In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht für Recht erkannt:
Der ablehnende Bescheid vom 5. Dezember 2005 und der Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 14. August 2006 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die dauerhafte Verwendung des Klägers im Bundesnachrichtendienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren wird für notwendig erklärt.
I.
Der Kläger ist Offizier der Bundeswehr. Im Jahr 2002 stellte sich heraus, dass er an chronischer Polyarthritis leidet. Aus diesem Grund wurde er als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Der Bundesminister der Verteidigung versetzte ihn mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 bis zum 30. September 2007 in den Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND). Dort wertet der Kläger Luftkriegspotentiale aus.
Im Oktober 2005 beantragte der Kläger, dauerhaft, d.h. bis zum Ende seiner aktiven Dienstzeit, in den BND übernommen zu werden. Nach der truppenärztlichen Begutachtung aufgrund der Gesundheitsakte stellte die Oberstabsärztin
Dr. H. am 24. November 2005 ohne jede Begründung fest, der Kläger sei aus ärztlicher Sicht für die dauerhafte Verwendung beim BND gesundheitlich nicht geeignet.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 lehnte der BND die Bewerbung ab, ohne einen Grund zu benennen. Eine Rechtsbehelfsbelehrung wurde nicht erteilt. Den mit Schreiben vom 10. Juli 2006 eingelegten Widerspruch hat der BND durch Widerspruchsbescheid vom 14. August 2006 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:
Die dauerhafte Verwendung eines Offiziers beim BND setze dessen erfolgreiche Teilnahme an einem Auswahlverfahren für den höheren Dienst voraus. Dieses Verfahren diene der Bewerberauswahl nach den Kriterien des Leistungsgrundsatzes gemäß
Art. 33
Abs. 2
GG. Da die Laufbahn des höheren Dienstes im BND durch regelmäßige Dienstpostenrotation geprägt sei, könnten nur Bewerber zum Auswahlverfahren zugelassen werden, die für alle dieser Laufbahn zugeordneten Dienstposten verwendbar seien. Nach der truppenärztlichen Stellungnahme vom 24. November 2005 fehle dem Kläger diese uneingeschränkte Verwendungsfähigkeit. An dieses negative gesundheitliche Eignungsurteil sei der BND gebunden. Da der Bundesminister der Verteidigung die Fachaufsicht über den truppenärztlichen Dienst führe, handele es sich bei der Eignungsuntersuchung um eine truppendienstliche Angelegenheit der Soldaten, hinsichtlic h derer sie dem Bundesminister unterstellt seien. Demzufolge habe der zuständige Truppenarzt auch zu beurteilen, ob ein schwerbehinderter Bewerber trotz eingeschränkter Verwendungsfähigkeit im BND sinnvoll eingesetzt werden könne. Es sei davon auszugehen, dass derartige Überlegungen in die truppenärztliche Stellungnahme vom 24. November 2005 eingeflossen seien.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger einen Anspruch auf nochmalige Entscheidung über seine Bewerbung. Deren Ablehnung durch den BND sei aus mehreren Gründen rechtswidrig: Als Schwerbehinderter habe er schon deshalb zum Auswahlverfahren zugelassen werden müssen, weil er seine fachliche Eignung durch seine bisherige Tätigkeit im BND nachgewiesen habe. Den ablehnenden Bescheiden sei keine umfassende Erörterung mit der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten vorausgegangen. Der BND habe die truppenärztliche Stellungnahme vom 24. November 2005 nicht von dem übergeordneten Leitenden Sanitätsoffizier überprüfen lassen, obwohl der Kläger dies beantragt habe.
Der Kläger beantragt,
den ablehnenden Bescheid vom 5. Dezember 2005 und den Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes vom 14. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über die dauerhafte Verwendung des Klägers im Bundesnachrichtendienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die ablehnenden Entscheidungen. Ergänzend trägt sie vor, der Kläger sei für eine dauerhafte Verwendung im BND auch fachlich nicht geeignet, weil er weder über ein abgeschlossenes Hochschulstudium noch über Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache außer Englisch verfüge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die von der Beklagten in Kopien vorgelegten Aktenauszüge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
II
Die Klage, über die der Senat gemäß § 50
Abs. 1
Nr. 4
VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, hat Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat gegen den ablehnenden Bescheid vom 5. Dezember 2005 form- und fristgerecht, nämlich innerhalb eines Jahres nach dessen Bekanntgabe, Widerspruch eingelegt. Die Jahresfrist ist an die Stelle der Widerspruchsfrist von einem Monat getreten, weil dem Kläger keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden war (§ 70
Abs. 1 und 2, § 58
Abs. 1,
Abs. 2 Satz 1
VwGO).
