Urteil
Keine Diskriminierung wegen Behinderung - Zulässige Anforderung "Prädikat in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung"

Gericht:

VGH München


Aktenzeichen:

3 ZB 17.558


Urteil vom:

06.05.2019


Grundlage:

Leitsätze:

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils iSv § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, wenn der Berufungsführer im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hat und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen.

2. In einer Stellenausschreibung können eine bestimmte Mindestnote oder andere besondere Qualifikationen in zulässiger Weise gefordert werden, um schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung anhand bestimmter Kriterien als ungeeignet angesehene Bewerber aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber auszuschließen. Die Anforderung "Prädikat in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung" stellt eine gerade unter dem Gesichtspunkt des Art. 33 Abs. 2 GG zu bejahende sachliche Einschränkung des Bewerberkreises dar.

3. Eine am objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bewerber - allesamt Absolventen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung - ausgerichtete Auslegung ergibt, dass mit dem Begriff "Prädikatsexamen" in einer Stellenausschreibung eine Abschlussnote von mindestens 6,50 Punkten verbunden ist.

4. Die Einladung einer schwerbehinderten Bewerberin durch eine öffentliche Arbeitgeberin ist entbehrlich, wenn ihre fachliche Eignung offensichtlich fehlt (§ 82 S. 3 SGB IX aF, § 165 S. 4 SGB IX nF). Eine Bewerberin mit einem Examensergebnis von 4,50 Punkten erfüllt das zulässige Anforderungsprofil der Ausschreibung ("Bewerberkreis:... mit Prädikat in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung") im Sinne der vorgenannten Vorschrift zweifelsfrei nicht.

Rechtsweg:

VG Ansbach, Urteil vom 17.01.2017 - AN 1 K 16.1045

Quelle:

BAYERN.RECHT

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 13.640,52 Euro festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten angemessenen Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 1, 7 Abs. 1 AGG - mindestens in Höhe von 13.640,52 Euro - nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit 2. April 2016 weiter.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die behaupteten rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Zulassungsantrag entspricht bereits teilweise nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; im Übrigen liegen die Zulassungsvoraussetzungen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16) und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - juris Rn. 9). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung zunächst damit begründet, dass die Klägerin durch die "Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch" keine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung (GdB 50) erfahren habe. Zwar ergebe sich aus § 82 Satz 2 SGB IX (in der bis 31.12.2017 gültigen Fassung = a. F.; ab 1.1.2018: § 165 Satz 3, 4 SGB IX) eine Verpflichtung der Beklagten als öffentliche Arbeitgeberin, eine schwerbehinderte Bewerberin wie die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung für die ausgeschriebene Stelle habe es hier jedoch eines Vorstellungsgesprächs gemäß § 82 Satz 3 SGB IX a.F. ausnahmsweise nicht bedurft. Die Klägerin erfülle das zulässige Anforderungsprofil der Ausschreibung ("Bewerberkreis:... mit Prädikat in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung") zweifelsfrei nicht, sondern habe mit einem Examensergebnis von 4,50 Punkten die Notengrenze klar verfehlt. Eine Berücksichtigung von positiven Arbeits- und Stationszeugnissen sei nicht geboten, weil ihnen regelmäßig kein Leistungswettbewerb zugrunde liege und sie daher mit dem Wettbewerbscharakter der Examina unvereinbar seien; die Bewertung von praktischen Leistungen im juristischen Vorbereitungsdienst schwanke erheblich. Gleichwohl habe die Beklagte die Klägerin nach einer ersten Absage, aber noch vor der Auswahlentscheidung in überobligatorischer Weise zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, dessen Ergebnis sich aus dem Vermerk vom 13. April 2016 ergebe. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Behinderung sei hiermit nicht verbunden gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

