Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 15. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 24 267,20 Euro festgesetzt.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten noch die Erstattung von 24 267,20 Euro, die sie als Integrationsleistung im letzten Ausbildungsjahr (2003/2004) des gehörlosen, 1981 geborenen D (im Folgenden: Betroffener) für die Bezahlung von Gebärdensprachdolmetschern im Berufsschulunterricht aufgewandt hat.
Der von Geburt an gehörlose und auf gebärdenabhängige Kommunikation angewiesene Betroffene durchlief nach dem Hauptschulabschluss ab Januar 2001 eine 3½-jährige Berufsausbildung zum Elektroinstallateur, die von der Beklagten als "Reha-spezifische Einzelmaßnahme" im Sinne einer "Reha-spezifischen Ausbildungsbegleitung" gefördert wurde. Die betriebliche Ausbildung wurde ergänzt durch Berufsschulunterricht, der in Blöcken von je zweimal 3,25 Wochen pro Halbjahr durchgeführt wurde (duale Ausbildung). Die Kosten für im Berufsschulunterricht eingesetzte Gebärdensprachdolmetscher trug im ersten Ausbildungsjahr die für Schule und Berufsbildung zuständige Behörde der Klägerin. Für das zweite Ausbildungsjahr lehnte diese jedoch dem Betroffenen gegenüber die Leistung wegen fehlender Zuständigkeit ab.
Mit Schreiben vom 2.10.2002 gab das Integrationsamt der Klägerin den Antrag des Betroffenen auf Übernahme der Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher während des Berufsschulunterrichts der Beklagten zur Kenntnis; sie wies auf
§ 33 Abs 8 S 1 Nr 3 und S 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) hin, weil es sich bei der Ausbildung um eine Maßnahme zur Erlangung eines Arbeitsplatzes handele. Die Beklagte erklärte unter dem 14.10.2002 der Klägerin gegenüber ihre Zuständigkeit als Kostenträgerin dem Grunde nach; erstattet würden die Kosten für den erforderlichen Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers für den Berufsschulunterricht im Rahmen der betrieblichen Ausbildung zum Elektroinstallateur entsprechend den vereinbarten Kostensätzen (40 Euro pro Stunde zzgl 40 Euro Wegepauschale). Daraufhin bewilligte die Klägerin dem Betroffenen mit Bescheid vom 26.11.2002 einen zweckgebundenen, nicht rückzahlbaren Zuschuss bis zur Höhe von 93 500 Euro für die Beschäftigung einer Arbeitsassistenz (Gebärdensprachdolmetscher) zur Unterstützung im Beschäftigungsverhältnis als Auszubildender zum Elektroinstallateur für die Zeit vom 9.9.2002 bis zum 31.7.2004. Sie verwies auf die Abstimmung mit der Beklagten als zuständigem Rehabilitationsträger und gab dieser unter dem 28.11.2002 eine Kopie des Bescheids als "mit Ihnen abgestimmte Entscheidung des Integrationsamtes" zur Kenntnis. Sie kündigte an, dass sie die tatsächlich entstandenen Aufwendungen aus der Bewilligung nach § 33 Abs 8 S 2
SGB IX jährlich zur Erstattung aufgeben werde.
Die Beklagte erstattete der Klägerin am 8.10.2003 für die Zeit vom 9.9.2002 bis 31.8.2003 verauslagte Beträge in Höhe von 37 915,20 Euro für die Inanspruchnahme von Gebärdensprachdolmetschern, teilte aber mit Schreiben vom 14.10.2003 mit, dass sie ihre Kostenzusage vom 14.10.2002 mit sofortiger Wirkung zurücknehme. Wie sich jetzt herausgestellt habe, liege die Kostenträgerschaft bei der zuständigen Schulbehörde. Denn es sei Aufgabe der Schulbehörde, jedem Jugendlichen, ob behindert oder nicht, die Teilnahme am Schul- oder Berufsschulunterricht zu ermöglichen.
Nachdem im Berufsschuljahr 2003/2004 weitere Kosten für Gebärdensprachdolmetscher angefallen waren, hat die Klägerin im Jahr 2005 zunächst Klage auf Erstattung von 38 488,80 Euro erhoben. Das Sozialgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung dieses Betrags verurteilt (Urteil vom 19.12.2007). Im Verfahren über die Berufung der Beklagten hat die Klägerin (mit Telefax vom 09.02.2012) die Klage in Höhe von 1763,20 Euro zurückgenommen, weil entsprechende Dolmetscherkosten einen Zeitraum beträfen, während dessen kein Berufsschulunterricht stattgefunden habe. Die Beklagte hat ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (
LSG) vom 15.02.2012 in Höhe eines Teilbetrags von 12 458,40 Euro zurückgenommen, weil sie insoweit die Erstattung von Gebärdensprachdolmetscherhonoraren betroffen habe, die bereits vor dem Widerruf der Kostenzusage angefallen seien.
Mit Urteil vom 15.02.2012 hat das
LSG die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: In Höhe des nach Teilrücknahmen von Klage und Berufung noch offenen Kostenbetrags in Höhe von 24 267,20 Euro stehe der Klägerin ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu. Denn im Vertrauen auf die von der Beklagten am 14.10.2002 abgegebene Kostenübernahmezusage habe sie den Bewilligungsbescheid vom 26.11.2002 erlassen, an den sie gebunden sei. Damit unterliege ihre Erwartung, die Beklagte werde die zugesagten Kosten für die Gebärdensprachdolmetscher, die sich stets im Rahmen der vereinbarten Kostensätze gehalten hätten, erstatten, einem Vertrauensschutz. Eine unbedingte Kostenzusage dem Grunde nach für die restliche Zeit der Ausbildung des Betroffenen zu widerrufen, sei treuwidrig und unwirksam. Überdies sei die Beklagte auch der materiell zuständige Leistungsträger. Denn sie habe die Gestellung eines Gebärdensprachdolmetschers für den Berufsschulunterricht im Rahmen einer dualen Ausbildung als Leistung nach § 33 Abs 3 Nr 4
SGB IX (berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt würden) zu erbringen. Der Erstattungsanspruch der Klägerin beruhe ab 1.5.2004 auf
§ 102 Abs 6 S 4 SGB IX, wonach dem Integrationsamt auf eine erbrachte Leistung entfallende Aufwendungen erstattet würden, wenn für diese ein anderer Träger zuständig sei. Für Zeiträume davor beruhe der Erstattungsanspruch auf § 102 Abs 6
iVm § 14 Abs 4 S 1 SGB IX in der bis zum 30.4.2004 geltenden Fassung. Die Erforderlichkeit der Förderung des Betroffenen habe die Beklagte durch ihre Zuständigkeitserklärung nebst Kostenzusage anerkannt. § 33 Abs 3 Nr 4
SGB IX umfasse mit der Teilhabeleistung "berufliche Ausbildung" auch den schulischen Teil. Dass das Gesetz stets lediglich nicht abschließende Regelbeispiele für den Leistungsumfang nenne, tatsächlich aber alles Erforderliche zu gewähren sei, zeige ausdrücklich
§ 109 Abs 1 S 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), wonach die Teilnahmekosten auch weitere Aufwendungen beinhalteten, die wegen Art und Schwere der Behinderung unvermeidbar entstünden. Ein Nachrang der Beklagten hinsichtlich der Leistungspflicht iS des
§ 22 Abs 2 S 1 SGB III komme nicht in Betracht, weil kein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des
SGB IX zuständig sei. Hinsichtlich der Klägerin als Schulträgerin sei ein Anspruch auf Erbringung gleichartiger Leistungen im hamburgischen Landesschulrecht nicht formuliert. Schließlich stehe dem Leistungsanspruch nicht entgegen, dass die Klägerin die im Schuljahr 2003/2004 aufgewendeten Kosten für Gebärdensprachdolmetscher erst mit der Klageerhebung am 5.10.2005 - und damit mehr als zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tags, für den die Leistungen erbracht worden seien - beziffert habe. Denn die Beklagte habe vor Bewilligung der Leistung mit Bescheid vom 26.11.2002 die maßgeblichen Umstände gekannt. Entsprechend habe sie die Kosten für das Schuljahr 2002/2003 beglichen; einer weiteren Geltendmachung für das Folgeschuljahr habe es nicht mehr bedurft.
Mit der - vom
LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 33 Abs 3 Nr 4, Abs 8 S 2, § 102 Abs 6 S 4
SGB IX,
§§ 100,
103 SGB III) und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Ihre Leistungsverpflichtung ergebe sich nicht aus dem
SGB IX; denn nach
§ 5 Nr 2 SGB IX habe sie nur Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen. Hierzu zählten Leistungen für Gebärdensprachdolmetscher an der Berufsschule nicht. Entgegen der Auffassung des
LSG beschränke auch
§ 7 SGB IX die Leistungspflicht der Beklagten. Ihre Verpflichtung reduziere sich auf Leistungen nach den "geltenden Leistungsgesetzen", zu denen zB auch § 22 Abs 2 S 1
SGB III zähle. Nach dieser Vorschrift dürfe sie allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der Leistungen an Arbeitgeber und der Leistungen an Träger nur erbringen, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des
SGB IX zuständig sei. Die Klägerin sei aber in ihrer Eigenschaft als örtlicher Träger der Sozialhilfe gemäß
§ 6 Abs 1 Nr 7, § 5 Nr 2
SGB IX auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig und insoweit gegenüber ihr, der Beklagten, vorrangig leistungsverpflichtet. Den §§ 97 ff
SGB III lasse sich ebenfalls keine Leistungspflicht ihrerseits entnehmen. Die dort genannten Leistungen umfassten nicht die Finanzierung eines Gebärdensprachdolmetschers, selbst wenn dieser für eine erfolgreiche Berufsausbildung notwendig sein sollte. Soweit in ihren Geschäftsanweisungen ausgeführt sei, dass die sonstigen Hilfen nach § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX ua die Aufwendungen für den vorübergehenden Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers im Zusammenhang mit der Einarbeitung eines Hör- und Sprachgeschädigten umfassten, ändere dies nichts daran, dass die Durchführung des Unterrichts ausschließlich Aufgabe der Länder sei und deshalb auch nach
§ 60 Abs 1 iVm § 99 SGB III Kosten im Zusammenhang mit dem Berufsschulunterricht nicht förderbar seien. Aus der "Kostenzusage" vom 14.10.2002 leite das
LSG zu Unrecht einen eigenständigen Erstattungsanspruch der Klägerin ab. Diese Zusage sei obsolet geworden, weil sie, die Beklagte, mit Schreiben vom 14.10.2003 eine weitere Kostenübernahme abgelehnt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 15. Februar 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Das
LSG hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte der Klägerin die für Einsätze von Gebärdensprachdolmetschern im Berufsschulunterricht des Betroffenen im Schuljahr 2003/2004 verauslagten Kosten in Höhe von noch 24 267,20 Euro zu erstatten hat.
1. Wie das
LSG zutreffend ausgeführt hat, prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 202
SGG iVm § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz). Für den Senat - wie schon für das
LSG - besteht damit Rechtswegbindung.
2. Die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit folgt indes auch aus § 51 Abs 1
SGG (in Abgrenzung zur verwaltungsgerichtlichen Generalklausel des § 40 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO)). Hiernach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten ua in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit (Nr 4) sowie in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung (Nr 5). Sozialversicherungsangelegenheiten im Sinne dieser Regelungen sind alle mit der Anwendung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften zusammenhängende Angelegenheiten, wozu auch die Erstattungsstreitigkeiten zählen (Wolf-Dellen in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2009, § 51 RdNr 46; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, § 51 RdNr 11 mwN). Da die Bundesagentur für Arbeit (
BA) auf Erstattung von Kosten in Anspruch genommen wird, die im Zusammenhang mit der Eingliederung eines behinderten Menschen in das Arbeitsleben - und damit in ihrem Aufgabenbereich der Arbeitsförderung (§ 51 Abs 1 Nr 4
SGG) - angefallen sind, sind diese Voraussetzungen erfüllt.
3. Der Senat lässt dahinstehen, ob sich der Erstattungsanspruch der Klägerin trotz deren späterer "Rücknahme" bereits aus der mit Schreiben vom 14.10.2002 erteilten unbedingten Kostenzusage dem Grunde nach ergibt, weil hierin - wovon das
LSG ausgegangen ist - ein sogenanntes deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen sein könnte. Denn jedenfalls ist die Beklagte der materiell-rechtlich zuständige Leistungsträger. Ihre Leistungspflicht beruht auf den gesetzlichen Erstattungsvorschriften.
4. Rechtsgrundlage für das Erstattungsbegehren ab dem 1.5.2004 ist
§ 102 Abs 6 S 4 SGB IX (in der Fassung des Gesetzes vom 23.4.2004, BGBl I S 606 -
nF), wonach dem Integrationsamt auf eine vorläufig erbrachte Leistung entfallende Aufwendungen erstattet werden, wenn für diese ein anderer Träger zuständig ist. Für Zeiträume davor beruht der Erstattungsanspruch auf § 102 Abs 6
SGB IX in der bis zum 30.4.2004 geltenden Fassung, der hinsichtlich der Erstattung auf
§ 14 SGB IX verweist.
a) Die Beklagte ist nach
§ 6 Abs 1 Nr 2 iVm § 5 Nr 2 SGB IX zuständiger Rehabilitationsträger für die dem Betroffenen von der Klägerin erbrachten Eingliederungsleistungen. Denn es handelt sich - wie im Folgenden ausgeführt wird - um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie sind von der Klägerin auch nur "vorläufig" iS des § 102 Abs 6 S 3
SGB IX nF erbracht worden. Dies folgt bereits aus dem Bewilligungsbescheid der Klägerin vom 26.11.2002 mit dem Hinweis auf die Abstimmung mit der Beklagten als dem (eigentlich) zuständigen Rehabilitationsträger. Im Rahmen der Förderung der beruflichen Ausbildung des Betroffenen durch eine "Reha-spezifische Einzelmaßnahme" hat die Beklagte (auch) die Kosten für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern im Berufsschulunterricht zu tragen.
Die (vorläufige) Erbringung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben war auch unverzüglich erforderlich iS des § 102 Abs 6 S 3
SGB IX nF bzw § 14 Abs 4 S 1
SGB IX. Das Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit spielt nur im Verhältnis des Integrationsamts zum Berechtigten eine Rolle; die Klägerin durfte (und musste) die Leistung - nach eigener Prüfung - vorläufig erbringen, um den Erfolg der Ausbildung des Betroffenen innerhalb der von der Beklagten getragenen Berufsausbildung als "Reha-spezifische Einzelmaßnahme" zu gewährleisten. Sie hat mithin eine rechtmäßige (Vor-)Leistung erbracht, deren Kostenersatz sie von der Beklagten begehrt.
b) Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Betroffenen gegen die Beklagte auf Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind
§ 97 Abs 1,
§ 98 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB III (in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung -
aF)
iVm §§ 99,
103 SGB III aF. Nach § 97 Abs 1, § 98 Abs 1 Nr 2, Abs 2
SGB III aF können behinderten Menschen Teilhabeleistungen, insbesondere auch ergänzende Leistungen, ua erbracht werden, um deren Erwerbsfähigkeit herzustellen. Anders als von der Beklagten angenommen sind Leistungen im Berufsschulbereich nicht bereits deshalb aus ihrem Zuständigkeitsbereich ausgenommen, weil
§ 60 SGB III aF eine berufliche Ausbildung nur dann als förderungsfähig ansieht, wenn sie in einem - etwa nach dem Berufsbildungsgesetz - anerkannten Ausbildungsberuf erfolgt, von "schulischer Ausbildung" dort also nicht die Rede ist. Denn zum einen erfolgte die Förderung der beruflichen Ausbildung, zu der der Berufsschulunterricht als Blockunterricht gehörte (duale Ausbildung), als "Reha-spezifische Einzelmaßnahme" ohne eine Differenzierung zwischen praktischem und schulischem Teil der Ausbildung. Dies wäre auch sachwidrig gewesen; denn die betriebliche Ausbildung wird nicht deshalb zu einer von § 60 Abs 1
SGB III aF nicht erfassten schulischen Ausbildung, weil sie im Rahmen des berufsordnungsgemäßen Verlaufs Teile mit Berufsschulunterricht (hier Blockunterricht) enthält (vgl
BSG SozR 4-4300 § 64 Nr 2 RdNr 10 ff;
BSG SozR 3-4100 § 40 Nr 2; Urmersbach in Eicher/Schlegel,
SGB III, § 60 RdNr 40 mwN, Stand Mai 2009; Stratmann in Niesel/Brand,
SGB III, 5. Aufl 2010, § 60 RdNr 9 - jeweils mwN). Darüber hinaus handelt es sich bei der Eingliederung des Betroffenen nicht um die allgemeine Förderung der Berufsausbildung nach dem Fünften Abschnitt des
SGB III aF, sondern um eine Förderung der Teilhabe eines behinderten Menschen am Arbeitsleben nach dem Siebten Abschnitt des
SGB III aF. Gemäß § 99
SGB III aF richten sich die allgemeinen und besonderen Leistungen aber nur nach den Vorschriften des (ua) Fünften Abschnitts (Förderung der Berufsausbildung), soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
c) Abweichendes im Leistungsrahmen ergibt sich jedoch aus § 103
SGB III aF (ab 01.04.2012 § 118
SGB III), der die im Dritten Unterabschnitt des Siebten Abschnitts des
SGB III aF behandelten besonderen Leistungen näher definiert,
iVm § 33 Abs 3 Nr 6 und Abs 8
SGB IX. Zu den besonderen Leistungen zählen auch die bis zum 30.6.2001 in
§ 114 SGB III (Fassung vom 24.3.1997 - BGBl I 594) geregelten "sonstigen Hilfen", die mit Inkrafttreten des
SGB IX (1.7.2001) in § 33 Abs 3 Nr 6, Abs 8
SGB IX übernommen worden sind. Diese Hilfen umfassen "insbesondere" die bisher in § 114 Nr 1 bis 5
SGB III aF näher umschriebenen Aufwendungen und Leistungen, die sich heute in § 33 Abs 3 Nr 6
iVm Abs 8
SGB IX - ergänzt um die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz - wiederfinden. Damit ersetzt (bzw "verallgemeinert" (vgl die Gesetzesbegründung in BT-Drucks 14/5074, S 107, 108)) § 33 Abs 3 Nr 6
iVm Abs 8
SGB IX den bisherigen, durch Art 3
SGB IX aufgehobenen § 114
SGB III (vgl Götze in Hauck/Noftz,
SGB IX, K § 33 RdNr 31, Stand Einzelkommentierung Dezember 2012). Dementsprechend ist § 103
SGB III aF dahingehend redaktionell überarbeitet worden, dass dort ua die Nr 4 (betreffend die sonstigen Hilfen) aufgehoben worden ist (vgl BT-Drucks 14/5074, S 52 zu Nr 14 und S 116 zu Nr 1 bis 26). Damit sind die sonstigen Hilfen als besondere Leistungen iS des § 103
SGB III aF nicht entfallen, sondern als besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl die ebenfalls ab 1.7.2001 erfolgte Neufassung des § 98
SGB III) in § 33 Abs 3 Nr 6 und Abs 8
SGB IX geregelt. Die Streichung des § 103 Nr 4
SGB III aF ist deshalb auch nicht als Regelungslücke zu interpretieren, soweit Aufwendungen für sonstige Hilfen iS des § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX - wie hier - keine Teilnahmekosten für eine Maßnahme (§ 103 Nr 3
SGB III aF) sind (so allerdings das Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG) Urteil vom 10.01.2013 -
5 C 24/11 - Juris RdNr 32 = Behindertenrecht 2013, 84, 87 - zur Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für eine fachkompetente Kommunikationshilfe (Arbeitsassistenz für die Berufsschulbegleitung eines Gehörlosen in Gebärdensprache)). Denn die Aufzählung der besonderen Leistungen in Satz 1 der Vorschrift ist nicht abschließend; subsidiär gelten die Vorschriften des
SGB IX (so auch Luik in Eicher/Schlegel,
SGB III, § 103 RdNr 2 mwN, Stand Juni 2006; Keller in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe,
SGB III, 3. Aufl 2008, § 103 RdNr 4 ff). Zu den besonderen Leistungen zählt aber auch die Übernahme der Kosten für einen Gebärdensprachdolmetscher (dazu sogleich unter 5.).
5. Die Klägerin hat auch eine besondere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Übernahme der Aufwendungen für den Einsatz der Gebärdensprachdolmetscher zur Ermöglichung der Teilnahme des Berechtigten am Berufsschulunterricht als schulischem Teil einer dualen Ausbildung ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben iS von § 33 Abs 1
SGB IX (sogleich zu a). Zwar unterfällt die Leistung weder § 33 Abs 3 Nr 4 noch § 33 Abs 3 Nr 6
iVm Abs 8 S 1 Nr 3
SGB IX (zu b). Es handelt sich jedoch um eine sonstige Hilfe zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX (zu c).
a) Gemäß § 33 Abs 1
SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit Behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Nach Abs 3 Nr 4 der Vorschrift umfassen die Leistungen insbesondere die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden. Die Leistungen zur beruflichen Ausbildung (Nr 4) zielen auf das erstmalige Erlangen einer abgeschlossenen Berufsausbildung (vgl Bieritz-Harder in Lachwitz/Schellhorn/Welti,
SGB IX, 3. Aufl 2010, § 33 RdNr 25 mit Hinweis auf
§ 101 Abs 2 SGB III aF). Demgemäß diente die Finanzierung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern der beruflichen Rehabilitation des Betroffenen. Denn der Einsatz der Gebärdensprachdolmetscher erfolgte in einem die berufliche Ausbildung begleitenden, diese nicht überwiegenden Berufsschulunterricht; er war mithin auf die Herstellung der Erwerbsfähigkeit des Berechtigten gerichtet.
b) Unmittelbar aus § 33 Abs 3 Nr 4
SGB IX ergibt sich der Anspruch des Betroffenen auf Kostenübernahme für einen Gebärdensprachdolmetscher indes nicht. Denn diese Vorschrift betrifft nur die berufliche Ausbildung als solche. Hierzu zählen nur Leistungen, die selbst Teil der Ausbildung sind (BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1). Als integrierter Bestandteil der Ausbildung ist der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern aber nicht zu verstehen. Denn der Gebärdensprachdolmetscher fungiert lediglich als Sprachmittler des Ausbildenden (so auch
BVerwG Urteil vom 10.01.2013 - 5 C 24/11 - Juris RdNr 12, 13 = Behindertenrecht 2013, 84, 85).
Auch § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX beschreibt den Anspruch auf die streitige Leistung nicht direkt. Nach dieser Vorschrift umfassen die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch sonstige Hilfen zur Förderung, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten; diese Hilfen werden in Abs 8 der Vorschrift beispielhaft konkretisiert. Gemäß § 33 Abs 8 S 1 Nr 3
SGB IX umfassen die Leistungen nach Abs 3 Nr 6 auch die Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen als Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes. Bei dem Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern ging es hier aber nicht um die Erlangung eines Arbeitsplatzes, sondern um die Ermöglichung der Teilnahme des Berechtigten am Berufsschulunterricht als schulischem Teil der dualen Ausbildung. Der erfolgreiche Abschluss der Berufsausbildung ist lediglich Voraussetzung für die Erlangung eines Arbeitsplatzes und zielt selbst nicht auf dessen Vermittlung; dies lässt schon die Differenzierung zwischen der beruflichen Ausbildung iS des Abs 3 Nr 4 und dem Arbeitsplatz iS des Abs 3 Nr 1 und Abs 8 S 1 Nr 3 des Gesetzes erkennen (vgl
BVerwG, aaO - Juris RdNr 17 = Behindertenrecht 2013, 84, 85).
c) Die Förderung des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetschern ist jedoch ein in § 33 Abs 8
SGB IX nicht näher konkretisierter Fall einer sonstigen Hilfe zur Förderung der Teilnahme am Arbeitsleben iS des § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX. Denn die in § 33 Abs 3 und Abs 8 S 1
SGB IX enthaltenen Leistungskataloge sind nicht abschließend. Dies folgt aus der Wortwahl in § 33 Abs 3
SGB IX, wonach "insbesondere" die unter 1. bis 6. angesprochenen Aufwendungen und Hilfen von dem Begriff der Teilhabe am Arbeitsleben umfasst werden (vgl nur Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 12. Aufl 2010, § 33 RdNr 16; Geschäftsanweisung der
BA zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben im
SGB IX, Stand 30.4.2012, Nr 33.3.1). Diese Angaben werden durch Abs 8 S 1 der Vorschrift lediglich konkretisiert; denn dort heißt es, dass Leistungen nach Abs 3 Nr 1 bis 6 "auch" die nun näher in Abs 8 S 1 Nr 1 bis 6 beschriebenen Maßnahmen und Leistungen umfassen.
Die sonstigen Hilfen iS des § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX stehen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit behinderter Menschen. Diese Regelung hat - wegen der Verwendung des Wortes "insbesondere" im Einleitungssatz - die Funktion eines Auffangtatbestands; sie wiederholt und konkretisiert in ihrem zweiten Teil lediglich das in Abs 1 der Vorschrift bereits ausgedrückte Regelungsziel (Pahlen in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 12. Aufl 2010, § 33 RdNr 16; Wendt in
GK-SGB IX, § 33 RdNr 82, Stand Einzelkommentierung August 2012). Ihr Ziel ist es mithin, die berufliche Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft umfassend zu fördern. Da hierzu - wie bereits ausgeführt - auch die begleitende schulische Berufsausbildung zählt, gehört auch die ausbildungsbegleitende persönliche Hilfe (hier: durch Gebärdensprachdolmetscher) zu den Aufwendungen und Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben geleistet werden. In der Gesetzesbegründung zu § 33
SGB IX (vgl BT-Drucks 14/5074, S 107, 108) heißt es dazu: "Die Vorschrift beschreibt in den Absätzen 1 und 3, welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von den hierfür zuständigen Rehabilitationsträgern zu erbringen sind. Die Aufzählung der wichtigsten Leistungen in Absatz 3 stimmt weitgehend mit § 11 Abs 2 Rehabilitations-Angleichungsgesetz und den entsprechenden Regelungen für die einzelnen Träger überein." Neues Recht ist mithin nicht geschaffen worden.
Dass § 33 Abs 3 Nr 6
iVm Abs 8
SGB IX den früheren, durch Art 3
SGB IX aufgehobenen § 114
SGB III ersetzt, ist bereits oben zu 4c erläutert worden. Entgegen den Ausführungen der Beklagten ist mit den seit dem 1.7.2001 in § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX verankerten sonstigen Hilfen auch insoweit keine Rechtsänderung gegenüber dem bis zum 30.6.2001 in § 114
SGB III aF verankerten Rechtszustand eingetreten. Die Leistungskataloge beider Vorschriften waren und sind offen ausgestaltet, womit der Gesetzgeber dem Bestreben Ausdruck verliehen hat, die Möglichkeit einer beruflichen Eingliederung des behinderten Menschen in jeder Hinsicht grundsätzlich auszuschöpfen (vgl auch
BVerwG, aaO Juris RdNr 20 = Behindertenrecht 2013, 84, 86). Wie die Beklagte im Übrigen selbst ausführt (vgl Geschäftsanweisung der
BA zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben im
SGB IX, Stand 30.4.2012, Nr 33.3.1), zählen nach ihrer Weisungslage zu den sonstigen Hilfen iS des § 33 Abs 3 Nr 6
SGB IX ua Aufwendungen für einen vorübergehenden Einsatz eines Gebärdensprachdolmetschers im Zusammenhang mit der Einarbeitung eines Hör- und Sprachgeschädigten sowie zusätzliche Kosten für die Teilnahme am Berufsschulunterricht an einer Schule für Hörgeschädigte. Selbst wenn sie damit diese Leistungen - wie im Revisionsverfahren vorgetragen - auf den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern an einer bestimmten (Berufs-)Schule (Rheinisch-Westfälisches Berufskolleg in Essen) begrenzen wollte, wäre diese Vorgehensweise jedenfalls am Maßstab der Erforderlichkeit zu messen (vgl § 102 Abs 1
SGB III aF, § 33 Abs 1
SGB IX). Die Erforderlichkeit der Förderung des Betroffenen durch duale Berufsausbildung mit Gestellung von Gebärdensprachdolmetschern ist jedoch nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des
LSG zweifelsfrei gegeben.
6. Die Erbringung der besonderen Leistungen zur Teilhabe durch die Beklagte ist auch nicht nach § 22 Abs 1
SGB III aF ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift dürfen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind. Eine vorrangige Leistungsverpflichtung eines anderen Trägers von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist nicht ersichtlich. Eine andere - ggf nach Landesrecht (Schulrecht) - verpflichtete öffentlich-rechtliche Stelle ist nach den den Senat bindenden Feststellungen des
LSG (§ 163
SGG) zum hamburgischen Landesrecht ebenfalls nicht leistungsverpflichtet. Die Beklagte behauptet zwar, dass Normen des bayerischen Schulrechts denen des hamburgischen "inhaltlich vergleichbar" seien. Damit ist jedoch nicht iS des § 162
SGG substantiiert dargetan, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Es bedarf deshalb auch keiner weiteren Vertiefung, dass solche Darlegungen schon fristgerecht mit der Revisionsbegründung (§ 164 Abs 2
SGG) hätten erfolgen müssen.
7. Schließlich bestehen weder hinsichtlich der Höhe der Erstattungsforderung der Klägerin noch deren rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist (§ 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch), wie bereits das
LSG zutreffend ausgeführt hat, rechtliche Bedenken.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a
SGG iVm § 154 Abs 1 und 2, § 155 Abs 1 S 3 und Abs 2
VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.