Oktober 2003. Die Symptome wie Gleichgewichtsstörungen, Dysästhesien im Segment T 12 links und subjektiv Kraftminderung im linken Bein seien erstmals im Winter 2000/2001 mit Gleichgewichtsstörungen und Schwindelattacken aufgetreten, wobei diese Symptomatik um Frühjahr 2001 zugenommen habe. Im Januar 2002 hätten Gangstörungen und Gleichgewichtsstörungen vorgelegen sowie eine schnelle Erschöpfung. Die Erstuntersuchung durch
Dr. PW. sei am 24. September 2002 erfolgt.
Daraufhin zog die Beklagte ein für die BfA erstattetes neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Dres.
EQ. und GN. vom 10. September 2003 bei, wobei sowohl in der Anamnese des Neurologen
Dr. EQ. als auch des Psychiaters GN. ausgeführt wurde, dass sich während des Urlaubs 1999 erstmals Gleichgewichtsstörungen bei der Klägerin manifestiert hätten. Diese Symptome habe sie zunächst nicht ernst genommen und auf eine intensive Sonnenstrahlung zurückgeführt. 2001 seien diese Symptome verstärkt aufgetreten, wobei diagnostisch der Psychiater GN. von einer Konversionsstörung ausging. Der Neurologe
Dr. EQ. führte aus, dass bisher keine diagnosesichernden objektiven Befunde zum Verdacht auf eine entzündliche Nervenerkrankung im Sinne einer Multiplen Sklerose hätten erhoben werden können. So habe ein normaler VEP- und SEP-Befund vorgelegen, kein pathologischer Liquorbefund, ein normaler MRT-Befund der Halswirbelsäule, weshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Diagnose einer Multiplen Sklerose nicht gestellt werden könne.
Des Weiteren holte die Beklagte bei der Firma 123., die den Impfstoff Twinrix TM vertreibt, eine Auskunft ein vom 12. November 2003, der zufolge aufgrund des derzeitigen Kenntnisstandes kein Hinweis auf einen Kausalzusammenhang zwischen Hepatitis B-Impfung und dem Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken oder eine Verschlechterung dieser Erkrankung zu erfahren, bekannt seien.
Die Beklagte veranlasste ein mikrobiologisches Gutachten nach Aktenlage bei
Prof. Dr. LG. vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universität GR., vom 9. August 2004. In diesem Gutachten wies
Prof. Dr. LG. darauf hin, dass die aktiven Impfungen gegen Hepatitis A und Hepatitis B als allgemein gut wirksam und gut verträglich gälten. Die häufigsten Reaktionen bei der Impfung mit Twinrix TM Adult seien lokale Beschwerden wie Schmerzen an der Impfstelle, Rötung, Schwellung und Verhärtung und Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Krankheitsgefühl und Fieber. Die meisten Nebenwirkungen seien maximal vier Tage andauernd. Die lokalen Impfreaktionen seien als einzige sicher kausal auf die Impfung zurückzuführen. Schwerwiegende Nebenwirkungen in zeitlichem Zusammenhang seien zwischen 1982 und 1998 in 21 Fällen beschrieben, u.a. auch Erkrankungen mit Polyneuropathie, Guillain-Barré-Syndrom, Kleinhirnataxie und Schub einer Multiplen Sklerose. Alle Komplikationen seien jedoch nur vorübergehend gewesen. Bei der Beurteilung von Nebenwirkungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung werde in den meisten Studien ein Zeitraum von zwei Monaten berücksichtigt. Lediglich das Guillain-Barré-Syndrom sei nach der Hepatitis B-Impfung geringfügig häufiger aufgetreten als sonst in der Bevölkerung. Diverse Studien hätten gezeigt, dass die Erstdiagnose einer Multiplen Sklerose nach Hepatitis B-Impfung oder anderen Impfungen nicht gehäuft aufträte. Zum vermehrten Auftreten von Schüben einer Encephalomyelitis disseminata nach Hepatitis B-Impfung gebe es verschiede Daten. Einige zeigten innerhalb der Risiko-Periode von zwei Monaten nach der Impfung kein erhöhtes relatives Risiko, wohl aber ein leicht erhöhtes relatives Risiko von 1,18 innerhalb eines Monats nach einer Impfung. Im Falle der Klägerin sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Impfung und angegebenen Beschwerden auszuschließen, weil ein Teil der geschilderten Beschwerden erstmals bereits drei Jahre vor der ersten Impfung dokumentiert seien. Es bestehe zudem kein zeitlicher Zusammenhang. Jeweils in den zwei Monaten, die auf eine der drei Impfungen gefolgt seien, habe sich keine Verschlechterung des Beschwerdebildes gezeigt. Nach dem Befund der Dres.
EQ. und GN. sei eine psychische Ursache für die Beschwerden wahrscheinlich.
