Der Kläger hat sich 1983 vom Flugingenieur zum Berufsflugzeugführer umschulen lassen und Förderungsleistungen bei der Beklagten beantragt. Nachdem diese den Anspruch zunächst abgelehnt hatte, erkannte sie die arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit der Bildungsmaßnahme aufgrund der Tatsachenermittlungen des Sozialgerichts (SG) an, und übernahm ua für den berufsbegleitenden Unterricht 3,-- DM pro Unterrichtsstunde (insgesamt etwa 900,-- DM an Lehrgangs- und Prüfungsgebühren (Bescheid vom 6. Dezember 1985)). Der Kläger beanstandet die Höhe dieser Leistung, weil er an Lehrgangsgebühren und Prüfungskosten nachweislich mehr als 15.000,-- DM habe aufwenden müssen. Das SG hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 10. März 1988). Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (
LSG) hat ausgeführt, die pauschalierte Begrenzung der Kostenübernahme entspreche § 12 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (
BA) über die berufliche Fortbildung und Umschulung (AFuU). Dieses autonome Satzungsrecht sei verfassungs- und ermächtigungskonform. Nur bei notwendigen Maßnahmen seien die vollen Kosten zu übernehmen. Eine Notwendigkeit zur Umschulung habe aber nicht bestanden, weil der Kläger weder unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen, noch in einen Mangelberuf umgeschult worden sei. Auch wenn absehbar sei, dass sich die beruflichen Möglichkeiten für Flugingenieure langfristig verschlechterten, genüge dies nicht, einen ungekündigt beschäftigten Flugingenieur als von Arbeitslosigkeit bedroht anzusehen. In einen Mangelberuf sei der Kläger schon deshalb nicht umgeschult worden, weil 1983 und auch in den Folgejahren mehr Piloten arbeitslos gemeldet waren als es Angebote an offenen Stellen gegeben habe. Auch bei der Lufthansa, die etwa 2.400 bis 2.900 Arbeitskräfte im Cockpit beschäftige, seien in der Zeit bis 1987 nur wenige Neueinstellungen oder Umsetzungen vorgenommen worden.
Der Kläger hat die vom
LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt, das
LSG habe den Rechtsbegriff einer unmittelbar drohenden Arbeitslosigkeit verkannt. Eine solche stehe auch dann bevor, wenn in absehbarer Zeit, etwa in 5 bis 10 Jahren, ein Beruf vom Markt verschwinde. In gleicher Weise sei der Rechtsbegriff des Mangelberufs verkannt worden, wenn auf den Zeitpunkt der Umschulung abgestellt werde; ein drohender Arbeitskräftemangel könne nur beseitigt werden, wenn beizeiten mit berufsqualifizierenden Maßnahmen begonnen werde. Im übrigen müssten auch bei den nur zweckmäßigen beruflichen Bildungsmaßnahmen Kosten in angemessener Höhe übernommen werden. Es werde gegen das Gleichheitsgebot verstoßen, wenn Ungleiches nicht seiner Eigenart entsprechend ungleich behandelt werde; für teuere Fortbildungen müssten entsprechend höhere Leistungen erbracht werden. Die AFuU stehe weder mit Art 80 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (
GG) noch mit Art 14
GG in Einklang, weil die Höhe der Leistungen enteignenden Charakter habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Änderung der entgegenstehenden Urteile und Bescheide zu verurteilen, die Lehrgangsgebühren in voller Höhe zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Bescheide der Beklagten bestätigt. Nach den Feststellungen des
LSG war für den Kläger die Ausbildung zum Flugzeugführer nicht notwendig iS des Gesetzes. Er war nicht von Arbeitslosigkeit bedroht und wollte auch nicht in einen Mangelberuf überwechseln.
