Tenor:
Die Anträge werden abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
Die Kammer kann über die Anträge der Antragstellerin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden. Über Anträge in einstweiligen Rechtsschutzverfahren entscheidet das Gericht auch im Disziplinarrecht durch Beschluss. Eine Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht vorgeschrieben, sie steht im Ermessen der Kammer. Gesichtspunkte, die vorliegend eine Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderten, sind nicht ersichtlich, sodass die Kammer hiervon absieht.
Der Antrag der Antragstellerin,
die Anordnung ihrer vorläufigen Dienstenthebung auszusetzen,
ist unbegründet.
Nach § 38 Abs. 1 LDG kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde eine Beamtin oder einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens unter Einbehaltung von bis zu 50% der monatlichen Dienstbezüge vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Die Einbehaltung von Bezügen kann auch nach der Dienstenthebung erfolgen.
Nach § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 63 Abs. 2 BDG ist die vorläufige Dienstenthebung auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Dies ist hier nicht der Fall.
Ernstliche Zweifel i.S.d. § 63 Abs. 2 BDG sind dann anzunehmen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen der Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung nicht erfüllt sind, ebenso groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen erfüllt sind (Beschlüsse der Kammer vom 22.09.2017, -17 B 1/17 -, sowie vom 06.12.2016 - 17 B 2/16).
Das Wort "voraussichtlich" in § 38 Abs. 1 Nr. 1 LDG bedeutet dabei, dass nur eine summarische Prüfung des zurzeit bekannten Sachverhalts geboten ist. Das Disziplinargericht muss nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Beamtin das Dienstvergehen, das die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigt, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit begangen hat. Es reicht ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit aus. Dieser besteht allerdings nicht schon dann, wenn die Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme möglich oder ebenso wahrscheinlich ist wie die einer milderen Disziplinarmaßnahme. Vielmehr ist erforderlich, dass im Disziplinarverfahren gegen eine aktive Beamtin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Entfernung aus dem Dienst erkannt werden wird. Die Dienstentfernung der Beamtin muss nach der gebotenen, ihrer Natur nach nur überschlägig möglichen Prüfung des Sachverhalts wahrscheinlicher sein als eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinierung (BVerwG, Beschluss vom 24.10.2006, - 1 DB 6/06 -, juris Rn. 16).
Gemessen an diesen Prüfungsmaßstäben bestehen unter Berücksichtigung des derzeitigen Ermittlungsstandes keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Entfernung der Antragstellerin aus dem Dienst als Ergebnis des am 22.08.2014 eingeleiteten und zwischenzeitlich mehrfach ausgedehnten Disziplinarverfahrens überwiegend wahrscheinlich ist.
Zunächst bestehen aus Sicht der Kammer keine hinreichenden formellen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung ihrer vorläufigen Dienstenthebung vom 27.02.2017. Insbesondere die von der Antragstellerin gerügte unterbliebene Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung gemäß des § 95 Abs. 2 S. 1 SGB IX (in seiner zum Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung, nunmehr § 178 Abs. 2 SGB IX in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung) führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und zur Pflicht diese rückwirkend auszusetzen. Für die Antragstellerin wurde am 10.06.2015 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Soweit gemäß § 95 Abs. 2 S. 1 SGB IX verlangt wird, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören hat, so kann dies nur dann geschehen, wenn eine Schwerbehindertenvertretung auch tatsächlich besteht. Die von der Antragstellerin ins Feld geführten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (u.a. Beschluss vom 15.11.2011 - 16a DA 11.1261 -, juris) sind insoweit nicht einschlägig, da in den dortigen Fällen jeweils eine vorhandene Schwerbehindertenvertretung nicht eingebunden war. Ausweislich des Vermerks vom 27.11.2016 (Bl. 32 GA) existierte für den Bereich der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in A-Stadt eine Schwerbehindertenvertretung aber gar nicht. Soweit die Antragstellerin auf einen ehemaligen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft A-Stadt verweist, der früher die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung wahrgenommen haben soll, so ist dieser nach Mitteilung der Antragsgegnerin (Bl. 52 GA) bereits zum 01.08.2016 in das Innenministerium versetzt worden und nahm zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung keine Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung im Bereich der Staatsanwaltschaft A-Stadt mehr wahr.