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der BND über seine Bewerbung um eine dauerhafte Verwendung im BND unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheidet. Der ablehnende Bescheid vom 5. Dezember 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 14. August 2006 verletzen den Kläger in seinen Rechten, weil sie den Anforderungen des Leistungsgrundsatzes gemäß
Art. 33
Abs. 2
GG nicht genügen. Der Kläger kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus leistungsbezogenen Gründen zurückgewiesen wird. Denn der BND hat sich rechtsverbindlich darauf festgelegt, die Auswahlkriterien des
Art. 33
Abs. 2
GG auch gegenüber soldatischen Bewerbern um eine dauerhafte Verwendung uneingeschränkt anzuwenden. Daher hätte er die gesundheitliche Eignung des Klägers für den höheren Dienst des BND unter Berücksichtigung der Schwerbehinderteneigenschaft eigenverantwortlich beurteilen müssen, anstatt dem truppenärztlichen Eignungsurteil rechtliche Bindungswirkung beizumessen. Hierzu ist im Einzelnen zu bemerken:
1. Durch die Verwendung im BND werden Soldaten aus den Befehlsstrukturen der Streitkräfte herausgelöst und in den Geschäftsbereich des BND eingegliedert, der als nichtmilitärische Dienststelle dem Chef des Bundeskanzleramtes untersteht. Da es unterhalb der Ebene der Bundesregierung keine gemeinsame übergeordnete Stelle für den Bundesminister der Verteidigung und das Bundeskanzleramt gibt, müssen beide Seiten die Verwendung von Soldaten im BND einvernehmlich regeln. Zu diesem Zweck haben sie die Rahmenvereinbarung in der Fassung vom 13. Januar 1998 (RV) geschlossen, die in § 8 die beiderseitigen Zuständigkeiten festlegt.
Danach nehmen Soldaten im BND Aufgaben wahr, die in Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung stehen (
Abs. 1). Über die Verwendung von Soldaten beim BND entscheidet dessen Präsident im Rahmen der ihm vom Chef des Bundeskanzleramtes erteilten Dienstanweisung (
Abs. 3 Satz 1). Die im BND tätigen Soldaten unterstehen ihm in allgemein dienstlicher Hinsicht und haben seinen Anordnungen nachzukommen (
Abs. 3 Satz 2). Die Soldaten bleiben truppendienstlich dem Bundesminister der Verteidigung unterstellt. Dies umfasst insbesondere die Disziplinargewalt und sonstige den Soldatenstatus berührende Angelegenheiten wie Ernennung, Beförderung, Versetzung, Dienstzeitverlängerung und Pensionierung (
Abs. 3 Satz 4 und 5). Der Bundesminister der Verteidigung entscheidet über die Versetzung der Soldaten in den Geschäftsbereich des BND aufgrund vorangegangener Absprache mit diesem (
Abs. 2 und 4).
Nach diesen Regelungen setzt der Einsatz eines Soldaten im BND zustimmende Entscheidungen sowohl des Präsidenten des BND als auch des Bundesministers der Verteidigung voraus: Der Präsident des BND muss auf der Grundlage der von ihm vorgegebenen, an den dienstlichen Erfordernissen des BND ausgerichteten Kriterien eine Entscheidung "über die Verwendung" im Sinne von § 8
Abs. 3 Satz 1 RV treffen. Durch eine positive Verwendungsentscheidung erklärt der Präsident gegenüber dem Soldaten und dem Bundesminister der Verteidigung rechtsverbindlich seine Bereitschaft, den Soldaten im BND zu beschäftigen. Daran anknüpfend obliegt dem Bundesminister der Verteidigung die Entscheidung, ob er den Soldaten in den Geschäftsbereich des BND versetzt. Erst diese Versetzung stellt eine den Soldatenstatus berührende truppendienstliche Angelegenheit des Soldaten im Sinne von § 8
Abs. 2 Satz 4 RV dar. Mit Wirksamwerden der Versetzung wird der Soldat aus den Befehlsstrukturen der Streitkräfte ausgegliedert und in die Organisationsstrukturen des BND eingegliedert. Lehnt der Bundesminister der Verteidigung die Versetzung des Soldaten ab, erledigt sich die positive Verwendungsentscheidung des Präsidenten des BND.
