Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist der Beklagte nicht zur Neuverbescheidung des Antrages der Klägerin vom 30. April 2013 zu verpflichten, denn die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten für die angestrebte zweite berufliche Ausbildung als staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin. Der angefochtene Bescheid vom 15. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54
Abs. 2
SGG).
Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Übernahme der Gebärdensprachdolmetscherkosten als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach
§ 112 SGB III und
§ 33 SGB IX a.F. gegenüber dem Beklagten als nach
§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. zweitangegangenen Rehabilitationsträger, der den erhobenen Anspruch nach allen in Betracht kommenden rehabilitationstechnischen Rechtsgrundlagen zu prüfen hat (
vgl. dazu
BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 -
B 3 KR 10/10 R - juris Rn. 20; Urteil vom 20. April 2016 -
B 8 SO 20/14 R juris Rn.15). Aufgrund des fehlenden Anspruchs kommt auch weder eine Verurteilung der Beigeladenen zu 1 als nach
§§ 5 Nr. 2,
6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zuständige Rehabilitationsträgerin, noch der Beigeladenen zu 2 als nach §§ 5
Nr. 2, 6
Abs. 1
Nr. 4
SGB IX zuständige Rehabilitationsträgerin gemäß § 75
Abs. 5
SGG in Betracht.
Nach § 112
Abs. 1
SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung können für behinderten Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilnahme am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art und Schwere der Behinderung dies erfordern. Erhaltung der Leistungsfähigkeit bedeutet, die bereits vorhandene berufliche Eingliederung zu sichern. Dies erfordert nicht, dass die Leistungsfähigkeit schon gemindert sein muss, setzt aber deren Gefährdung voraus (Brand/Karmanski
SGB III 8. Aufl. 2018 § 112 Rn. 20). Besserung im Sinne der gesetzlichen Regelung meint, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zumindest teilweise und nicht nur vorübergehend behoben und eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit beseitigt werden kann (Brand/Karmanski
SGB III 8. Aufl. 2018 § 112 Rn. 21). Ob für die Erreichung dieser Ziele bestimmte Leistungen erforderlich sind, bedarf einer prognostischen Entscheidung, bei der die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit des Antragstellers maßgebend ist. Lässt sich nicht feststellen, dass er infolge seiner Behinderung im erlernten Beruf keine Arbeitsstelle mehr finden wird, ist eine Bewilligung der begehrten Fördermaßnahme abzulehnen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können für behinderte Menschen als allgemeine und besondere Leistungen erbracht werden (
§ 113 Abs. 1 SGB III), wobei den allgemeinen Leistungen der Vorrang zukommt (§ 113
Abs. 2
SGB III). Sie umfassen sowohl Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung als auch der beruflichen Weiterbildung (
§ 115 Nr. 2 und 3 SGB III) und stehen im behördlichen Ermessen. Nach
§ 116 Abs. 1 SGB III können die Leistungen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung auch erbracht werden, wenn der behinderte Mensch nicht arbeitslos ist und durch die Leistung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. Die berufliche Weiterbildung muss behinderungsbedingt erforderlich sein. Die berufliche Neuorientierung ist behinderungsbedingt, wenn die angestrebte, auf Dauer angelegte Beschäftigung dem Leistungsvermögen des behinderten Menschen besser entspricht, sodass seine Wettbewerbssituation im Verhältnis zu nichtbehinderten Arbeitnehmern verbessert wird (
LSG Berlin - Brandenburg, Urteil vom 9. November 2016 -
L 18 AL 19/16 - juris Rn. 21; Brand/Karmanski
SGB III 8. Aufl. 2018 § 116 Rn. 9). Auch eine erneute Berufsausbildung kann gefördert werden, wenn Art und Schwere der Behinderung es erfordern und ohne die Förderung eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben nicht erreicht werden kann (§ 116
Abs. 4
SGB III). Kann der behinderte Mensch seinen erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, kann auch die Förderung einer erneuten Ausbildung in Betracht kommen (Brand/Karmanski
SGB III 8. Aufl. 2018 § 116 Rn. 9).
