Urteil
Teilhabe am Arbeitsleben - Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in WfB - Höhe der Kostenvergütung für die Ausbildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen

Gericht:

LSG Stuttgart 5. Senat


Aktenzeichen:

L 5 AL 4767/03


Urteil vom:

22.02.2006


Leitsatz:

1. Für den Streit zwischen einer WfB und der Bundesagentur für Arbeit um die Höhe der Vergütungsansprüche für Behinderte im Berufsbildungsbereich sind die Sozialgerichte zuständig. Es geht insoweit nicht um den Inhalt eines privatrechtlichen Beschaffungsvertrags.

2. Die WfB kann nur eine angemessene Vergütung beanspruchen, nicht aber den Ersatz betriebswirtschaftlich notwendiger Kosten. Grundsätzlich kann ein Vergütungssatz, der die angefallenen durchschnittlichen Kostensteigerungen aller Werkstätten in Baden-Württemberg berücksichtigt, als angemessen angesehen werden.

Orientierungssatz:

1. Für einen Rechtsanspruch auf die Vereinbarung eines Vergütungssatzes in bestimmter Höhe bietet § 35 S 2 Nr 4 SGB 9 schon nach seinem Wortlaut keine Grundlage.

2. Die für Versorgungsverträge nach iS der §§ 109, 111 SGB 5 zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bzw Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen geltenden Rechtsgrundsätze können auf den Abschluss von Beschaffungsverträgen nach Maßgabe des § 21 SGB 9 nicht übertragen werden.

3. Bei der Berechnung der Vergütung für Leistungen im Eingangs- und Berufsbildungsbereiches in einer Werkstatt für behinderte Menschen ist § 41 Abs 3 S 1 und S 4 SGB 9 analog anzuwenden, nicht jedoch S 2 und S 3.

Rechtsweg:

SG Reutlingen, Urteil vom 2.10.2003 - S 9 AL 2156/03
BSG - B 7a AL 32/06 R

Quelle:

JURIS-GmbH

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 2. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, Trägerin einer Werkstatt für behinderte Menschen, begehrt eine höhere Vergütung für ihre Leistungen im Eingangs- und Berufsbildungsbereich (ab 1. August 2002).

Die Klägerin ist Trägerin der Werk- und Wohnstätten GmbH B., einer Werkstatt für behinderte Menschen, in der im Benehmen mit der Beklagten als Rehabilitationsträgerin Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich sowie im Arbeitsbereich und im Förder- und Betreuungsbereich (§ 40 bzw. § 41 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch, SGB IX) erbracht werden. Kostenträger des Arbeitsbereichs ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe (seinerzeit Landeswohlfahrtsverband W.); die Kosten für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich trägt die Beklagte. Die Klägerin ist durch Bescheid der Hauptstelle der Beklagten vom 27. Dezember 1982 als Werkstatt für Behinderte im Sinne von § 52 SchwbG (heute § 142 SGB IX) anerkannt.

Klägerin und Beklagte haben in der Vergangenheit, wie in § 21 SGB IX vorgesehen, Verträge über die Leistungserbringung geschlossen und darin insbesondere Vereinbarungen über Qualitätsanforderungen, den Personaleinsatz sowie die Übernahme von Grundsätzen der Rehabilitationsträger zur Leistungsvergütung getroffen. Hinsichtlich des Vergütungssatzes (Tageskostensatz je betreuter Person/Teilnahmekostensatz) für Leistungen im Berufsbildungsbereich, den die Beklagte zu tragen hat, orientierte man sich am mit dem Landeswohlfahrtsverband (als Hauptkostenträger) nach Maßgabe des § 93 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vereinbarten Vergütungssatz für Leistungen im Arbeitsbereich. Dieser wurde um einen Aufschlag für Mehrkosten des Berufsbildungsbereichs, für den (u.a.) ein anderer Personalkostenschlüssel angewendet wird (1: 6 statt 1: 12), erhöht. Nach der bis 31. Juli 2002 geltenden Vereinbarung vom 17. bzw. 28. Juli 2000 betrug der Vergütungssatz für Leistungen im Berufsbildungsbereich zuletzt (ab dem 1. Juli 2001) 43,37 EUR; er enthielt einen Aufschlag von 10,63 EUR auf den Vergütungssatz des Arbeitsbereichs. In dem Vertrag war weiter die Verpflichtung der Klägerin vereinbart, berufsfördernde Bildungsmaßnahmen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich entsprechend dem abgestimmten Rahmenprogramm (Runderlass 42/96) der Beklagten durchzuführen. Abgegolten waren mit den Teilnahmekosten auch die Kosten für Lernmittel, erforderliche Arbeitskleidung, eine Mittagsmahlzeit sowie für den WfB-Fahrdienst.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2002 teilte die Klägerin der Beklagten mit, nachdem die Pflegesatzvereinbarungen mit dem Landeswohlfahrtsverband zum 31. Juli 2002 ausliefen, habe man zu Verhandlungen über neue Pflegesätze ab 1. August 2002 aufgefordert. Die Beklagte möge an den Verhandlungen mitwirken, um ihre Vergütungssätze für den Berufsbildungsbereich unter Berücksichtigung der mit dem Landeswohlfahrtsverband vereinbarten Pflegesätze und des bisherigen Personalschlüssels anzupassen; im Hinblick darauf habe man einen neuen Vergütungssatz von 55,32 EUR errechnet.

Die Beklagte erklärte sich zunächst dazu bereit, den bisherigen Vergütungssatz ab 1. August 2002 um die allgemeine Steigerungsrate von 2,4 % auf insgesamt 44,41 EUR anzuheben, und bot sodann einen an die mittlerweile (am 18. bzw. 20 September 2002) abgeschlossene (neue) Vergütungsvereinbarung der Klägerin mit dem Landeswohlfahrtsverband angelehnten Vergütungssatz von 45,77 EUR an.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2002 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die ab 1. August 2002 geltende Vergütungsvereinbarung mit dem Landeswohlfahrtsverband sehe eine allgemeine Vergütungsanhebung um 2,4% vor (unbeschadet einer weiteren Anhebung um 1 % zum 1. Januar 2003). Fahrtkosten (von 6,35 EUR) seien darin nicht mehr enthalten und würden künftig außerhalb des Pflegesatzes abgerechnet. Insgesamt betrage der Vergütungssatz des Arbeitsbereiches ab 1. August 2002 36,23 EUR. Die Ergebnisse aus den Verhandlungen mit dem Landeswohlfahrtsverband sollten auf den Berufsbildungsbereich übertragen werden. Da man für den Arbeitsbereich letztendlich eine Anhebung von 12,699 % und für den Förder- und Betreuungsbereich von 15,79 % erzielt habe, müsse die Vergütung für Leistungen im Berufsbildungsbereich mindestens um einen Mittelwert von 14,25 % erhöht werden. Gleichwohl werde man sich mit dem niedrigeren Aufschlag des Arbeitsbereichs von 12, 699 % begnügen und einen Gesamtpflegesatz (einschließlich Fahrtkosten) von 48,22 EUR ab 1. August 2002 und von 48,71 EUR ab 1. Januar 2003 akzeptieren.

Unter dem 15. Oktober 2002 bot die Beklagte einen Vergütungssatz für den Berufsbildungsbereich an, der einen Aufschlag von ( lediglich) 9 EUR auf den Vergütungssatz des Arbeitsbereichs vorsah; daraus ergab sich ein Vergütungssatz (einschließlich Fahrtkosten) von 45,77 EUR ab 1. August 2002 und von 46,18 EUR ab 1. Januar 2003. Weitere Verhandlungen und weitergehende Angebote wurden abgelehnt.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 bzw. 15. Januar 2003 bekräftigte die Klägerin ihre Forderungen; mittlerweile stünden Zahlungen in Höhe von 46.818,98 EUR aus. Sollten keine Abschlagszahlungen erfolgen, müsse sie eine Verzinsung entsprechend ihrer Kontokorrent-Kreditsätze ebenfalls im gerichtlichen Verfahren geltend machen; ggf. müsse man eine Verzinsung der vorfinanzierten Kosten einklagen.