Dass unter Verletzung des früheren § 94 Abs. 1 S. 1 SGB IX (nunmehr § 177 Abs. 1 S. 1 SGB IX) keine Nachfolgerin oder Nachfolger gewählt wurde, steht zwar nicht im Einklang mit dem SGB, führt jedoch nicht dazu, dass gleichermaßen automatisch ein Verstoß gegen § 95 Abs. 2 S. 1 SGB IX anzunehmen wäre. Wirkt die zuständige Personalvertretung entgegen des ehemaligen § 93 S. 2 SGB IX (heute § 176 S. 2 Hs. 2 SGB IX) nicht erfolgreich auf eine Wahl der Schwerbehindertenvertretung hin, so kann dies nicht automatisch zu Lasten des Arbeitgebers oder Dienstherrn gehen. Solange keine Schwerbehindertenvertretung existiert, obliegt es stattdessen alleine den im früheren § 93 S. 2 SGB IX (heute § 176 S. 2 Hs. 2 SGB IX) genannten Vertretungsgremien, die besonderen Belange der schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu wahren (Rolfs in BeckOK Sozialrecht, § 176 Einleitung). Vorliegend hat die Antragsgegnerin dies auch erkannt und die Beteiligung des Hauptstaatsanwaltsrates erwogen (Vermerk vom 27.11.2016, Bl. 32 GA). Da es sich aber insoweit um eine Maßnahme mit Wirkung hinsichtlich schutzwürdiger persönlicher Interessen der Antragstellerin handelte, durfte die Mitbestimmung des Hauptstaatsanwaltsrates nur mit Zustimmung der Antragstellerin erfolgen (§ 51 Abs. 5 S. 1 Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein). Diese Zustimmung hat die Antragstellerin jedoch nicht erteilt, sodass eine Beteiligung des Hauptstaatsanwaltsrates als Ersatz für die - mangels Existenz derselben unterbliebene - Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht möglich war.
Auch in materieller Hinsicht ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung.
Nach der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Itzehoe vom 23.06.2016 (Az. 315 Js 18711/14) besteht ein hinreichender Tatverdacht, dass sich die Antragstellerin in der Zeit vom 11.11.2011 und 27.01.2014 in sechs Fällen der Rechtsbeugung strafbar machte, indem sie bei Verfahren, in denen sie als zuständige Staatsanwältin wegen tierschutzrechtlichen Verstößen ermittelte, die vorgefundenen Tiere zunächst in amtliche Verwahrung nahm und dann systematisch noch im Ermittlungsverfahren durch Verkäufe endgültig an neue Halter vermittelte, ohne dass den ehemaligen Haltern der dabei vorgesehene Rechtsschutz (§ 111l Abs. 4 S. 2 StPO) ermöglicht wurde und somit unter Umgehung rechtsstaatlicher Grundsätze selbst einen ihrer Vorstellungen entsprechenden tierschutzkonformen Zustand herstellte. Sie machte sich dabei unter anderem zu Nutzen, dass sie wusste, dass die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger das Vorliegen der Voraussetzungen einer Notveräußerung nicht prüfen würden. Gemäß §§ 170 Abs. 1, 203 StPO ist für die Erhebung der öffentlichen Anklage erforderlich, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Verurteilung besteht, die Verurteilung also überwiegend wahrscheinlich ist. Dieser durch die Staatsanwaltschaft angenommene hinreichende Tatverdacht genügt für die vorläufige Dienstenthebung, wenn die Darstellungen der Anklageschrift nach summarischer Prüfung durch das Disziplinargericht den der vorläufigen Dienstenthebung zugrunde gelegten Sachverhalt bestätigen. Einer Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Gericht oder einer rechtskräftigen Verurteilung der Antragstellerin bedarf es nicht. Gesichtspunkte, die eine von der Anklageschrift abweichende Wertung rechtfertigen könnten, bestehen vorliegend nicht. Die geschilderten tatsächlichen Ereignisse, sowie die dargestellten - zudem erfolglos (Bl. 223 Beiheft IV) von der Antragstellerin angegriffenen - Ermittlungen und Beweismittel in der Anklageschrift lassen eine Verurteilung überwiegend wahrscheinlich erscheinen.
