Die Klage ist zulässig.
Sie ist insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Gericht erhoben worden, §§ 87, 90 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG).
In der Umstellung des Klageantrages auf Kostenerstattung ist keine Änderung der Klage anzusehen, da statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird (§§ 99
Abs. 3
Nr. 3
SGG).
Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid vom 23. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2012 ist rechtswidrig. Der Kläger wird hierdurch in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger 1.134,84 Euro für erhaltenen Einzelunterricht zu erstatten.
Nach
§ 97 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der hier anzuwendenden bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung, können für behinderte Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern.
Unstreitig ist, dass beim Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind, und zwar auch in Form einer Ausbildung zum Bauchfachwerker im Rahmen der von der Stiftung B. durchgeführten Maßnahme.
Anders als die Beklagte meint, war indessen der für den Kläger im Zeitraum vom 27. Oktober 2011 bis 13. April 2012 erfolgte Einzelunterricht von 78 Unterrichtsstunden, respektive 52 Stunden durch den ehemaligen Berufsschullehrer Herrn P. erforderlich und im Rahmen des Leistungskataloges für Leistungen der beruflichen Teilhabe von der Beklagten zu übernehmen.
Nach
§ 7 Satz 1 Sozialgesetzbuch 9. Buch (SGB IX) gelten die Vorschriften dieses Buches für die Leistungen zur Teilhabe, soweit sich aus dem jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt.
Nach
§ 33 Abs. 6 Nr. 2 SGB IX, der über
§ 109 Abs. 1 SGB III für den Bereich der Arbeitsförderung entsprechend gilt, umfassen die Leistungen auch medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind, um die in
Abs. 1 genannten Ziele zu erreichen oder zu sichern und Krankheitsfolgen zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, insbesondere Aktivierung von Selbsthilfepotentialen.
Zur Überzeugung des Gerichts war der vom Kläger besuchte Einzelunterricht erforderlich und geeignet, um das Rehabilitationsziel zu erreichen. Das Gericht stützt seine Überzeugung hierbei auf die Stellungnahme des Oberarztes der V.-Klinik R., Herrn L. vom 29. September 2009, der insoweit ausführt, dass die steigenden Anforderungen des 3. Ausbildungslehrjahres mit der in Aussicht stehenden Abschlussprüfung den Kläger psychisch unter Druck setzten und damit seine Lernproblematik offensichtlich noch deutlicher hervortrete als zuvor. Aufgrund der Vorbefunde sei davon auszugehen, dass eine generelle Bildungsfähigkeit im Hinblick auf die bisher erbrachten Leistungen gegeben sei. Allerdings brauche er, um das Abschlussziel zu erlangen, eine von der Berufsschule zu leistende Unterstützungsmaßnahme. Diese sollte aus 5 Wochenstunden Einzelunterricht bei Beibehaltung des in der Stiftung B. bereits bestehenden Stützunterrichts bis zum Abschluss der Ausbildung erfolgen. Aus dieser Stellungnahme ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts unter Herleitung des beim Kläger bestehenden Beschwerdebildes zweifelsfrei, dass ein Einzelunterricht in der Berufsschule erforderlich und geeignet ist, das Bildungsziel zu erreichen.
Damit war die Beklagte aber auch verpflichtet, diese Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von § 33
Abs. 6
Nr. 2
SGB IX zu gewähren. Die Ausführungen von der Beklagten im Widerspruchsbescheid können hingegen nicht durchgreifen, da sich aus § 33
Abs. 6
SGB IX nicht herleitet, dass diese nur gewährt werden könnten, wenn sie integrativer Bestandteil einer Maßnahme seien. Vielmehr ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 33
SGB IX eindeutig, dass die erforderlichen Leistungen erbracht werden. Sekundär ist hierbei, in welchem Rahmen diese Leistungen erbracht werden, da es entscheidend darauf ankommt, dass der Erfolg der Teilhabeleistung ermöglicht wird.
Eine andere Entscheidung ergibt sich ebenso wenig aus dem Umstand, dass die Beklagte mit der Stiftung B. eine vertragliche Regelung zur Durchführung von behindertenspezifischen Ausbildungen getroffen hat. Zwar sieht das Konzept der Stiftung B. in der Tat vor, dass diese Stütz- und Förderunterricht durchführt. Anders als die Beklagte meint, kann der zwischen der Stiftung B. und der Beklagten abgeschlossene Vertrag vom 6. Juni 2007 nicht so verstanden werden, dass es in die Autonomie und das Belieben der Stiftung B. gegeben ist, alles Notwendige dafür zu tun, den Rehabilitationserfolg sicherzustellen. Die gesetzlichen Regelungen des
SGB IX schaffen einen Leistungsrahmen und Ansprüche, die es in die Hand der Sozialleistungsträger legt, welche Leistungen zu erbringen sind, um einen Rehabilitationserfolg sicherzustellen. Somit ist es aber im Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten zuförderst Aufgabe der Beklagten, erforderliche Leistungen zu erbringen. Ob und in welchem Rahmen sie diese Maßnahmen organisiert, schlägt in jedem Fall nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagter durch. Mithin war für das Gericht ausschließlich zu prüfen, ob die vom Kläger in Anspruch genommenen Leistungen erforderlich gewesen sind, um das Rehabilitationsziel zu erreichen. Unter Bezug auf die schon genannte Stellungnahme von Herrn L. war dies aber der Fall. Die Beklagte mag im Innenverhältnis zur Stiftung B. klären, ob die in Anspruch genommenen Leistungen zur Einzelbeschulung von dem Vertrag vom 6. Juni 2007 umfasst sind oder aber nicht.
Der originär bestanden habende Anspruch hat sich vorliegend indessen in einen Erstattungsanspruch umgewandelt, da der Kläger aufgrund der Ablehnung der Beklagten durch Bescheid vom 23. November 2011 gezwungen war, sich die Leistung selbst zu beschaffen.
Nach
§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX besteht die Erstattungspflicht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Eine derartige Sachlage ist vorliegend gegeben. Aufgrund der anstehenden theoretischen Abschlussprüfung, die der Kläger am 31. Mai 2012 absolvierte, war es unbedingt erforderlich, dass der Berufsschulunterricht in Einzelbeschulung vor dieser theoretischen Prüfung absolviert wird, da der Kläger nur mit dieser Maßnahme in die Lage versetzt worden ist, die Fachprüfung erfolgreich zu absolvieren. Auch dies ergibt sich zweifelsfrei aus der kinder- und jugendpsychiatrischen Stellungnahme von Herrn L., auf die oben insoweit schon Bezug genommen worden ist.
Aus diesem Grunde war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
Abs. 1
SGG.
Die Zulässigkeit der Berufung folgt aus § 143
SGG.