Urteil
Berufskrankheit - medizinische Voraussetzung - belastungskonformes Schadensbild - 10-Jahresintervall - Anlageleiden - bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule - Krankenpfleger

Gericht:

LSG Darmstadt 11. Senat


Aktenzeichen:

L 11 U 363/01


Urteil vom:

28.03.2003


Orientierungssatz:

1. Zur Nichtanerkennung einer bandscheibenbedingten Lendenwirbelsäulenerkrankung eines Krankenpflegers als Berufskrankheit gem BKVO Anl 1 Nr 2108 mangels Vorliegens der zeitlichen Belastungskonformität des Schadensbildes bzw wegen Nichtvorliegens eines wenigstens 10jährigen Intervalls zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der klinischen und röntgenologischen Bandscheibenschadensymptomatik.

2. Der ursächliche Zusammenhang ist nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist und eine berufliche Verursachung ist auch nicht schon dann anzunehmen, wenn anlagebedingte bzw außerberufliche Ursachen nicht sicher identifiziert werden. Vielmehr ist der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Belastungseinwirkungen anhand zusätzlicher Merkmale positiv festzustellen und zu begründen ( vgl LSG Celle vom 27.9.2001 - L 6 U 358/00 = HVBG-RdSchr VB 35/2002).

3. Die wesentlichen für die Beurteilung des Ursachenzusammenhanges maßgeblichen Kriterien sind: Das Krankheitsbild, insbesondere in Form eines die Altersnorm überschreitenden Wirbelsäulenbefundes einerseits und eines belastungskonformen Schadensbildes andererseits, das Bestehen einer konstitutionellen Veranlagung bzw weitergehender konkurrierender Erkrankungen sowie die Eignung der belastenden Einwirkung zur Verursachung der Krankheit, biomechanische Begleitumstände wie Körperhaltung und zur Verfügung stehende Hilfsmittel, individuelle Konstitution und zeitliche Korrelation zwischen Erkrankungsverlauf und beruflichen Überlastungen.

4. Ein als belastungskonform zu bezeichnendes Schadensbild lässt nach älteren und neueren epidemiologischen Untersuchungen ein dem Lebensalter vorauseilendes Auftreten osteochondrotischer und spondylotischer Reaktionen am Achsenorgan bei körperlich überdurchschnittlich belasteten Personen erwarten mit einem von oben nach unten eher zunehmenden Schadensbild. Dabei tritt eine vorzeitige Osteochondrose bevorzugt in den unteren Segmenten der Lendenwirbelsäule und eine vorzeitige Spondylose in den oberen Segmenten unter eventueller Einbeziehung der unteren Etagen der Brustwirbelsäule auf.

5. Die Feststellung einer wesentlich beruflich verursachten Schädigung der Lendenwirbelsäule ist nur dann möglich, wenn Lokalisation und zu erwartende Überbelastungswirkungen korrespondieren. Liegen hingegen an der gesamten Wirbelsäule gleichmäßig verteilte degenerative Veränderungen vor, so spricht dies gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigenden Einwirkungen und einer vorhandenen Gesundheitsstörung.

6. Degenerative Lendenbandscheibenerkrankungen sind auch ohne die seltenen konkurrierenden Ursachen als Folge einer prädisponierenden inneren Anlage in der Allgemeinbevölkerung soweit verbreitet, dass als weiteres positives Kriterium für die Anerkennung einer BK Nr 2108 in der gutachterlichen Praxis eine Konformität des konkreten Krankheitsbildes mit dem beruflichen topografischen und zeitlichen Belastungsprofil der LWS gefordert wird.

Verfahrensgang:

SG Darmstadt - S 3 U 1227/99
BSG vom 7.09.2004 - B 2 U 34/03 R

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

JURIS-GmbH

Referenznummer:

KSRE034990322


Informationsstand: 09.09.2003