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Urteil
Benachteiligung im Bewerbungsverfahren - Einladung zum Vorstellungsgespräch lässt keinen Rückschluss auf objektive Eignung zu

Gericht:

ArbG Berlin


Aktenzeichen:

60 Ca 16030/13


Urteil vom:

18.06.2014


Grundlage:

Leitsätze:

1. Eine Benachteiligung aufgrund einer Behinderung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens setzt eine objektive Eignung des Bewerbers voraus, weil nur dann eine vergleichbare Situation vorliegt (st. Rspr., siehe nur BAG vom 13.10.2011 - 8 AZR 608/10).

2. Die Stelle eines Gebärdensprachdolmetschers, d.h. eines Übersetzers von Gebärdensprache in Lautsprache und umgekehrt setzt als objektive Eignung die Fähigkeit zum Sprechen und zum Verstehen gesprochener Sprache auch ohne vorherige Überführung in Schrift voraus. Hierauf muss in der Stellenausschreibung nicht gesondert hingewiesen werden. Allein aus der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch gem. § 82 SGB IX kann nicht ohne Weiteres auf die objektive Eignung geschlossen werden; es ist nicht zu beanstanden, wenn auch bei erheblichen Zweifeln an bestehender Eignung eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt.

Kurzbeschreibung:

Als Aufgabe war in der Stellenbeschreibung für einen Gebärdendolmetscher u. a. das "Dolmetschen aus dem Deutschen in die Deutsche Gebärdensprache (DGS) und aus der Deutschen Gebärdensprache ins Deutsche" angegeben. Der Kläger teilte in seiner Bewerbung mit, er sei gehörlos. Der Kläger wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Dort konnte ein Prüfungsteil - Dolmetschen einer Rede in Gebärdensprache - vom Kläger mangels vorheriger Übertragung in Schriftsprache nicht absolviert werden. Nachdem sich die Beklagte für eine andere Bewerberin entschieden hatte, machte der Kläger Ansprüche nach § 15 Abs. 1, 2 AGG geltend. Das ArbG Berlin ging davon aus, der Kläger erfülle nicht die objektiven Eignungsvoraussetzungen der ausgeschriebenen Stelle eines Gebärdendolmetschers, denn Voraussetzung für eine Tätigkeit als Gebärdensprachdolmetscher sei die Fähigkeit zu sprechen. Diese könne auch nicht durch eine Arbeitsassistenz überbrückt werden. Aus der Einladung zu dem Vorstellungsgespräch folge keine objektive Eignung des Klägers für die Tätigkeiten. Es sei nicht im Vorfeld abschließend zu prüfen, ob die objektive Eignung vorliege, sondern eine Einladung dürfe nur unterbleiben, wenn dies offensichtlich fehle. Dies könne aufgrund der Bewerbung beurteilt werden, angesichts des Maßstabs der Offensichtlichkeit müsse hier aber auch nicht jede Unklarheit im Vorfeld aufgeklärt werden. Aus einem - vom Gesetz gewollten - großzügigen Maßstab bei der Einladung ergäben sich entsprechend keine Schlussfolgerungen bezüglich des tatsächlichen Vorliegens der fachlichen Eignung.

(Quelle: Behindertenrecht 01/2015)

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Behindertenrecht 01/2015

Referenznummer:

R/R6329


Informationsstand: 09.09.2014