Durch Bescheid vom 25. August 2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalles im Zusammenhang mit der durchgeführten Schutzimpfung gegen Hepatitis A und Hepatitis B ab und begründete die Ablehnung damit, dass ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen den bei ihr durchgeführten Hepatitis A und B-Schutzimpfungen den aufgetretenen Beschwerden in Form von Gangstörung, Müdigkeit und Gleichgewichtsstörungen nicht mit der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit habe festgestellt werden können. Sowohl nach den eigenen Angaben der Klägerin als auch dem Vorerkrankungsverzeichnis der
DAK sowie die Befunde und Behandlungsberichte der behandelnden Ärzte seien die Beschwerden der Klägerin bereits vor der erstmaligen Impfung am 17. August 2000 aufgetreten, weshalb ein ursächlicher Zusammenhang nicht bestehe. Auch eine Verschlimmerung der bei der Klägerin bereits vor den durchgeführten Impfungen bestehenden Beschwerden könne nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Nachdem die Klägerin erst im Juli 2001 wegen vermehrter Unsicherheit beim Aufstehen und Laufen beim HNO-Arzt
Dr. LM. sowie im August 2001 bei dem Nervenarzt PK. sich vorgestellt habe, könne nicht von einem adäquaten zeitlichen Zusammenhang der Krankheitserscheinungen als Folge der Impfung ausgegangen werden. Vielmehr seien die Beschwerden nach dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten der Dres.
EQ. und GN. auf psychische und neurologische Ursachen zurückzuführen, die in keinem Zusammenhang mit der Impfung stünden. Diese Auffassung sei durch das Gutachten von
Prof. Dr. LG. bestätigt worden.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 1. September 2004 holte die Beklagte eine ärztliche Äußerung beim Arbeitsmediziner
Dr. S. vom 24. September 2004 ein, der darin bestätigte, dass die Impfungen am 17. August 2000, 13. September 2000 und 12. Februar 2001 durchgeführt worden seien und gab erneut an, dass die Klägerin trotz vorheriger Aufklärung über Nebenwirkungen nicht über irgendwelche Nebenwirkungen geklagt habe.
Durch Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und bezog sich in ihrer Begründung im Wesentlichen auf den angefochtenen Ausgangsbescheid.
Auf die am 3. November 2004 beim Sozialgericht Marburg erhobene Klage, die sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie auch laut des Vorerkrankungsverzeichnisses bereits eine Woche nach der ersten Impfung wegen Folgeerscheinungen den Arzt für Allgemeinmedizin PP. aufgesucht habe, der jedoch keine klare Diagnose habe stellen können und zu deren Begründung sie einen ärztlichen Bericht der Dres. XY. am 16. August 2005 über ein MRT des Schädels vom 15. August 2005 zu den Akten reichte, veranlasste das Sozialgericht ein Gutachten bei
Dr. Z. vom 10. Dezember 2006 auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). In diesem Gutachten nach Aktenlage führte dieser aus, dass für die Bewertung des Kausalzusammenhangs in Einzelfällen, bei denen es zu schweren unerwünschten Arzneimittelreaktionen gekommen sei, die Weltgesundheitsorganisation ein definiertes System geschaffen habe, das allgemein wissenschaftlich akzeptiert werde und im Paul-Ehrlich-Institut zu Einzelfallbewertungen Anwendung finde. Zum Nachweis einer Impfreaktion gebe es keinen diagnostischen Standard, der ein solches Krankheitsbild mit Sicherheit nachweise. Vielmehr sei die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs einzugrenzen, wobei bei der Bewertung die Faktoren des plausiblen zeitlichen Zusammenhangs des plausiblen zeitlichen Intervalls und der pathophysiologischen Erklärbarkeit des Geschehens wichtig seien. Diese beiden Forderungen seien bei der Klägerin mit Sicherheit erfüllt. Es seien auch keine anderen möglichen Ursachen der Erkrankung im Sinne von zeitlich koinzidenten Infektionen oder stärkeren Einflüssen auf das Immunsystem festzustellen. Füge man alle bekannten Fakten in den
WHO-Bewertungsalgorithmus ein, so ergebe sich für die impfbedingte Auslösung der Erkrankung ein wahrscheinlicher Zusammenhang. Des Weiteren führte der Sachverständige aus, dass wenn man den Fall der Kläger in allein Einzelheiten analysiere man zu dem Ergebnis gelange, dass ein kausaler Zusammenhang der unklaren neurologischen Erkrankung mit den Impfungen als unwahrscheinlich zu bezeichnen sei. So gebe die Klägerin als zeitliches Intervall zwischen der ersten Twinrix-Impfung und dem Auftreten der Beschwerden ein Abstand von zehn Tagen an, was einem plausiblen Intervall für die Entwicklung einer akuten dessiminierten Encephalomyelitis (ADEM) als Sonderform der multiplen Sklerose entsprechen würde. Allerdings habe nach den cMRT-Befunden mit Sicherheit kein ADEM vorgelegen, bei der im Vergleich zur Multiplen Sklerose relativ große und im akuten Stadium kontrastmittelspeichernde Herde gesehen würden. Es bleibe unklar, ob die bei der Klägerin gefundenen kleinen und inaktiven Herde bei der Erkrankung eine Rolle gespielt hätten. Zumindest seien in den cMRTs in den Jahren von 2001 bis 2003 keinerlei Veränderungen an diesen Herden zu erkennen, was ihre Rolle bei der Entwicklung der Erkrankung als relativ gering erscheinen lasse.
