Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen (Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) in Höhe von 578.144,47 Euro (1.130.752,30 DM dividiert durch den Umrechnungsfaktor 1,95583) nebst Zinsen in Höhe von vier vom Hundert seit dem 1. Mai 1999.
Die Klägerin als anerkannte Werkstätte für Behinderte, ist als gemeinnützige
GmbH 1991 entstanden. Ausweislich ihrer Öffentlichkeitsarbeit ist sie aus diakonischen Einrichtungen, staatlichen Gesundheitseinrichtungen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und einer Lebenshilfekreisvereinigung entstanden. Sie unterhält mehrere Werkstätten.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1998 hat die Klägerin für die in den Werkstätten beschäftigten Behinderten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.117.152,95 DM sowie Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 512.518, 54 DM gezahlt. Erstattet wurden davon im Kostenansatz 498. 919,19 DM. Den Differenzbetrag in Höhe von 1.130. 752,30 DM meldete die Klägerin im März 1999 bei der Beklagten zur Erstattung an (Schreiben vom 10. März 1999). Diese Zahlen sind zwischen den Beteiligten unstreitig (Sitzungsniederschrift vom 28. März 2001).
Nachdem sich der Beklagte weigerte, die von der Klägerin geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, hat diese am 7. Oktober 1999 vor dem Sozialgericht Altenburg Klage erhoben und ausgeführt, dass ein gesetzlicher Anspruch auf Erstattung restlicher Sozialversicherungsbeiträge bestehe. Diese seien nicht von den Pflegesätzen umfasst.
Das Sozialgericht Altenburg hat den Beklagten mit Urteil vom 6. September 2000 verurteilt, an die Klägerin 1. 130.752,30 DM nebst Zinsen in Höhe von vier vom Hundert ab dem 1. Mai 1999 zu zahlen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin gezahlte Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten (§ 251
Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V), § 179
Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI), § 59
Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB XI)). Der Beklagte könne gegen die Forderung der Klägerin nicht einwenden, dass diese bereits erfüllt sei. In den prospektiv vereinbarten Pflegesätzen seien Sozialversicherungsbeiträge nicht enthalten.
Gegen die Entscheidung des Sozialgerichts trägt der Beklagte mit der Berufung vor, dass ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestünden. Für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 seien die Sozialversicherungsbeiträge Bestandteil der vereinbarten Pflegesätze gewesen. Als Bestandteil der jährlich neu zu verhandelnden Pflegesätze seien immer auch die streitgegenständlichen Sozialversicherungsbeiträge behandelt worden. Der Antrag vom 21. April 1995, welcher Bestandteil der Pflegesatzvereinbarung und damit Inhalt des berechneten Pflegesatzes gewesen sei, habe die Sozialversicherungsbeiträge enthalten. Im Weiteren sei der Antrag auf Anfrage entsprechend dem tatsächlichen Ist korrigiert worden (Fax vom 28. April 1995). Auch der Prüfbericht vom 2. Mai 1995 durch das Landessozialamt weise auf Blatt 5 sowie auf Blatt 8 die im Pflegesatz berücksichtigten Sozialversicherungsbeiträge aus. In den Änderungen zum vorläufigen Bericht des prospektiven Tageskostensatzes ab dem 1. April 1995 (vom 30. Mai 1995) sei unter Rubrik "SV-Behinderte" nochmals ausführlich auf die Vereinbarung diesbezüglich und eventuell vorzunehmender Korrekturen hingewiesen worden. Für die Beteiligten sei daher eine Vereinbarung inklusive der Sozialversicherungsbeiträge für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum wirksam zustande gekommen. Dabei komme es nicht darauf an, ob ein Verlust auf Seiten der Klägerin eingetreten sei. Ein Gewinn-