Davon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Förderung und Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 112
Abs. 1
SGB III, da die grundlegenden Voraussetzungen der Norm schon nicht erfüllt sind. Eine Förderung der Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin zum Zwecke des Erhalts und der Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ist nicht erforderlich, da die Klägerin bereits in ihrer Ausbildung zur Zahntechnikerin gefördert wurde und in diesem Beruf der Verlust der Erwerbsfähigkeit nicht zu befürchten war. Aus diesen Gründen war auch keine Verbesserung der ausreichend vorhandenen Erwerbsfähigkeit zu erwarten. Diese von dem Beklagten auf Zuarbeit der Beigeladenen zu 1 gestellte Prognose hat sich durch die im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten bestätigt. Bereits aufgrund des von der Klägerin eingereichten ärztlichen Attestes von Diplompsychologin W ... bestehen Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit eines Wechsels des erlernten Berufes. Dort werden lediglich Empfindungen der Klägerin wie mangelnde Freude und fehlende Motivation dargestellt, welche in der Diagnose einer depressiven Störung münden sollen. Die auf psychiatrischem Fachgebiet gehörte Sachverständige U ... hat dagegen in ihrem Gutachten vom 27. März 2018 diese Diagnose retrospektiv angezweifelt und ab dem Zeitpunkt ihrer Untersuchung und Befunderhebung sogar ausgeschlossen. Aus dem orthopädischen Gutachten des Orthopäden V ... vom 22. Dezember 2017 ergibt sich ebenfalls keine Einschränkung für das Berufsbild der Zahntechnikerin. Die gehörten Sachverständigen stellen somit übereinstimmend fest, dass für beide Berufsbilder keine medizinischen Einschränkungen vorliegen und die Tätigkeit einer Zahntechnikern durch die Klägerin weiterhin ausgeübt werden könnte.
Trotz eines unterstellten Vorliegens der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10,11 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) kommt für die Klägerin auch kein Anspruch nach §§ 9
Abs. 1, 16
SGB VI in Betracht. § 16
SGB VI verweist bezüglich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Regelungen in § 33 ff
SGB IX a.F. (nunmehr:
§ 49 SGB IX).
Bereits durch den fehlenden Anspruch auf eine berufliche Zweitausbildung nach § 112
Abs. 1
SGB III - welcher als eigene leistungsrechtliche Grundlage § 33
Abs. 1
SGB IX a.F. vorgehen - mangelt es an einer rechtlichen Grundlage für die Übernahme der Kosten eines Gebärdensprachdolmetschers für die Zeit der beabsichtigten Berufsausbildung (Gagel/Nebe
SGB II/SGBIII Stand April 2014 Vor
§§ 112 -
129 SGB III Rn. 4; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol
SGB IX 3. Aufl. 2015, Vor § 33 Rn. 8). Diese sind daher vorliegend nicht als besondere Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33
Abs. 3
Nr. 6
iVm.
Abs. 8 Satz 1
Nr. 3
SGB IX a.F. zu erbringen.
Zu den besonderen Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben zählen auch die bis zum 30. Juni 2001 in
§ 114 SGB III (Fassung vom 24.3.1997 - BGBl I
S. 594 - alte Fassung - a.F.) geregelten "sonstigen Hilfen", die mit Inkrafttreten des
SGB IX zum 1. Juli 2001 in § 33
Abs. 3
Nr. 6,
Abs. 8
SGB IX a.F. übernommen worden sind (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 -
B 11 AL 8/12 R - juris Rn.19). Diese Hilfen umfassen die früher in § 114
SGB III a.F. näher umschriebenen Aufwendungen und Leistungen, die sich heute in § 33
Abs. 3
Nr. 6
iVm.
Abs. 8
SGB IX a.F. - ergänzt um die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz - wiederfinden. Damit sind die sonstigen Hilfen als besondere Leistungen iSd. § 103
SGB III a.F.
bzw. § 118 SGB III n.F. nicht entfallen, sondern als besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in § 33
Abs. 3
Nr. 6 und
Abs. 8
SGB IX a.F.(ab 1. Dezember 2018: § 49
SGB IX n.F.) geregelt. Die Streichung des § 103
Nr. 4
SGB III a.F. ist deshalb auch nicht als Regelungslücke zu interpretieren, soweit Aufwendungen für sonstige Hilfen iSd. § 33
Abs. 3
Nr. 6
SGB IX a.F. keine Teilnahmekosten für eine Maßnahme (§ 103
Nr. 3
SGB III a.F.) sind (so
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn.19). Denn die Aufzählung der besonderen Leistungen in Satz 1 der Vorschrift ist nicht abschließend; subsidiär gelten die Vorschriften des
SGB IX (so Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Aufl. 2008, § 103 Rn. 4 ff). Besondere Leistungen in diesem Sinne sind auch die Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher im Rahmen einer als Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben geförderten beruflichen Aus - und Weiterbildung (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 19).