Nachdem die Beteiligten eine Einigung nicht erzielen konnten, erhob die Klägerin am 29. Juli 2003 Klage beim Sozialgericht Reutlingen; gleichzeitig suchte sie um vorläufigen Rechtsschutz nach. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2003 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, die Beschwerde der Klägerin wies der Senat mit Beschluss vom 4. Juni 2004 (L 5 AL 4945/03 ER-B) zurück. Der Senat vermochte nicht zu erkennen, dass die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin gefährdet wäre, wenn die geltend gemachten Ansprüche nicht sofort (vorläufig) befriedigt werden. Sie müsse sich vielmehr darauf verweisen lassen, finanzielle Engpässe durch die Inanspruchnahme von Krediten zu überbrücken und die dadurch entstehenden Zusatzkosten ggf., sollten sich ihre Ansprüche im Hauptsacheverfahren als berechtigt erweisen, bei der Antragsgegnerin einzufordern. Dass das nicht möglich wäre, sei weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht.

Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, bis 31. Juli 2002 habe die Beklagte, einer seit über 30 Jahren geübten Praxis folgend, für den Arbeitsbereich einen "Basissatz" von 26,39 EUR gezahlt, der die Grundkosten, also Verwaltungskosten und Personal- und Sachkosten abdecke, nicht jedoch die auf dem höheren Personalbedarf des Berufsbildungsbereichs beruhenden Zusatzkosten. Dieser Basissatz sei bisher um einen Aufschlag von 10,63 EUR sowie um einen Fahrtkostenzuschuss von 6,35 EUR erhöht worden. Insgesamt seien von der Beklagten pro Tag bis 31. Juli 2002 43,34 EUR gezahlt worden. Die bis 31. Juli 2002 geltende Vereinbarung mit der Beklagten habe man, ebenso wie die entsprechende Vereinbarung mit dem Landeswohlfahrtsverband, gekündigt, weil der Vergütungssatz für den Berufsbildungsbereich wegen tariflicher Lohnkostensteigerungen nicht mehr ausgereicht habe. In den Verhandlungen mit dem Landeswohlfahrtsverband, an denen die Beklagte entgegen der langjährigen Übung nicht teilgenommen habe, sei eine Anhebung des "Basissatzes" um 12,66 % im Arbeitsbereich und um 15,76 % im Förder- und Betreuungsbereich und damit ein ab 1. August 2002 geltender neuer "Basissatz" von 29,73 EUR vereinbart worden; die Fahrtkosten würden ab 1. Juli 2002 von 6,35 EUR auf 6,50 EUR erhöht und ab 1. Januar 2003 gelte ein weiterer Aufschlag von 1 % aufgrund landesweiter Verhandlungen der Kostenträger und der Pflegesatzkommission. Die Beklagte habe ihrem ursprünglichen Angebot den mit dem Landeswohlfahrtsverband ausgehandelten neuen "Basissatz" zu Grunde gelegt und damit akzeptiert.

Gem. § 21 SGB IX i. V. m. § 109 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) könne sie eine vertraglich zu vereinbarende Vergütung beanspruchen, die die notwendigen Kosten für die Leistungen im Berufsbildungsbereich abdecke. Letztendlich folge das aus den Regelungen in § 33, § 44, § 53 und § 54 SGB IX sowie aus § 109 SGB III bzw § 9 und § 10 der Werkstättenverordnung, die zeigten, dass man sie in die Lage versetzen müsse, die gesetzlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung zu erfüllen. Davon abgesehen habe man abweichend von § 10 Abs. 2 Werkstättenverordnung bislang immer vereinbart, dass hinsichtlich der Sozialdienste im Berufsbildungsbereich (sogar) ein Personalschlüssel von 1:60 (an Stelle von 1:120) gelten solle, der immer noch sehr niedrig sei; in anderen Bereichen der beruflichen Rehabilitation werde ein Personalschlüssel von 1:24 angesetzt. Hinzu kämen Kosten für aufwändige Eingangsuntersuchungen und begleitende Untersuchungen, etwa zur Therapiefähigkeit behinderter Menschen, die sie von dritter Seite (auf Honorarbasis) erbringen lasse. Der Zusatzbedarf für den Berufsbildungsbereich betrage alles in allem, nur wegen höherer Personalkosten, ab 1. August 2002 mindestens 14,27 EUR pro Teilnehmer, ab 1. Januar 2003 wegen der Tariferhöhungen von 1 % Prozent 14,41 EUR.

Da sie gesetzlich verpflichtet sei, Personal entsprechend dem geltenden Personalschlüssel vorzuhalten, müssten die Leistungsträger die dafür notwendige Finanzausstattung zur Verfügung stellen; andernfalls könne sie ihre Anerkennung verlieren. Da die Beklagte seit 8. Januar 2002 nur den bisherigen Vergütungssatz von 43,37 EUR zahle, ohne die landesweit ausgehandelte Pflegesatzerhöhung von 2,4 % ab 1. August 2002 bzw. (zusätzlich) 1 % ab 1. Januar 2003 zu berücksichtigen, unterschreite sie sogar den von ihr selbst angebotenen Aufschlag für den Berufsbildungsbereich von 9 EUR, erst recht den bisherigen Aufschlag von 10,63 EUR. Damit verstoße sie gegen die Vorschriften in §§ 13, 21 SGB IX i. V. m. § 109 SGB III, wonach bis zum Abschluss eines neuen Vergütungsvertrages zumindest die bislang vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen seien; letzteres habe die Beklagte im Übrigen auch durch Schreiben vom 22. November 2002 zugesagt. Ein Aufschlag von 9 EUR zum Vergütungssatz des Arbeitsbereichs könne die Zusatzkosten des Berufsbildungsbereichs nicht abdecken und sei indiskutabel, zumal der Aufschlag für praktisch alle Einrichtungen im Bezirk W. und B. höher sei. Der verlangte Aufschlag sei nicht überzogen und notwendig, damit sie ihre der Beklagten geschuldeten und erbrachten Leistungen vergütet bekomme. Eine gerichtliche Regelung sei notwendig, weil das Gesetz für den Fall, dass eine vertragliche Vereinbarung nicht zu Stande komme, ein besonderes Schiedsverfahren nicht vorsehe. Im Wege der Rechtsfortbildung müsse eine Regelung getroffen werden, die ihr Rechtssicherheit gebe; andernfalls sei ihre Existenz gefährdet. Ein Personalabbau bzw. die Reduzierung angebotener Leistungen widerspräche der gesetzlichen und vertraglichen Aufgabenerfüllung. Ergänzend legte sie die Neufassung des zwischen der Beklagten und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Behinderte vereinbarten Rahmenprogramms für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich in Werkstätten für Behinderte (Fassung in der Veröffentlichung des BA-Infos vom 11. September 2002) vor.

