Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 21. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben an Stelle der bewilligten zweijährigen beruflichen Weiterbildung zur Medizinlaborantin (ML) eine dreijährige berufliche Weiterbildung zur medizinisch-technischen Laboratoriumsassistentin (MTLA) zu gewähren.
Die 1967 geborene Klägerin hat von 1982 bis 1985 den Beruf der Friseurin erlernt und anschließend - zuletzt als Friseurmeisterin nach dem Besuch der Meisterschule/Abendschule von Mai 1990 bis November 1991 - bis Februar 1994 ausgeübt. Von Februar 1994 bis Mai 1997 war sie arbeitsunfähig erkrankt
bzw. arbeitslos. Am 14. November 1994 beantragte sie erstmals die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation. Mit Bescheid vom 16. Januar 1996 - nach Durchführung einer Berufsfindung und Arbeitserprobung vom 25. Oktober bis 9. November 1995 im Berufsförderungswerk (Bfw) C-Stadt - bewilligte die Beklagte der Klägerin eine 24-monatige Umschulung zur MTLA sowie eine entsprechende Vorschulung. Die Klägerin trat die Umschulung jedoch nicht an, da sie am 6. Mai 1997 einen neuen Arbeitsplatz (Arbeiterin im Wareneingang -/ ausgang) gefunden hatte.
Am 27. Juli 2000 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation. Diesen Antrag lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 5. Februar 2001 ab, da die Klägerin in der Lage sei, ihren erlernten Beruf als Friseurin weiterhin auszuüben.
Auf ihren Widerspruch hob die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 2001 den ablehnenden Bescheid vom 5. Februar 2001 auf und veranlasste die Durchführung einer Kurz-Arbeitserprobung für den Beruf der ML im Bfw C-Stadt vom 14. bis 18. Januar 2002. Nach dem beigezogenen Abschlussbericht des Bfw C-Stadt vom 21. Januar 2002 könne aus arbeitsmedizinischer, psychologischer und fachpraktischer Sicht von den gesundheitlichen, begabungsmäßigen und berufsfachlichen Voraussetzungen her eine Weiterbildung auf der Anforderungsebene ML empfohlen werden. Darüber hinaus sei eine auf Fachschulebene angesiedelte Weiterbildung zur MTLA, soweit förderungsrechtlich diskutabel, ebenfalls möglich. Ein dreimonatiger Rehabilitations- Vorbereitungslehrgang zur Heranführung an die fordernde Lernsituation wäre im Falle einer Weiterbildung zur MTLA erforderlich. Auch sei erfahrungsgemäß eine Arbeitsvermittlung als MTLA als günstiger einzustufen. Der nächste Beginntermin für den Ausbildungsgang ML sei der 10. Oktober 2002 und für den der MTLA der 16. Januar 2002 (Rehabilitations- Vorbereitungslehrgang). In dem Begleitschreiben vom 18. Januar 2002 zu dem Abschlussbericht beantragte/ wünschte die Klägerin die berufliche Weiterbildung zur MTLA. Dieser Beruf sei von der Arbeitskörperhaltung wesentlich abwechslungsreicher, was ihrer Gesundheit zu Gute komme. Sie fühle sich ohne weiteres auch in der Lage, den Beruf der MTLA zu erlernen. Auch seien die Vermittlungschancen für eine MTLA wesentlich größer, insbesondere in ihrem näheren Wohnumfeld ( M. , H., G.
usw.). Zudem gebe es den Beruf der ML in Hessen gar nicht.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine - voraussichtlich 24 Monate andauernde - Weiterbildung zur ML im Bfw C-Stadt mit dem voraussichtlichen Beginn am 10. Oktober 2002. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin unter anderem aus, während der Kurz- Arbeitserprobung im Januar 2002 sei festgestellt worden, dass sie auch für den höher qualifizierten Beruf der MTLA geeignet sei. Dieser Beruf sei auch in den Bewegungsabläufen abwechslungsreicher, was für sie aus gesundheitlicher Sicht ein großer Vorteil sei. Bei Laboren in der näheren Umgebung ihres Wohnsitzes und auch in ganz Hessen sei der Beruf der ML unbekannt. Nach einer beruflichen Weiterbildung zur MTLA habe sie erheblich höhere Vermittlungschancen.