bzw. Verlustausgleich finde durch die Vereinbarung der prospektiv vereinbarten Entgelte gerade nicht statt. Die Vereinbarung von Pflegesätzen stelle für beide Vertragsparteien ein gleich hohes/gleich niedriges Risiko dar und falle unter den Begriff des disponiblen Rechts. Es sei umgekehrt auch für den Freistaat nicht möglich, die Gelder von der Klägerin zurückzufordern, welche möglicherweise innerhalb des vereinbarten Pflegesatzes zu hoch kalkuliert worden seien.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 6. September 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass ein Anspruch auf Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bestehe, wie bereits das Sozialgericht ausgeführt habe. Soweit der Beklagte den Erfüllungseinwand erheben wolle, werde sogleich deutlich, dass er noch nicht einmal selbst davon ausgehe, seiner gesetzlichen Verpflichtungen auf Erstattung vollständig nachgekommen zu sein. Die im Zusammenhang mit den Pflegesätzen tatsächlich erbrachten Zahlungen seien von der Klägerin von dem in diesem Verfahren geltend gemachten Anspruch bereits vorab in Abzug gebracht. Im Urteil des Sozialgerichts werde hinreichend deutlich dargestellt, dass eine vollständige Erfüllung der entstandenen Erstattungsansprüche gerade nicht nachgewiesen sei. Neue Beweismittel seien im Rahmen der Berufung nicht vorgelegt worden. Soweit sich die Berufungsklägerin auf die Einbeziehung der Sozialversicherungsbeiträge in den Pflegesatz berufe, sei darauf hinzuweisen, dass zwischen den spezial gesetzlich normierten Erstattungsansprüchen und den Pflegesätzen streng zu trennen sei. Wie das Sozialgericht zutreffend dargestellt habe, bilden die Sozialversicherungsbeiträge der Behinderten in der Werkstatteinrichtung lediglich eine durchlaufende Position. Aus der Normierung der Erstattungsansprüche in Höhe der tatsächlich angefallenen Beiträge in Form konkreter Rechtsansprüche werde die Intension des Gesetzgebers deutlich, die der Behinderteneinrichtung auferlegte Beitragsentrichtung in vollem Umfang auszugleichen. Für eine Einbeziehung in einen Pflegesatz bestehe weder eine Berechtigung noch sei sie vereinbart. Die Ausführungen des Beklagten, nach denen eine Gewinn-/Verlustrechnung nicht vorgenommen werden solle, treffe nicht zu. Bei den geltend gemachten Erstattungsansprüche handele es sich nicht um disponibles Recht. Der Anspruch sei nach § 27 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) zu verzinsen.
Am 28. Mai 2001 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Der dort unter Widerrufsvorbehalt geschlossene Vergleich wurde durch den Beklagten widerrufen. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Nach Widerruf des Vergleichs haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet. Nach § 51
Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit sowie der Kriegsopferversorgung. Bei der Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich um eine Angelegenheit aus der Sozialversicherung. Sie ist auch öffentlich-rechtlicher Natur. Für die Frage des Abschlusses und des Umfanges von prospektiven Pflegesatzvereinbarungen nach § 93 des Bundessozialhilfegesetzes wäre nach § 40 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig. Aus § 93 BSHG leitet die Klägerin ihren Anspruch aber gerade nicht her, sondern aus spezialgesetzlichen Regelungen des Sozialrechts im engeren Sinne (Sozialversicherungsrecht).
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung nach § 124
Abs. 2
SGG entscheiden, weil die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erteilt haben.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144
SGG). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.
Die Berufung des Beklagten ist begründet, sofern es um die Verurteilung zur Verzinsung der Hauptforderung geht. Diesbezüglich ist die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Einen Anspruch auf Verzinsung sieht das Gesetz nicht vor.