Gemäß § 33
Abs. 1
SGB IX a.F. (ab 1. Januar 2018: § 49
SGB IX) werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach § 33
Abs. 3
Nr. 4
SGB IX a.F. umfassen die Leistungen insbesondere die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden. Die Leistungen zur beruflichen Ausbildung zielen auf das erstmalige Erlangen einer abgeschlossenen Berufsausbildung ab. Demgemäß diente die Finanzierung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern der beruflichen Rehabilitation des Betroffenen (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 21). Aus § 33
Abs. 3
Nr. 4
SGB IX ergibt sich jedoch kein Anspruch auf Kostenübernahme für einen Gebärdensprachdolmetscher. Denn diese Vorschrift betrifft nur die berufliche Ausbildung als solche. Hierzu zählen nur Leistungen, die selbst Teil der Ausbildung sind (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 22). Als integrierter Bestandteil der Ausbildung ist der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern aber nicht zu verstehen. Denn der Gebärdensprachdolmetscher fungiert lediglich als Sprachmittler des Ausbildenden (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn.21).
Die Förderung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern ist jedoch ein in § 33
Abs. 8
SGB IX a.F. nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Hilfe zur Förderung der Teilnahme am Arbeitsleben iSd. § 33
Abs. 3
Nr. 6
SGB IX a.F ... Denn die in § 33
Abs. 3 und
Abs. 8 Satz 1
SGB IX a.F. enthaltenen Leistungskataloge sind nicht abschließend (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 24). Die sonstigen Hilfen iSd. § 33
Abs. 3
Nr. 6
SGB IX a.F. stehen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit behinderter Menschen. Diese Regelung hat die Funktion eines Auffangtatbestands; sie wiederholt und konkretisiert in ihrem zweiten Teil lediglich das in
Abs. 1 der Vorschrift bereits ausgedrückte Regelungsziel (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 24 unter Verweis auf: Pahlen in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 33 Rn. 16). Ihr Ziel ist es, die berufliche Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft umfassend zu fördern. Da hierzu auch die begleitende schulische Berufsausbildung zählt, gehört auch die ausbildungsbegleitende persönliche Hilfe durch einen Gebärdensprachdolmetscher zu den Aufwendungen und Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben geleistet werden (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 24).
Da es vorliegend jedoch bereits an der grundlegenden Förderung der schulischen Berufsausbildung fehlt, kommt eine darüber hinaus gehende umfassende Förderung durch einen zusätzlich bestellten Gebärdensprachdolmetscher nicht in Betracht. Denn die Hilfen nach § 33
Abs. 3
SGB IX a.F. sind - wie die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen nach
Abs. 6 - regelmäßig als Annexleistungen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation stehen, zu betrachten (
BSG, Urteil vom 04. Juni 2013 - B 11 AL 8/12 R - juris Rn. 24; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol,
SGB IX, 3. Aufl. 2015, Vor § 33 Rn. 8).
Auch ein Anspruch auf die Kostenübernahme als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß
§§ 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4,
57 SGB IX a.F. besteht nicht. Solche Leistungen zur Förderung der Verständigung können nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur "aus besonderem Anlass" gewährt werden und nicht fortlaufend für die Begleitung einer mehrjährigen Berufsausbildung (so der Senat bereits im zugrunde liegenden Eilverfahren: L 8 SO 90/14 B ER). Sie ist keine dauernde Leistung und dient nicht als Verständigungshilfe zur allgemeinen Lebensführung (
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2013 -
L 7 SO 4642/12 - juris Rn. 38; Busch in: Feldes/Kothe/Stevens-Bartol,
SGB IX, 3. Aufl. 2015, § 57 Rn. 6).
