II.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2007 ist gemäß §§ 172
Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Nach § 86 b
Abs. 2 Satz 2
SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b
Abs. 2 Satz 3
SGG i.V.m. §§ 920
Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die zu treffende Eilentscheidung kann, wie das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung in Zusammenhang mit Leistungen nach dem
SGB II bzw. XII betont hat (Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005,
S. 927 ff), sowohl auf eine Folgenabwägung (Folgen einer Stattgabe gegenüber den Folgen bei Ablehnung des Eilantrages) als auch alternativ auf eine Überprüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Im Vordergrund steht dabei für den Senat die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache (Anordnungsanspruch), ergänzt um das Merkmal der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund), um differierende Entscheidungen im Eil- und Hauptsacheverfahren möglichst zu vermeiden. In diesem Zusammenhang ist das Gericht verpflichtet, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern im Rahmen des im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Möglichen abschließend zu prüfen, besonders wenn das einstweilige Verfahren im Wesentlichen oder vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und einem Beteiligten eine endgültige Grundrechtsbeeinträchtigung droht, wie dies im Streit um laufende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende regelmäßig der Fall ist, da der elementare Lebensbedarf für die kaum je absehbare Dauer des Hauptsacheverfahrens bei ablehnender Entscheidung nicht gedeckt ist. Unter Beachtung der auf dem Spiel stehenden Grundrechte dürfen dabei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht überspannt werden (
vgl. BVerfG, a.a. O.).
Hieran gemessen hat die Antragstellerin für die von ihr begehrte einstweilige Anordnung sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund in einem die (zeitweise) Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Maße glaubhaft gemacht.
Soweit das Sozialgericht das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs verneint hat, kann ihm nicht gefolgt werden. Ein solcher besteht, denn die Antragstellerin wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen.
Nach § 7
Abs. 1 Satz 1
SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15., nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Zu den zu gewährenden Leistungen gehören als Arbeitslosengeld II insbesondere die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 19 Satz 1
Nr. 1
SGB II). Hilfebedürftig ist nach § 9
Abs. 1
SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Dass die Antragstellerin danach als erwerbsfähige Hilfebedürftige anzusehen ist, scheint unstreitig zu sein. Sowohl der Antragsgegner als auch das Sozialgericht halten sie jedoch für einem Personenkreis zugehörig, der keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat. Im Ablehnungsbescheid des Antragsgegners wie auch im Beschluss des Sozialgerichts Berlin heißt es, die Antragstellerin sei nach § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Davon ist der Senat nicht überzeugt.
Nach § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des
BAFöG oder der
§§ 60 bis
62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Eine Ausbildungsförderung nach dem
BAföG kommt im vorliegenden Fall von Vornherein nicht in Betracht, weil dieses Gesetz nicht für betriebliche oder außerbetriebliche Berufsausbildungen gilt. Auch die Voraussetzungen der §§ 60 bis 62
SGB III dürften hier nicht vorliegen. Zwar ist der von der Antragstellerin gewählte Ausbildungsberuf der Tischlerin nach § 25 der Handwerksordnung staatlich anerkannt (Verordnung über die Berufsausbildung zum Tischler/zur Tischlerin, BGBl I 2006,
S. 245 ff), und es dürfte mit dem
BBW Leipzig auch ein Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden sein, so dass die Förderungsfähigkeit nach § 60
Abs. 1
SGB III gegeben wäre. Liegen jedoch - wie hier - , weil es sich um einen behinderten Menschen handelt, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach
§§ 97 ff SGB III und insbesondere für die Bewilligung besonderer Leistungen nach
§§ 102 ff SGB III vor, so verdrängen diese spezielleren Regelungen die allgemeinen.