1.1 Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für rechtsfehlerhaft, weil das "alleinige Abstellen auf die Examensnote" schwerbehinderte Bewerber, die bereits über Berufserfahrung und fachspezifische Fortbildungen verfügten, diskriminiere. Dass das Verwaltungsgericht die nachgewiesenen Berufserfahrungen der Klägerin unberücksichtigt gelassen und sie so einem "frisch examinierten Bewerber gleichgestellt" habe, stelle eine Diskriminierung im Sinne von § 7 i.V.m. § 1 AGG dar. Dieses Vorgehen unter "alleiniger Berücksichtigung des Ergebnisses des Zweiten Staatsexamens" verstoße zudem gegen Art. 33 Abs. 2 GG, der für die Beurteilung der fachlichen Eignung eines Bewerbers die Berücksichtigung der vorliegenden Stations- und Arbeitszeugnisse vorangegangener juristischer Berufstätigkeit verlange. Die hierbei erzielten Noten der Klägerin, gerade diejenigen der Fachanwaltsklausuren, lägen über den Anforderungen der Beklagten. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 2011 (5 C 16.10 - juris) werde verwiesen (Schriftsatz v. 21.4.2017, 3. a / 4.). Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung dürfe nicht schon nach dem Anforderungsprofil von vornherein Bewerber ausschließen, die die statusrechtlichen Voraussetzungen erfüllten. Jedenfalls müsse einem schwerbehinderten Bewerber, der beide Staatsexamina mit "ausreichend" abgeschlossen und damit die Befähigung zum Richteramt erworben habe, die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit eingeräumt werden, den potentiellen Dienstherrn in einem Vorstellungsgespräch von seiner Eignung zu überzeugen. Das Fehlen einer fachlichen Eignung der Klägerin sei - wenn überhaupt - lediglich zweifelhaft, keinesfalls aber offensichtlich (Schriftsatz v. 21.4.2017, 3. d).

Mit diesem Vorbringen zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils auf. Schon die Annahme, es werde im Rahmen der Stellenausschreibung ausschließlich auf den Nachweis eines Prädikatsexamens abgestellt, trifft nicht zu. Es handelt sich vielmehr um eine in der Ausschreibung an erster Stelle im Sinne einer conditio sine qua non genannte Einstellungsvoraussetzung; mit ihr soll der Bewerberkreis von vornherein beschränkt werden. Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung (BAG, U.v. 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - juris Rn. 31; U.v. 24.1.2013 - 8 AZR 429/11 - juris Rn. 36, 67), dass in einer Stellenausschreibung eine bestimmte Mindestnote oder andere besondere Qualifikationen in zulässiger Weise gefordert werden können, um schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung anhand bestimmter Kriterien als ungeeignet angesehene Bewerber aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber auszuschließen (BAG, U.v. 12.9.2006 - 9 AZR 807/05 - juris Rn. 32). Damit wird es dem Dienstherren allerdings nicht ermöglicht, das Anforderungsprofil nach eigenem Gutdünken und ohne Rücksicht auf Art. 33 Abs. 2 GG festzulegen. Ein Spielraum besteht demnach nur insoweit, als das Prinzip der "Bestenauslese" für die zu besetzende Stelle gewährleistet ist; die Festlegung des Anforderungsprofils muss deshalb sachlich nachvollziehbar sein und in der Stellenausschreibung konkretisiert werden (BAG, U.v. 21.7.2009 - 9 AZR 431/08 - juris Rn. 24-31 zum Fehlen bestimmter Mindestnoten). Die in der Ausschreibung mitgeteilte Anforderung "Prädikat in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung" (zur Auslegung: 1.2) stellt eine gerade unter dem Gesichtspunkt des Art. 33 Abs. 2 GG zu bejahende sachliche Einschränkung des Bewerberkreises dar, um die ausgeschriebene Stelle aus dem Kreis der besten Absolventen des Staatsexamens zu besetzen.

Die Klägerin legt demgegenüber nicht dar, warum der Bewerberkreis durch das Erfordernis einer bestimmten Note nicht hätte eingeschränkt werden dürfen; auch ihr zutreffender Hinweis darauf, dass mit der erfolgreichen Ablegung der Zweiten Juristischen Prüfung ungeachtet der erzielten Note die Befähigung zum Richteramt erworben werde (§ 5 Abs. 1 DRiG, § 57 Abs. 1 JAPO), führt hier nicht weiter. Die Beklagte hat jedenfalls von der ihm eröffneten Möglichkeit, ein konkretes, diskriminierungsfreies und der zu besetzenden Stelle angemessenes Anforderungsprofil festzulegen, Gebrauch gemacht, und damit eine am Prinzip der Bestenauslese ausgerichtete Auswahl- und Besetzungsentscheidung gewährleistet (BVerwG, U.v. 3.3.2011 - 5 C 16.10 - juris Rn. 21).