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe gemäß
§§ 53 Abs. 1 Satz 1,
54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XII.
Nach § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII können Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, die Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Im Einzelnen zählen hierzu gemäß § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
SGB XII neben Leistungen nach
§§ 26,
33,
41 und
55 SGB IX unter anderem Hilfen zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf. Im Zusammenhang damit können auch Gebärdensprachdolmetscherleistungen zu gewähren sein (Bieback in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 37f).
Die Klägerin gehört grundsätzlich zu dem Personenkreis, der Eingliederungshilfen nach §§ 53, 54
SGB XII erhalten kann. Als Gehörlose ist sie durch eine Behinderung im Sinne von § 2
Abs. 1 Satz 1
SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt, was sich auch aus
§ 1 Nr. 5 EinglHV ergibt.
Der geltend gemachte Anspruch auf eine Eingliederungshilfe im Sinne des § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
SGB XII zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf besteht vorliegend schon dem Grunde nach nicht.
Eine Eingliederungsmaßnahme nach § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII ist nur zu gewähren, wenn sie geeignet und erforderlich zum Erreichen der in § 53
Abs. 3 Satz 1
SGB XII genannten Eingliederungsziele - d.h. hier zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf - ist, was entsprechend den Vorgaben der § 53
Abs. 1 Satz 1, § 9
Abs. 1
SGB XII nach einem individuellen und einzelfallbezogenen
bzw. personenzentrierten Maßstab zu prüfen ist (
BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R - juris Rn. 15).
Entscheidend sind die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Leistungsberechtigten sowie seine berechtigten Interessen und Wünsche (Bieback in: Grube/Wahrendorf
SGB XII 6. Aufl. § 54 Rn. 67). Ein Anspruch auf Förderung einer Zweitausbildung besteht dabei nicht grenzenlos. Ist bereits ein angemessener Beruf erlangt, so besteht kein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine weitere Ausbildung (Bieback in: Grube/Wahrendorf
SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 67). Nach
§ 13 Abs. 1 EinglHV umfasst die Hilfe
gem. § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
SGB XII zwar auch die Ausbildung an einer Berufsfachschule, einer Berufsaufbauschule, Hochschule o.ä. (Bieback in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl. § 54 Rn. 65). Alle Hilfen stehen jedoch unter dem Vorbehalt, dass bei der Entscheidung über die Hilfe eine Erfolgsprognose abgegeben werden kann, ob das Berufsziel erreicht wird. Weiteres Kriterium ist die Erforderlichkeit des beabsichtigten Ausbildungsweges.
Die Förderung der begehrten Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin ist vorliegend weder erforderlich noch angemessen.
Davon ist schon deshalb auszugehen, weil die Klägerin auch ohne den im Arbeitsvertrag angestrebten Abschluss als staatlich geprüfte Erzieherin bereits eine Festanstellung als pädagogische Mitarbeiterin ihrem Wunschkindergarten erhalten hat.
Wie sich ausdrücklich aus § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII ergibt, muss auch bei jeder Leistung nach § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
SGB XII die Aussicht bestehen, dass hierdurch die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Daher steht jede Hilfe unter dem Vorbehalt, dass bei der Entscheidung hierüber eine entsprechende Erfolgsprognose abgegeben werden kann (Bieback in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl., § 54 Rn. 66). Dieser Grundsatz wird durch die Regelung in § 13
Abs. 2
Nr. 3 EinglHV umgesetzt, wonach Eingliederungshilfe nur gewährt wird, wenn der Beruf, der mit der Ausbildung erreicht werden soll, voraussichtlich eine ausreichende Lebensgrundlage bieten wird oder, falls dies wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht möglich ist, zur Lebensgrundlage in angemessenem Umfang beitragen wird. Für eine positive Prognose ist erforderlich, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte im Einzelfall und/oder allgemeiner Einschätzungen zum Arbeitsmarkt eine realistische Aussicht darauf besteht, dass eine einschlägige Anstellung gefunden werden kann (
LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.03.2014 -
L 9 SO 497/11 - juris Rn. 90).
Vorliegend hat sich auch ohne die angestrebte Ausbildung eine Festanstellung im angestrebten Tätigkeitsfeld für die Klägerin realisiert. Mit einer weiteren Förderung würde das angestrebte Eingliederungsziel nicht wesentlich geändert oder verbessert werden.