Wer - wie die Antragstellerin - während einer beruflichen Ausbildung nach
§ 104 Abs. 1 Nr. 1 SGB III Anspruch auf Ausbildungsgeld hat, hat nicht daneben noch Anspruch auf
BAB nach
§ 59 ff SGB III. Zwar gelten nach § 104
Abs. 2
SGB III für das Ausbildungsgeld die Vorschriften über die
BAB entsprechend, soweit im Folgenden nichts Abweichendes bestimmt ist. Dass
BAB und Ausbildungsgeld sich aber nicht nur hinsichtlich der Bedarfssätze und der Einkommensanrechnung (
§§ 105 ff SGB III) unterscheiden, sondern auch in Bezug auf die als förderungsfähig angesehenen Ausbildungen, zeigt § 102
Abs. 1 Satz 2
SGB III, demzufolge in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen - anders als nach § 60
Abs. 1
SGB III - auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden. Handelt es sich bei dem Ausbildungsgeld nach § 104
SGB II um ein aliud zur
BAB nach § 59
SGB III, so kann der für nach §§ 60 bis 62
SGB III förderungsfähige Ausbildungen geltende Ausschluss gemäß § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II nicht ohne weiteres dahingehend ausgelegt werden, dass er auch für nach § 102 ff
SGB III förderungsfähige Ausbildungen gelten soll. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit einen Ausschlusstatbestand schaffen wollen, so hätte er die entsprechenden Vorschriften in Bezug nehmen können und müssen.
Soweit es in dem angegriffenen Beschluss heißt, die Regelung des § 22
Abs. 7
SGB II, die an den Anspruchsausschluss nach § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II anknüpfe und für Auszubildende, die Ausbildungsgeld erhielten und deren Bedarf sich unter anderem nach §§ 105
Abs. 1
Nr. 1 und
Nr. 4, 106
Abs. 1
Nr. 2
SGB III richte, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung vorsehe, spreche dafür, dass Auszubildende, die eine nach § 102 ff
SGB III förderungsfähige Ausbildung absolvierten, vom Anspruchsausschluss nach § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II erfasst seien, überzeugt dies nicht. Zwar trifft es zu, dass die Regelung im Hinblick auf Auszubildende, die Ausbildungsgeld nach § 104
SGB III erhalten, ins Leere läuft, wenn diese nicht unter den Anspruchsausschluss nach § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II fallen. Dies dürfte jedoch die Konsequenz eines gesetzgeberischen Irrtums sein. Dass behinderte Menschen, die Anspruch auf besondere Leistungen nach dem
SGB III haben, dem von der Neuregelung in § 22
Abs. 7
SGB II erfassten Personenkreis zugeordnet wurden, ist darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber bei der Einfügung von § 22
Abs. 7
SGB II davon ausging, Auszubildende, die Ausbildungsgeld nach dem
SGB III bezögen, seien gleichermaßen von dem Anspruchsausschluss nach § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II betroffen wie Schüler, Studierende oder Auszubildende, die Leistungen nach dem
BAFöG oder
BAB beziehen (
vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Deutscher Bundestag, Drucksache 16/ 1410,
S. 24).
So war indessen weder § 26
Abs. 1 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die bis zum Inkrafttreten des
SGB II insoweit maßgebliche und wortgleiche Regelung, noch § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II bis dahin (erweiternd) ausgelegt worden (
vgl. Wenzel in Fichtner, Kommentar zum BSHG, 2. Aufl., München 2003,
Rdnr. 6 zu § 26 BSHG; ebenso in der folgenden Auflage: Wenzel in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl., München 2005,
Rdnr. 7 zu [dem insoweit ebenfalls wortgleichen] § 22
SGB XII; Berlit in LPK-SGB II,
Rdnr. 127 zu § 22). Dass der Irrtum des Gesetzgebers nun dadurch korrigiert werden müsste, dass eine über Jahrzehnte zu Recht eng ausgelegte, da Ansprüche ausschließende Norm nun (wegen der Einfügung von § 22
Abs. 7
SGB II) über den Wortlaut hinaus erweiternd auszulegen wäre, scheint dem Senat weder erforderlich noch sinnvoll. Selbst wenn man aber die Auffassung verträte, dass § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II so auszulegen wäre, dass die Antragstellerin von dem Anspruchsausschluss erfasst wäre, so hätte sie zwar nicht nach § 22
Abs. 7 Satz 1
SGB II einen Anspruch auf einen Zuschuss zu ihren ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung, weil ihr Bedarf sich nicht nach
§ 105 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 SGB III, sondern, da sie in einem Internat untergebracht ist, nach § 105
Abs. 1
Nr. 2
SGB III bemisst. Jedenfalls aber wären ihr zur Sicherung ihres Lebensunterhalts Leistungen in der benötigten Höhe als Darlehen zu gewähren, weil es sich in ihrem Fall um einen besonderen Härtefall im Sinne des § 7
Abs. 5 Satz 2
SGB II handelt.
