Urteil
Zurruhesetzung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit

Gericht:

VG Düsseldorf 2. Kammer


Aktenzeichen:

2 K 11651/17


Urteil vom:

04.04.2018


Grundlage:

  • LPVG § 66 |
  • LPVG § 72 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 |
  • LGG § 18 Abs. 2 |
  • BeamtStG § 26 Abs. 1 S. 2 |
  • LBG NRW § 33 Abs. 1 S. 3

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wurde am 0. Mai 1957 geboren. Am 10. April 2003 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer ernannt. Er unterrichtete in der Städtischen Gemeinschaftshauptschule T.-allee in E.

Unter dem 19. Dezember 2008 wies der Schulleiter die Bezirksregierung E1. darauf hin, dass der Kläger seit Anfang November 2008 krankheitsbedingt keinen Dienst mehr leiste. Einem ihm angebotenen Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) stimmte der Kläger unter dem 26. Januar 2009 zu. Anfang März 2009 teilte der Kläger unter Hinweis auf ein Attest von Dr. W. indes mit, dass eine Wiedereingliederung erst Mitte bis Ende August 2009 erfolgen könne. Am 18. Mai 2009 setzte die Bezirksregierung E1. die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung des Klägers zum Zwecke seiner Wiedereingliederung stufenweise herab. Der Kläger sollte seinen Dienst ab dem 17. August 2009 mit zunächst 14 Lehrerwochenstunden aufnehmen. Die letzte Phase der Wiedereingliederung (21. Dezember 2009 bis zum 16. Februar 2010) sah eine Lehrerwochenstundenzahl von 24 vor.

Am 17. Februar 2010 nahm der Kläger seinen Dienst im vollen Umfang (28 Wochenstunden) wieder auf. Nach erneuten krankheitsbedingten Fehltagen ordnete die Bezirksregierung E1. die amtsärztliche Untersuchung des Klägers an. Unter dem 28. März 2011 teilte sie ihm mit, dass er unter Berücksichtigung des Untersuchungsergebnisses derzeit voll dienstfähig sei.

Mit Wirkung vom 1. August 2011 versetzte die Bezirksregierung E1. den Kläger an die T1. , Städtische Katholische Hauptschule. Seit dem 19. Oktober 2015 war er erneut dienstunfähig erkrankt. Nach einem fachärztlichen Attest von Dr. W. vom 6. Dezember 2016 befindet sich der Kläger seit dem 18. Dezember 2008 in regelmäßiger Behandlung. In diagnostischer Hinsicht handele es sich auf psychiatrischem Fachgebiet um eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (F33.1). Auf somatischem Fachgebiet bestünden eine arterielle Hypertonie, eine Leberzirrhose im Stadium A sowie eine ausgeprägte Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule. Insbesondere aufgrund der ausgeprägten Schmerzsymptomatik sowie der depressiven Symptomatik mit Einschränkungen der Konzentration sowie allgemeiner psychischer Belastbarkeit liege eine dauerhafte Dienstunfähigkeit vor.

Nach dem amtsärztlichen Gutachten von Frau I. vom Gesundheitsamt der Stadt L. vom 30. März 2017 sei das körperliche Leistungsvermögen des Klägers massiv eingeschränkt. Durch einen Sturz in der Badewanne habe der Kläger am 25. Oktober 2016 eine instabile LWK-2-Fraktur erlitten, die operativ habe versorgt werden müssen. Daraus resultierten massive Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und der Mobilität. Zudem bestünden eine chronische Alkoholkrankheit, eine Leberzirrhose mit hepatischer Enzephalopathie Grad 2 und Ösophagusvarizen Grad 1. Auch psychisch sei der Kläger schwer beeinträchtigt. Er leide unter einer chronischen Depression. Bei dieser Sachlage sei keinesfalls eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate zu erwarten. Eine Eignung für eine anderweitige Tätigkeit bestehe nicht. Zudem handele es sich um einen Dauerzustand. Er sei dauern dienstunfähig.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2017, zugestellt am 8. Juni 2017, versetzte die Bezirksregierung E1. den Kläger nach vorheriger Anhörung wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Zur Begründung gab sie an, der Kläger habe zwar geltend gemacht, dass eine Operation der Lendenwirbelsäule anstehe. Hierbei verkenne er jedoch, dass die Dienstunfähigkeit auch auf eine chronische Alkoholkrankheit und chronische Depressionen beruhen würde.