Nach Auffassung der Klägerin setzt ein Anspruch auf Eingliederungshilfe für eine Zweitausbildung mit Blick auf ein aus
Art. 3
Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz herzuleitendes Förderungsgebot zur Angleichung der Lebensverhältnisse behinderter und nicht behinderten Menschen lediglich voraus, dass ein Nichtbehinderter in der Situation des behinderten Menschen eine weitere Ausbildung anstreben würde. Dies gelte nicht nur, wenn eine höhere Ausbildung beabsichtigt sei (
vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.03.2014 - L 9 SO 497/11 - juris Rn. 74
ff.), sondern auch dann, wenn der behinderte Mensch eine andere, der bereits vorhandenen Ausbildung im Wesentlichen gleichwertige Ausbildung durchführen wolle.
Ob nach dieser Maßgabe, ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin eine berufliche Neuorientierung auf sich nehmen würde, ist indes fraglich. Ein finanzieller Aufstieg ist mit der angestrebten Ausbildung nur in einem geringen Umfang (80,00 Euro netto monatlich) verbunden. Auch eine medizinische Notwendigkeit ist auszuschließen. Das Schreiben der Diplompsychologin W ... gibt im Wesentlichen nur subjektive Empfindungen und Einschätzungen der Klägerin wieder, verbunden mit den Feststellungen, dass eine depressive Störung und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung zu diagnostizieren seien und dass diese Erkrankungen bei einer beruflichen Neuorientierung voraussichtlich zurückgehen würden. Eine eigene und nachvollziehbare Einschätzung etwa zu der Frage, ob die psychischen Störungen allein darauf zurückzuführen seien, dass die Klägerin generell den Beruf der Zahntechnikerin nicht mehr ausüben könne, oder ob andere Ursachen in Betracht zu ziehen sind, enthält das Schreiben nicht - stattdessen geht daraus hervor, dass sich die Klägerin nur zweimal bei Diplompsychologin W ... vorgestellt und eine (psycho-)therapeutische Behandlung ihrer psychischen Störungen nicht stattgefunden hat. Folgerichtig hat die gehörte Sachverständige auf psychiatrischem Fachgebiet - Frau U ... - die Einschätzung retrospektiv angezweifelt und ist von einer völligen Remission des von Diplompsychologin W ... dargestellten Erkrankungsbildes ausgegangen. Sind aber gesundheitliche Gründe, die der Klägerin die Ausübung ihres bisherigen Berufs verwehren, nicht nachvollziehbar, ist weiterhin nicht auszuschließen, dass ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin vor Aufnahme der Ausbildung zu einem anderen Beruf zunächst versuchen würde, eine befriedigendere berufliche Situation -
z.B. ein angenehmeres kollegiales Umfeld, eine bessere Auslastung oder einen höheren Verdienst - durch einen Arbeitsplatzwechsel oder durch eine Weiterqualifizierung im erlernten Beruf zu erreichen, nicht zuletzt, um die mit einer kompletten beruflichen Neuorientierung verbundenen Risiken zu vermeiden. Auch ist nicht selbstverständlich davon auszugehen, dass ein Nichtbehinderter in der Situation der Klägerin diese Risiken in Kauf nehmen würde, um nach einer zunächst nur notgedrungen absolvierten Ausbildung einen Beruf zu erlernen, der seinen Neigungen und Wünschen nach Selbstverwirklichung besser entspricht (so der Senat bereits im zugrunde liegenden Eilverfahren zum Az.: L 8 SO 90/14 B ER).
Darüber hinaus konnte der Beklagte unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin bei pflichtgemäßer Ermessensausübung die Ausbildung der Klägerin zur Heilerziehungspflegerin am Beruflichen Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen "Y ..." als einen unangemessenen
bzw. mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbundenen Wunsch ansehen, dem nicht Folge geleistet werden musste.