Nach § 44
Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB I) sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf des Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit mit vier vom Hundert zu verzinsen. § 44
SGB I erfasst einmalige und wiederkehrende Geldleistungen, Vorschüsse und vorläufige Geldleistungen; nicht anzuwenden ist die Vorschrift auf Erstattungsforderungen unter Leistungsträgern (vg. Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand: November 2001, § 44
SGB I Rdnr. 6; Urteil
BSG vom 18. Dezember 1979, Az.: 2 RU 3/79 in Breithaupt 1980, 937-939). Nichts anderes gilt unter Berücksichtigung der Interessenlage zwischen Leistungsträger (hier der überörtliche Sozialhilfeträger) und dem Leistungserbringer (Werkstätte). Die Verzinsungsvorschrift des § 44
SGB I gilt nur für Ansprüche des Bürgers gegen den Leistungsträger, also für Geldleistungsansprüche, mit denen soziale Rechts im Sinne von §§ 1 bis 10 und 18 bis 29
SGB I erfüllt werden (
vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1987; Az.: 3 RK 7/87). Es handelt sich hier weder um einen Anspruch des Bürgers noch um ein Recht aus den §§ 1 bis 10 und 18 bis 29
SGB I, sondern um die Regelung der Kostentragung für Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen einer Maßnahme, die einem behinderten Menschen nach dem BSHG gewährt wird.
Es gibt auch keine andere sozialrechtliche Vorschrift, die eine Verzinsung vorsieht. Insbesondere findet § 27
Abs. 1
SGB IV keine Anwendung. Sie betrifft nur verspätete Erstattungen von zu Unrecht gezahlten Beiträgen (
vgl. Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 27
SGB IV Rdnr. 1) und nicht die verspätete Erstattung rechtmäßig von einem Leistungsträger geleisteter Beiträge durch einen anderen.
Ein Zinsanspruch lässt sich ebenso wenig aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (
BGB) herleiten. Die Vorschriften des
BGB über Verzugs- und Prozesszinsen sind im öffentlichen Recht nicht entsprechend anwendbar (
vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1987; Az.: 3 RK 7/87).
Hinsichtlich der Hauptforderung ist die Berufung unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge in der streitgegenständlichen Höhe ist gegeben. Der Betrag von 1.130.752,30 DM ist mit Ablauf des 31. Dezember 2001 in Euro umzurechnen (§ 1 Satz 2 des Gesetzes über die Beendigung der auf Deutsche Mark lautenden Banknoten und der auf Deutsche Mark oder Deutsche Pfennig lautenden Bundesmünzen ( DM-Beendigungsgesetz DMBeEndG) vom 16. Dezember 1999, BGBl. I
S. 2402). Nach Artikel 1 der Verordnung (
EG)
Nr. 2866/98 des Rates der Europäischen Union vom 31. Dezember 1998 beträgt der Umrechnungskurs für einen Euro 1, 95583 DM.
Die Erstattungspflicht für die Sozialversicherungsbeiträge ergibt sich aus § 179
Abs. 1 Satz 2
SGB VI ( Rentenversicherungsbeiträge), § 251
Abs. 2 Satz 2
SGB V (Krankenversicherungsbeiträge) und § 59
Abs. 1 Satz 1
SGB XI i. V. m. § 250
Abs. 2 Satz 2
SGB V (Pflegeversicherungsbeiträge).
Nach § 179
Abs. 1 Satz 2
SGB VI erstatten die Kostenträger (der Beklagte) den Trägern der Einrichtung ( Klägerin) die von diesen getragenen Beiträge für behinderte Menschen.
Nach § 251
Abs. 2 Satz 2
SGB V sind die Beiträge für die nach § 5
Abs. 1
Nr. 7 versicherungspflichtigen Behinderten Menschen, die der Träger der Einrichtung (Klägerin) zu tragen hat, von den für die behinderten Menschen zuständigen Leistungsträgern (Beklagter) zu erstatten.
Nach § 59
Abs. 1 Satz 1
SGB XI i. V. m. § 250
Abs. 2 Satz 2
SGB V gelten für die nach § 20
Abs. 1
Nr. 2 bis 11 versicherten Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, für die Tragung der Beiträge die §§ 249 a, 250
Abs. 1 und 251
SGB V.
Die Höhe der zu erstattenden Sozialversicherungsbeiträge betrifft die Zeiträume vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998. Sie ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Dies wird nochmals ausdrücklich in der Sitzungsniederschrift im Erörterungstermins vom 28. Mai 2001 von den Beteiligten bestätigt. Berücksichtigt sind dabei die von dem Beklagten bereits tatsächlich übernommenen Beiträge für den streitgegenständlichen Zeitraum - rechtlich gesehen - in Form von Abschlagszahlungen auf die Gesamtforderung. Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe der Restforderung nicht zutreffen könnte, bestehen nicht. Insbesondere ist im Rahmen der Untersuchungsmaxime nach § 103
SGG kein Grund zu weiteren Ermittlungen erkennbar.
Die Pflicht zur Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge ergibt sich aus den Regelungen der einzelnen Sozialgesetzbücher (
SGB V,
SGB VI,
SGB XI). Der Anspruch der Klägerin ist nach § 362
BGB auch nicht wegen Erfüllung erloschen. Eine (vollständige) Erfüllung der Erstattungsforderung ist nicht bewiesen und wird von dem Beklagten auch nicht behauptet, gerade das Gegenteil ist der Fall. Er gesteht ein, dass die Ansprüche in der streitgegenständlichen Höhe nicht erfüllt sind und verweigert deren Zahlung. Zur Begründung trägt er eine pauschale Abgeltung durch die geschlossene Pflegesatzvereinbarung vor, wobei der Einrichtungsträger das finanzielle Risiko dafür trägt, wenn die zu erstattenden Kosten höher sind als die erstatteten.
Eine Abgeltung der Erstattungsforderung durch die Vereinbarung prospektiver Pflegesätze nach § 93
Abs. 2 BSHG (Rechtslage bis zum 31. Dezember 1998) ist weder vom Gesetzgeber gewollt noch automatisch mit deren Abschluss erfolgt.
Die Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens ergibt sich aus der Gesetzessystematik. Nach § 93
Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG (in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung) ist der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kosten der Hilfe in einer Einrichtung eines anderen Trägers nur verpflichtet, wenn eine Vereinbarung über die Höhe der zu übernehmenden Kosten besteht. Die in Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 genannte Verpflichtung zur Übernahme der Kosten tritt nur ein, wenn der im Einzelfall örtlich und sachlich zuständige Träger die Kostenvereinbarung abschließt. Der Begriff "andere Einrichtung" bezieht sich auf den Sozialhilfeträger, der zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist. Danach ist jede Einrichtung, die nicht vom örtlich und sachlich zuständigen Sozialhilfeträger in eigener Trägerschaft geführt wird, für diesen eine andere Einrichtung. Für den Sozialhilfeträger, der zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist, scheidet eine Vereinbarung für Einrichtungen aus, bei denen er selbst Träger ist.
Die Vereinbarung muss außer dem Träger der Sozialhilfe und dem anderen Träger, also den Partnern der Vereinbarung, die Höhe der für die Hilfe in der Einrichtung zu übernehmenden Kosten angeben. Die Höhe der zu übernehmenden Kosten und die in der Einrichtung gewährte Hilfe muss für die einzelne Einrichtung in der Vereinbarung angegeben sein. Allgemeine Vereinbarungen über die vom Sozialhilfeträger zu erstattenden Kosten für die von den allgemeinen Heimen und gleichartigen Einrichtungen geleistete Hilfe bestehen in den meisten Ländern. Diese Vereinbarungen regeln, wie die Heimkosten errechnet und festgelegt werden und welche Leistungen durch sie im Einzelnen abgegolten werden. Die allgemeinen Pflegesatzvereinbarungen als solche ersetzen Vereinbarungen im Sinne des § 93
Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 nicht (
vgl. Mergler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, § 93 Rdn. 31).
§ 93
Abs. 2 BSHG erfasst vom Anwendungsbereich nur die Gewährung von Hilfe in Einrichtungen. Der Begriff Hilfe bezieht sich ausschließlich auf Leistungen nach dem BSHG und umfasst nicht etwa Kosten des überörtlichen Sozialhilfeträgers, die er wegen Erstattungsregelungen in anderen Sozialgesetzbüchern zu übernehmen hat. In den Anwendungsbereich des BSHG fallen dabei auch die Kosten zur Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen zu denen die Beschäftigung in einer Behindertenwerkstatt gehört. Bis zum 31. Dezember 1995 war die Maßnahme der Unterbringung in einer Behindertenwerkstatt in § 40
Abs. 2 BSHG geregelt. Mit Wirkung ab 1. Januar 1996 gibt § 41 BSHG dem Behinderten einen Rechtsanspruch auf die Hilfe zur Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte; hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Problematik hat sich jedoch nichts geändert. Nach § 41
Abs. 1 BSHG wird Behinderten, bei denen wegen Art und Schwere ihrer Behinderung arbeits- und berufsfördernde Maßnahmen mit dem Ziel der Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in Betracht kommen, die aber die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt für Behinderte erfüllen, Hilfe zur Beschäftigung in einer anerkannten Werkstatt für Behinderte gewährt. § 41
Abs. 3 BSHG stellt klar, dass die notwendigen Personal- und Sachkosten im Rahmen der Vereinbarungen nach Abschnitt 7 zu übernehmen sind. Zu den notwendigen Personal- und Sachkosten (Mitarbeiterkosten, Betriebskosten, Anschaffungskosten u.a.) für die Maßnahme gehören nicht die Sozialversicherungsbeiträge, die für den Behinderten abgeführt werden, weil er in einem Arbeitsverhältnis steht. Konsequent hat der Gesetzgeber die Erstattungsregelungen jeweils in das Gesetzbuch aufgenommen, in dem sich die Rechtsgrundlage für die Entstehung dieser Kosten (die Versicherungspflicht des behinderten Menschen bei der Tätigkeit in einer Werkstatt) befindet. Dieser sachlichen Trennung würde es widersprechen, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch den überörtlichen Sozialhilfeträger zusammen mit den übrigen Kosten der Maßnahme in einer einheitlichen Pflegesatzvereinbarung regeln zu können. Auch wenn dies nicht ausdrücklich gesagt ist, gilt § 93
Abs. 2 Satz 1 BSHG nicht, wenn bundesgesetzliche Vorschriften über die von der Einrichtung zu erhebenden Kosten bestehen. Dann kann darüber zwischen den Beteiligten der Pflegesatzvereinbarung keine abweichende Regelung getroffen werden. Spezialgesetzlichen Regelungen gehen § 93
Abs. 2 vor (
vgl. Mergler/Zink, a.a.O., § 93
Rdnr. 39). Dies muss erst recht gelten, wenn es sich um spezialgesetzliche Erstattungsregelungen handelt.
Im Übrigen ist der Begriff der Erstattung, den der Gesetzgeber in den Regelungen des
SGB V,
SGB VI und
SGB XI verwendet, nicht mit dem Begriff der prospektiven Pflegesätze vereinbar. Bei einer Erstattungspflicht gibt es kein Gewinn- oder Verlustrisiko, sondern die Übernahme der tatsächlich entstandenen Kosten. Prospektiv - also für die Wirtschaftsperiode vorausschauend - kann eine Erstattung naturgemäß nicht erfolgen und ist vom Gesetzgeber auch nicht gewollt.
Selbst wenn die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Pflegesatzvereinbarung einbezogen werden könnte, so wäre dies hier nicht wirksam geschehen. Inzwischen ist es herrschende Meinung, dass Vereinbarungen nach § 93
Abs. 2 BSHG öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne der §§ 53
ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB X) sind (
vgl. Urteil des
BVerwG vom 30. September 1993, Az.: 5 C 41/91). Insofern unterliegen sie der Schriftform. Alle Regelungen, die getroffen werden, sind schriftlich zu fixieren. Eine schriftliche Vereinbarung, dass mit der Übernahme einer Pauschale innerhalb des Pflegesatzes alle Beitragszahlungen abgegolten sein sollen, existiert nicht.
An dem Schriftformerfordernis scheitert auch die Annahme einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beteiligten außerhalb der Pflegesatzvereinbarung. Ob über die Höhe der Beitragserstattung überhaupt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen werden kann, ist zweifelhaft. Ein solcher müsste eine bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben (§ 54
SGB X) oder aber den Austausch von Leistung und Gegenleistung (§ 55
SGB X) zum Inhalt haben. Ob dies der Fall ist, kann dahingestellt bleiben, weil es an einer schriftlichen Fixierung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160
Abs. 2
SGG nicht vorliegen.