Die Zeitabstände zwischen den auftretenden Symptomen und den Impfungen ließen einen immunologischen Zusammenhang unwahrscheinlich erscheinen, zumal die erneuten Impfungen bei einer immunologisch vermittelten Hirnentzündung zu akuten Schüben der Erkrankungen führen müssten, was aber nicht der Fall gewesen sei. Bei der Klägerin bestehe eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich durch chronische Erschöpfung, Missempfindungen, Gangstörung und Schwindel manifestiere, deren Ursache jedoch nicht bekannt sei. Auf eine hierzu erfolgte Stellungnahme der Klägerin sowie der Beklagten vom Januar 2007, die sich insbesondere darauf bezogen, dass der Gutachter
Dr. Z. fehlerhaft von dem erstmaligen Auftreten der Störungen während eines Urlaubs im Jahre 1999 ausginge, dieser Urlaub jedoch erst im Jahre 2001 stattgefunden habe, veranlasste das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme bei dem Sachverständigen
Dr. Z. vom 16. Januar 2007, in welcher er erklärte, dass seine Ausführungen im Gutachten auf
S. 16 fehlerhaft seien, wenn er dort den kausalen Zusammenhang als wahrscheinlich bezeichne.
Durch Urteil vom 18. Januar 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einem Zusammenhang der bei der Klägerin aufgetretenen Beschwerden im Sinne von Gangstörungen, Schwindel, Erschöpfung, Gleichgewichtsstörung und den durchgeführten Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und B ausgegangen werden könne, und zwar weder im Sinne einer Entstehung noch im Sinne einer Verschlimmerung. Hierzu stützte es sich auf das Sachverständigengutachten von
Dr. Z. sowie dessen ergänzende Stellungnahme sowie auf das im Ergebnis übereinstimmende Gutachten von
Prof. Dr. LG., welches bereits im Verwaltungsverfahren eingeholt wurde. Unter Zugrundelegung des maßgeblichen medizinisch-wissenschaftlichen Kenntnisstandes sei jeweils nachvollziehbar ausgeführt worden, dass sich keine ausreichenden Belege für dauerhafte Impfschäden im Sinne einer Erstdiagnose oder Verschlimmerung nach einer Hepatitis B-Impfung finden lassen könnten. Lediglich die lokalen Impfreaktionen seien sicher kausal auf eine derartige Impfung zurückzuführen. Auch wenn schwerwiegende Nebenwirkungen im zeitlichen Zusammenhang von 1982 bis 1998 in 21 Fällen beschrieben worden seien, seien alle Komplikationen nur vorübergehend bis auf das Guillain-Barré-Syndrom. Die Klägerin habe selbst im Zusammenhang mit der Durchführung der Impfungen nicht über Nebenwirkungen berichtet, obwohl der diese verabreichenden Art über die Nebenwirkungen aufgeklärt habe, des Weiteren seien entgegen den von der Klägerin berichteten massiven Beschwerden in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung keine zeitlich korrelierenden Diagnosen und ärztlichen Behandlungen dokumentiert worden.
Gegen das am 26. Februar 2007 der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellte Urteil richtet sich deren durch ihren neuen Prozessbevollmächtigten am 27. Februar 2007 zum Hessischen Landessozialgericht (HLSG) erhobene Berufung.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass bei ihr die Voraussetzungen für die Anerkennung und Entschädigung der geltend gemachten Gesundheitsschäden als Folge der Impfung vorlägen, insbesondere seien die Symptome, die sie vor den Impfungen gehabt habe, in keiner Form vergleichbar mit den Symptomen nach den streitgegenständlichen Impfungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. Januar 2007 sowie den Bescheid vom 25. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die am 17. August 2000 und/oder 13. September 2000 und/oder am 12. Februar 2001 durchgeführten Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und Hepatitis B im Zusammenhang mit den bei ihr aufgetretenen Beschwerden in Form von Gangstörungen, Schwindel, Erschöpfung als Arbeitsunfall anzuerkennen und in gesetzlicher Höhe nach einer
MdE von mindestens 20 v. H. zu entschädigen,
hilfsweise,
ein weiteres Sachverständigengutachten nach § 109
SGG bei
Prof. Dr. U. in O./J. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung der Berufungserwiderung im Wesentlichen auf das Ergebnis der Beweisaufnahme.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 10. Dezember 2007 hat das HLSG einen Befundbericht beim Facharzt für Neurologie
Dr. C. vom 15. Januar 2008 eingeholt sowie die kompletten Krankenunterlagen beim H. beigezogen. Sodann hat das HLSG ein neurologisches Fachgutachten bei
Univ.-Prof. Dr. I. vom 14. Juni 2008 eingeholt, in welchem dieser ausführt, dass das akute Auftreten einer Gangunsicherheit verbunden mit Kraftlosigkeit als Schub einer multiplen Sklerose prinzipiell denkbar sei. Das dreimalige Auftreten derselben Symptomatik machten die Annahme eines Schubes im Rahmen einer chronisch entzündlichen ZNS-Erkrankung jedoch unwahrscheinlicher. Das seit Juni 2001 ständige Vorhandensein dieser Symptomatik ohne den Nachweis eines objektivierbaren klinischen Defizits
z.B. im Sinne eines spastischen Gangbildes und der fehlende Nachweis einer adäquaten Läsion in der Magnetresonanztomographie machten eine strukturelle ZNS-Erkrankung als Ursache der Symptomatik sehr unwahrscheinlich. Die etwa 2 - 3 mal pro Jahr auftretenden akuten Verschlechterungen der Symptomatik, welche die Klägerin für etwa 2 - 3 Wochen nahezu ans Bett fesselten, ließen sich somit ebenfalls nicht als Schübe einer entzündlichen ZNS-Erkrankung werten. Die im Jahre 2005 diagnostizierte linksseitige Trochlearis-Parese wäre im Rahmen einer entzündlichen Läsion bei einer multiplen Sklerose denkbar. Es lasse sich jedoch keine Läsion des Mittelhirns in der kranialen Magnetresonanztomographie nachweisen. Zudem könne bei der aktuellen klinischen Untersuchung eine Trochlearis-Parese nicht nachvollzogen werden, da keine Störung der Vertikalen vorliege und die Angaben der Doppelbilder durch die Patientin inkonstant seien und somit eine Zuortenbarkeit zu einer peripheren oder zentralen Struktur des zentralen Nervensystems nicht möglich sei.