Nach Zweck und Systematik des § 8 RV ist die darin vorgenommene Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Präsidenten des BND und dem Bundesminister der Verteidigung abschließend. Da die Zuständigkeitsregelungen zwischen dem Bundesminister und dem Bundeskanzleramt vereinbart worden sind, können weder diese Stellen noch der Präsident des BND davon einseitig durch inhaltlich abweichende Verwaltungsvorschriften oder eine abweichende Verwaltungspraxis abrücken. Vielmehr sind die beteiligten Seiten berechtigt und verpflichtet, die übernommenen Zuständigkeiten vereinbarungsgemäß wahrzunehmen.
In Wahrnehmung der Zuständigkeit gemäß § 8
Abs. 3 Satz 1 RV hat der BND die Voraussetzungen und Modalitäten des Einsatzes von Soldaten durch die Richtlinien über die Verwendung von Truppenoffizieren beim BND vom 3. August 2001 (RL) festgelegt. Die Richtlinie unterscheidet Verwendungen auf Zeit und auf Dauer. Bei der Verwendung auf Zeit ist der Soldat für einige Jahre auf einem bestimmten Dienstposten im BND tätig. Danach kehrt er in den Bereich der Streitkräfte zurück (Ziffern 3.1 und 3.3 RL). Bei der Verwendung auf Dauer kehrt der Soldat nicht mehr in den Bereich der Streitkräfte zurück, sondern ist bis zum Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, d.h. in der Regel bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze, im BND tätig. Er bleibt dort nicht auf einem bestimmten Dienstposten, sondern nimmt an dem regelmäßigen Dienstpostenwechsel teil, der für die Beamten des höheren Dienstes im BND vorgesehen ist (Ziffern 3.1 und 3.2 RL).
Die Verwendung eines Soldaten auf Dauer setzt dessen erfolgreiche Teilnahme an einem Auswahlverfahren voraus (Ziffer 3.2.2 RL). Nach ständiger Verwaltungspraxis konkurrieren in diesen Verfahren Einstellungsbewerber für den höheren Dienst und Soldaten um die verfügbaren Stellen. Die Bewerber werden nach dem Leistungsgrundsatz gemäß
Art. 33
Abs. 2
GG ausgewählt.
Demnach hat sich der BND durch eine entsprechende Verwaltungspraxis verbindlich darauf festgelegt, über Bewerbungen von Soldaten um eine dauerhafte Verwendung nach den leistungsbezogenen Kriterien des
Art. 33
Abs. 2
GG zu entscheiden. Aufgrund dieser Selbstbindung können Soldaten die Beachtung des Leistungsgrundsatzes verlangen, obwohl es sich bei einer dauerhaften Verwendung im BND für sich genommen nicht um ein Amt im Sinne von
Art. 33
Abs. 2
GG handeln dürfte (
vgl. Urteil vom 25. November 2004
BVerwG 2 C 17.03 BVerwGE 122, 237 (240 f.)).
Den von
Art. 33
Abs. 2
GG geforderten Leistungsbezug weisen diejenigen Merkmale auf, die darüber Aufschluss geben können, in welchem Maß der Bewerber den Anforderungen des angestrebten Amtes, im vorliegenden Fall der angestrebten Verwendung im BND, voraussichtlich gewachsen ist. Die Gewichtung der einzelnen Merkmale obliegt der gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilung des Dienstherrn, hier des gemäß § 8
Abs. 3 Satz 1 RV zuständigen Präsidenten des BND (Urteil vom 28. Oktober 2004
BVerwG 2 C 23.03 BVerwGE 122, 174 (150)). Das Auswahlkriterium der Eignung im Sinne von
Art. 33
Abs. 2
GG umfasst die körperlichen, psychischen und charakterlichen Voraussetzungen, die nach der Beurteilung des Dienstherrn für die Wahrnehmung des angestrebten Amtes erforderlich sind (
BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 1 BvR 838/01 u.a. BVerfGE 110, 304 (322);
BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 a.a.O.