Der Kläger hat am 23. Juni 2017 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Eine dauernde Dienstunfähigkeit sei nicht gegeben. Vielmehr sei zu erwarten, dass er seine Dienstfähigkeit nach der aktuell erfolgenden Maßnahme zur Rehabilitation wieder erlangen werde. Sein heutiger Gesundheitszustand gehe im Wesentlichen auf einen im Oktober 2015 erlittenen Unfall zurück. Bei dem Versuch, die Badewanne zu verlassen, habe er sich eine Fraktur des 2. Lendenwirbelkörpers (LWK2) zugezogen. Übrige Erkrankungen, die der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid anführe, spielten für seine Dienstunfähigkeit keine ausschlaggebende Rolle. Diese Erkrankungen seien nicht neu und hätten "wenig Schnittpunkte mit der Verletzung von Oktober 2015". Er gehe davon aus, dass sich die im Oktober 2015 zugezogenen Verletzungen rückläufig entwickeln würden und dass nach dem Absolvieren einer Reha-Maßnahme seine Dienstfähigkeit wieder gegeben sei. Die kürzlich begonnene Reha-Maßnahme habe er zwar aufgrund einer akuten Erkrankung abbrechen müssen; sie solle aber nun erneut stattfinden. Auch in Zukunft würden zwar aus den im Oktober 2015 zugezogenen Verletzungen Beeinträchtigungen verbleiben. Es bestehe aber eine erhebliche Aussicht, dass sich diese soweit zurückbildeten, dass er seine Tätigkeit als Lehrer wieder ausüben könne. Zwar werde er wohl seine Tätigkeit nur wechselnd im Sitzen und Stehen ausüben können. Dies stelle jedoch gerade für eine Lehrkraft keine wesentliche Beeinträchtigung dar. Bereits der Umstand, dass eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation durchgeführt werde, zeige gerade die ärztliche Erwartung, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers verbessern ließe. Nach der ärztlichen Bescheinigung von Dr. I1., BG Klinikum E., vom 15. Mai 2017 sei eine operative Versorgung des Klägers geplant. Es sei davon auszugehen, dass eine Beschwerdebesserung bis zur Beschwerdefreiheit erreicht werden könne. Soweit der Beklagte eine chronische Alkoholkrankheit für die Annahme seiner Dienstunfähigkeit anführe, sei anzumerken, dass er seit mehr als einem Jahr keinen Alkohol mehr konsumiert habe. Die psychische Erkrankung liege bereits seit dem Jahr 2008 vor, ohne dass sie in der Vergangenheit seine Dienstunfähigkeit beeinträchtigt habe. Nicht anders verhalte es sich heute.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Bezirksregierung E1. vom 2. Juni 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor: Das amtsärztliche Gutachten führe das eingeschränkte Leistungsvermögen des Klägers nicht nur auf eine instabile LWK-2-Fraktur zurück. Vielmehr bestünden daneben unter anderem eine chronische Alkoholabhängigkeit und eine chronische Depression. Diese Erkrankungen begründeten für sich gesehen bereits die dauernde Dienstunfähigkeit des Klägers. Der geplante operative Eingriff betreffe diese Erkrankungen nicht. Zudem sei zu berücksichtigen, dass auch eine Reha-Maßnahme zur Verbesserung der Leiden im Bereiche der Lendenwirbelsäule aufgrund einer Erkrankung des Klägers habe abgebrochen werden müssen. Schließlich führe eine positive Rehabilitationsprognose für sich gesehen nicht auf eine Dienstfähigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte durch den Einzelrichter entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. April 2018 zur Entscheidung übertragen hat (vgl. § 6 VwGO). Der Einzelrichter konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angegriffene Bescheid der Bezirksregierung E1. vom 2. Juni 2017 ist formell wie materiell rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Zunächst bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung. Der Kläger ist unter dem 27. April 2017 angehört worden. Die nach den §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 LPVG erforderliche Zustimmung des Personalrats hat dieser am 17. Mai 2017 erteilt. Die nach § 18 Abs. 2 LGG zu beteiligende Gleichstellungsbeauftragte hat keine Einwände erhoben. Ferner wurde die Schwerbehindertenvertretung über die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers unterrichtet.

Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (sog. vermutete Dienstunfähigkeit). Die gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG landesrechtlich zu bestimmende Frist beträgt gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW im Land Nordrhein-Westfalen sechs Monate.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Feststellung der nachgewiesenen wie auch der vermuteten Dienstunfähigkeit ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, also hier der Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung vom 2. Juni 2017.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris.

Der Begriff der Dienstunfähigkeit ist spezifisch beamtenrechtlicher Art. Er stellt - im Unterschied zu den rentenversicherungsrechtlichen Begriffen Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung - nicht allein auf die Person des Beamten ab, sondern knüpft auch an die Bedürfnisse des Dienstherrn, dabei insbesondere die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb an. Dementsprechend kommt es nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen körperlichen Gebrechen oder sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen, die objektiven ärztlichen Befunde und deren medizinische Qualifikation als solche an, sondern letztlich darauf, ob der Beamte aufgrund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten fähig oder ggf. auch dauernd unfähig ist. Nicht erforderlich ist dabei, dass die Fähigkeit zur Dienstleistung schlechthin verloren gegangen ist. So liegt eine dauernde Dienstunfähigkeit selbst dann vor, wenn etwa durch eine Vielzahl in relativ kurzen Zeitabständen immer wieder auftretender - sei es gleicher oder zum Teil unterschiedlicher - Erkrankungen von längerer Dauer, die auf eine Schwäche der Gesamtkonstitution und eine damit verbundene Anfälligkeit des Beamten schließen lassen, der Dienstbetrieb empfindlich und unzumutbar beeinträchtigt wird und wenn eine Besserung des Zustandes in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris, Rn. 42.

Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten ist das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Beamte die Aufgaben bewältigen kann, die das konkret-funktionelle Amt, also der Dienstposten, mit sich bringt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, juris, Rn. 46; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.

Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, juris, Rn. 14, und vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, juris, Rn. 11 und OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 6 A 915/14 -, juris, Rn. 72.

Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Beschäftigungsbehörde im vorstehenden Sinne anzusehen.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 46, 53.

Hiernach ist im Falle des Klägers Dienstunfähigkeit anzunehmen. Ihm war das abstrakt-funktionelle Amt eines Lehrers an der T1., Städtische Katholische Hauptschule, in L1. übertragen worden. Ein Dienstposten, der seinem Statusamt zugeordnet war, und dessen Anforderungen der Kläger gesundheitlich gewachsen gewesen wäre, stand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung bei der Beschäftigungsbehörde nicht zur Verfügung. Nach dem amtsärztlichen Gutachten des Gesundheitsamtes der Stadt L1. vom 30. März 2017 ist das körperliche Leistungsvermögen des Klägers massiv eingeschränkt. Aus einer instabilen LWK-2-Fraktur, die operativ versorgt werden musste, resultieren nach dem amtsärztlichen Gutachten massive Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule und der Mobilität. Zudem bestehe nach dem Gutachten eine chronische Alkoholkrankheit, eine Leberzirrhose mit hepatischer Enzephalopathie Grad 2 und Ösophagusvarizen Grad 1. Auch psychisch ist der Kläger nach den amtsärztlichen Feststellungen schwer beeinträchtigt. Er leidet danach unter einer chronischen Depression. Bei dieser Sachlage ist eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate nicht zu erwarten. Eine Eignung für eine anderweitige Tätigkeit besteht nicht. Es handelt sich um einen Dauerzustand. Der Kläger ist nach dem amtsärztlichen Gutachten dauernd dienstunfähig.

