Leitsatz:
1. Bei der erheblichen Gehbehinderung iS von §§ 59 Abs 1 S 1, 60 Abs 1 S 1 SchwbG kommt es ua darauf an, ob der Behinderte noch in der Lage ist, eine Wegstrecke von 2 Kilometern in einer halben Stunde zurückzulegen (vgl BSG vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 = BSGE 62, 273 = SozR 3870 § 60 Nr 2). Eine weitere Differenzierung danach, daß beim Zurücklegen der Strecke "drei- bis viermal die Geschwindigkeit für die Dauer einer Wegstrecke zwischen 6 und 20 Metern auf die ermittelte Räumgeschwindigkeit von mindestens 4,32 km/h zu steigern ist, die zum Überqueren von ampelgesicherten Straßen erforderlich ist", ist abzulehnen; sie ist rechtlich nicht geboten und nicht praktikabel und sie würde die erhebliche Gehbehinderung von den jeweiligen örtlichen Verhältnissen abhängig machen.
2. Ein praktischer Gehtest über eine Strecke von (bis zu) 2000 Metern, bei der der Prüfer die einzelnen Gehphasen - normale Gehstrecken, Straßenübergänge, Gehpausen - nach Minuten und Sekunden festhält, ist zur Prüfung der erheblichen Gehbehinderung nicht geeignet, weil eine nicht oder nicht hinreichend kontrollierbare Beeinflussung des Prüfungsergebnisses durch den Prüfling in Form von Aggravation oder Simulation nicht ausgeschlossen werden kann. Die "Erfahrung" des prüfenden Sachverständigen kann in solchen Fällen, in denen es auf besonders leicht erkennbare Weise um die Bestätigung eines klägerischen Vortrages durch den Kläger selbst ankommt, keine entscheidende Rolle spielen, wenn sie nicht auf objektivierbaren Maßstäben beruht.
Rechtszug:
vorgehend SG Berlin 1988-01-28 S 48 Vs 1783/86