Mit Schreiben vom 25. Juni 2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach Auskunft des Bfw C-Stadt vom 21. Mai 2002 für ML außerhalb Baden-Württembergs befriedigende Vermittlungschancen, vor allem in Großlaboren, beständen und sich das Rehabilitationsziel somit auch mit der zweijährigen Ausbildung zur ML erreichen lasse. Am 10. Oktober 2002 begann die Klägerin ihre Berufsausbildung zur ML im Bfw C-Stadt. Während dieser Ausbildung führte die Klägerin unter anderem berufliche Praktika vom 31. März bis 17. April 2003 im K-Krankenhaus E. und vom 1. bis 26. März 2004 im Institut für M. in H. (vierwöchiges Laborpraktikum) durch. Mit erfolgreichem Ablegen der Prüfung am 6. Oktober 2004 endete die berufliche Weiterbildung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
Der angefochtene Bescheid vom 14. Februar 2002 sei rechtmäßig und zweckmäßig. Der Rentenversicherungsträger habe bestrebt zu sein, das Ziel, den Betreuten möglichst auf Dauer unter angemessener Berücksichtigung seiner Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit beruflich einzugliedern, in möglichst kurzer Zeit zu erreichen. Dies würde daraus folgen, dass zu Lasten der Solidargemeinschaft der Rentenversicherten nur sparsam und wirtschaftlich vorgegangen werden dürfe (§§ 9, 13, 16 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -
SGB VI - in der Fassung vom 01.07. 2001 in Verbindung mit §§ 33 und 37 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch -
SGB IX). Es sei nicht Aufgabe des Rentenversicherungsträgers, im Rahmen der beruflichen Rehabilitation einzelnen Versicherten den von ihnen angestrebten möglichst hohen beruflichen Aufstieg zu finanzieren, sondern die Erwerbsfähigkeit möglichst vieler zu betreuender Versicherter zu erhalten, zu verbessern oder wieder herzustellen und somit vorrangig den von den Behinderten erreichten sozialen Standort im Berufs- und Erwerbsleben zu sichern. Diesen gesetzlichen Auftrag könne der Rentenversicherungsträger nur genügen, wenn er die Dauer der förderungsfähigen Maßnahmen auf das nach dem Gesetzeszweck notwendigen Maß beschränke. Die Klägerin könne nicht ausschließlich durch die von ihr angestrebte dreijährige - und damit über die nach
§ 37 Abs. 2 SGB IX gesetzlich normierte Regelungsdauer von zwei Jahren hinausgehende - Berufsbildungsmaßnahme zur MTLA in das Erwerbsleben wieder eingegliedert werden. Das Teilhabeziel könne vielmehr auch mit der im Bescheid vom 14. Februar 2002 bewilligten zweijährigen Ausbildung zur ML erreicht werden. Art oder Schwere der Behinderung oder besondere Neigung würden nicht zwingend die dreijährige Ausbildung erfordern. Die Klägerin fühle sich zwar nach ihrem Leistungsvermögen in besonderem Maße für den Beruf der MTLA geeignet. Außerdem befürchte sie Schwierigkeiten bei der Erlangung eines entsprechenden Arbeitsplatzes als ML, da dieser Beruf nur in Baden-Württemberg anerkannt werde. Dies könne aber kein Grund für eine Abweichung von der Regel sein. Nach der Auskunft des Bfw C-Stadt vom 21. Mai 2002 gebe es in verschiedenen Bundesländern, vor allem in Großlabors mit viel Routineanforderungen, einen befriedigenden Bedarf für ML. Die gesamte Vermittlungsquote liege bei
ca. 60 v. H. innerhalb eines halben Jahres nach Ausbildungsende. Des Weiteren sei die Klägerin ledig, so dass ihr zugemutet werden könne, im Bedarfsfall einen Wohnungswechsel in ein anderes Bundesland,
z.B. nach Baden-Württemberg, vorzunehmen, um dort eine Arbeit als ML aufzunehmen.
Hiergegen richtet sich die am 14. November 2002 beim Sozialgericht Gießen (SG) erhobenen Klage (AZ: S 13 RJ 2105/02).
Die Klägerin verweist zur Begründung auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und ist ergänzend der Auffassung, es könne nicht Sinn und Zweck einer zeit- und kostenintensiven Weiterbildung sein, den Beruf der ML zu erlernen, der allenfalls befriedigende Vermittlungschancen biete und dessen Zukunftsaussichten negativ (mit Arbeitsplatzreduzierungen sei infolge zunehmender Technisierung zu rechnen) zu bewerten seien. Entsprechend der neuen gesetzlichen Bestimmung (
§ 9 SGB IX) sei ihrem berechtigten Wunsch auf berufliche Weiterbildung zur MTLA zu entsprechen. Aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten sei sie für diesen höher qualifizierten Beruf geeignet, was auch die Kurz-Arbeitserprobung im Januar 2002 ergeben habe. § 37
Abs. 2
SGB IX stände der länger als zwei Jahre dauernden Berufsausbildung zur MTLA nicht entgegen, da durch diese länger andauernde Leistung ihre Eingliederungsaussichten wesentlich verbessert würden.
Die Beklagte legte vor eine Aufstellung des Bfw C-Stadt vom 27. Mai 2003 über die Vermittlungsergebnisse der Ausbildungsgruppen MTLA und ML aus den Jahren 2001. Hiernach lag die Vermittlungsquote für die Ausbildungsgruppe MTLA bei 75 % und die für die Ausbildungsgruppe ML bei knapp 50 %.
Mit Urteil vom 21. Oktober 2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid vom 14. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 sei nicht zu beanstanden. Zu Recht habe die Beklagte nach pflichtgemäßer Ermessensausübung lediglich eine 24-monatige Weiterbildung zur ML bewilligt. Diese Weiterbildung sei geeignet, sie wieder in das Erwerbsleben einzugliedern. Art oder Schwere der bei der Klägerin bestehenden Leiden oder Gebrechen würden nicht zwingend eine über zwei Jahre andauernde, eine dreijährige Ausbildung zur MTLA erfordern (§ 37
Abs. 2
SGB IX). Die Vermittlungschancen für MTLA (75 %) seien zwar bundesweit wesentlich höher als für ML (knapp 50 %) . Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die nach dem Akteninhalt ledige Klägerin ortsungebunden und damit im gesamten Bundesgebiet vermittelbar sei, beständen aber insgesamt gute Vermittlungschancen nach durchgeführter Weiterbildung zur ML. Da die Beklagte zudem gehalten sei, mit den Geldern der Versichertengemeinschaft sparsam zu wirtschaften, sei die Gewährung einer kürzeren und kostengünstigeren Weiterbildung vor der länger dauernden und kostenintensiveren Wunschausbildung nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 11. November 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 2. Dezember 2003 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen im Widerspruchs- und Klageverfahren und beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 21. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 zu verurteilen, ihr als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine dreijährige berufliche Weiterbildung zur medizinisch-technischen Laboratoriumsassistentin zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide sowie das erstinstanzliche Urteil und ist ergänzend der Auffassung, sie habe nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens unter Berücksichtigung von Eignung, Neigung und der bisherigen Tätigkeit sowie der Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt - hierbei sei auf den Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung abzustellen - zu Recht entschieden, dass die kostengünstigere und kürzere Alternative (24-monatige berufliche Weiterbildung zur ML) angemessen, vertretbar und geeignet sei.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- und Reha-Akte, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 144, 151
SGG), sie ist jedoch sachlich unbegründet.
Das Urteil des SG vom 21. Oktober 2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 sind nicht zu beanstanden.
Zu Recht hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden der Klägerin eine 24-monatige berufliche Weiterbildung zur ML als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt und den darüber hinaus gehenden Antrag/Wunsch auf Gewährung einer 36- monatigen Weiterbildung zur MTLA abgelehnt.
