I.
Die nach § 64
Abs. 1 und 2
ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist
gem. §§ 66
Abs. 1, 64
Abs. 6
ArbGG iVm. §§ 519, 520
ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.
II.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die beklagte Hochschule nicht verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung nach
§ 15 Abs. 2 AGG zu zahlen. Der Kläger ist nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden.
1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15
Abs. 2
AGG, den der Kläger frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt hat (§ 15
Abs. 4
AGG, § 61b
Abs. 1
ArbGG) setzt einen Verstoß gegen das in
§ 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus (§ 15
Abs. 2
iVm. § 15
Abs. 1 Satz 1
AGG) und ist verschuldensunabhängig. Das Benachteiligungsverbot in § 7
Abs. 1
AGG untersagt im Anwendungsbereich des
AGG eine Benachteiligung wegen eines in
§ 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach
§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81
Abs. 2 Satz 2
SGB IX die Regelungen des
AGG. Bewerber haben Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (
BAG 20.01.2016 -
8 AZR 194/14 - Rn. 15
ff. mwN).
2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsanschreiben vom 29.01.2015 über die vorhandene Schwerbehinderung in Kenntnis gesetzt. Eine Information im Bewerbungsanschreiben ist regelmäßig ausreichend. Im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus
§ 82 SGB IX reicht es aus, über das Vorliegen einer "Schwerbehinderung" zu informieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nicht zusätzlich erforderlich, den
GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Achten Senats (insb.
BAG 18.09.2014 -
8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26.09.2013 -
8 AZR 650/12 - Rn. 30), die das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, etwas anderes ergeben sollte, hat das Bundesarbeitsgericht hieran ausdrücklich nicht festgehalten (
BAG 22.10.2015 -
8 AZR 384/14 - Rn. 40 mwN).
Der Kläger hat in seinem Bewerbungsanschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen. In dem Fall, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2015 (aaO) zugrunde lag, hat der dortige Bewerber formuliert: "Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren". Vorliegend hat der Kläger im vierten Absatz seines Bewerbungsanschreibens ausgeführt: "Eine daran anschließende unternehmerische Tätigkeit als [...] habe ich erkrankungsbedingt aufgegeben müssen. Aus der Erkrankung resultierte eine Schwerbehinderung, die mich in der Ausübung der ausgeschriebenen Position allerdings nicht beeinträchtigen dürfte." Das genügte. Die Beklagte hat den Hinweis auf die Schwerbehinderung auch erkannt, denn sie hat die Bewerbung des Klägers an die Schwerbehindertenbeauftragte weitergeleitet und diese um Stellungnahme gebeten.
3. Der Kläger hat wegen seiner Schwerbehinderung im konkreten Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren keine weniger günstige Behandlung erfahren, denn ihm fehlte für die ausgeschriebene Stelle mit der Bezeichnung "Leiter/in der Rechenzentren (CIO)" offensichtlich die fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3
SGB IX.
a) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2
SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3
SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten (
BAG 20.01.2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 32 mwN).
b) Ob einem Bewerber "offensichtlich" die fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3
SGB IX fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil des Bewerbers zu ermitteln (
BAG 16.02.2012 -
8 AZR 697/10 - Rn. 49 mwN). Mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3
SGB IX (
BVerwG 03.03.2011 -
5 C 16/10). Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf der Arbeitgeber allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des
AGG de facto beseitigen (
BAG 23.08.2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 27 mwN;
LAG Rheinland-Pfalz - 10.02.2015 -
6 Sa 465/14 - Rn. 38 mwN).
Für die Stellenvergabe im öffentlichen Dienst gilt das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Bestenauslese, dh. der Leistungsgrundsatz des
Art. 33
Abs. 2
GG, uneingeschränkt. Danach hat nur der für die zu besetzende Stelle am besten geeignete Bewerber einen Anspruch auf Einstellung, sobald und solange sich der öffentliche Arbeitgeber im Rahmen seiner Organisationsgewalt - wie hier - dafür entschieden hat, verfügbare Stellen im Wege der Bewerberauswahl zu besetzen. Dem Prinzip der Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch die durch das Benachteiligungsverbot des § 7
Abs. 1
AGG geschützten Personengruppen unterworfen. Fehlen einem Bewerber die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, verschafft ihnen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch darauf, von bestimmten Qualifikationsmerkmalen befreit zu werden (
BVerwG 03.03.2011 - 5 C 16/10 - Rn. 20 mwN). Der öffentliche Arbeitgeber ist bei der Erstellung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen und
ggf. tarifvertraglichen Vorgaben gebunden. Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzufertigen. Eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt darf nur aufgrund sachlicher Erwägungen erfolgen (
BVerwG 03.03.2011 - 5 C 16/10 - Rn. 22 mwN). Wenn der schwerbehinderte Bewerber das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle offensichtlich völlig verfehlt, muss er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.