S. 150).
Danach ist es mit
Art. 33
Abs. 2
GG vereinbar, einen Bewerber abzulehnen, wenn aufgrund seiner körperlichen oder psychischen Veranlagungen Zweifel daran bestehen, dass er den körperlichen Anforderungen des angestrebten Amtes, hier den Anforderungen des höheren Dienstes im BND, gewachsen ist (
vgl. Beschluss vom 16. September 1986
BVerwG 2 B 92.86 Buchholz 232 § 31 BBG
Nr. 39). Kann allerdings ein schwerbehinderter Bewerber die Anforderungen des Amtes gerade aufgrund seiner Behinderung nicht erfüllen, so folgt aus dem unmittelbar geltenden Benachteiligungsverbot gemäß
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG, dass die gesundheitliche Eignung nur verneint werden darf, wenn im Einzelfall zwingende Gründe für das Festhalten an dem allgemeinen Maßstab sprechen (
vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 8.10.1997
1 BvR 9/97 BVerfGE 96, 288 (302) und vom 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 BVerfGE 99, 341 (375)).
2. Die Entscheidungszuständigkeit gemäß § 8
Abs. 3 Satz 1 RV berechtigt und verpflichtet den Präsidenten des BND auch zu der Prüfung und Entscheidung, ob die generell vorgegebenen Voraussetzungen für die Verwendung von Soldaten im BND im Einzelfall gegeben sind. Daher muss er die Verwendungsfähigkeit soldatischer Bewerber nach den von ihm für maßgebend erklärten Auswahlkriterien des
Art. 33
Abs. 2
GG eigenverantwortlich beurteilen. Dies umfasst auch die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung, weil es sich hierbei um einen Aspekt der Auswahlentscheidung handelt.
Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Laufbahn des höheren Dienstes im BND gesetzt werden. Aufgrund der praktizierten Dienstpostenrotation ist es erforderlich, hierfür die Anforderungen aller Dienstposten des höheren Dienstes zu ermitteln. Davon ausgehend muss festgestellt werden, ob ein Bewerber, dessen Leistungsvermögen etwa aufgrund einer chronischen Krankheit dauerhaft gemindert ist, aus diesem Grund bestimmte Dienstposten nicht wahrnehmen kann.
Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Präsident des BND angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Präsident muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss er prüfen, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt einzuschalten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten gelten diese Grundsätze uneingeschränkt auch für ärztliche Begutachtungen soldatischer Bewerber, die nach ständiger Verwaltungspraxis von Truppenärzten auf der Grundlage der Fachanweisungen D 01.01 und D 20.02 des Inspekteurs des Sanitäts- und Gesundheitswesens der Bundeswehr durchgeführt werden. Diese Fachanweisungen können nur insoweit angewandt werden, als sie die Entscheidungsverantwortung des Präsidenten des BND nach der vorrangigen, weil einseitig nicht veränderbaren Zuständigkeitsregelung gemäß § 8
Abs. 3 Satz 1 RV unberührt lassen. Der Präsident des BND kann nicht auf eine vermeintliche eigene Bindung an die Fachanweisungen verweisen, um die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung als Ausschnitt der ihm gemäß § 8
Abs. 3 Satz 1 RV obliegenden Verwendungsentscheidung dem Truppenarzt zu überlassen. Diese Verwaltungsvorschriften können ungeachtet ihres Inhalts nicht herangezogen werden, um dem "ärztlichen Urteil" des Truppenarztes rechtliche Bindungswirkung zuzuerkennen. Die in § 8
Abs. 3 Satz 1 RV festgelegte Verantwortlichkeit des Präsidenten des BND lässt sich auch auf diesem Weg nicht delegieren.
Gleiches gilt für die vom Beklagten für seine Auffassung angeführte Dienstanweisung für den personalärztlichen, sozialen und arbeitssicherheitstechnischen Dienst des BND vom 23. Dezember 1977 DA PESAD . Im Übrigen ist diese Verwaltungsvorschrift schon nach ihrem Inhalt nicht auf die truppenärztliche Begutachtung aus Anlass einer Bewerbung anwendbar. Sie befasst sich unter Ziffer 6 mit der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung der im BND tätigen Soldaten durch den truppenärztlichen Dienst. Diese Versorgung ist gemäß § 69
Abs. 2
BBesG, § 30
Abs. 1 Satz 2 SG an den Soldatenstatus geknüpft; sie gehört zu den Sachbezügen der Soldaten. Demzufolge umfasst sie medizinische Leistungen, die zur Gesunderhaltung, Verhütung und frühzeitigen Erkennung gesundheitlicher Schäden sowie zur Behandlung von Erkrankungen erforderlich sind, nicht aber Eignungsuntersuchungen aus Anlass einer Bewerbung (
vgl. Nr. 1
Abs. 2,
Nr. 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 69
Abs. 2
BBesG i.d.F. vom 25. Juli 2001).
3. Nach alledem sind die angegriffenen Bescheide bereits deshalb rechtswidrig, weil der Präsident des BND die gesundheitliche Eignung des Klägers für eine dauerhafte Verwendung im höheren Dienst des BND ohne eigenverantwortliche Beurteilung verneint hat. Er hat sich darauf beschränkt, auf die negative Stellungnahme der Truppenärztin zu verweisen, und sich sogar außerstande gesehen, von der Truppenärztin eine Begründung zu verlangen.
Die eigenverantwortliche Entscheidung über die gesundheitliche Eignung des Klägers hat der Präsident auf der Grundlage einer erneuten ärztlichen Begutachtung des Klägers nachzuholen. Diese darf nicht von vornherein auf die Auswertung der Gesundheitsakte des Klägers beschränkt bleiben. Für ein tragfähiges Eignungsurteil können sich körperliche Untersuchungen sowie die Einschaltung eines Facharztes als notwendig erweisen. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Beweiswürdigung auf das Fehlen der gesundheitlichen Eignung geschlossen werden kann, wenn sich der Kläger angeordneten Untersuchungen ohne Grund nicht unterzieht oder einen mit der Begutachtung beauftragten Arzt nicht gegenüber dem BND von der Schweigepflicht entbindet (
vgl. Beschluss vom 19. Juni 2000
BVerwG 1 DB 13.00 BVerwGE 111, 246 (248 f.); Urteil vom 25. Januar 2007
BVerwG 2 A 3.05 juris Rn. 34).
Stellt sich heraus, dass der Kläger aufgrund seiner chronischen Krankheit nicht auf allen Dienstposten des höheren Dienstes verwendet werden kann, so muss der Präsident des BND bei seinem gesundheitlichen Eignungsurteil dem Benachteiligungsverbot gemäß
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG Rechnung tragen.
Dies bedeutet, dass er im Rahmen seines Beurteilungsspielraums entscheiden muss, ob die dienstlichen Bedürfnisse des Bundesnachrichtendienstes eine entsprechend eingeschränkte dauerhafte Verwendung des Klägers zwingend ausschließen würden ( vergleiche auch
§ 128 Abs. 4 S 2 SGB IX). Dabei kommt es darauf an, welche konkreten Dienstposten der Kläger nicht wahrnehmen kann und welche Beeinträchtigungen sich daraus für die Erfüllung der Aufgaben des BND und den Dienstbetrieb ergeben. Dabei kann von Bedeutung sein, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Kläger im Zuge der Dienstpostenrotation für einen ihn gesundheitlich überfordernden Dienstposten in Betracht käme. Dies hängt von der Stellensituation im höheren Dienst, der Verweildauer auf einem Dienstposten und der Dauer der Dienstzeit ab, die dem Kläger bis zum Erreichen der Altersgrenze verbleibt. Lehnt der Präsident des BND die Bewerbung des Klägers erneut wegen dessen chronischer Krankheit ab, so muss er die Gesichtspunkte, deren Berücksichtigung das Grundrecht gemäß
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG verlangt, in den Gründen des neuen Bescheides nachvollziehbar darlegen.
4. Der im Klageverfahren nachgeschobene Vortrag der Beklagten, dem Kläger fehlten nicht normativ vorgegebene fachliche Voraussetzungen, die der BND für eine dauerhafte Verwendung verlange, ist nicht geeignet, den dargestellten rechtlichen Mangel der ablehnenden Bescheide entsprechend § 114 Satz 2
VwGO zu heilen. Nach dieser Vorschrift, die auf die Ausübung gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielräume entsprechend anwendbar ist, kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Es stellt jedoch keine Ergänzung im Sinne von § 114 Satz 2
VwGO dar, wenn die Behörde die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung im Klageverfahren vollständig auswechselt, d.h. eine inhaltlich neue Entscheidung trifft (stRspr,
vgl. nur Urteil vom 5. September 2006
BVerwG 1 C 20.05 DÖV 2007, 255 (257)).
So liegt der Fall hier. Der BND hat die Ablehnung der Bewerbung ausschließlich auf die truppenärztliche Stellungnahme vom 24. November 2005 gestützt. Fachliche Voraussetzungen einer dauerhaften Verwendung werden in den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2006 gar nicht erwähnt. Danach würde es sich bei einer Ablehnung der Bewerbung aus fachlichen anstatt aus gesundheitlichen Gründen um eine inhaltlich andere Entscheidung handeln. Die Frage der fachlichen Voraussetzungen des Klägers für eine dauerhafte Verwendung im BND stellt sich bei der erneuten Entscheidung über dessen Bewerbung zwangsläufig, wenn der Präsident des BND nunmehr zu dem Ergebnis käme, der Kläger sei als gesundheitlich geeignet anzusehen.
5. Zudem sind die ablehnenden Bescheide auch deshalb rechtswidrig, weil der Präsident des BND weder die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten im BND in der gesetzlich gebotenen Weise beteiligt noch auf die Einhaltung der anwendbaren Vorgaben der Fachanweisung D 01.01 geachtet hat.
Gemäß
§ 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, der gemäß
§ 128 Abs. 4 Satz 1 SGB IX auch für Soldaten gilt, ist die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten eines schwerbehinderten Beschäftigten unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Dieses Beteiligungsrecht soll sicherstellen, dass die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung in die Entscheidung einfließt, d.h. von der entscheidungszuständigen Stelle rechtzeitig zur Kenntnis genommen und geprüft wird. Seine Verletzung zieht die Rechtswidrigkeit von Ermessensentscheidungen nach sich (Beschluss vom 15. Februar 1990
BVerwG 1 WB 36.88 BVerwGE 86, 244 ( 252)).
Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der ordnungsgemäßen Unterrichtung der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten. Denn ihr ist bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2006 jedenfalls nicht mitgeteilt worden, dass die Bewerbung des Klägers ausschließlich unter Verweis auf die truppenärztliche Stellungnahme vom 24. November 2005 abgelehnt werden sollte.
Auch hat der BND die truppenärztliche Stellungnahme vom 24. November 2005 seinen Entscheidungen zugrunde gelegt, obwohl nach Ziffer 3.1 der Fachanweisung D 01.01 bei Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eine fachärztliche Begutachtung vorgesehen ist. Darüber hinaus hat der BND trotz entsprechenden Antrags des Klägers keine Stellungnahme des der Truppenärztin übergeordneten Leitenden Sanitätsoffiziers eingeholt. Die Bemerkung des Klägers in einem Telefongespräch nach Erlass des Bescheides vom 5. Dezember 2005, nun mache eine weitere Begutachtung keinen Sinn mehr, hätte nur dann als Antragsrücknahme verstanden werden können, wenn der Kläger nach Belehrung über seine Rechtsbehelfsmöglichkeiten daran festgehalten hätte. Hierfür sind Anhaltspunkte weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1, § 162
Abs. 2 Satz 2
VwGO.