Insgesamt fände sich für die von der Klägerin beklagten Beschwerden im Sinne von Doppelbildern und einer Gangstörung kein Korrelat in der klinischen Untersuchung. Insbesondere bei der Prüfung des Gangbildes lasse sich eine Aggravationstendenz feststellen. Dies stehe im Einklang mit den regelrechten Befunden der visuell evozierten Potenziale und der somatosensorisch evozierten Potenziale. Zudem finde sich auch in der kraniellen Bildgebung über drei Jahre hinweg ein konstanter Befund mit kleinsten unspezifischen Läsionen ohne Aktivitätszeichen im Sinne einer Kontrastmittelaufnahme. Diese Läsionen seien nicht ursächlich für die von der Klägerin beklagte Symptomatik und entsprächen nicht dem Verteilungsmuster einer Multiplen Sklerose. Es bestehe Konsens darüber, dass die von der Klägerin beklagten Beschwerden am ehesten eine psychische Ursache hätten. Es bestehe auch Konsens darüber, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den von ihr beklagten Beschwerden und den Hepatitis Impfungen auszuschließen sei, sowie darüber, dass eine multiple Sklerose und eine akute disseminierte Encephalomyelitis (ADEM) ausgeschlossen werden könnten. Weiterhin bestehe Konsens darin, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der unklaren neurologischen Erkrankung und den Impfungen als unwahrscheinlich zu bezeichnen sei. Bei der Klägerin sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach den derzeit gültigen McDonald-Kriterien eine multiple Sklerose auszuschließen. Es ließen sich keine zwei Schübe mit zwei objektivierbaren klinischen Läsionen feststellen. Bezüglich der zweiten Möglichkeit von zwei Schüben mit einer objektivierbaren klinischen Läsion ließe sich eventuell die zu einem früheren Zeitpunkt festgestellte Trochlearis-Parese als eine objektivierbare klinische Läsion festhalten. Die dann jedoch als Zusatzinformation benötigte räumliche Dissemination mit Hilfe der Barkhof-Kriterien in der Magnetresonanztomographie
bzw. zweier Läsionen in der Magnetresonanztomographie und dem Nachweis von oligoklonalen Banden im Liquor oder eines weiteren klinischen Schubes seien nicht erfüllt. Die dritte Diagnosemöglichkeit mittels eines Schubes und mindestens zwei objektivierbaren Läsionen sei ebenfalls nicht erfüllt. Die vierte Möglichkeit mit einem Schub und einer objektivierbaren Läsion sei mit Hilfe der zuvor erwähnten Trochlearis-Parese theoretisch denkbar. Die benötigte Zusatzinformation im Sinne einer räumlichen und zeitlichen Dissemination sei jedoch nicht erfüllt. Bezüglich der räumlichen Dissemination seien die Barkhof-Kriterien nicht erfüllt und auch die alternativ geforderten zwei MRT Läsionen und die positiven oligoklonalen Banden lägen nicht vor. Bezüglich der zeitlichen Dissemination finde sich in den repetitiven kranialen MRT-Untersuchungen keine Progredienz der Läsionen und ein weiterer klinischer Schub lasse sich nicht nachweisen. Die fünfte Möglichkeit einer primär progressiven multiplen Sklerose sei aufgrund der klinischen Schilderung der Patientin bereits auszuschließen. Zudem fänden sich weder positive oligoklonale Banden noch die zusätzlich geforderte räumliche und zeitlichen Disseminationen. In Übereinstimmung mit den Vorgutachten von
Prof. Dr. LG. und
Dr. med. Z. würden keine Gesundheitsschäden als Folgen der Impfungen angenommen .
Dieses Gutachten war versehen mit einem elektrophysiologischen Zusatzgutachten vom 11. Juni 2008.
Die nach Durchführung eines weiteren Erörterungstermins am 9. März 2010, in welchem die Klägerin eingehend persönlich angehört wurde und ausführte, dass die im Vorerkrankungsverzeichnis dokumentierten Krankheitssymptome aus dem Jahre 1999 in keiner Form vergleichbar mit den Symptomen für die bei ihr nach den streitgegenständlichen Impfungen eingetretenen Symptomen seien, veranlasste der Senat eine ärztliche Stellungnahme vom Sachverständigen
Prof. Dr. I. vom 15. April 2010, in welcher dieser ausführte, dass tatsächlich nach den Impfungen neue Beschwerden bei der Klägerin aufgetreten seien, es sich hierbei jedoch nicht um Symptome einer multiplen Sklerose gehandelt habe. Des Weiteren ließen sich die etwa zehn Tage nach den Impfungen aufgetretenen Symptome zwar als potentielle Nebenwirkungen werten. Da diese Symptomatik jedoch komplett rückläufig gewesen seien, ließen sich keine Hinweise sowohl klinisch als auch bildmorphologisch für die Gesundheitsschäden im Rahmen der Impfungen finden.