Nach § 45 des Arbeitsförderungsgesetzes (
AFG) (in der hier maßgeblichen Fassung durch das Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497)) trägt die
BA ganz oder teilweise die notwendigen Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstehen, insbesondere Lehrgangskosten. Ein Anspruch auf volle Kostenübernahme für alle Teilnehmer an geförderten beruflichen Bildungsmaßnahmen besteht danach nicht. Vollständige Kostenübernahme war nach § 12 Abs 4 AFuU (
idF der 12. Änderungsanordnung vom 16. März 1982 (ANBA 1982 567)) nur vorgesehen für den Teilnehmerkreis, für den - entsprechend der Definition in § 44 Abs 2 Nr 2
AFG - Bildungsmaßnahmen als notwendig definiert werden: Zur beruflichen Eingliederung von Arbeitslosen oder zum Erwerb einer ersten beruflichen Abschlussqualifikation (beides kam für den Kläger nicht in Betracht), sowie um Arbeitslosigkeit für einen hiervon Bedrohten zu vermeiden, insbesondere wenn die Kündigung ausgesprochen oder die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragt ist, oder um in einen Mangelberuf zu wechseln. Das entspricht der durch das AFKG neugefassten Ermächtigungsnorm des § 39
AFG und ist ausgerichtet an den persönlichen Verhältnissen der Antragsteller, dem mit der beruflichen Bildung angestrebten Ziel, sowie der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (
BSG) entschieden, dass der Kläger in seinem Beruf als Flugingenieur nicht von Arbeitslosigkeit bedroht war. Der rechtliche Ansatz des
LSG hält sich im Rahmen des Gesetzes und der bisher ergangenen Entscheidungen (vgl hierzu SozR 3-4100 § 36 Nr 1 mwN). Auch wenn feststeht, dass ein bestimmter Beruf in absehbarer Zeit vom Markt verschwinden wird, bedeutet dies nicht, dass sämtliche Angehörige dieses Berufes von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Denn die von Arbeitslosigkeit Bedrohten iS von § 44 Abs 2 Nr 2
AFG sind den bereits tatsächlich Arbeitslosen gleichzustellen. Für die Arbeitslosen sind aber Bildungsmaßnahmen erst notwendig, wenn ihnen in absehbarer Zeit - einem Zeitraum von sechs bis 12 Monaten - kein angemessener Arbeitsplatz vermittelt werden kann (vgl
BSG SozR 4100 § 42 Nr 12). Wenn Arbeitslosigkeit überhaupt noch nicht eingetreten ist, der konkrete Arbeitsplatz auch noch nicht durch Kündigung, Betriebstillegung, Konkursverfahren, Betriebsvereinbarung und ähnliches als gefährdet angesehen werden kann, sind die Arbeitsplatzinhaber nicht unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht, wie es das Gesetz verlangt.
Das Berufungsurteil definiert auch den Mangelberuf in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung (vgl
BSG SozR 4100 § 44 Nr 53 mwN). Von einem Mangelberuf ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Zeitpunkt der Maßnahme dem Angebot an freien Stellen für eine bestimmte Beschäftigung eine so geringe Nachfrage nach solchen Stellen auf der Arbeitnehmerseite gegenübersteht, dass der Bedarf in dem entsprechenden Beschäftigungszweig nicht in der für eine ausgeglichene Arbeitsmarktsituation erforderlichen Weise gedeckt werden kann. Die hierfür erforderliche Vorausschau hat zwar die Zeit nach erfolgreichem Abschluss der Maßnahme einzubeziehen, allerdings nicht - wie der Kläger meint - auch die künftige Entwicklung in 5 bis 10 Jahren. Ob für die
BA Anlass besteht,
mittels einer von ihr voll finanzierten Berufsbildungsmaßnahme in das Marktgeschehen einzugreifen, hängt von der konjunkturellen und technischen Entwicklung und vor allem vom marktgesteuerten Verhalten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab. Erst wenn der Arbeitsmarkt ohne entsprechende Steuerung durch die
BA unausgeglichen bleibt, sind berufliche Fördermaßnahmen durch die
BA notwendig. Rechtlich ist es daher nicht geboten, den Begriff des Mangelberufs, im Hinblick auf einen weit in die Zukunft geschobenen Zeitpunkt zu definieren.