c) So liegen die Dinge hier. Dem Kläger fehlt offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle eines Leiters der Rechenzentren (CIO) der Beklagten. Dies kann die Berufungskammer auch ohne besondere Fachkunde im
IT-Bereich selbst beurteilen.
aa) Zu den Aufgaben als Leiter der Rechenzentren gehören unstreitig Aus- und Aufbau der
IT-Infrastruktur, Netzausbau, Serveradministration, Anbindung und Service des Rechenzentrums für Anwendungen in Lehre, Forschung und Verwaltung. Die Beklagte hat ausweislich des Anforderungsprofils für die zu besetzende Stelle sowohl "Erfahrung in Führung einer
IT-Bereichs" sowie "Erfahrungen in der Steuerung komplexerer
IT-Projekte" normativ vorgeschrieben. Außerdem verlangte sie "sehr gute Kenntnisse der aktuellen Informationstechnologie". Es ist sachlich gerechtfertigt und nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beklagte (eine Hochschule mit
ca. 8.800 Studierenden) für den Leiter ihrer Rechenzentren praktische
IT-Erfahrungen und sehr gute
IT-Kenntnisse als "Kernvoraussetzungen" zwingend fordert.
bb) Über derartige Erfahrungen und Kenntnisse verfügt der Kläger jedoch ausweislich der seinem Bewerbungsanschreiben beigefügten Unterlagen (Lebenslauf und teilweise Arbeitszeugnisse) offensichtlich nicht. Im Lebenslauf hat der Kläger schon in der Überschrift angegeben, dass er in den Bereichen "Marktforschung und Unternehmensberatung" tätig war. Dem Lebenslauf lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass der Kläger die notwendigen Erfahrungen im operativen Geschäft eines
IT-Bereichs gesammelt hat. Auch aus den Arbeitszeugnissen, die der Kläger für die Zeit bis einschließlich 30.06.2001 vorgelegt hat, geht nicht hervor, dass er Erfahrungen im Führen eines
IT-Bereichs oder in der Steuerung komplexerer
IT-Projekte erworben hat. Damit erfüllt er bereits konstitutive Anforderungsmerkmale nicht.
Der Kläger hat seit 1988 bis ins Jahr 2013 in verschiedenen Funktionen gearbeitet. All diesen Funktionen und Aufgabengebieten ist gemein, dass sie ganz überwiegend im Bereich Marktforschung und Unternehmensberatung angesiedelt waren (Senior Consultant, Marketing Manager, Business Development Manager, Inhouse-Consultant, Fremdgeschäftsführer). Im Einzelnen:
(1) In der Zeit von 1988 bis 1991 (vor dem Studium) arbeitete der Kläger nach seinen Angaben im Lebenslauf als Geschäftsstellenleiter im Bereich Vermittlung von Allfinanzprodukten und im Bereich des Aufbaus lokaler Vertriebsgruppen für den Finanz- und Versorgungsdienst der Aachener & Münchener Versicherungen.
(2) In den Monaten von März bis Oktober 1992 war er als Freelancer für die Boston Consulting Group tätig. Nach seinen Angaben im Lebenslauf war er mit diversen Projekten für Telekommunikation, Food sowie mit der wissenschaftlichen Ausarbeitung eines TOP100 Triaden-Vergleichs betraut worden.
(3) Im Zeitraum von November 1996 bis Mai 1997 war der Kläger als Fremdgeschäftsführer einer der ersten New Media Agenturen, der a.
GmbH, angestellt. Ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 02.07.1997 gehörte zu seinen Aufgaben die Auswahl geeigneter Büroräume und der technischen Büroausstattung, Personalsuche und -einstellung sowie die Akquisition von Kunden.
(4) Im Zeitraum von Juli 1997 bis Juli 1998 war der Kläger als Senior Consultant für die K. Unternehmensberatung tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 01.09.1998 die Durchführung einer Marktstudie über die Entwicklungstendenzen im Callcenter Markt, die Durchführung einer Analyse und Konzeption diverser Geschäftsmodelle für den Markteintritt eines TK-Carriers sowie die Durchführung von Detailanalysen auf Basis konkreter Business-Cases für den Geschäftsbereich "Electronic Commerce" eines TK-Carriers.