Wegen der weiteren Einzelheiten auf Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Der angegriffene Bescheid vom 25. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2004 verletzt die Klägerin nur insoweit in ihren Rechten, als die bei ihr am 17. August 2000
bzw. 13. September 2000
bzw. 12. Februar 2001 durchgeführten Schutzimpfungen gegen Hepatitis A und Hepatitis B nicht im Sinne einer Wahlfeststellung im Zusammenhang mit kurzzeitig aufgetretenen Beschwerden im Sinne von Gangstörung, Schwindel und Erschöpfung als kurzzeitige Impfreaktion als Arbeitsunfall anerkannt wurden. Sofern die Klägerin begehrt, diese Symptome als über einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus als Folgen der Arbeitsunfälle anzuerkennen, ist die Berufung hingegen unbegründet.
Nicht zu beanstanden ist, dass sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht das Begehren der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsunfalls und nicht der BK beurteilt hat. Gemäß § 7 Sozialgesetzbuch - Siebtes Buch (
SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und BKen.
Nach § 8
SGB VII ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeiten erleidet. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führen.
Der Begriff der zeitlichen Begrenzung erfasst einen Zeitraum bis zu einer Arbeitsschicht (s. BSGE 15, 112, 113 sowie BSGE 24, 216, 219), weshalb auch Infektionen beispielsweise durch erst wiederholte Aufnahme von Krankheitserregern innerhalb dieses Zeitraums als Arbeitsunfall zu beurteilen sind (s. Ricke in: Kasseler Kommentar, § 8
Rdnr. 23). Unschädlich ist insofern, wenn nicht genau festgelegt werden kann, durch welche der drei in Betracht kommenden Impfvorgänge Gesundheitsschäden verursacht hat sofern jedes der drei Ereignisse für sich geeignet ist, einen Gesundheitsschaden hervorzurufen und sich die Einwirkungen, auch wenn sie über einen längeren Zeitraum von mehreren Schichten sich ereignen, jedes für sich von den übrigen so abhebt, dass sie für die Schädigung die wesentliche Bedeutung haben (
vgl. BSG SozR
Nr. 1 zu § 838 Reichsversicherungsordnung -RVO-). Zwar hat der Verordnungsgeber gemäß § 9
SGB VII mit Einführung der BK-Ziffer 3101 die Möglichkeit geschaffen, auch Infektionskrankheiten als BKen anzuerkennen. Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war, ist jedoch die zur Erkrankung führende Infektion innerhalb einer Arbeitsschicht oder im Sinne einer Wahlfeststellung durch einzelne Ereignisse während mehrerer Arbeitsschichten erfolgt, wenn diese auch kalendermäßig nicht genau bestimmbar sind, beurteilt sich der Vorgang nach den Grundsätzen eines Arbeitsunfalls (siehe
BSG, Urteil vom 28. August 1990, Az.: 2 RU 64/89). Lässt sich die Infektion hinsichtlich des Zeitpunktes und der direkten Infektionsquelle nicht feststellen, ist nicht von einem Arbeitsunfall auszugehen, sondern von einer BK (
BSG, Urteil vom 18. November 1997, Az.:
2 RU 15/97;
LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Januar 2003, Az.: L 2 U 180/01;
vgl. auch HLSG, Urteil vom 23. Juli 2003, Az.: L 3 U 1145/00).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass das Unfallereignis selbst sowie die versicherte Tätigkeit als auch die Erkrankung mit dem sog. Vollbeweis nachgewiesen sein müssen. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 19; BSGE 7, 103, 106 sowie 19, 52, 53).
Für den Senat steht fest und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, dass die Klägerin während der drei streitgegenständlichen Impfungen bei der Beklagten versichert war. Gemäß § 8
SGB VII i.V.m. § 2
Abs. 1
Nr. 1
SGB VII sind Beschäftigte nicht nur im Rahmen des Kernbereichs ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit versichert, sondern es werden dem Versichertenbereich auch alle solche Tätigkeiten zugerechnet, die wesentlich der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit zugerechnet werden, wozu maßgeblich solche zählen, wenn die Tätigkeit nach den objektiven und dem Versicherten erkennbaren Umständen als dem Betrieb nützlich angesehen wird (
vgl. BSGE 20, 215, 218). Maßgeblich ist, ob das Handeln des Versicherten dazu bestimmt ist, dem Unternehmen zu dienen (siehe
BSG, Urteil vom 30. April 1985, Az.: 2 RU 24/84;
BSG, Urteil vom 12. April 2004, Az.: B 2 U 11/04 R = BSGE 94, 262). Da die streitgegenständlichen Impfungen - wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - auf ausdrückliche Anweisung des das Direktionsrecht über die Klägerin ausübenden Arbeitgebers angeordnet wurden, stehen diese im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Klägerin. Diese Impfungen gegen Hepatitis-Infektionen waren angesichts des im Pflegebereich bestehenden Infektionsrisikos auch objektiv dem Unternehmen dienlich, um die Erkrankung an einer BK der dort Beschäftigten zu verhindern.
