Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte erneut über seinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben entscheidet, da die tatbestandlichen Voraussetzungen der beantragten Leistungen vorliegen.
Nach § 10
Abs.1
SGB VI haben Versicherte für Leistungen zur Teilhabe die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (
Nr. 1) und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann (
Nr. 2 a),
bzw. bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (
Nr. 2 b).
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist gemindert.
Erwerbsfähigkeit in Sinne des § 10
Abs. 1
SGB VI ist die Fähigkeit des Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Die Kriterien, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für eine Rente wegen Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit (Erwerbsminderung) maßgebend sind, sind nicht anwendbar (
BSG, Urteil vom 29. März 2006,
B 13 RJ 37/05, Rn. 15; Urteil vom 17. Oktober 2006,
B 5 RJ 15/05 R, Rn. 17; beide dokumentiert in juris).
Der letzte Beruf des Klägers war die Tätigkeit eines Fenstermonteurs. Der Kläger hat ansonsten in seiner Erwerbsbiografie überwiegend Tätigkeiten im industriellen
bzw. handwerklichen Bereich und zwar körperlich mindestens mittelschwere Tätigkeiten verrichtet. Da er nur noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen verrichten kann, ist davon auszugehen, dass er weder seine letzte Tätigkeit als Fenstermonteur noch typische Tätigkeiten verrichten kann, die sein bisheriges Berufsleben geprägt haben.
Es kommt nicht darauf an, dass der Kläger seit dieser letzten Tätigkeit längere Zeit arbeitslos war. Diese Ansicht beruht auf einem Missverständnis der Rechtsprechung des
BSG.
In der Rechtsprechung und Kommentarliteratur findet sich der Hinweis, dass bei Prüfung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der § 10
Abs. 1
SGB VI berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit, einzubeziehen sind (Kater in Kasseler Kommentar,
SGB VI, 73. Ergänzungslfg., § 10, Rn. 3; SG Gießen, Gerichtsbescheid vom 20. August 2009, S 2 R 1026/07, dokumentiert in juris; beide unter Verweis auf
BSG, Urteil vom 31. Januar 1980, 11 RA 8/79, dokumentiert in juris). Diese Entscheidung des
BSG zu dem Begriff "bisherige Tätigkeit" betraf jedoch die Rechtsfolgenseite der Gewährung berufsfördernder Leistungen. Nach § 14 a Satz 2
Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), zu dem die Entscheidung ergangen ist, waren bei Auswahl der berufsfördernden Leistungen Eignung, Neigung und bisherige Tätigkeit angemessen zu berücksichtigen. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "bisherige Tätigkeit" als "berufliche Tätigkeit aus nicht allzu lange zurückliegender Zeit" kann damit nicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben übertragen werden.
Nach anderer Ansicht soll in dem Fall, in dem sich kein Beruf und keine Tätigkeit ermitteln lässt, der
bzw. die das Berufsleben überwiegend geprägt hat, darauf abgestellt werden, welche Tätigkeiten für ungelernte Versicherte ohne die konkret festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt erreichbar seien (Verhorst in
GK-SGB VI, § 10, März 2009, Rn. 26). Ob dem gefolgt wird, kann hier offen gelassen werden, da sich für den Kläger ein prägendes Berufsbild finden ließ.
Die Anknüpfung an den bisherigen Beruf
bzw. die bisherige Tätigkeit bei der Prüfung der Erwerbsfähigkeit in Sinne des § 10
Abs. 1
SGB VI ohne Berücksichtigung einer lang andauernden Arbeitslosigkeit ergibt sich auch aus anderen Gründen.
Nach § 11
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI i. V. m. §§ 51
Abs. 1, 55
Abs. 1, 3 Satz 1
Nr. 3
SGB VI kann auch durch den Bezug von Arbeitslosengeld die versicherungsrechtliche Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllt werden. Es wäre dann nicht folgerichtig, die Zeit der Arbeitslosigkeit im Einzelfall zur Einschränkung eines möglichen Anspruchs heranzuziehen. Außerdem kann gerade bei lang andauernder Arbeitslosigkeit ein erhöhter Teilhabebedarf für den jeweiligen Versicherten bestehen. Bei einer allgemeinen Verweisbarkeit langjährig Arbeitssuchender
bzw. Arbeitsloser auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, sofern sie zumindest noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten können, würde eine Vielzahl von Versicherten, die die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 11
Abs. 1
Nr. 1
SGB IV erfüllen, von Leistungen der Rentenversicherung von vorneherein ausschließen.
Die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers kann durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Teilhabeleistungen haben bereits dann Aussicht auf Erfolg im Sinne einer wesentlichen Besserung der geminderten Erwerbsfähigkeit, wenn der Versicherte nach seinen persönlichen Verhältnissen (
d. h. nach seiner körperlichen sowie geistigen Leistungsfähigkeit, seiner Motivation und seinem Alter) rehabilitationsfähig ist; die Auswahl einer geeigneten Maßnahme steht im Ermessen des Versicherungsträgers (
BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, B 5 RJ 15/05 R, 2. Leitsatz, dokumentiert in juris). Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger rehabilitationsfähig ist, da in dem Gutachten der Agentur für Arbeit H. vom 22. März 2010 ausdrücklich Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation empfohlen worden sind.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt (§ 11
SGB VI). Ausschlussgründe nach § 12
SGB VI liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
SGG.