Nach § 9
Abs. 2 Satz 1
SGB XII soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung im Rahmen der Ermessensausübung richten, entsprochen werden, soweit sie - wiederum unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls (§ 9
Abs. 1
SGB XII) - angemessen sind. Dieses Wunschrecht, das mit seinem Mehrkostenvorbehalt (§ 9
Abs. 2 Satz 3
SGB XII) im Recht der Eingliederungshilfe gemäß § 53
Abs. 4
SGB XII eine von den allgemeinen Regelungen des
SGB IX abweichende Regelung erfahren hat, ist ein spezieller Anwendungsfall des Grundsatzes der Individualisierung der Leistung. Es kommt insbesondere dann zur Geltung, wenn ein Anspruch auf eine Sozialhilfeleistung dem Grunde nach besteht und - wie typischerweise bei Leistungen nach § 54
Abs. 1 Satz 1
Nr. 2
SGB XII - mehrere Handlungsalternativen in Betracht kommen (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 32 f.). Eine Unverhältnismäßigkeit kann sich insbesondere dann ergeben, wenn die aufzuwendenden Mittel in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu dem erstrebten Erfolg stehen. Nach der speziellen Regelung des § 9
Abs. 2 Satz 3
SGB XII soll ferner in der Regel einem Wunsch nicht entsprochen werden, dessen Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre, was einen Vergleich der Kosten der vom Leistungsberechtigten gewünschten Maßnahme und der vom Sozialhilfeträger ins Auge gefassten Maßnahme voraussetzt (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 32 f.).
Die vorgenannten Regelungen stehen im Übrigen nicht im Widerspruch zur - im Rang des einfachen Bundesgesetzes zu beachtenden -
UN-Behindertenrechtskonvention (
UN-
BRK). Nach
Art. 19 UN-BRK treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Damit wollte das Übereinkommen jedoch keine subjektiven und unmittelbar anwendbaren Rechte schaffen (
LSG Baden - Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 - L 7 SO 3516/14 - juris Rn. 66). Vielmehr sollte die nähere Umsetzung des in
Art. 19
UN-
BRK eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben (
LSG Baden - Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 - L 7 SO 3516/14 - juris Rn. 66). Unabhängig davon begründet
Art. 19
UN-
BRK keinen Anspruch auf bestimmte Leistungen unabhängig von den Kosten (
vgl. LSG Baden - Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 - L 7 SO 3516/14 - juris Rn. 68;
LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. März 2011 - L 8 SO 24/09 B ER - juris Rn. 53;
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Februar 2014 - L 20 SO 436/13 B ER - juris Rn. 57).
Art. 19
UN-
BRK enthält - anders als die Klägerin meint - keine sozialleistungsrechtliche Regelung.
Art. 19
UN-
BRK zielt auf eine unabhängige Lebensführung in Gestalt einer deinstitutionalisierten Einbeziehung der behinderten Menschen in die Gemeinschaft (
BVerfG, Beschluss vom 21. März 2016 - 1 BvR 53/14 - juris Rn. 4). Eine Pflicht der Vertragsstaaten, damit jegliches finanzielles Hindernis für die Ausübung des Wahlrechts zu beseitigen und Sozialleistungen in jeglicher erwünschten Höhe zu gewähren ist damit nicht verbunden. Dies gilt insbesondere für den Mehrkostenvorbehalt des § 9
Abs. 2
SGB XII hinsichtlich des Wunsch- und Wahlrechts der Klägerin und dem Mehrkostenvorbehalt des § 13
Abs. 1 Satz 3
SGB XII (
vgl. LSG Baden - Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2018 - L 7 SO 3516/14 - juris Rn. 68).
Angesichts der von der Klägerin selbst behaupteten überaus hohen Kosten des erforderlichen Gebärdensprachdolmetscherteams von zuletzt
ca. 1,5 Millionen Euro handelt es sich um eine Leistung, die den Kreis des materiellen Sozialhilferechts "sprengen" würde (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, 6. Aufl., § 9 Rn. 34). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die im Rahmen der Ausbildung einzusetzenden Gebärdendolmetscher nach den Leistungsgesetzen des
SGB III und XII nicht besteht, die Klägerin auch ohne eine Zweitausbildung die angestrebte Tätigkeit im Kindergarten realisieren konnte, bereits diese Tätigkeit eine gesundheitliche Entlastung ergeben hat und die noch bestehende finanzielle Differenz zur angestrebten fachlichen Qualifizierung lediglich 80,00
EUR netto monatlich beträgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
Abs. 1
SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160
SGG.