Wirken eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis bei der Entstehung einer Körperschädigung zusammen, so sind beide Umstände Bedingungen im naturwissenschaftlichen Sinne für das Unfallgeschehen. Nach der in der gesetzlichen Unfallversicherung zur Beurteilung von Zusammenhangsfragen anzuwendenden Theorie von der wesentlichen Bedingung ist dann zu beurteilen, ob das Unfallereignis eine wesentlich mitwirkende Bedingung für die Schädigung gewesen ist oder ob die krankhafte Veranlagung alleinige oder überragende Ursache war. Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis, nach welcher jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (sog. conditio sine qua non ). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursache für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden
bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (s.
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, Az.:
B 2 U 1/05 R, Juris). Im Sozialrecht erfolgt diese Unterscheidung und Zurechnung mangels einer Verschuldensprüfung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, nach welcher als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (s. bereits BSGE 1, 72, 76 sowie 1, 150, 156;
BSG, Urteil vom 12. April 2005, BSGE 94, 269). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs
bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Hierbei gilt, dass es mehrere rechtliche Mitursachen geben kann, wobei sozialrechtlich alleine relevant ist, ob das Unfallereignis als solches wesentlich war. Ob es eine konkurrierende Ursache war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben (
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R, a.a.O.). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannten Ursachen "wesentlich" und damit Ursachen im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber im zweiten Prüfungsschritt nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingungen im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder "Auslöser" bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f.; BSGE 94, 269). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen oder abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlich äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f.;
BSG, Urteil vom 12. April 2005, Az.: B 2 U 27/04, BSGE 94, 269). Bei der Abwägung kann zum einen der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkungen gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Schluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist.
Weitere Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache
bzw. dem Ereignis als solchem einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, wobei allerdings eine Ursache nicht deswegen wesentlich ist, weil sie die letzte war, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (s. BSGE 38, 127, 129 sowie
BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, Az.: B 2 U 1/05 R).
Für die Kausalbeziehungen zwischen dem unfallbringenden Verhalten und der Krankheit genügt nach herrschender Meinung der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, der dann gegeben ist, wenn mehr für als gegen Ursachenzusammenhang spricht
bzw. wenn der bei Berücksichtigung aller Umstände die für den Ursachenzusammenhang sprechenden Umstände so stark überwiegen, dass die Entscheidung darauf gegründet werden kann, wobei die bloße Möglichkeit hingegen nicht ausreicht (s. BSGE 19, 5, 53; BSGE 32, 203, 209).
Für den Senat steht fest, dass sich infolge der drei Impfungen bei der Klägerin kurzfristige Impfreaktionen in Form von Kraftlosigkeit und Gangunsicherheit gebildet haben. Dies folgt zum einen aus den glaubhaften Einlassungen der Klägerin selbst und wird nicht zuletzt bestätigt durch die im Laufe des erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten. So hat
Prof. Dr. I. überzeugend widerspruchsfrei dargelegt, dass das Auftreten dieser Symptome
ca. zehn Tage nach einer Impfung einem plausiblen Intervall für eine Nebenwirkung der Impfung entspricht. Auch der im Verwaltungsverfahren gehörte Sachverständige
Prof. Dr. LG., dessen Gutachten vom 9. August 2004 der Senat im Weg des Urkundsbeweises verwertet, hat dargelegt, dass allgemeine Symptome wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen sowie Krankheitsgefühl und Fieber sicher kausal auf die Impfung zurückführbar seien. Da für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles der Eintritt eines Gesundheitsschadens im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität notwendig sind, andererseits hierfür jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand verstanden wird (siehe
BSG, Urteil vom 18. Dezember 1962, Az.: 2 RU 189/59 = BSGE 18, 173) erfüllen auch solche kurzzeitigen Beeinträchtigungen des gesundheitlichen Wohlbefindens die Mindestvoraussetzungen, um einen Arbeitsunfall zu begründen.
Sofern die Klägerin jedoch begehrt, dass über einen Zeitraum von 14 Tagen hinaus begehrt, ist die Berufung nicht begründet.
Insbesondere liegen nicht die Voraussetzungen dafür vor, dass die Klägerin beanspruchen kann, eine Erkrankung an Multipler Sklerose (sog. Encephalomyelitis disseminata) als Folge der grundsätzlich versicherten Impfvorgänge anzuerkennen. Insofern lässt der Senat es dahinstehen, ob durch eine Impfung gegen Hepatitis B und C mittels des verabreichten Impfstoffs Twinrix Adult überhaupt im Sinne einer naturwissenschaftlichen Kausalität die Entstehung oder zumindest Verschlimmerung dieser Erkrankung verursacht werden kann. Nachdem im Laufe des Verwaltungsverfahrens eingeholten mikrobiologischen Gutachten nach Aktenlage des
Prof. Dr. LG. vom 9. August 2004 wurde allerdings nur in sehr seltenen Fällen auch der Schub einer Multiplen Sklerose als schwerwiegende Nebenwirkung im zeitlichen Zusammenhang mit einer aktiven Hepatitis B-Impfung zwischen 1982 und 1998 beschrieben, wenn diese Komplikationen auch nur vorübergehend waren. Diese Frage nach dem naturwissenschaftlichen Zusammenhang kann vorliegend jedoch dahingestellt bleiben, weil nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis das Bestehen einer Multiplen Sklerose-Erkrankung bei der Klägerin nachgewiesen ist.
Es besteht Übereinstimmung zwischen sämtlichen gehörten Sachverständigen im vorliegenden Verfahren, dass nach den dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechenden Kriterien das Bestehen einer Multiplen Sklerose bei der Klägerin nicht festzustellen ist. So führt der im Berufungsverfahren gehörte
Prof. Dr. I. überzeugend aus, dass sich im Falle der Klägerin keine zwei Schübe mit zwei objektivierbaren klinischen Läsionen feststellen ließen. Und selbst, wenn man von zwei Schüben mit einer objektivierbaren klinischen Läsion ausginge, es an der hierfür erforderlichen räumlichen Dissemination
bzw. zweier Läsionen und im Nachweis von oligoklonalen Banden im Liquor oder eines weiteren klinischen Schubes nicht erfüllt seien. Zwar folgt aus diesem Gutachten zugleich, dass das akute Auftreten einer Gangunsicherheit verbunden mit Kraftlosigkeit als Schub einer Multiplen Sklerose prinzipiell interpretierbar ist, andererseits führt der Sachverständige überzeugend aus, dass das dreimalige Auftreten derselben Symptomatik sowie das seit Juni 2001 ständige Vorhandensein dieser Symptomatik ohne den Nachweis eines objektivierbaren klinischen Defizits beispielsweise im Sinne eines spastischen Gangbildes und der fehlende Nachweis einer adäquaten Läsion in der Magnetresonanztomographie eine strukturelle Erkrankung des zentralen Nervensystems als Ursache der Symptomatik sehr unwahrscheinlich machen. Hieraus folgt zugleich, dass eine im Jahre 2005 diagnostizierte linksseitige Trochlearis-Parese im Rahmen einer entzündlichen Läsion bei einer Multiplen Sklerose zwar denkbar ist, jedoch mangels der Läsion des Mittelhirns in der cranialen Magnetresonanztomographie dies nicht gestützt wird, sowie dass mangels Störung der vertikalen, im Rahmen der durch
Prof. Dr. I. durchgeführten klinischen Untersuchung sowie aufgrund der inkonstanten Angabe von Doppelbildern durch die Klägerin selbst eine Zuortenbarkeit zu einer peripheren oder zentralen Struktur des zentralen Nervensystems nicht möglich ist. Für den Senat folgt daraus, dass zwar einzelne Symptome des Bestehens einer Erkrankung an Multipler Sklerose vorliegend vorhanden sind, jedoch nach den dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechenden Diagnosekriterien die positive Feststellung dieser Krankheit im Sinne des Vollbeweises nicht erfolgen kann. Liegt dieser Nachweis einer bestimmten Erkrankung nicht vor, erübrigt sich eine weitere Untersuchung
bzw. Beurteilung der Kausalität.
Unabhängig vom Bestehen einer Erkrankung an Multipler Sklerose können die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form von Schwindelerscheinungen, Gangstörungen und Kraftlosigkeit nicht als rechtlich wesentliche Folge der angeschuldigten Impfvorgänge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anerkannt werden, soweit diese über einen Zeitraum von 14 Tagen nach ihrem erstmaligen Auftreten jeweils nach einer Latenzzeit von zehn Tagen nach den Impfungen am 17. August 2000, 3. September 2000 und 12. Februar 2001 aufgetreten sind. Für den Senat steht nach den Einlassungen der Klägerin selbst sowie den durch den im Berufungsverfahren gehörten und von diesem mitgeteilten Befundtatsachen des
Prof. Dr. I. fest, dass die Klägerin zwei Wochen nach der ersten Impfung am 17. August 2000 über Symptome im Sinne einer Gangstörung berichtet hat, sowie eine Unsicherheit und eine Kraftminderung vorhanden gewesen ist. Zudem hat sie den Kopf nicht halten können. Des Weiteren folgt hieraus, dass diese Beschwerden
ca. zehn Tage angehalten haben und danach komplett rückläufig waren. Diese Symptome mit dem gleichen zeitlichen Intervall haben sich demnach auch nach der zweiten Impfung eingestellt und ebenso nach der dritten Impfung am 12. Februar 2001 und sind jeweils komplett rückläufig gewesen. Erst im Juni 2001 ist danach die Gangstörung mit einer Unsicherheit und einer Kraftminderung der Beine erneut aufgetreten. In diesem Fall hat danach die Intensität wesentlicher zugenommen und es ist zudem ein Verschwommensehen auf beiden Augen eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt - also im Juni 2001 und somit vier Monate nach der letzten Impfung - hat sich nach den Angaben der Klägerin die Symptomatik nicht wieder komplett zurückgebildet. Auch danach sei das Verschwommensehen komplett rückläufig gewesen, sei jedoch immer wieder intermittierend aufgetreten. Aus diesem zeitlichen Verlauf, der als wesentliches Kriterium für die Kausalitätsbeurteilung zwischen angeschuldigtem Unfallereignis und geklagten Gesundheitsbeeinträchtigungen gilt, folgert der Gerichtssachverständige
Prof. Dr. I. überzeugend für den Senat, dass sich aufgrund der kompletten Rückläufigkeit der Symptome einerseits und andererseits mangels Objektivierbarkeit eines klinischen Korrelats bei der aktuellen klinischen Untersuchung diese Symptome weder als wesentliche Folge der angeschuldigten Unfallereignisse noch als hierdurch wesentlich verschlimmert feststellen ließen.