Erweist sich der Tatverdacht im weiteren Verfahren in diesem Sinne als zutreffend, wird im Disziplinarverfahren voraussichtlich auch auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 5 LDG zu erkennen sein. Die rechtsstaatliche Aufklärung von Straftaten sowie die Gewährleistung eines neutralen Verfahrens, das sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten der Beschuldigten eines Strafprozesses zu führen ist, gehören zu dem Wesenskern der dienstlichen Pflichten einer Staatsanwältin. Eine Beamtin, die diese Pflicht dadurch verletzt, dass Beschuldigten systematisch verfahrenswidrig Rechtsschutz verwehrt wird, um ihre - die der Beamtin - eigenen Vorstellung von Rechtmäßigkeit durchzusetzen und dabei endgültige und nicht umkehrbare Eingriffe in die Rechte der Beschuldigten verursacht, verletzt das in sie gesetzte Vertrauen aufs Schwerste. Jeder Eindruck, eine Staatsanwältin würde nicht als neutrale Vertreterin der staatlichen Strafverfolgung tätig werden, sondern ihre eigenen Wertvorstellungen tatkräftig über die des geltenden Rechts stellen, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung des Verwaltungshandelns an Recht und Gesetz und damit die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.01.2014 - 2 B 89/13 - juris). Angesichts dessen ist es überwiegend wahrscheinlich, dass im Disziplinarverfahren die Entfernung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis erfolgen wird.
Auch der Antrag der Antragstellerin,
die Anordnung über die Einbehaltung eines Teils ihrer monatlichen Dienstbezüge bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen sie geführten Strafverfahrens auszusetzen,
ist unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 LDG sind gegeben. Die Antragsgegnerin hat die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin berücksichtigt und hat eine Einbehaltung von 25% der monatlichen Dienstbezüge angeordnet. Rechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Zwar hat die Antragsgegnerin sich bei der Berechnung der anrechenbaren Belastung zunächst zu Ungunsten der Antragstellerin verrechnet und statt der anrechenbaren Belastungen in Höhe von 1.364,15 EUR zunächst nur 1.011,55 EUR errechnet (Schreiben vom 17.05.2017, Bl. 29 GA) und so zunächst einen höheren monatlich verbleibenden Gesamtbetrag von 2.074,33 EUR (inkl. der Einnahmen des als IT-Dienstleisters tätigen Ehemannes von etwa 250 EUR zzgl. seiner Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. etwa 100 EUR im Monat) ermittelt. Diese Rechenfehler haben allerdings keine durchgreifenden Folgen für die festgesetzte Einbehaltung in Höhe von 25 %, da der Klägerin auch bei korrigierter Berechnung monatlich Mittel in Höhe von 1.721,73 EUR (unter Berücksichtigung der Einnahmen ihres Ehemannes) verbleiben; ein Beitrag oberhalb des sozialrechtlichen Regelbedarfs. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Einbehaltung eines Teils der monatlichen Dienstbezüge ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dies folgt bereits daraus, dass die Antragsgegnerin von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, Rechenfehler selbstständig zu korrigieren. Die Ergänzung von Ermessenserwägungen ist gemäß § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 3 BDG i.V.m. § 114 S. 2 VwGO im Wege der Ergänzung und Korrektur der zugrundeliegenden tragenden Gründe auch im disziplinarrechtlichen Verfahren noch möglich, wird allerdings bei Klagen gegen eine Disziplinarverfügung durch § 60 Abs. 3 BDG dahingehend modifiziert, dass das Gericht eine Zweckmäßigkeitsprüfung vorzunehmen hat (Wittkowski, in Urban/Wittkowski, BDG, § 3 Rn. 7). Unzulässig wäre lediglich der vollständige Austausch der die Entscheidung tragenden Gründe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.01.1999 - 6 B 133-98 -, NJW 1999, 2912 (2912)). Dies war mit der bloßen Korrektur des Rechenfehlers jedoch nicht der Fall. Die Kammer geht davon aus, dass sich die Einbehaltung der Bezüge in Höhe von 25 % auf Basis der dargestellten verbleibenden monatlichen Mittel im Rahmen einer Klage als rechtmäßig, insbesondere zweckmäßig, erweisen würde. Mit Blick auf die noch immer für die Antragstellerin verbleibende Summe sowie darauf, dass die Antragsgegnerin den ihr zur Verfügung stehenden Rahmen (möglich ist eine Einbehaltung bis zu 50 %) nicht ansatzweise ausnutzte, geht die Kammer auch nicht davon aus, dass sich die Einbehaltung von 25 % der Bezüge als unverhältnismäßig darstellt. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Einbehaltung der Bezüge offensichtlich als rechtmäßig, sodass der Antrag auf Aussetzung auch insoweit abzulehnen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs. 1 LDG i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO.