II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Die Voraussetzungen von § 86 b
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegen vor. Danach kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach
S. 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.
Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit beziehungsweise Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats,
vgl. etwa Beschluss vom 6. Juli 2006 (L 7 AS 86/06 ER
m.w.N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Auflage, § 86 b, Rdnrn. 27, 29). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzubeziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (
BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (
BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 in: info also 2005, 166
ff.).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind nach § 920
Abs. 2 der Zivilprozessordnung (
ZPO)
i.V.m. § 86 b
Abs. 2
S. 4
SGG glaubhaft zu machen. Dabei ist, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (
BVerfG a.a.O.). Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (Beschluss des erkennenden Senats vom 29. Juni 2005 - L 7 AS 1/05 ER; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40).
Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O.,
Rdnr. 42). Deshalb sind auch Erkenntnisse, die erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zu Tage getreten sind, vom Senat zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des Senats,
vgl. etwa Beschluss vom 6. Januar 2006 - L 7 AS 87/05 ER).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen. Die Antragstellerin hat den Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung würde der Antragstellerin außerdem ein gegenwärtiger erheblicher Nachteil drohen, der nicht hinzunehmen ist.
Nach § 53
Abs. 1
S. 1
SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von
§ 2 Abs. 1 S. 2 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe - SGB IX wesentlich in der Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, dass die Antragstellerin zu diesem berechtigten Personenkreis gehört.
Leistungen der Eingliederungshilfe sind nach § 54
Abs. 1
S. 1
Nr. 1
SGB XII..... insbesondere
1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitungen hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt,.....
Angemessene Schulbildung bedeutet dabei eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung (Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf,
SGB XII, Sozialhilfe, 3. Auflage 2010, § 54,
Rdnr. 30).
Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst nach
§ 12 der Verordnung nach
§ 60 des 12. Buches Sozialgesetzbuch - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO) in der Fassung vom 1. Februar 1975 (BGBl I 1975, 433) auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zu Gunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Unter "sonstige Maßnahmen" fällt auch die Zurverfügungstellung eines Integrationshelfers beziehungsweise die Übernahme der Kosten (
BVerwG, Beschluss vom 2. September 2003 -
5 B 259/02; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2010 -
L 7 SO 6090/08 m.w.Nw.). Dass die Antragstellerin die B-Schule in C-Stadt im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht besucht, hat das Sozialgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt.
Nach den Feststellungen des staatlichen Schulamtes für den G-Kreis im Schreiben vom 8. Juni 2010 besteht bei der Antragstellerin gegenwärtig kein sonderpädagogischer Förderbedarf, jedoch ein besonderer Förderbedarf im Bereich Hören. Aus dieser Feststellung und der Entscheidung, dass die Antragstellerin, wie von den Eltern gewünscht, die private allgemein bildende B-Schule in C-Stadt besuchen kann, folgt, dass der Träger der Sozialhilfe an diese Entscheidung gebunden ist. Er kann dem nicht entgegenhalten, dass entsprechende Kosten bei der Beschulung in eine andere Schule nicht anfallen und kann auch nicht auf den Besuch einer Sonder- oder Förderschule verweisen (
BVerwG, Urteile vom 28. April 2005 -
5 C 20/04; vom 26. Oktober 2007 -
5 C 35/06; Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Juni 2010 -
L 7 SO 19/09 B ER; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. August 2010 -
L 6 SO 5/10). Der Antragsgegner kann sich auch nicht auf § 9
Abs. 2
SGB XII stützen (Hinweis auf Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2010 -
L 20 B 168/08 SO), wonach Wünschen nicht entsprochen werden soll, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. Wie der 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 18. August 2010 zutreffend ausführt, bedarf es im Hinblick auf die verfassungsrechtlich anerkannten und geschützten Interessen des Kindes und der Eltern für eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers (zum Mehrkostenvorbehalt von § 3
Abs. 2
S. 3 BSHG vergl.
BVerwG vom 28. April 2005 -
Rdnr. 15; vom 6. Oktober 2007 -
Rdnr. 22).
Wegen der Frage der Erforderlichkeit und Geeignetheit der Maßnahme verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main (§ 142
Abs. 2
S. 3
SGG), wobei das zuletzt vorgelegte Zwischenzeugnis der B-Schule vom 18. Februar 2011 den Lernerfolg der Antragstellerin unterstreicht.
Der Anordnungsgrund ist mit dem Sozialgericht ebenfalls zu bejahen.
Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung müsste die Antragstellerin für jeden Schultag erhebliche Kosten aufwenden, die ihrer Berechnung nach circa 480,00
EUR/Schultag betragen. Als Konsequenz könnte dies letztlich bedeuten, dass die Antragstellerin nicht mehr die B-Schule besuchen kann. Dabei handelt es sich um eine erhebliche Beeinträchtigung, die auch nachträglich nicht oder nur schwer ausgeglichen werden kann. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner im Falle erfolgloser Rechtsbehelfe von der Antragstellerin grundsätzlich die Rückzahlung der Leistungen geltend machen kann, ist diese Möglichkeit im Rahmen der Folgenabwägung von geringem Gewicht und in Kauf zu nehmen (Beschluss des Senats vom 6. Juli 2006 - L 7 AS 86/06 ER).
Andererseits hält es der Senat angesichts dieser Kosten aber auch für angemessen, die Verpflichtung des Antragsgegners zur Kostenübernahme vorläufig bis zum Ende des Schuljahres 2010/2011 zu begrenzen, soweit das Hauptsacheverfahren nicht vorher erledigt sein wird, weil im einstweiligen Rechtsschutz nur eine gegenwärtige dringliche Notlage beseitigt werden soll (Krodel, NZS 2007, 20 (21); enger, nur laufender Monat: Grieger, ZFSH/SGB 2004, 579 (585) mwN zum Meinungsstand). Der Antragsgegner ist aber gehalten, über den Zeitraum hinaus bis zu einer Erledigung des Hauptsacheverfahrens im ersten Rechtszug der einstweiligen Anordnung Folge zu leisten, solange eine wesentliche Änderung der Tatsachen- oder Rechtslage nicht eintritt, um weitere Folgeverfahren zu vermeiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193
SGG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177
SGG).