Gemäß § 13
Abs. 1
SGB VI bestimmt der Rentenversicherungsträger, soweit die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe vorliegen (§§ 10, 11
SGB VI) und Ausschlussgründe fehlen (§ 12
SGB VI), im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßen Ermessen. Die Ermessensentscheidung des Rentenversicherungsträgers bezüglich des "Wie" unterliegt im Rechtsstreit nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Diese Entscheidung ist lediglich in den Grenzen der §§ 39
Abs. 1
SGB I und des § 54
Abs. 2 Satz 2
SGG überprüfbar, soweit nicht ein Fall der "Reduzierung des Ermessens auf Null" vorliegt. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt zu prüfen, ob der Rentenversicherungsträger (1.) seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist ( Ermessennichtgebrauch), (2.) mit seiner Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt hat (Ermessensüberschreitung), oder (3.) von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). Nach dem in § 13
Abs. 1
SGB VI aufgestellten Grundsatz ("unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit") haben die Rentenversicherungsträger mit den ihnen anvertrauten Mitteln wirtschaftlich und sparsam umzugehen. Es ist zu prüfen, welche Leistungen zur Teilhabe sich anbieten und wieweit die gewählte diejenige ist, die bei angemessenem Mittelaufwand am wirksamsten ist und damit auch so zeitnah wie möglich einen Rehabilitationserfolg erwarten lässt. Es muss stets geprüft werden, ob nicht auch auf eine andere wirtschaftlichere und sparsamere Art der Erfolg herbeigeführt werden kann (siehe hierzu u.a.: Niesel, in: Kasseler Kommentar, § 13
SGB VI,
Rdnr. 15
m.w.N.). Nach § 16
SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 33 bis 38
SGB IX. Gemäß § 33
SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen zur Teilhabe umfassen
u. a. die berufliche Weiterbildung (
§ 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX). Bei der Auswahl der Leistungen werden gemäß § 33
Abs. 4
SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt.
Die Beklagte hat nach der Überzeugung des Senats bei der Ermessens-/Auswahlentscheidung (Bewilligung der zweijährigen beruflichen Weiterbildung zur ML) Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt.
Zur Abklärung der Eignung der Klägerin für den Beruf der ML nahm diese in der Zeit vom 14. Januar bis 18. Januar 2002 im Rahmen einer Kurz-Arbeitserprobung an einer psychologischen Eignungsuntersuchung, einer arbeitsmedizinischen Untersuchung und einer fachpraktischen (verkürzten) Erprobung teil. Nach dem Abschlussbericht des Bfw C-Stadt vom 21. Januar 2002 kann aus arbeitsmedizinischer, psychologischer und fach-praktischer Sicht von den gesundheitlichen, begabungsmäßigen und berufsfachlichen Voraussetzungen der Klägerin her eine Weiterbildung auf der Anforderungsebene ML empfohlen werden.
Die Beklagte hat bei der Auswahl des Weiterbildungsberufs auch Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Hinsichtlich der voraussichtlichen Vermittlungschancen der Klägerin nach erfolgreichem Abschluss der zweijährigen Weiterbildung zur ML hat die Beklagte eine Auskunft des Bfw C-Stadt vom 21. Mai 2002 eingeholt. Hiernach gibt es befriedigende Vermittlungschancen, vor allem in Großlaboren mit vielen Routineanforderungen, in verschiedenen Bundesländern. Nach statistischen Auswertungen des Profitcenters "Integrationsservice, Workbridge" lag die Gesamtvermittlungsquote der Medizinlaborantengruppe, die ihre Ausbildung im November 2000 beendet hatte, ein halbes Jahr nach Ausbildungsende bei 60 %. Hinsichtlich der Prognoseentscheidung (voraussichtliche Eingliederungsaussichten nach erfolgter beruflicher Weiterbildung), bei der auf den Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 abzustellen ist, steht dem Rehabilitationsträger ein - gerichtlich nicht voll überprüfbarer - Beurteilungsspielraum zu (
vgl. u.a.:
BSG, SozR 3 - 4100 § 10
SGB VI Nr. 2). Hiernach ist von einem befriedigenden, annähernd ausreichenden Arbeitsmarkt für die Vermittlung in die Tätigkeit einer ML, insbesondere unter Berücksichtigung der Umstände, dass die ledige Klägerin ungebunden und damit im gesamten Bundesgebiet vermittelbar ist, auszugehen.
Die berufliche Weiterbildung zur ML entspricht auch der zunächst bestehenden Neigung der Klägerin zur Weiterbildung in einen Beruf im medizinischen Laborbereich. Während der Reha-Erstberatung beim Arbeitsamt Wetzlar am 13. November 2001 bekundete die Klägerin ihr Interesse an einer Weiterbildung zur ML. Dementsprechend fand im Januar 2002 im Bfw C-Stadt eine Arbeitserprobung statt zur Klärung, ob die Voraussetzungen für die Weiterbildung zur ML vorliegen.
Die Ermessens-/Auswahlentscheidung der Beklagten - Bewilligung der 24-monatigen Weiterbildung zur ML - ist auch nicht dadurch fehlerhaft, dass durch einen berechtigten Wunsch der Klägerin im Sinne des § 9
SGB IX - nach durchgeführter Arbeitserprobung vom 14. bis 18. Januar 2002 im Bfw C-Stadt äußerte die Klägerin im Schreiben vom 18. Januar 2002 den Wunsch auf Gewährung einer dreijährigen beruflichen Weiterbildung zur MTLA - eine Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätte und nur eine Entscheidung, nämlich die Gewährung der dreijährigen Umschulung zur MTLA, rechtmäßig gewesen wäre. Dies ist vorliegend zu verneinen.
Nach § 9
Abs. 1
SGB IX wird bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33
SGB I. Hiernach sind, wenn der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im Einzelnen bestimmt ist, bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.
Die Vorschrift des § 9
SGB IX bezweckt in der Ergänzung des unverändert weitergeltenden § 33
SGB I die Stärkung der individuellen Wunsch- und Wahlrechte leistungsberechtigter behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen im jeweiligen Einzelfall. Berechtigte Wünsche sind solche Wünsche, denen keine Rechtsvorschrift entgegensteht und die sich innerhalb des - für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden - gesetzlichen Leistungsrechts bewegen. Mit Hilfe der Wunsch- und Wahlrechte können somit im Einzelfall nur die in der jeweiligen Anspruchsnorm enthaltenen Rechte konkretisiert werden. Leistungen, die nach dem Leistungsrecht nicht gewährt werden dürfen, können mit Hilfe der Wunsch- und Wahlrechte nicht geltend gemacht werden; gesetzliche Leistungsausschlüsse können hierdurch nicht umgangen werden. Zu beachten ist auch das in § 69
Abs. 2
SGB IV enthaltene und für die Rehabilitationsträger (§ 13
Abs. 1 Satz 1
SGB VI) geltende Gebot der Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (
vgl. hierzu u.a.: Götze, in: Hauck/Noftz, Kommentar zum
SGB IX, § 9
Rdnr. 3 und 7, sowie Löschau, in: Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch, § 9
SGB IX Rdnr. 15 und 23; jeweils mit weiteren Nachweisen).
Der nach Durchführung der Arbeitserprobung im Schreiben vom 18. Januar 2002 geäußerte Wunsch der Klägerin auf Bewilligung einer dreijährigen Weiterbildung zur MTLA ist kein "berechtigter" Wunsch im Sinne des § 9
Abs. 1 Satz 1
SGB IX, da ihm die Rechtsvorschrift des
§ 37 Abs. 2 SGB IX entgegensteht. Nach dieser Bestimmung sollen Leistungen zur beruflichen Weiterbildung in der Regel bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauern, es sei denn, dass das Teilhabeziel nur über eine länger dauernde Leistung erreicht werden kann (1. Alt.) oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine länger dauernde Leistung wesentlich verbessert werden (2. Alt.). Nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 13
Abs. 1
SGB VI) soll das Ziel der beruflichen Wiedereingliederung in möglichst kurzer Zeit erreicht werden. § 37
Abs. 2 legt deshalb für Weiterbildungen grundsätzlich eine Höchstgrenze von zwei Jahren fest. § 37
SGB IX wird durch § 8 der Vereinbarung über berufliche Rehabilitation (Vereinbarung ´93) zwischen dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit vom 30. März 1994 ergänzt. Nach § 8
Abs. 2 der Vereinbarung ´93 kommt eine länger dauernde Leistung in Betracht, wenn (1.) Art und Schwere der Behinderung sowie deren voraussichtliche Entwicklung sie erfordert oder ( 2.) Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes sie bedingen oder (3.) erst durch volle Ausschöpfung des Leistungsvermögens des Behinderten eine dauerhafte Eingliederung in Arbeit und Beruf erreicht werden kann oder (4.) der Ausbildungsberuf nicht in einer zweijährigen Ausbildung erlernt werden kann. Dem Rentenversicherungsträger ist bezüglich der möglichen Förderungshöchstdauer kein Ermessen eingeräumt; vielmehr ist § 37