Die Entscheidung darüber, ob eine Bildungsmaßnahme zur beruflichen Eingliederung notwendig ist, enthält eine Prognose, die unter Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände zu erfolgen hat; der Beklagten, die in erster Linie die zukünftigen Vermittlungsmöglichkeiten einzuschätzen hat, kommt ein Beurteilungsspielraum zu, von dem sie im Zeitpunkt der zu treffenden Verwaltungsentscheidung Gebrauch macht, die zu diesem Zeitpunkt unter Einbeziehung der zukünftigen Entwicklung bis zum Abschluss der Maßnahme mit der mutmaßlichen Rückkehr des Antragstellers ins Berufsleben Bestand haben muss. Für die kontrollierenden Gerichte ist daher maßgeblicher Prüfungszeitpunkt für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - nach Ablauf des Bewilligungszeitraums liegt (vgl
BSG SozR 3-3100 § 36 Nr 1). Die Einbeziehung späterer Erkenntnisse, die das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
BSG (SozR 4100 § 44 Nr 53) bestätigend herangezogen hat, dient vor allem der Kontrolle, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist. Die abwägungserheblichen Belange müssen erfasst und zutreffend unter den Sachverhalt subsumiert sein (vgl auch Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG) BVerwGE 56, 110). Wenn die Tatsachengerichte bei der Überprüfung einer solchen Entscheidung Erkenntnismittel heranziehen und auswerten, die erst später entstanden oder zugänglich geworden sind, so geschieht dies, um ihnen Anhaltspunkte für die Richtigkeit der im maßgeblichen Zeitpunkt getroffenen Einschätzung zu entnehmen. Demgegenüber haben Erkenntnisse über die erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt eingetretene tatsächliche, aber unvorhersehbare Entwicklung außer Betracht zu bleiben (
BVerwG Buchholz 402.24 § 10 Nr 119). Diese Grundsätze hat das
LSG beachtet und weder im Zeitpunkt der Maßnahme noch im Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch für einen späteren Zeitpunkt feststellen können, dass Flugingenieure in nennenswertem Umfang arbeitslos und nicht vermittelbar waren oder dass der Bedarf an Flugzeugführern nicht gedeckt werden konnte.
Soweit die Prognose der Beklagten von den Gerichten überprüft wird, ist sie nur mit Verfahrensrügen angreifbar (
BSG SozR 4100 § 44 Nrn 46 und 47 mwN). Solche Verfahrensrügen fehlen hier. Das angefochtene Urteil hat seine Überprüfung der von der
BA vorgenommenen Prognose, dass der Berufsflugzeugführer nicht zu den Mangelberufen gehört, sowohl auf die 1983 bekannten Zahlen als auch auf die im Laufe des Verfahrens zutage getretene Entwicklung gestützt. Es hat zutreffend erkannt, dass weitere Ermittlungen vor allem dann geboten sind, wenn der Arbeitsmarkt nicht vollständig von der
BA erfasst wird, weil Einstellungen in größerem Umfang auch außerhalb ihrer Vermittlungstätigkeit vorgenommen werden, wie dies für Cockpit-Personal der Fall ist. Es war daher geboten, aber auch ausreichend, sich durch Auskünfte der früheren Arbeitgeberin des Klägers (der LTU) sowie durch einen fachkundigen Zeugen von der Lufthansa über die Nachfrage nach Piloten und den etwaigen Arbeitskräftemangel ebenso zu informieren, wie über die Berufsaussichten für Flugingenieure.