Dem Senat erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht, wieso mit der angegriffenen Einschränkung, die auch nicht-schwerbehinderte Bewerber in gleicher Weise betrifft, eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Behinderung im Sinn von § 1 AGG verbunden sein sollte. Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vor, wenn eine Bewerberin wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstigere Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation; die Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen, wenn eine gesetzlich auferlegte Handlungspflicht, durch die eine benachteiligte Gruppe gezielt gefördert werden soll, nicht erfüllt wird (BVerwG, U.v. 3.3.2011 - 5 C 16.10 - juris Rn. 17, 18). Eine derartige Handlungspflicht kann sich im vorliegenden Fall nur aus § 82 Satz 2, 3 SGB IX a.F. ergeben, der die Einladung einer schwerbehinderten Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch vorschreibt, es sei denn, ihr fehlt offensichtlich die fachliche Eignung. Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht zu Recht von der Offensichtlichkeit des Fehlens der fachlichen Eignung der Klägerin ausgegangen, weil sie die für ein Prädikatsexamen erforderliche Note (6,50) mit erzielten 4,50 Punkten verfehlt hat und damit nicht dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle entspricht, ohne dass es insoweit auf die Berücksichtigung der weiteren, von der Klägerin genannten Umstände ankommt. Sie hat auch keine anderweitigen Anhaltspunkte für eine Diskriminierung vorgebracht, etwa dergestalt, dass nicht-schwerbehinderte Bewerber ohne Prädikatsexamen in die engere Auswahl genommen worden seien. Im Hinblick auf die vorliegende "Offensichtlichkeit" des Fehlens der fachlichen Eignung ist das noch rechtzeitig vor der Auswahlentscheidung nachgeholte Vorstellungsgespräch und die hierfür maßgebliche Motivation ("risikobehaftete Gesetzeslage") der Beklagten ohne Belang.

1.2 Ernstliche Zweifel werden auch nicht mit dem Vorbringen dargetan, die Stellenausschreibung der Beklagten sei - anders als das Verwaltungsgericht meine - intransparent, weil sie keine eindeutigen Qualifikationsgrundsätze enthalte, sondern zu Unrecht davon ausgegangen werde, dass statt einer konkreten Notenfestlegung der Hinweis auf ein "Prädikat" ausreichend sei, und weil der weitere Hinweis auf die Vorteilhaftigkeit praktischer Verwaltungserfahrung mehrdeutige Interpretationen zulasse. So könne die Ausschreibung auch dahingehend ausgelegt werden, dass Ausnahmen vom Erfordernis des Prädikats möglich seien; zudem sei nicht eindeutig festgelegt, ab welcher Punktezahl ein Prädikat beginne, manche Behörden gingen auch von 7 oder mehr Punkten aus (Schriftsatz v. 21.4.2017, 3. b, c).

Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass das Anforderungsprofil mit dem Hinweis auf die Erforderlichkeit eines "Prädikatsexamens" keineswegs intransparent ist. Allein das Fehlen einer konkreten Notenangabe ist hier unschädlich, weil eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bewerber - allesamt Absolventen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung - ausgerichtete Auslegung ergibt, dass mit dem Begriff "Prädikatsexamen" eine Abschlussnote von mindestens 6,50 Punkten verbunden ist. Auch der Klägerin war damit klar, dass sie mit dem von ihr erzielten Ergebnis (4,50) hiervon weit entfernt lag. Damit ist unerheblich, ob "manche Behörden" tatsächlich erst ab 7 Punkten von einem Prädikatsexamen ausgehen, wie die Klägerin ohne nähere Belege für ihre Behauptung vorträgt. Dass wegen der behaupteten Mehrdeutigkeit der hier maßgeblichen Ausschreibung Ausnahmen vom Erfordernis eines Prädikatsexamens infrage kommen würden, vermag der Senat nicht zu erkennen. Er macht sich die Ausführungen im angefochtenen Urteil (UA S. 10, 1., 2.) zu eigen, ohne dass die Zulassungsbegründung insoweit neue Fragen aufwirft.

1.3 Schließlich moniert die Klägerin, die Beklagte habe die Bewerbungsunterlagen vor dem Vorstellungsgespräch am 13. April 2016 nicht sorgfältig geprüft und insbesondere die seit Dezember 2010 ununterbrochen andauernde Tätigkeit der Klägerin bei ihrem Prozessbevollmächtigten als freie Mitarbeiterin außer Acht gelassen. Fachliche Fragen zur ausgeschriebenen Stelle seien ihr nicht gestellt worden. Das Gespräch sei "von Beginn an nicht ernst" gemeint gewesen und habe ausschließlich der Vermeidung einer Entschädigungspflicht gedient (Schriftsatz v. 21.4.2017, 3. e).