Die Beklagte trug vor, der bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung nach wie vor gültige Vertrag zwischen ihr und der Klägerin sehe für den Berufsbildungsbereich einen Vergütungssatz von 43,37 EUR vor. Eine Rechtspflicht zum Abschluss eines Vertrages zu einem bestimmten Zeitpunkt und über einen bestimmten Vergütungssatz bestehe nicht. Gleichwohl habe man der Klägerin eine neue Vereinbarung mit einem Vergütungssatz von 45,77 EUR angeboten. Das Angebot orientiere sich am mit dem Landeswohlfahrtsverband ausgehandelten Vergütungssatz für den Arbeitsbereich; andernfalls wäre der bisherige Vergütungssatz des Berufsbildungsbereichs ab 1. August 2002 nur um die allgemeine Steigerungsrate von 2,4 % auf 44,41 EUR angehoben worden. Ihre Hauptstelle habe den Landesarbeitsämtern, nachdem die Sozialhilfeträger nach Änderung des § 93 BSHG zur Vereinbarung prospektiver Kostensätze übergegangen seien, empfohlen, sich den jeweiligen Ergebnissen der Verhandlungen mit den Landeswohlfahrtsverbänden anzuschließen und für den höheren Betreuungsaufwand im Eingangsverfahren sowie im Berufsbildungsbereich einen Aufschlag zu zahlen; dies entspreche langjähriger Praxis. Vereinbarungen zur Kostensatzgestaltung gebe es im Übrigen weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Weitergehende Regelungen zu Vergütungsvereinbarungen zwischen den Leistungsträgern und den Leistungserbringern fänden sich auch im Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs nicht. Nachdem die Klägerin mit dem Landeswohlfahrtsverband über zusätzliches Personal für den Arbeitsbereich nicht verhandelt habe, könne für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich nichts anderes gelten. Einen bestimmten Personalschlüssel habe man auch nie verlangt oder festgelegt; seit Jahren fordere man auch keine Tarifbindung der Rehabilitationseinrichtungen mehr. Dem mit dem Landeswohlfahrtsverband vereinbarten Vergütungssatz, der alle Kosten für die Betreuung in Werkstätten für behinderte Menschen abdecke, werde einheitlich ein Pauschalbetrag von 9 EUR zur Abgeltung des erhöhten Aufwandes im Berufsbildungsbereich zugeschlagen. Entsprechende Angebote hätten viele Einrichtungen angenommen, weil sie damit über dem um die allgemeine Erhöhung gesteigerten alten Vergütungssatz lägen. Wahlweise werde aber auch der alte Kostensatz angeboten. Weitere Zugeständnisse könne man der Klägerin auch im Interesse anderer Einrichtungen, deren Forderungen weit niedriger seien, nicht machen. Die Klägerin liege ohne Berücksichtigung der Fahrtkosten über dem Durchschnitt vergleichbarer Einrichtungen; ihr Begehren sei weder rechtlich noch wirtschaftlich gerechtfertigt.

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 2. Oktober 2003 schlossen die Beteiligten einen Teilvergleich; als vorläufige Regelung ab 1. August 2002 wurde ein Vergütungssatz für den Berufsbildungsbereich von 45,77 EUR (einschließlich Fahrtkosten in Höhe von 6,50 EUR) vereinbart.

Mit Urteil vom 2. Oktober 2003 wies das Sozialgericht die Klage (im Übrigen) ab. Zur Begründung führte es aus, der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei nicht eröffnet. Denn es gehe um den Abschluss eines privatrechtlichen (Beschaffungs-)Vertrags zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer. Deshalb wäre der Rechtsstreit an sich gem. § 17 a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an das für den Sitz der Beklagten zuständige Landgericht Nürnberg bzw. bei Anwendung des § 372 SGB III an das Landgericht Stuttgart, in dessen Bezirk das Landesarbeitsamt seinen Sitz habe, zu verweisen. Die Verweisung sei aber unterblieben, weil die Beteiligten trotz gerichtlichen Hinweises Verweisungsanträge nicht, auch nicht hilfsweise, gestellt hätten.

Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auch nicht zu. Für ihr Begehren auf Vereinbarung eines höheren Vergütungssatzes gebe es nämlich keine Rechtsgrundlage. § 21 SGB IX lege nur den Mindestinhalt der mit den Leistungserbringern abzuschließenden Verträge fest. § 35 Satz 2 Nr. 4 SGB IX schreibe vor, dass die Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation ihre Leistungen nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, zu erbringen hätten. Dabei könne man die Vergütung in diesem Sinne nicht mehr (wie früher) als Ersatz der betriebswirtschaftlich notwendigen Kosten verstehen; im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2000 (B 3 P 18/00 R und B 3 P 19/00 R) gehe es vielmehr um Preise, die unter den Bedingungen eines ungestörten Wettbewerbs für vergleichbare Leistungen gezahlt würden. Kennzeichen einer solchen leistungsgerechten Vergütung sei aber, dass es primär weder auf die Gestehungskosten des Anbieters noch auf die soziale oder finanzielle Lage des Nachfragers ankomme. All das habe nur insoweit (mittelbar) Auswirkungen, als kein Anbieter (Leistungserbringer) auf Dauer unter seinen Gestehungskosten kalkulieren könne und der Nachfrager ( Leistungsträger) im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten bleiben müsse. Insofern sei der sich bildende Marktpreis Ergebnis der sich ausgleichenden unterschiedlichen Interessenlagen. Der Versuch, eine leistungsgerechte Vergütung nach dem Betriebsaufwand des jeweiligen Leistungserbringers zu ermitteln, müsse, so das Bundessozialgericht, auch deshalb unzulänglich sein, weil Außenstehende, wie die Vertreter der Leistungsträger bei den Vertragsverhandlungen, kaum dazu im Stande wären, die Unwirtschaftlichkeit geltend gemachter Aufwendungen zu belegen und vorhandenes Rationalisierungspotenzial zu erkennen. Deshalb sei ein externer Vergleich der Leistungserbringer die Methode der Wahl zur Festlegung einer leistungsgerechten Vergütung. Hier falle zusätzlich ins Gewicht, dass, was die Klägerin nicht widerlegt habe, andere Leistungserbringer weit niedrigere Forderungen erhoben hätten; die Klägerin liege mit ihren Kostenansätzen ohne Berücksichtigung der Fahrtkosten auch über dem Durchschnitt vergleichbarer Einrichtungen. Die Beklagte habe ihr im Übrigen eine über der allgemeinen Steigerungsrate von 2,4 % angesetzte Erhöhung gewährt. Das Urteil wurde der Klägerin am 27. Oktober 2003 zugestellt.

Am 26. November 2003 hat die Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts werde der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erstrebt; für ihr Begehren sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Aus den gesetzlichen Regelungen der Leistungserbringung folge auch ein Rechtsanspruch des Leistungserbringers auf leistungsgerechte Vergütung. So heiße es in der Gesetzesbegründung zu § 21 SGB IX, der ein Vertragsverhältnis zwischen Leistungserbringer und Leistungsträger vorsehe, es sei ein leistungsbezogenes Vergütungssystem anzustreben. Aus § 35 Satz 2 Nr. 4 SGB IX, wonach der Leistungserbringer die Leistung nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen, ausführen müsse, ergebe sich im Umkehrschluss, dass der Leistungsträger eine angemessene Vergütung zahlen müsse. Die Angemessenheit der Vergütung könne man freilich nur unter Berücksichtigung des objektiven Werts der Leistung festlegen, der wiederum nur unter Einrechnung der Kosten für die Leistungserbringung zu ermitteln sei. Schließlich schreibe § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ebenfalls vor, dass die Leistungserbringer vom zuständigen Rehabilitationsträger angemessene Vergütungen erhielten, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprächen. Diese Vorschrift beziehe sich nach ihrem Wortlaut zwar nur auf Leistungen im Arbeitsbereich (§ 41 SGB IX), müsse der Sache nach aber auch für Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich (§ 40 SGB IX) herangezogen werden, zumal § 35 Satz 2 Nr. 4 SGB IX ebenso wenig wie § 21 SGB IX nach Leistungsbereichen unterscheide. Zumindest habe sie aus Art. 12 GG einen Anspruch auf kostendeckende Vergütung bei wirtschaftlicher Betriebsführung. Denn sie sei gem. § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 1 Abs. 1 Werkstättenverordnung zur Aufnahme behinderter Menschen ihres Einzugsbereiches verpflichtet. Man könne sie aber nicht dazu zwingen, Leistungen unterhalb der Gestehungskosten zu erbringen; andernfalls werde ihr Grundrecht der Berufsfreiheit verletzt. Hinzu komme, dass gem. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe. Dieses Grundrecht werde gefährdet, wenn die Einrichtungen für Behinderte keine ausreichende Finanzausstattung bekämen. All diese rechtlichen Vorgaben würden nur dann erfüllt, wenn sie den von ihr angebotenen Vergütungssatz für Leistungen im Berufsbildungsbereich bekomme; die Angebote der Beklagten seien demgegenüber nicht kostendeckend und damit weder leistungsgerecht noch angemessen. Das gehe aus ihren vorgelegten Berechnungen im Einzelnen hervor. Schließlich habe sie durch Umfragen erfahren, dass andere Leistungserbringer Zuschläge von 13 EUR und mehr zum Vergütungssatz des Arbeitsbereiches erhielten.