Abs. 2
SGB IX trotz der Formulierung als Sollvorschrift als ein striktes Verbot mit gesetzlichen Ausnahmeregelungen anzusehen. Eine länger als zwei Jahre dauernde Umschulung darf nicht gewährt
bzw. gefördert werden, wenn der Versicherte durch eine Umschulung eingegliedert werden kann, welche die Dauer von zwei Jahren nicht übersteigt (so u.a.: Niesel, in: Kasseler Kommentar, § 16
SGB VI,
Rdnr. 36
m.w.N.). Sind konkrete berufsbildende Maßnahmen gegeben, die auch die Neigungen der Behinderten angemessen berücksichtigen, so besteht kein Anspruch mehr darüber hinaus auf die "optimale", d.h. den Neigungen und Wünschen der Versicherten voll entsprechende Förderung, die insoweit über den Rahmen der Eingliederung hinausginge (so u.a.:
BSG, Urteil vom 28. Januar 1993, Az:
2 RU 10/92, in: SozR 3-2200 § 567 RVO
Nr. 2). Mithin ist für eine Überschreitung der zweijährigen Förderungsdauer Voraussetzung, dass es für die Versicherten keine in kürzerer Zeit zu erreichende Maßnahme dauerhafter voller beruflicher Eingliederung gibt (so u.a.:
LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. April 2003, Az:
L 3 AL 2135/02). Der Berufswunsch ist nicht das allein entscheidende Kriterium für die Leistungspflicht eines öffentlichen Rehabilitationsträgers, vielmehr sind auch andere Gesichtspunkte ( Auswahlkriterien des § 33
Abs. 4
SGB IX - angemessene Berücksichtigung von Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt - und nach § 13
SGB VI die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) zu berücksichtigen.
Die Zielsetzung der beruflichen Rehabilitation, die berufliche Eingliederung der Klägerin in größtmöglichem Umfang und auf Dauer zu sichern, kann nach der Überzeugung des Senats bereits durch die mit dem angefochtenen Bescheid bewilligte zweijährige berufliche Weiterbildung zur ML erreicht werden. Unabhängig davon, dass nach den obigen Ausführungen für das Erreichen des Teilhabezieles - die dauerhafte berufliche Eingliederung der Klägerin - die bewilligte zweijährige berufliche Weiterbildung zur ML ausreichend ist, ist auch fraglich, ob die Klägerin Anfang 2002 überhaupt die Eignung hatte, die auf Fachschulebene angesiedelte Weiterbildung zur MTLA durchzuführen. Hierzu hätte es zunächst eines dreimonatigen Rehabilitationsvorbereitungslehrganges zur Heranführung an die fordernde Lernsituation bedurft ( so der Abschlussbericht des Bfw C-Stadt vom 21. Januar 2002).
Entgegen der Auffassung der Klägerin werden ihre Eingliederungsaussichten auch nicht durch die länger dauernde Leistung - durch die dreijährige Weiterbildung zur MTLA im Verhältnis zur zweijährigen beruflichen Weiterbildung zur ML - wesentlich verbessert (§ 37
Abs. 2 2. Alternative
SGB IX). Unter Berücksichtigung der zur Zeit der vorausschauenden Betrachtung im Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2002 erkennbaren Umstände bestanden für die ledige, ortsungebundene und damit im gesamten Bundesgebiet vermittelbare Klägerin nach der Überzeugung des Senates gute Vermittlungschancen nach erfolgreicher Durchführung der beruflichen Weiterbildung zur ML. Eine wesentliche Verbesserung der Eingliederungsaussischten nur durch eine länger dauernde Leistung, nämlich durch die Gewährung einer dreijährigen beruflichen Weiterbildung zur MTLA, scheidet deshalb aus.
Der Wunsch der Klägerin ist daher aufgrund der entgegenstehenden Bestimmung des § 37
Abs. 2
SGB IX nicht berechtigt. Diesem musste deshalb von der Beklagten nicht in Form einer Reduktion des Auswahlermessens auf Null, nämlich durch die begehrte Bewilligung der dreijährigen beruflichen Weiterbildung zur MTLA, entsprochen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160
Abs. 2
SGG).