Mit diesem Vortrag vermag die Klägerin schon deswegen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufzuzeigen, weil die Beklagte zur Durchführung des Vorstellungsgesprächs nach § 82 Satz 2, 3 SGB IX a.F. nicht verpflichtet war (vgl. 1.1). Wollte man gleichwohl mit der Zulassungsbegründung annehmen, dass die fachliche Eignung der Klägerin zumindest nicht "offensichtlich" fehlt, so wäre dennoch nicht ersichtlich, worin eine die Entschädigungspflicht nach § 15 Abs. 1, 2 Satz 1 AGG auslösende Diskriminierung wegen ihrer Behinderung liegen sollte, nachdem sich die Beklagte im Rahmen des Gesprächs einen persönlichen Eindruck von der Klägerin verschafft hat und damit ihrer besonderen Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX a.F. nachgekommen ist; ein über diese Verpflichtung hinausgehender Anspruch besteht auch für einen schwerbehinderten Bewerber nicht.

2. Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

Schon die Behauptung, das "alleinige Abstellen auf die Examensnote" ohne Berücksichtigung vorhandener Berufserfahrungen diskriminiere schwerbehinderte Bewerber, trifft nicht zu, weil es gleichermaßen auch für nicht behinderte Bewerber gilt (vgl. hierzu: 1.1). Es ist daher nicht ersichtlich, wie hierdurch eine unmittelbare Benachteiligung im Sinn von § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG begründet werden könnte, die Voraussetzung für den hier streitgegenständlichen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 1, 2 Satz 1 AGG ist. Auch soweit die Klägerin vorträgt, sie habe infolge des ausdrücklichen Verlangens in der Stellenbeschreibung, Stationszeugnisse bei der Bewerbung vorzulegen, davon ausgehen dürfen, dass diese unabhängig vom erreichten Examensergebnis bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt würden, ist schon nicht dargetan, welche besondere rechtliche Schwierigkeit der damit verbundene "Irrtum" im Zusammenhang mit dem Klagebegehren auf Schadensersatz aufwirft. Entsprechendes gilt für den Vortrag, die Stationsnoten der Klägerin würden ein wesentlich realistischeres Bild ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit als die unter erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen zustande gekommenen Examensnoten wiedergeben. Im Übrigen kann im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren Einwendungen gegen das Zustandekommen und die "Richtigkeit" der Examensnote nicht nachgegangen werden. Im Ergebnis weist die Rechtssache schon deswegen keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, weil kein die Klägerin wegen ihrer Behinderung diskriminierendes Verhalten der Beklagten erkennbar ist, insbesondere das vorsorglich (nachgeholte) Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 3 SGB IX a. F. entbehrlich war (vgl. 1.1).

3. Die Rechtssache hat auch nicht die ihr von der Klägerin zugemessene grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfene und als bisher ungeklärt bezeichnete Frage, "ob bei Bewerbungen schwerbehinderter Volljuristen immer und ohne Ausnahme ausschließlich auf die Examensnoten abzustellen ist und bereits vorhandene Berufserfahrungen, Fortbildungen sowie die Stationszeugnisse außer Betracht bleiben", entzieht sich einer grundsätzlichen Beantwortung; vielmehr kann sie nur abhängig von dem konkreten Anforderungsprofil der jeweils ausgeschriebenen Stelle beantwortet werden. Außerdem stellt sich die aufgeworfene Frage hier nicht in dieser auf schwerbehinderte Volljuristen beschränkten Form, weil sie gleichermaßen für nicht-behinderte Bewerber zu stellen wäre und damit ihre Beantwortung keinen Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG begründen könnte. Im Übrigen ist die Berücksichtigung etwa vorhandener Berufserfahrungen etc. bei all denjenigen (behinderten oder nicht behinderten) Bewerbern, die eine Gesamtnote von mindestens 6,50 Punkten im Zweiten Juristischen Staatsexamen erzielt haben, auch nicht ausgeschlossen.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (wie Vorinstanz).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Referenznummer:

R/R9029


Informationsstand: 27.02.2020