Der früher in § 26
Abs. 1 Satz 1 BSHG und heute in § 7
Abs. 5 Satz 1
SGB II sowie in § 22
Abs. 1 Satz 1
SGB XII geregelte grundsätzliche Ausschluss Auszubildender von Hilfe zum Lebensunterhalt beruht darauf, dass die Förderung von Ausbildungen nur durch die dafür eigens vorgesehenen Leistungen erfolgen soll. In Fällen, in denen diese ausnahmsweise nicht ausreichen, soll nicht durch Sozialhilfe-
bzw. Grundsicherungsleistungen eine (versteckte) Förderung auf einer "zweiten Ebene" stattfinden (
vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 13.5.1993, ZfS 1993,
S. 274 f.,
m.w.N. und Urteil vom 14.10.1993, BVerwGE 94, 224 ff).
Der Gesetzgeber ging davon aus, dass es sich bei den vom Anspruchsausschluss Betroffenen im Regelfall um junge, anpassungsfähige und belastbare Menschen handeln würde, die Einschränkungen hinnehmen oder auch durch Gelegenheits-, Ferien- oder Wochenendarbeiten hinzuverdienen könnten (
vgl. Hamburgisches
OVG, Beschluss vom 9.9.1997, FEVS 48,
S. 327 ff,
m.w.N.). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind sie notfalls gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen. Die damit einhergehenden Unbequemlichkeiten und Belastungen sind eine zwangsläufige Folge der gesetzlichen Regelung und werden vom Gesetzgeber als hinnehmbar in Kauf genommen. Eine besondere Härte ist danach erst dann gegeben, wenn Umstände hinzutreten, die einen Ausschluss von Hilfe zum Lebensunterhalt als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen lassen (
BVerwG, Urteil vom 14.10.1993, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist eine solche "besondere" Härte hier anzunehmen. Die Antragstellerin hat dadurch, dass sie eine eigene kleine Wohnung besitzt, im Rahmen ihres ausbildungsbedingten Bedarfs besondere Aufwendungen, die es ihr unmöglich machen, ihren Lebensunterhalt ohne zusätzliche Hilfe allein aus ihren monatlichen Einkünften in Höhe von 93,00 Euro Ausbildungsgeld und, rechnete man dies an, Pflegegeld nach dem LPflGG in Höhe von 117,00 Euro zu bestreiten. Selbst wenn sie für Kleidung, neben der Internatskost erforderliche Verpflegung und sonstigen Bedarf nichts aufwenden würde, könnte sie nicht einmal die Miete für die Wohnung tragen.
Dem oben beschriebenen Leitbild, das der Gesetzgeber von einem in Ausbildung befindlichen Menschen hatte, entspricht die Antragstellerin nicht. Es ist ihr, die als Gehörlose eine spezielle Ausbildungsstätte besucht, aller Wahrscheinlichkeit weder möglich noch ist es ihr zuzumuten, ihre finanzielle Lage durch einen Hinzuverdienst aufzubessern. Ebenso wenig kann ihr zugemutet werden, die Wohnung aufzugeben, denn dann hätte sie, worauf sie zu Recht hinweist, zu den Schließzeiten des Internats wie auch bei Krankheit und für die Zeiten, in welchen sie Praktika zu absolvieren hat, keine Bleibe. Dass ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung eine Kostensenkung herbeiführen könnte, erscheint angesichts des Umstands, dass die Antragstellerin bereits eine preisgünstige Einzimmerwohnung bewohnt, ausgeschlossen. Nicht zugemutet werden kann ihr schließlich die Aufgabe der Ausbildung. Angesichts ihrer Gehörlosigkeit und des Umstands, dass sie in der Vergangenheit bereits eine Ausbildung hat abbrechen müssen, weil sie aufgrund ihrer Behinderung den Anforderungen nicht gewachsen war, ist ihre Situation nicht vergleichbar mit derjenigen einer nicht behinderten Gleichaltrigen. Der ungestörte Fortgang der nun begonnenen, speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Ausbildung hat für die Antragstellerin und ihr weiteres Leben eine herausragende Bedeutung. Vor dem Hintergrund, dass die BAA der Antragstellerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Höhe von insgesamt fast 4.000,00 Euro monatlich gewährt, um ihre Eingliederung in das Arbeitsleben zu ermöglichen, wäre die Forderung, die Ausbildung jetzt abzubrechen, auch wirtschaftlich nicht nachvollziehbar.