Die mit der Revision gerügten Verfassungsverstöße durch das autonome Satzungsrecht, insbesondere durch die absolute Begrenzung der Übernahme von Lehrgangsgebühren in § 12 AFuU greifen nicht durch. Es ist mit dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren, dass die
BA über ihre Anordnung autonomes Satzungsrecht erlässt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (
BVerfG) vom 7. Februar 1979 (SozR 4495 Allg Nr 1)). Der Autonomiegedanke fügt sich sinnvoll in das System der grundgesetzlichen Ordnung ein. Die Grenzen der autonomen Satzungsgewalt ergeben sich nicht aus Art 80 Abs 1
GG (vgl BVerfGE 12, 319, 325; 33, 125, 156 f), sondern aus Zweck und Aufgabenkreis der die autonome Satzung erlassenden Anstalt (BVerfGE 12, 319, 325). Der Gesetzgeber darf sich seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern; er muss die grundlegenden Entscheidungen selbst treffen (vgl hierzu Urteil des Senats vom 3. Juli 1991 - 9b/11 RAr 131/89 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Mit der Neufassung von § 45
AFG durch das 9.
AFG-ÄndG vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) hat der Gesetzgeber auch nachträglich bestätigt, dass das bisherige Satzungsrecht den gesetzlichen Vorgaben entsprach. § 45
AFG ist zur Ermessensnorm umgestaltet worden: Die Leistungen dürfen nach der Zugehörigkeit des Teilnehmers zu einer bestimmten arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe und nach notwendigen oder zweckmäßigen Maßnahmen unterschiedlich festgelegt werden; dabei darf auch berücksichtigt werden, ob jemand bei berufsbegleitenden Maßnahmen weiterhin in entlohnter Beschäftigung steht (Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drucks 11/2990 S 19 zu Nr 5 (§ 45)). Zwar hat diese Gesetzesfassung keine Rückwirkung (§ 242i
AFG), sie verdeutlicht jedoch, dass sich das frühere Satzungsrecht im Rahmen der Vorgaben der §§ 39 und 45
AFG gehalten hat. Volle Förderung bei arbeitsmarktpolitisch notwendigen Maßnahmen und Teilförderung bei nur zweckmäßigen Maßnahmen entsprach schon immer dem Grundgedanken des Gesetzes, das auch die Höhe des Unterhaltsgeldes in § 44
AFG hiernach staffelt.
Erlaubt das Gesetz unter dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit die Teilförderung, ist es dem Satzungsgeber unbenommen, den Anteil durch eine absolute Obergrenze oder - wie es der Kläger allein für richtig hält - in Vomhundertsätzen festzulegen. Weder die Verfassung noch das Gesetz schreiben insoweit dem Satzungsgeber die eine oder andere Methode vor. Im Sinne der Sparsamkeit mögen Höchstgrenzen effizienter als die anteilige Kostenübernahme sein, weil damit zugleich die Anbieter in den gesteckten Rahmen eingebunden werden. Solange die Selbstbeteiligung nur den Personenkreis betrifft, der nicht durch seine persönlichen Verhältnisse und die Umstände des Arbeitsmarktes "gezwungen" wird, an einer teuren Bildungsmaßnahme teilzunehmen, solange also bei notwendigen Bildungsmaßnahmen die vollen Kosten übernommen werden, verstößt die Teilförderung weder gegen Art 14 noch gegen Art 3
GG. Die Übernahme von Sachkosten bei zweckmäßigen Maßnahmen hat keine existenzsichernde Funktion, liegt sogar weitgehend außerhalb des Versicherungsrisikos der Arbeitslosenversicherung; denn diesen Teilnehmern droht keine Arbeitslosigkeit. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet Höchstbeträge im Förderungsrecht nicht. Hohe Lehrgangsgebühren, die von den Teilnehmern selbst zu tragen sind, belasten diese im Verhältnis zu den Teilnehmern an preiswerten Kursen nicht einmal typischerweise unverhältnismäßig. Gerade bei berufsbegleitendem Unterricht hängt die wirtschaftliche Belastbarkeit der jeweiligen Gruppen maßgeblich vom gleichzeitig erzielten Einkommen ab. Der Kläger hat daher auch nichts dazu vorgetragen, ob ihn die Kosten im Verhältnis zu seinem früheren und zu seinem jetzigen Einkommen unzumutbar belastet haben oder ob er in wirtschaftlich sinnvoller Weise Eigenmittel zur Einkommensverbesserung eingesetzt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.