Wenn sie keine kostendeckende Vergütung erhalte, könne sie ihren Aufgaben als anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen nicht mehr nachkommen. Sie sei in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht und erleide enorme finanzielle Einbußen wegen der ausstehenden Zahlungen der Beklagten sowie durch die auf Grund der Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits zu entrichtenden Zinsen. Langfristig könne der Betrieb auf dieser Grundlage nicht weitergeführt werden. Seit 1. August 2002 sei ein Fehlbetrag von insgesamt 88.083,18 EUR aufgelaufen. Um den Fehlbetrag infolge des zu niedrigen Vergütungssatzes für den Berufsbildungsbereich einzusparen, müsste sie (mindestens) 2,5 Mitarbeiter entlassen. Der von der Beklagten angebotene Aufschlag von 9 EUR stelle, verglichen mit dem bisherigen Aufschlag von 10,63 EUR, eine Kürzung um 18,11 % dar; mit dieser Vorgehensweise könne der Kostenträger letztendlich Leistungsvereinbarungen einseitig verändern und sogar Anerkennung und Zulassung des Berufsbildungsbereichs gefährden. Die Entlassung von Fachpersonal erscheine unter Berücksichtigung des Bundesangestelltentarifvertrags schwierig und vor Abschluss des Verfahrens nicht sachgerecht.


Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 2. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, mit ihr ab 1. August 2002 eine Vereinbarung gem. § 21 SGB IX und § 109 SGB III über einen Vergütungssatz je Teilnehmer im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich von 44,-- EUR zuzüglich Fahrtkosten von 6,50 und ab 1. Januar 2003 in Höhe von 44,44 EUR zuzüglich Fahrtkosten von 6,57 EUR abzuschließen und die sich daraus ergebenden Beträge nachzuzahlen.


Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Sie trägt vor, bei dem bis 30. Juli 2002 gültigen Vergütungssatz für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich handelte es sich nicht um einen "Basissatz" von 26,39 EUR zzgl. eines Aufschlages von 10,63 EUR, sondern um einen Kostensatz, der auf der Grundlage der Selbstkosten der Klägerin Ende der 80er Jahre ermittelt worden sei. Der Kostensatz im Berufsbildungsbereich sei in den Folgejahren regelmäßig um einen zwischen dem Landeswohlfahrtsverband und der Pflegesatzkommission ausgehandelten Prozentsatz erhöht worden und habe zuletzt (bis 1. Juli 2001) 84,83 DM/43,37 EUR betragen. Bei den Verhandlungen der Klägerin mit dem Landeswohlfahrtsverband über einen neuen Kostensatz im Arbeitsbereich sei im Rahmen der Festlegung eines prospektiven Kostensatzes nach § 93 Abs. 2 BSHG für den Arbeitsbereich erstmals eine Maßnahmepauschale, eine Grundpauschale sowie eine Investitionspauschale von insgesamt 29,73 EUR festgelegt worden. Dabei habe der aktuelle Personalbestand offenbar keine Rolle gespielt. Man habe sich der Festlegung eines prospektiven Kostensatzes angeschlossen, wenngleich es eine entsprechende Verwaltungsvereinbarung mit dem Landeswohlfahrtsverband nicht gebe. Den Werkstätten für behinderte Menschen werde generell ein Aufschlag von 9 EUR auf den Kostensatz des Arbeitsbereichs angeboten, um die höheren Personalkosten des Berufsbildungsbereichs auszugleichen. Alle Werkstätten für behinderte Menschen hätten dieses Angebot akzeptiert. Der Kostensatz der Klägerin sei ohne Berücksichtigung der Fahrtkosten leicht überdurchschnittlich. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 25. März 2004 eine weitere Vereinbarung mit dem Landeswohlfahrtsverband über eine zusätzliche Erhöhung des Kostenersatzes im Arbeitsbereich vorgelegt, die bislang nicht bekannt gewesen sei. Man werde deshalb aber rückwirkend zum 1. Januar 2003 einen entsprechend höheren Kostenansatz für den Berufsbildungsbereich zahlen. Davon abgesehen könne die Existenz der Klägerin schon deshalb nicht bedroht sein, weil sie in der Lage gewesen sei, sofort eine selbstschuldnerische Bürgschaft von 62.000 EUR beizubringen.

Am 3. November 2004 fand eine erste mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Die Beteiligten haben auf den dort gefassten Aufklärungsbeschluss ergänzend vorgetragen.

Die Klägerin hat eine Musterberechnung der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. vom 3. November 2004 zum kostendeckenden Pflegesatz vorgelegt und hierzu ausgeführt, die dort ausgewiesenen Kosten von 71,32 EUR ergäben sich bei 250 Arbeitstagen. Bei 365 Arbeitstagen errechne sich ein kostendeckender Pflegesatz von 48,85 EUR, bei 360 Arbeitstagen von 49,53 EUR. Das zeige, dass ihre Mindestforderung in Höhe eines täglichen Pflegesatzes von 44,00 EUR nicht zu hoch bemessen sein könne. Eine Umfrage der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen bei allen 132 Werkstätten in Baden-Württemberg belege, dass der Vortrag der Beklagten, wonach sich alle anderen oder die meisten Werkstätten mit einem Aufschlag von 9,00 EUR zufrieden gegeben hätten oder dieser Betrag auskömmlich wäre, nicht zutreffe. Insgesamt hätten (bei 70,5 %igem Rücklauf) 92,1% der befragten Werkstätten einen Aufschlag von über 9,00 EUR. Auch bei einer früheren Umfrage hätten die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft einen Aufschlag von etwa 14,00 EUR gefordert. Würde sie, die Klägerin, das Angebot der Beklagten annehmen, geriete sie in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Letztendlich drohte die Entziehung der Zulassung, weil sie die verlangten Leistungsanforderungen im Berufsbildungsbereich mehr erfüllen könnte. Das Angebot der Beklagten hätte zur Folge, dass im Berufsbildungsbereich bei fünf Ausbildungsgruppenleitern mindestens eine volle Stelle gestrichen werden müsste und zugleich ein Gruppenleiter an Stelle von sechs behinderten Menschen 9,54 Behinderte betreuen müsste, was rechtlich nicht zulässig wäre. Freilich wäre eine Kündigung arbeitsrechtlich schwer durchsetzbar.

Die Beklagte hat eine Nachberechnung des Erhöhungsbetrages vorgelegt und vorgetragen, im Jahr 1999 hätten sich die Kostenträger auf prospektive, also angemessene bzw. auskömmliche Kostensätze umgestellt. Eine Betriebsprüfung bei den Kostenträgern sei weder möglich noch zumutbar. Ebenso wenig könne beurteilt werden, ob eine Werkstatt für behinderte Menschen gut oder schlecht wirtschafte bzw. erforderlichen oder unnötigen Mehraufwand betreibe. Deshalb würden keine Preisverhandlungen geführt - wenngleich Verhandlungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen seien -, sondern ein angemessenes Preisangebot unterbreitet. Maßstab hierfür seien die bisherigen Kosten, die Kosten vergleichbarer Einrichtungen sowie die Ergebnisse der Kostenfestsetzungen des Sozialhilfeträgers für den Arbeitsbereich. Dem erhöhten Aufwand im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich werde durch einen Aufschlag Rechnung getragen. Die von der Klägerin vorgelegte Kalkulation böte zwar Ansätze, sich mit den geltend gemachten Kosten auseinander zu setzen. Das widerspräche aber ausdrücklich der gesetzlich verankerten Abkehr vom Kostendeckungsprinzip hin zur Anwendung angemessener Kostensätze auf Basis vergleichbarer Einrichtungen. Die geltende Rahmenvereinbarung schreibe keinen über die Werkstättenverordnung hinausgehenden Personalschlüssel vor. Die Einhaltung der früheren Empfehlung für die begleitenden Dienste mit einem Schlüssel von 1 zu 60 werde von der Regionaldirektion Baden-Württemberg nicht mehr verlangt; sie sei für die Kostenvereinbarung nicht mehr relevant. Der Zuschlag sei deswegen aber nicht abgesenkt worden. Es sei nicht richtig, dass mit anderen Werkstätten ein höherer Zuschlag vereinbart worden sei. Die Höhe des Zuschlags sei nicht verhandelbar. Die Systematik der Kostenvereinbarungen zwischen einer Werkstatt für behinderte Menschen und der Regionaldirektion Baden-Württemberg (der Beklagten) lasse nur zwei Möglichkeiten zu. Die erste Möglichkeit bestehe in der Teilnahme an der jährlichen Erhöhung. Dann werde der bisherige Kostensatz nach dem von den zuständigen Stellen vereinbarten Prozentsatz erhöht. Dies führe (wegen nominal höherer Beträge) dazu, dass der Betrag für das Eingangsverfahren bzw. den Berufsbildungsbereich und damit auch der Zuschlag rechnerisch stärker steige als der niedrige Kostensatz im Arbeitsbereich. Nehme eine Werkstatt längere Zeit an der linearen Erhöhung teil, liege der rechnerische Zuschlag zwangsläufig über 9,00 EUR; er betrage bei der Klägerin mittlerweile 10,63 EUR. Die andere Möglichkeit bestehe darin, dass die Werkstatt mit dem Sozialhilfeträger einen neuen Kostensatz für den Arbeitsbereich aushandele. Dieser werde dann übernommen und um den Zuschlag erhöht; mindestens werde der bisherige Kostensatz weitergezahlt. Der Kostensatz der Klägerin liege als vierthöchster in Baden-Württemberg mit 13,9 % deutlich über dem Mittelwert und sei daher angemessen. Alle Werkstätten unterlägen den gleichen objektiven Anforderungen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilte sie ergänzend mit, sie orientiere sich am Mittelwert der Werkstätten. Da die Klägerin deutlich über dem Mittelwert vergleichbarer Werkstätten liege, sei sie nicht bereit, ihr weiter entgegenzukommen.

Die Klägerin hält die Berechnungen der Beklagten für nicht zutreffend; sie gingen von unrichtigen Voraussetzungen aus. Außerdem seien Pflegesätze zu vereinbaren und dürften von der Beklagten nicht einseitig festgesetzt werden. Es sei auch nicht richtig, dass ihr Kostensatz als vierthöchster in Baden-Württemberg deutlich über dem Mittelwert liege und deshalb angemessen sei. Tatsächlich bewege sie sich mit ihrer Grund- und Maßnahmenpauschale allenfalls im Mittelfeld, wahrscheinlich sogar unter dem heutigen Landesdurchschnitt. Nicht zutreffend sei auch, dass für begleitende Dienste keine höheren Kosten entstünden als im Arbeitsbereich. Sie sei gem. § 137 SGB IX zur Aufnahme behinderter Menschen verpflichtet und müsse dafür eine angemessene Vergütung erhalten. Schließlich stellten praktisch alle Werkstätten das Vorgehen der Beklagten in Frage, hätten sich bislang aber gescheut, die Gerichte anzurufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist ohne Zulassung durch das Sozialgericht gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet; der Senat hat dies bereits in seinem Beschluss vom 4. Juni 2004 (a.a.O.) im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angedeutet; er hält daran nach erneuter Überprüfung fest.


Die Zuständigkeit der Sozialgerichte besteht gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG in Angelegenheiten der sonstigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit (bis 31.12.2004 Bundesanstalt für Arbeit) nur dann, wenn über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zu entscheiden ist.

Anders als das Sozialgericht meint, kann der Vertrag, um dessen Inhalt hier gestritten wird, nicht als privatrechtliche Vereinbarung, auf die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zur Anwendung kommen, eingestuft werden. Zwischen den Trägern der Rehabilitation (hier gem. § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die Beklagte), den Leistungserbringern (hier die WfB) und den Leistungsberechtigten (hier die Behinderten) sind drei verschiedene Rechtsverhältnisse zu unterscheiden. Das Grundverhältnis zwischen dem Rehabilitationsträger und dem Leistungsberechtigten, das Leistungsbeschaffungsverhältnis zwischen dem Reha-Träger und dem Leistungserbringer und das Leistungserbringungsverhältnis zwischen dem Leistungserbringer und dem Leistungsberechtigten. Während das Grundverhältnis dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, ist das Leistungserbringungsverhältnis privatrechtlicher Natur. Ungeklärt ist hingegen die Rechtsnatur des Leistungsbeschaffungsverhältnisses. Darum geht es hier.

Die Klage richtet sich auf den Abschluss eines Vertrags, den die Klägerin als Leistungserbringerin mit der Beklagten als Rehabilitationsträgerin abschließen will, und in dem namentlich eine höhere Vergütung für die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen vereinbart werden soll. Verträge dieser Art betreffen das Leistungsbeschaffungsverhältnis.

In der Vergangenheit hatte sich an Hand von Rechtsstreitigkeiten zwischen Hilfsmittelerbringern und den Krankenkassen die Auffassung durchgesetzt, dass Leistungsbeschaffungsverträge dem bürgerlichen Recht und damit den Zivilgerichten zuzuordnen sind (Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichte vom 10. April 1986 (SozR 1500 § 51 Nr. 39) und Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. Juli 1996 = SozR 3-2500 § 125 Nr. 6). Begründet wurde dies damit, dass für die Leistungserbringer keine Pflicht zum Vertragsabschluss bestehe und den Verträgen auch keine Status begründende Funktion in dem Sinne zukomme, dass nur Einrichtungen und Dienste Leistungen zur Teilhabe erbringen dürften, die dazu zugelassen worden sind. Für den Fall, dass eine Einigung nicht zu Stande komme, sei auch weder eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung noch ein Schiedsgerichtsverfahren vorgesehen. Schließlich besage es für sich allein noch nichts, dass solche Verträge zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe abgeschlossen werden.

Diese Beurteilung ist vom Gesetzgeber nicht geteilt worden; er hat namentlich in § 69 SGB V und in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG (in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999, BGBl I, S. 2626) für den Bereich der Krankenversicherung klar gestellt, dass der Rechtsschutz für diese Art von Streitigkeiten über die Sozialgerichte erfolgen soll.

§ 69 Satz 1 SGB V bestimmt, dass die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apothekern sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden im Vierten Kapitel des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs sowie in §§ 63 und 64 SGB V abschließend geregelt sind. Damit hat der Gesetzgeber alle genannten Rechtsbeziehungen ausschließlich dem öffentlichen Recht zugeordnet. Diese Entscheidung beruht ersichtlich auf dem Rechtsgedanken, dass zwischen dem Inhalt der Leistungsbeschaffungsverträge und den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Krankenkassen gegenüber den gesetzlich Versicherten ein enger materieller Sachzusammenhang besteht (vgl. Brodkorb in Hauck/Noftz, SGB IX § 21 Rn. 9 unter Hinweis auf Kummer, SGb 2001, 138, 140). Diesem ist auch in prozessualer Hinsicht Rechnung zu tragen. Über Streitigkeiten aus den sachlich miteinander verknüpften Bereichen soll deshalb die gleiche Fachgerichtsbarkeit entscheiden, damit der materielle Sachzusammenhang auf der Ebene der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung nicht aufgelöst wird. Die Neufassung des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG (durch Gesetz vom 17. August 2001, BGBl I, S. 2144) verdeutlicht das. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden.

Nach herrschender Auffassung im Schrifttum (Welti in HK-SGB IX § 21 Rz 15-18, Brodkorb in Hauck/Noftz SGB IX, K 21 Rz 6-13; Quaas in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Lewering, Sozialgesetzbuch IX, Kommentar, Stand Mai 2003, § 21 Rz 7-9; anders Majeski-Pahler in Neumann/Pahler/Majeski-Pahler, Kommentar zum Sozialgesetzbuch IX, 10. Aufl. 2002, § 21 Rz 5-6)), der sich der Senat anschließt, beansprucht der Rechtsgedanke des § 69 SGB V Geltung nicht nur für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Er beruht nämlich nicht auf deren Besonderheiten, sondern ist verallgemeinerungsfähig und deshalb auch für die Qualifizierung von Beschaffungsverträgen nach dem SGB IX maßgeblich. Auch hier ist dem Sachzusammenhang zwischen dem Inhalt der Beschaffungsverträge und den Pflichten des Rehabilitationsträgers gegenüber den Rehabilitanden, deren Erfüllung die Beschaffungsverträge letztendlich mittelbar auch dienen sollen, in gleicher Weise Rechnung zu tragen. Da das Rechtsverhältnis der Beklagten zu den Rehabilitanden (Grundverhältnis) ohne Zweifel dem öffentlichen Recht angehört, sind deshalb die Beschaffungsverträge auch im Rechtsgebiet des SGB IX dem öffentlichen Recht zuzuordnen.

Sofern man der Regelung in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG entnehmen wollte, dass Verträge zwischen Leistungserbringern und den Krankenkassen (doch) als privatrechtliche Verträge eingestuft werden sollen (vgl. dazu Brodkorb, aaO, Rn. 13 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien), wäre dies für den Rechtsweg konsequenterweise ohne Bedeutung. Denn § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG wäre dann dahin zu verstehen, dass die Sozialgerichte auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung entscheiden sollen. An der Zuordnung der Leistungsbeschaffungsverträge zur Sozialgerichtsbarkeit änderte dies nichts.

Für den öffentlich-rechtlichen Charakter der Beschaffungsverträge spricht, dass die Bedingungen, unter denen private und freie Dienste und Einrichtungen ihre Leistungen anbieten dürfen, öffentlich-rechtlich im SGB IX in einer Vielzahl von Vorschriften geregelt sind. So bedarf vorliegend die WfB gem. § 142 SGB IX der Anerkennung durch die Beklagte. Die Klägerin besitzt hinsichtlich der Aufnahme von Behinderten keine Vertragsfreiheit. Sie steht allen behinderten Menschen offen (§ 136 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) und sie muss die behinderten Menschen ihres Einzugsgebiets aufnehmen (§ 137 Abs. 1 SGB IX). Für die neu in ihre Werkstatt kommenden behinderten Menschen muss sie ein Eingangsverfahren durchführen und sie im Berufsbildungsbereich für ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung qualifizieren (§ 40 Abs. 1 SGB IX). Sie unterliegt der Qualitätssicherung nach § 20 SGB IX und ist hinsichtlich des konkret durchzuführenden Ausbildungsprogramms an das zwischen der Beklagten und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Behinderte vereinbarte "Rahmenprogramm für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen" (vgl. Bl. 108 bis 122 LSG-Akte) gebunden. Schließlich schreibt § 21 SGB IX vor, welchen allgemeinen Inhalt Verträge über die Ausführung von Leistungen haben sollen.

Ein Raum für die in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich anzunehmende privatautonome Entscheidungsfreiheit besteht für die Klägerin wegen dieser öffentlich-rechtlichen Einbindung praktisch nicht. Sogar die Möglichkeit, mit der Beklagten keinen Vertrag zu schließen und stattdessen einfach die erforderlichen Kosten von den Behinderten zu verlangen und diese wiederum darauf zu verweisen, dass sie Anspruch gegenüber der Beklagten auf Erstattung der notwendigen Teilnahmekosten gem. § 109 SGB III haben, ist der Klägerin verwehrt. Denn sie hat als anerkannte Werkstatt für Behinderte einen Berufsbildungsbereich vorzuhalten und sie muss insbesondere für alle Behinderten ihres Einzugsbereichs (§§ 136, 137 SGB IX) offen stehen und nicht nur für diejenigen, die die von ihr verlangten Gebühren auch bezahlen.

Die Klägerin hat ihr Begehren danach zu Recht beim Sozialgericht verfolgt und dafür ebenfalls zu Recht die allgemeine Leistungsklage gewählt. Einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 54 Abs. 4 SGG) bedurfte es nicht, weil der Vertrag nach § 21 SGB IX (anders etwa als Versorgungsverträge nach § 109 SGB V) eine Status begründende Wirkung nicht haben (vgl. etwa BSGE 78, 233).


II.

Die Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Beschaffungsvertrags mit den von ihr verlangten Vergütungssätzen.

1.) Dem Begehren der Klägerin steht zunächst entgegen, dass das SGB IX keine ausdrückliche Regelung enthält, nach welchen Maßstäben die Höhe der Gegenleistung für die von ihr im Berufsbildungsbereich zu erbringenden Leistungen für behinderte Menschen zu bemessen sind.

Auf § 21 Abs. 1 SGB IX kann die Klägerin ihr Begehren nicht stützen. Diese Vorschrift enthält keine Rechtsgrundlage für Ansprüche eines Leistungserbringers. Sie legt in einem nicht abschließenden Katalog vielmehr nur allgemein fest, worüber Beschaffungsverträge Regelungen treffen müssen. Dazu gehören neben Qualitätsanforderungen an die Ausführung der Leistungen, das beteiligte Personal und die begleitenden Fachdienste (Nr. 1) oder Bestimmungen über die Rechte und Pflichten sowie über angemessene Mitwirkungsmöglichkeiten der Teilnehmer (Nr. 3 und 4) auch Vorschriften hinsichtlich der Übernahme von Grundsätzen der Rehabilitationsträger zur Vereinbarung von Vergütungen (Nr. 2). § 21 Abs. 1 SGB IX bezweckt damit (von vornherein) nicht, den Leistungserbringern subjektiv-öffentliche Rechte im Zusammenhang mit dem Abschluss von Beschaffungsverträgen einzuräumen. Entgegen ursprünglicher Absichten im Gesetzgebungsverfahren wurde auch eine Verpflichtung, Verträge mit Leistungserbringern abzuschließen, nicht in das Gesetz übernommen (vgl. Brodkorb, a.a.O., § 21 Rn. 6). Die für Versorgungsverträge i.S.d. §§ 109, 111 SGB V zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bzw. Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen geltenden Rechtsgrundsätze (vgl. etwa BSGE 78, 243) können auf den Abschluss von Beschaffungsverträgen nach Maßgabe des § 21 SGB IX nicht übertragen werden.

Auch die Regelungen in §§ 33, 44, 53 und 54 SGB IX tragen den behaupteten Anspruch auf die Vereinbarung bestimmter Vergütungssätze nicht. Diese Vorschriften haben Ansprüche der Leistungserbringer nicht zum Gegenstand.

§ 33 SGB IX verdeutlicht als grundlegende Norm die in Betracht kommenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hinsichtlich der Zielsetzung dieser Leistungen. Diese werden gem. § 33 Abs. 1 SGB IX erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. § 33 Abs. 2 SGB IX befasst sich der Vorgabe in § 1 Satz 2 SGB IX folgend mit der Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse behinderter und von Behinderung bedrohter Frauen. In den Absätzen 3 bis 8 des § 33 SGB IX schließlich sind die in Betracht kommenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben festgelegt. Ansprüche von Leistungserbringern sind nicht geregelt.

§ 109 SGB III gibt den Rehabilitationsträgern keinen Anspruch auf Ersatz bei ihnen entstandener Kosten. Wie aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Abschnitt über das Ausbildungsgeld hervorgeht, sind unter Teilnahmekosten im Sinne dieser Vorschrift die Kosten zu verstehen, deren Ersatz der Behinderte von der Beklagten verlangen kann. Erstattet werden nur die Kosten, die durch die Inanspruchnahme der Rechte aus den §§ 33, 44, 53 und 54 entstehen.

Auch § 35 Satz 2 Nr. 4 SGB IX, wonach Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation die Leistungen nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, insbesondere zu angemessenen Vergütungssätzen ausführen müssen, enthält keine Ansprüche der Leistungserbringer, sondern allein Anforderungen an deren Einrichtungen. Für einen Rechtsanspruch auf die Vereinbarung eines Vergütungssatzes in bestimmter Höhe bietet die Vorschrift schon nach ihrem Wortlaut keine Grundlage.

Schließlich ist auch § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB IX seinem Wortlaut nach nicht einschlägig. Danach erhalten anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen für Leistungen im Arbeitsbereich vom zuständigen Rehabilitationsträger angemessene Vergütungen, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Gem. § 41 Abs. 3 Satz 2 SGB IX berücksichtigen die Vergütungen alle für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt notwendigen Kosten (Nr. 1) und nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen die mit der wirtschaftlichen Betätigungen der Werkstatt in Zusammenhang stehenden Kosten (Nr. 2). Vorliegend geht es indessen nicht um die Kosten des Arbeitsbereichs; diese fallen dem Sozialhilfeträger zur Last. Die von der Klägerin erstrebte Vergütungsregelung soll vielmehr den Eingangs- und Berufsbildungsbereich abdecken. Die Beklagte ist hinsichtlich des Arbeitsbereichs auch nicht zuständiger Rehabilitationsträger. Sie ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX nämlich nur für Leistungen nach § 5 Nr. 2 und 3 SGB IX, also nur für Leistungen der zur Teilhabe am Arbeitsleben (Eingangs- und Berufsbildungsbereich) bzw. für unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen zuständig (vgl. auch § 42 SGB IX). Leistungen im Arbeitsbereich (§ 40 SGB IX) gehören dazu nicht.

2.) Aus dem oben beschriebenen Normgeflecht (die Klägerin muss alle Behinderte ihres Einzugsbereichs aufnehmen und sie entsprechend den Vorgaben des oben zitierten Rahmenprogramms im Berufsbildungsbereich ausbilden, die Beklagte muss als die zuständige Rehabilitationsträgerin für die Kosten grundsätzlich aufkommen) folgt, dass die Klägerin Anspruch gegen die Beklagte auf eine Gegenleistung für die von ihr im Auftrag und in Absprache mit der Beklagten erbrachten Leistungen haben muss. Darüber sind sich die Beteiligten einig. Sie sind sich auch einig, dass dies im Wege der vertraglichen Regelung zwischen ihnen erfolgen muss. Streitig ist allein, nach welchen Maßstäben diese Gegenleistung zu bemessen ist.

Eingangs wurde aufgezeigt, dass das Verhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin öffentlich-rechtlicher Natur ist. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich die Vorschriften der §§ 53-61 SGB X über den öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Anwendung kommen. Für den Austauschvertrag bestimmt § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X, dass die Gegenleistung den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen muss. Die Vorschriften des SGB X kommen gem. § 37 SGB I allerdings nur dann zur Anwendung, wenn nicht die besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs andere, speziellere und daher vorrangige Regelungen enthalten. Als eine solche vorrangige Regelung sieht der Senat den in § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB IX enthaltenen Grundsatz an, dass Werkstätten für ihre Leistungen angemessene Vergütungen erhalten, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen. Schon der Sachzusammenhang spricht dafür, ihn bei Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Vergütungsregelungen analog auf das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich anzuwenden. Hinweise im Gesetz, dass etwas anderes gelten solle, finden sich nicht. Dieser Grundsatz enthält mit der Angemessenheit der Vergütung zudem den gleichen Maßstab wie § 55 SGB X. Auch fände dieser Grundsatz ebenfalls Anwendung, wenn man mit der Klägerin ihren Anspruch auf Vergütung anhand von § 35 Satz 2 Nr. 4 SGB IX beurteilen würde, wo er im Verhältnis Rehabilitationsträger zu Rehabilitanden für die Vergütung ausgeführter Leistungen mit gleichem Inhalt im Gesetz verankert ist.

Nach Auffassung des Senats ist der Anspruch der Klägerin deshalb in analoger Anwendung von § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB IX inhaltlich auf seine Berechtigung zu prüfen. Soweit ersichtlich hat die Beklagte der Sache nach in der Vergangenheit nichts anderes gemacht. Die analoge Anwendung bietet zudem noch den Vorteil, dass auch § 41 Abs. 3 Satz 4 SGB IX analog herangezogen werden kann, wonach Vergütungspauschalen dann vereinbart werden können, wenn im Einzelfall die konkreten Kosten nicht ermittelt werden können (§ 41 Abs. 3 Satz 4 SGB IX), was der Sache nach in der Vergangenheit von der Beklagten und den Werkstätten für Behinderte in Baden-Württemberg in der Form eines Zuschlags für den Berufsbildungsbereich auf die zuvor nach § 41 Abs. 3 Satz 3 SGB X im Wege prospektiver Kostenschätzung für den Arbeitsbereich ermittelten Kosten so praktiziert wurde. Eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB IX erscheint dem Senat indes zu weitgehend. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er eine entsprechende Pflicht zur Kostenermittlung durch die Beklagte ausdrücklich vorsehen müssen.

3.) Die Klägerin kann danach eine angemessene Vergütung, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entspricht, beanspruchen. Was unter "angemessen" zu verstehen ist, ist vom Gesetzgeber nicht näher definiert worden. Zu beachten ist, dass § 41 Abs. 3 SGB IX eine Vorschrift des BSHG abgelöst hat, wonach alle für die Erfüllung der Aufgaben und der fachlichen Anforderungen der Werkstatt für Behinderte notwendigen Personal und Sachkosten im Rahmen der Vereinbarungen zu übernehmen sind. Der Grundsatz der Erstattung aller Kosten ist somit durch den Grundsatz der Erstattung der angemessenen Kosten ersetzt worden.

Für die Auslegung der Ermittlung der Angemessenheit ist zu beachten, dass der Gesetzgeber auch in anderen Bereichen von der Erstattung der konkret angefallenen Kosten abgerückt ist und etwa bei der Ermittlung des Grundbedarfs der WfB auf die Erstattung der prospektiven Kosten übergegangen ist. Das Sozialgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass es Ziel der Beschaffungsverträge mit den Leistungserbringern nach Maßgabe des § 21 SGB IX ist, eine größere Flexibilität im Vertragsbereich im Sinne eines Wettbewerbs um höhere Qualität, größere Bedarfsgerechtigkeit und bessere Anpassung an Versichertenpräferenzen zu erreichen. Durch mehr Wettbewerb soll der Anreiz für Anbieter gesteigert werden, nachfragegerechte Angebote zu machen. In die gleiche Richtung weist die Entscheidung des BSG vom 14. Dezember 2000 (BSGE 87, 199), wonach im Hinblick auf die Zulassung des freien Wettbewerbs unter den Anbietern entschieden wurde, dass bei einem Träger im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung unter "leistungsgerechter Vergütung" der Preis zu verstehen ist, der unter den Bedingungen eines ungestörten Wettbewerbs für vergleichbare Leistungen gezahlt wird.

Mit Blick darauf wird man unter der angemessenen Vergütung im Sinne des § 41 Abs. 3 SGB IX nicht den Ersatz betriebswirtschaftlich notwendiger Kosten, sondern Preise zu verstehen haben (vgl. dazu auch Brodkorb, a.a.O. § 21 Rn. 15). Auch aus diesem Grund kommt es nicht in Betracht, den Partnern eines Beschaffungsvertrags nach § 21 SGB IX die Höhe der dort für Leistungen des Eingangs- und Berufsbildungsbereichs einer Werkstatt für behinderte Menschen festzulegende Vergütung von Rechts wegen vorzuschreiben und nach Maßgabe von Kalkulationen des Leistungserbringers zu ermitteln. Der Leistungsträger kann Berechnungen dieser Art als außen stehender Dritter im Übrigen auch nicht ohne weiteres nachvollziehen und als unwirtschaftlich belegen. Ebenso wenig ist er im Stande, die Unwirtschaftlichkeit bzw. Unangemessenheit einer verlangten Vergütung unter Hinweis auf vorhandenes Einspar- und Rationalisierungspotenzial geltend zu machen (vgl. dazu auch BSG, Urt. v. 14. Dezember 2000, a.a.O.). Dass dem Träger einer Werkstatt für behinderte Menschen ein Anspruch auf unbedingte Kostenerstattung nicht zusteht, verdeutlicht im Übrigen § 93a Abs. 2 Satz 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) a.F.; diese Bestimmung ist anzuwenden, wenn der Sozialhilfeträger zuständiger Rehabilitationsträger ist. Danach muss der Träger der Sozialhilfe einer verlangten Erhöhung der Vergütung auf Grund von Investitionsmaßnahmen nur zustimmen, wenn er auch der Maßnahme zuvor zugestimmt hat.

4.) Aus dem Gesagten folgt, dass die angemessene Vergütung nicht anhand der tatsächlich anfallenden Kosten in dem Sinne zu überprüfen ist, dass jeder Ausgabenposten der Buchhaltung auf seine Notwendigkeit und Höhe hin im Einzelnen überprüft zu werden braucht. Der Beklagten steht es vielmehr frei, auch andere geeignete Methoden zur Ermittlung der Angemessenheit der Vergütung heranzuziehen. Der Senat braucht deshalb dem Vorbringen der Klägerin zur Kostenunterdeckung der angebotenen Vergütung im Einzelnen nicht nachzugehen und insbesondere auch nicht in Ermittlungen einzutreten.

Die Beklagte hat sich bei der Auslegung dessen, was sie als angemessen ansieht, nach ihren eigenen, glaubhaften Angaben vom Durchschnitt/Mittelwert der Werkstätten für Behinderte in Baden-Württemberg leiten lassen. Die angefallenen Durchschnittskosten aller Werkstätten in Baden-Württemberg wurden von ihr grundsätzlich als angemessen angesehen. Sie hat deshalb der Klägerin die beantragte Erhöhung der Leistungssätze versagt und ausgehend von den bisherigen Leistungssätzen ihr eine Gegenleistung in bisheriger Höhe, ergänzt um die üblichen jährlichen Kostensteigerungen angeboten. Dabei bestand für sie keine Rechtspflicht, die nach prospektiver Kostenschätzung inzwischen höher eingestuften Kosten im Arbeitsbereich vollständig für den Berufsbildungsbereich zu übernehmen. Sie durfte dies ablehnen, weil die Klägerin bereits deutlich höhere Vergütungssätze erhielt als die übrigen Werkstätten in Baden-Württemberg.

Wenn die Beklagte auf die durchschnittlichen Kosten der Werkstätten in Baden-Württemberg als Maßstab für die Angemessenheit von Vergütungen abstellt, ist dies nicht zu beanstanden. Das Abstellen auf Durchschnittswerte ist auch sonst gebräuchlich und wird von den Gerichten akzeptiert. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung basiert die Wirtschaftlichkeitsprüfung gem. § 106 SGB V gerade auf der Abweichung der Abrechnungsergebnisse des einzelnen Arztes vom Durchschnitt seiner Fachgruppe, die Fallpauschalen in den Krankenhäusern geben bestimmte Durchschnittssätze vor, die Krankenhäuser erreichen müssen, um Leistungen wirtschaftlich anbieten zu können und auch im Bereich des Festbetragsrechts (§ 92 Abs. 2 SGB V) spielt der Durchschnitt der Arzneimittelkosten eine große Rolle.

Da die Klägerin nach den Ermittlungen der Beklagten die viertteuerste Werkstatt unter über 140 Werkstätten in Baden Württemberg ist, durfte sie der Klägerin die begehrte Erhöhung versagen, ohne willkürlich zu handeln und ohne gegen ihre Verpflichtung zur Angemessenheit ihrer Gegenleistung zu verstoßen. Der Senat folgt in tatsächlicher Hinsicht insoweit der Beklagten und hält die in der mündlichen Verhandlung übergebene Aufstellung (vgl. Bl. 159-162 LSG-Akte) für zutreffend, insoweit handelt es sich um eine Art amtlicher Statistik. Hinter der Aussagekraft dieses Zahlenwerks müssen die von der Klägerin vorgelegten Umfrageergebnisse an Bedeutung zurückstehen, sie sind deshalb auch nicht geeignet, die Unangemessenheit der angebotenen Vergütung zu beweisen.

Auch kann das konkrete Angebot der Beklagten nicht als unangemessen bezeichnet werden. Denn die Beklagte wird nach Maßgabe der bereits vereinbarten vertraglichen Regelung auch künftig eine Vergütung für die in der Einrichtung der Klägerin erbrachten Leistungen im Eingangs- und Berufsbildungsbereich zahlen. Diese Vergütung wird auch nicht vermindert, sondern im Gegenteil weiter angehoben. Die Beklagte ist insoweit bereit, die Vergütungssätze um eine allgemeine Steigerungsrate von 2, 4% anzuheben; darüber wird nicht mehr gestritten. Der Senat verkennt allerdings nicht, dass die Klägerin Einnahmeausfälle wird hinnehmen müssen, die sie zwingen können, nach ausgleichenden Einspar- oder Rationalisierungsmöglichkeiten zu suchen und diese, soweit vorhanden, auch zu nutzen. Dies macht das Angebot der Beklagten aber nicht rechtswidrig.

Das Sozialgericht hat die Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung erfolglos bleiben muss.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG Abs. 1 i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Referenznummer:

JURE060087911


Informationsstand: 04.10.2006