(5) Im Zeitraum von Juli 1998 bis Oktober 1999 war der Kläger als Marketing Manager/Niederlassungsleiter der C.
AG tätig. Ausweislich des Lebenslaufs und des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 30.09.1999 gehörte die strategische Geschäftsfeldplanung, das Chance-
bzw. Eskalationsmanagement, die Prozessoptimierung, die Repräsentation auf öffentlichen Veranstaltungen als Referent, Ausarbeitung und Koordination mehrerer Ausschreibungen von Großkunden aus der Versicherungsbranche, Betreuung von Kunden aus der Versicherungsbranche sowie diverse Aufgaben im Bereich des Marketings zu seinen Aufgabengebieten.
(6) Im Zeitraum von November 1999 bis Dezember 2000 war der Kläger ausweislich des Lebenslaufs als Business Development Manager bei der I.
GmbH tätig und hat ua. Projekte und Key-Customer betreut, sowie zahlreiche Veranstaltungen und Referate auch in englischer Sprache durchgeführt.
(7) Von Dezember 2000 bis Juni 2001 hat der Kläger als Vorstand für Technik & Marketing bei h.de gearbeitet. Er war verantwortlich für die Bereiche Technik und Marketing. Hierbei hat er ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 30.06.2001 insbesondere Marketing- und Vertriebsmaßnahmen durchgeführt sowie Kooperationspartner ausgewählt.
(8) Im Zeitraum von Juli 2001 bis Mai 2002 hat der Kläger nach seinen Angaben im Lebenslauf sodann als Inhouse-Consultant bei der t.
AG gearbeitet. Zu seinen Aufgaben gehörte Akquisitionsunterstützung sowie Projektleitung.
(9) Im Zeitraum von Januar 2004 bis Dezember 2008 war er nach seinen Angaben im Lebenslauf im Bereich Beratung und Coaching im Rahmen eines Unternehmensaufbaus beschäftigt.
cc) Bei all diesen Tätigkeiten hat der Kläger offensichtlich keinerlei Erfahrungen in der Führung eines
IT-Bereichs gesammelt. Er hat offensichtlich keine komplexeren
IT-Projekte gesteuert oder sehr gute Kenntnisse der allgemeinen
IT erworben.
Der Kläger hat lediglich im Zeitraum von September 1992 bis Mai 1995 während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Versicherungswirtschaft an der Hochschule St. G. Erfahrungen im Bereich der
IT gesammelt. Ansonsten ist er ausschließlich im Bereich Marktforschung und Unternehmensberatung tätig gewesen. Der Lebenslauf des Klägers weist im Zeitraum von 2007 bis 2008 die Tätigkeit "Sourcing von
IT-Projekten" in Rumänien & Indien, Personalsuche, insb. in Rumänien, auf. Auch in dieser Zeit hat er keine komplexen
IT-Projekte gesteuert, einen
IT-Bereich geführt oder sehr gute
IT-Kenntnisse erworben.
Schließlich hat der Kläger in der Zeit von 2005 bis 2013 ausweislich seiner Angaben im Lebenslauf Daten gesammelt und große Datenmengen über Internetfirmen ausgewertet. Auch bei diesen Tätigkeiten hat er keine komplexen
IT-Projekte gesteuert oder einen
IT-Bereich geführt.
ee) Die geforderten "sehr guten allgemeinen Kenntnisse der aktuellen Informationstechnologie" besitzt der Kläger ebenfalls offensichtlich nicht. Er ist lediglich in der Zeit von September 1992 bis Mai 1995 als Betreuer der internen
IT der Hochschule St. G. tätig gewesen. Angesichts des technischen Fortschritts und der Entwicklung der Informationstechnologie sind die bis 1995 möglicherweise erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen aus heutiger Sicht überholt.
4. Weil die Beklagte somit nicht gegen die grundsätzlich
gem. § 82 Satz 2
SGB IX bestehende Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen hat, begründet die Nichteinladung des Klägers auch keine Vermutung für seine unzulässige Benachteiligung wegen seiner Behinderung (
§ 22 AGG) (
BAG 07.04.2011 -
8 AZR 679/09 - Rn. 51 mwN).
III.
Der Kläger hat nach § 97
Abs. 1
ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72
Abs. 2
ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.