Die dagegen erhobenen Einwände des Klägers greifen nicht durch. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung war der Kläger dauernd dienstunfähig. Die Feststellungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 30. März 2017, der Kläger sei unter anderem aufgrund einer instabilen LWK-2-Fraktur dienstunfähig, begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Es ist nicht ersichtlich, dass die operative Versorgung des Klägers wieder zu seiner Dienstfähigkeit geführt hat. Die erste Rehabilitationsmaßnahme hat er krankheitsbedingt abbrechen müssen. Zudem räumt der Kläger selbst ein, dass auch nach der erfolgten operativen Versorgung Beeinträchtigungen verbleiben werden und eine Dienstverrichtung als Lehrer voraussichtlich (nur) wechselnd im Sitzen und Stehen in Betracht käme. Die Annahme in dem ärztlichen Attest von Dr. I1. vom 15. Mai 2017, dass davon auszugehen sei, dass wieder eine volle Dienstfähigkeit eintritt, wird nicht näher begründet. Im Übrigen verkennt der Kläger grundlegend, dass die amtsärztliche Feststellung seiner Dienstunfähigkeit eben nicht nur auf die LWK-Fraktur zurückzuführen ist, sondern auch auf seine chronische Alkoholkrankheit und seine chronischen Depressionen. Hiergegen wendet der Kläger nichts Durchgreifendes ein. Das Vorbringen, er habe seit mehr als einem Jahr keinen Alkohol getrunken, ist unsubstantiiert. Einen Nachweis hierfür hat der Kläger nicht erbracht. Unabhängig davon hat die Amtsärztin festgestellt, dass der Kläger unter einer Leberzirrhose mit hepatischer Enzephalopathie Grad 2 leidet. Die hepatische Enzephalopathie ist eine Funktionsstörung des Gehirns, die durch eine unzureichende Entgiftungsfunktion der Leber infolge einer meist chronischen Leberkrankheit entsteht. In dem bei dem Kläger festgestellten Grad 2 liegt eine erhebliche Minderung der Bewusstseinslage mit Orientierungsstörungen, ausgeprägter Gedächtnisstörung, Verarmung des Gefühlslebens und verzögerter Reaktion auf Ansprache vor. Dass sich diese Erkrankungen alleine durch den - durch nichts belegten - einjährigen Verzicht auf Alkoholkonsum nachhaltig verbessert haben, hat der Kläger nicht belegt. Schließlich sind amtsärztlich weiter Ösophagusvarizen und damit Krampfadern (Varizen) der Speiseröhre (Ösophagus) festgestellt worden, auf die die Dienstunfähigkeit fußt. Auch hiergegen hat der Kläger keine durchgreifenden Einwände erhoben.

Schließlich beruht die Annahme der Dienstunfähigkeit des Klägers auf seinen chronischen Depressionen. Dass der Kläger bereits seit 2008 unter dieser psychischen Erkrankung leidet und gleichwohl seinen Dienst verrichtet hat, bedeutet, nicht, dass er deswegen nicht mehr zur Ruhe gesetzt werden kann. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn der Kläger versucht, glauben zu machen, dass er trotz der psychischen Erkrankungen seinen Dienst verrichten konnte und weiterhin kann, übersieht er, dass er aufgrund dieser Erkrankung bereits seit dem Jahre 2008 erhebliche krankheitsbedingte Ausfallzeiten hatte. Überdies hat auch der ihn behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. W. unter dem 6. Dezember 2016 ausgeführt, dass der Kläger unter anderem aufgrund der depressiven Symptomatik mit Einschränkungen der Konzentration sowie allgemeiner psychischer Belastbarkeit dauernd dienstunfähig ist. Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran im maßgeblichen Zeitpunkt etwas geändert haben könnte. Für die Frage der Dienstunfähigkeit ist es in dem vorliegenden Zusammenhang im Übrigen nicht entscheidend, auf welche Umstände (wie hier die Trennung und anschließende Scheidung von der Ehefrau und Differenzen mit dem Vater) sie zurückzuführen ist. Wenn eine Dienstunfähigkeit des Beamten gegeben ist, verbleibt dem Dienstherrn hinsichtlich der Zurruhesetzung kein Entscheidungsspielraum mehr. Im Gegenteil, wenn der Beamte - wie hier - aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seinen Dienst zu verrichten, dann ist er in den Ruhestand zu versetzen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 6 A 915/14 -, juris, Rn. 70, unter Hinweis darauf, dass der Dienstherr bei Dienstunfähigkeit des Beamten zur Zurruhesetzung verpflichtet ist und ihm insoweit kein Ermessensspielraum eröffnet ist.

Es liegt auch kein Verstoß gegen die Pflicht des beklagten Landes vor, eine anderweitige Verwendung des Klägers zu prüfen. Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

Die Suchpflicht entfällt aber, wenn wie hier feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 - 6 A 1364/14 -, juris, mit weiteren Nachweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 65.000 Euro festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG erfolgt.

Referenznummer:

R/R7994


Informationsstand: 15.03.2019