Diese Beurteilung des Sachverständigen
Prof. Dr. I. wird gestützt durch die Einschätzung des bereits im erstinstanzlichen Verfahren gehörten Sachverständigen
Dr. Z. in seinem Gutachten vom 10. Dezember 2006, der darin ausführte, dass die Zeitabstände zwischen den auftretenden Symptomen und den Impfungen einen immunologischen Zusammenhang unwahrscheinlich erscheinen ließen. Hierzu legte er für den Senat einleuchtend dar, dass bei der Bewertung des kausalen Zusammenhangs zwischen Impfungen und nicht erwünschten Arzneimittelreaktionen unter Zugrundelegung eines durch die Weltgesundheitsorganisation definierten Systems bei der Bewertung wichtig das plausible zeitliche Intervall und die pathophysiologische Erklärbarkeit des Geschehens sei. Auch er folgert daraus, dass die bei der Klägerin geschilderten Impfreaktionen in wahrscheinlichem Zusammenhang mit der Impfung besteht, dass dies jedoch nicht in Anbetracht der Schwere der Erkrankung der Klägerin plausibel sei. Hierzu legte er schlüssig dar, dass die erneuten Impfungen bei einer immunologisch vermittelten Hirnentzündung zu akuten Schüben der Erkrankung hätten führen müssen, was aber gerade nicht der Fall gewesen sei. Allenfalls als möglich bezeichnet er nach derzeitigem Erkenntnisstand die Mitwirkung der aluminiumhaltigen Adjuvantien in den verabreichten Impfstoffen, wobei jedoch bei der Klägerin gerade keine muskulären Symptome aufgetreten seien. Auch er geht davon aus, dass es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen um das Vorliegen einer Erkrankung unklarer Genese handelt, bei der die Impfungen pathophysiologisch mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Rolle gespielt hätten, zumal ein vergleichbarer Fall bislang ihm nicht zur Kenntnis gelangt sei. Auch er geht daher letztlich von einer unklaren neurologischen Erkrankung, die nicht im Zusammenhang mit den Impfungen steht, aus.
Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass
Prof. Dr. I. beim Ausmaß der von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigung eine deutliche Aggravationstendenz feststellt, insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachten Gangstörungen. Zwischen den gehörten Sachverständigen scheint darüber hinaus Einigkeit darüber zu bestehen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen am ehesten auf eine psychische Ursache zurückzuführen seien.
Da somit über einen Zeitraum von höchstens drei Wochen nach den jeweiligen streitgegenständlichen Impfvorgängen sich keine hierdurch wesentlich verursachten Gesundheitsbeeinträchtigungen wahrscheinlich machen lassen, besteht kein Anspruch auf Entschädigungsleistungen der Beklagten. So haben gemäß § 56
Abs. 1
SGB VII Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist.
Der Senat sah auch keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten zu etwaigen neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsschäden als Folgen des angeschuldigten Arbeitsunfalles einzuholen. Nach § 103
SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt zwar von Amts wegen, es ist jedoch an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Insbesondere muss das Gericht nicht nach Tatsachen forschen, für deren Bestehen die Umstände des Einzelfalls keine Anhaltspunkte bieten (s. BSGE 87, 132, 138; 36, 107, 110). Besonders für die Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es weiterer Anknüpfungstatsachen, die die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines mit besonderem Fachwissen ausgestatteten Sachverständigen zur Beurteilung dieser Tatsachen nahelegen. Solche liegen jedoch erkennbar nicht vor.
Der Senat sah auch keinerlei Veranlassung, dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bei Herrn
Prof. Dr. U. nach § 109
SGG nachzukommen. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde ein Gutachten nach § 109
SGG bei
Dr. Z. eingeholt; besondere Gründe, die eine erneute Beweiserhebung nach § 109
SGG in der zweiten Instanz rechtfertigen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich und wurden seitens der Klägerin auch nicht vorgetragen (s.
BSG NJW 1991, 3053). Ein besonderer Grund für die Anhörung mehrerer Ärzte kann darin liegen, dass es sich um Spezialisten handelt, wobei jeder für sein Sachgebiet Stellung nehmen soll. Wobei im Einzelfall dargetan werde muss, warum ein neuer Gutachter im konkreten Fall zusätzliche entscheidende Erkenntnisse hervorbringen kann. Insbesondere bei verwandten Fachrichtungen ist in der Regel kein Grund für ein weiteres Gutachten gegeben (
vgl. HLSG NZS 2002,
S. 279). Bereits
Dr. Z. wurde im erstinstanzlichen Verfahren in seiner Eigenschaft als Experte für Impfstoffsicherheit angehört. Inwieweit
Prof. Dr. U. über höhere Spezialkenntnisse verfügen soll, die einen weiteren Erkenntnisgewinn zur Aufklärung des vorliegenden Rechtsstreits bringen könnten, wurde seitens der Klägerin nicht dargelegt, weshalb dieser wiederholte Antrag nach § 109
SGG abzulehnen war. Dies konnte, nachdem den Beteiligten ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2010 gegeben worden war, im Urteil erfolgen (s.
BSG SozR § 109 Nrn. 33, 35;
vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 9. Auflage, § 109
Rdnr. 17a).
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben und war, insofern sie über die Geltendmachung von kurzfristigen Impfreaktionen hinausging, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG. Im Hinblick auf das überwiegende Unterliegen der Klägerin schien dem Senat eine Kostenbeteiligung der Beklagten nicht angemessen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
SGG nicht vorliegen.