Nach alledem liegt ein besonderer Härtefall vor, so dass die in das pflichtgemäße Ermessen des Antragsgegners gestellte Entscheidung nach § 7
Abs. 5 Satz 2
SGB II hier sachgerecht nur in der Weise getroffen werden kann, dass der Antragstellerin Hilfe als Darlehen gewährt wird (
vgl. VGH Kassel, Urteil vom 10.12.1991, FEVS 42,
S. 426 ff,
m.w.N.).
Der Senat sieht auch einen Anordnungsgrund als glaubhaft gemacht an. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem
SGB II dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens, mithin der Erfüllung einer verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt (
vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.). Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung bliebe das Existenzminimum der Antragstellerin für mehrere Monate nicht in vollem Umfange gedeckt. Dabei handelt es sich um eine erhebliche Beeinträchtigung, die auch nachträglich bei einem erfolgreichen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mehr
bzw. nur mit längerer Verzögerung ausgeglichen werden kann, weil der elementare Lebensbedarf eines Menschen grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden kann, in dem er entsteht. Müsste die Antragstellerin jetzt ihre Wohnung aufgeben, so wäre dies im Nachhinein kaum auszugleichen. Die damit erforderliche Vorwegnahme der Hauptsache ist in Kauf zu nehmen, weil der zu befürchtenden Beeinträchtigung der Menschenwürde durch die Vorenthaltung von Leistungen zur Existenzsicherung lediglich die Möglichkeit ungerechtfertigter Geldzahlungen seitens des Antragsgegners gegenüber steht.
Angesichts des von der Antragstellerin formulierten Begehrens und des Umstands, dass die Entscheidung im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens ergeht, kann der Antragsgegner lediglich zur Gewährung von Leistungen für den aus dem Tenor ersichtlichen Zeitraum verpflichtet werden. Grundsätzlich kann nach Auffassung des Senats zwar die Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ausgehend von der Antragstellung bei Gericht - nur für in der Zukunft liegende Zeiträume ausgesprochen werden. Der Fall der Antragstellerin, der es insbesondere darum geht, die im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Wohnung in Berlin stehenden Kosten abgesichert zu sehen, zeigt jedoch, dass der Existenzsicherung dienende Maßnahmen auch bezüglich bereits in der Vergangenheit entstandener Verbindlichkeiten erforderlich sein können (
vgl. auch § 22
Abs. 5
SGB II). Da die Antragstellerin den Antrag bei Gericht in demselben Monat angebracht hat, in welchem der Antrag bei dem Antragsgegner gestellt wurde, stehen ihr Leistungen bereits ab dem 1. November 2007 zu. Weil Leistungen der Grundsicherung nach § 41
Abs. 1 Satz 2
SGB II im Regelfall für sechs Monate bewilligt werden sollen, gibt es im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens keinen Grund, diesen Zeitraum zu überschreiten, so dass über den Monat April 2008 hinaus keine Verpflichtung des Antragsgegners erfolgen kann.
Hinsichtlich der Höhe, in welcher der Antragstellerin monatlich Leistungen zustehen, bedurfte es nach Auffassung des Senats keiner weiteren Ermittlungen. Dass die Antragstellerin das ihr zur freien Verfügung stehende Ausbildungsgeld von 93,00 Euro monatlich zur Deckung ihrer unabhängig von Wohnkosten bestehenden Bedarfe benötigt, erscheint nicht klärungsbedürftig. Das Pflegegeld dürfte, da es dem Ausgleich behinderungsbedingter Mehraufwendungen dient, zweckgebunden und anrechnungsfrei sein. Dass der Bedarf in dieser Höhe nicht bestünde, hat im Übrigen auch der Antragsgegner nicht behauptet.
Der Antragsgegner hat die Leistungen (nur) als Darlehen zu gewähren. Dies ergibt sich zum einen aus dem einstweiligen Charakter der getroffenen Anordnung, zum anderen aber auch aus § 7
Abs. 5 Satz 2
SGB II. Danach können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG in entsprechender Anwendung und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung. Ausgehend vom Interesse der Antragstellerin, die Kosten der Wohnung in Berlin einstweilen abgesichert zu sehen, fällt der Umstand, dass ihr (nur) eine darlehensweise Hilfe für einen der vom Gesetz vorgesehenen üblichen Bewilligungsdauer entsprechenden Zeitraum zugesprochen werden konnte, kaum ins Gewicht, so dass der Senat eine Quotelung nicht für angemessen hält.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177
SGG).