Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, da zwar die Berufungssumme nicht erreicht ist, jedoch die laufende Beitragsleistung von mehr als einem Jahr streitig ist (§§ 143, 144
Abs. 1
S. 2
SGG). Als wiederkehrende Leistung im Sinne von § 144
Abs. 1
S. 2
SGG gelten auch Beiträge und da trotz des ursprünglichen Antrags des Klägers nicht nur die Erstattung der Beiträge (was als einmalige Leistung zu qualifizieren wäre) sondern die Beitragsleistung an sich Streitgegenstand ist, ist die Berufung zulässig (
vgl. Leitherer in Mayer-Ladewig § 144
Anm. 22, 22a, 24).
Auch nach Auffassung des Senats ist zuständige Beklagte die Einzugsstelle gemäß § 28h
SGB IV.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2005 ist unbegründet, denn der Kläger ist verpflichtet, den Beitragszuschlag für Kinderlose zur Pflegeversicherung selbst zu entrichten, dies ergibt sich aus § § 55
Abs. 3
S. 1, 60
SGB XI.
Nicht Gegenstand des hiesigen Berufungsverfahrens ist die Frage, ob der Kläger die von ihm zu entrichtenden Beitragszuschläge vom zuständigen Träger der Werkstätte, dem Beigeladenen zu 2), verlangen kann. Diese Entscheidung des Beigeladenen zu 2) durch Bescheid vom 29. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2007 ist bereits Gegenstand eines eigenständigen Klageverfahrens, wobei die Entscheidung der hier maßgeblichen Rechtsfrage nur mittelbaren Einfluss auf diese Erstattungsproblematik hat, so dass keine Notwendigkeit besteht, über diesen Anspruch im hiesigen Verfahren ebenfalls zu entscheiden. Über den Hilfsantrag war daher sachlich vom Senat nicht zu entscheiden.
Mit § 55
Abs. 3
S. 1
SGB XI hat der Gesetzgeber das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001 (
BVerfG, 1 BvR 1629/94) umgesetzt, wonach die Bestimmungen in der bis dahin geltenden Fassung nicht mit
Art. 3 und 6 des Grundgesetzes vereinbar waren, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit dem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet wurden. Die genannte Bestimmung wurde durch das Kinder-Berücksichtigungsgesetz (KiBG vom 15. Dezember 2004 (BGBl I
S. 3448)) umgesetzt. Die Regelung beinhaltet einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten für Kinderlose. Wie der Gesetzgeber in den Materialien andeutet (BT-Drs. 15/3837
S. 5, 7 und 8) sowie das
BSG bzw. die Landessozialgerichte in mehreren Entscheidungen bereits entschieden haben, ist es dabei unerheblich, ob der Versicherte bewusst oder ungewollt kinderlos geblieben ist. (
BSG Urteil vom 27. Februar 2008, Az.: B 12 P 2/07 R, sowie
LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 22. November 2006 Az.: L 2 R 386/06 und Urteil des
LSG Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2007 Az.: L 4 P 5935/06).
Die für die Beitragszahlung maßgebliche Bestimmung des § 60
Abs. 1
S. 1
SGB XI lautet: "soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat."
Die Beitragspflicht für den Kläger ergibt sich somit aus § 59
Abs. 5
i.V.m. § 20
Abs. 1
S. 1
Nr. 7
SGB XI.
Nach § 59
Abs. 1
S. 1 gilt: "für die nach § 20
Abs. 1
S. 2
Nr. 2 bis 12 versicherten Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind gelten, für die Tragung der Beiträge die
§§ 250 Abs. 1 und 3 und
§ 251 SGB V sowie § 48 KVLG 1989 entsprechend; die Beiträge aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sind von dem Mitglied allein zu tragen."
Dies bedeutet für den Kläger, der versicherungspflichtig nach § 20
Abs. 1
S. 2
Nr. 7
SGB XI ist, dass für ihn nach § 251
Abs. 2
S. 1 Ziff. 2
SGB V der zuständige Träger der Einrichtung die Beiträge allein trägt. Es ist im anhängigen Rechtsstreit auch unstreitig, dass der Bezirk Oberbayern die Beiträge zur Renten Kranken- und Pflegeversicherung mit Ausnahme des Beitragszuschlags für Kinderlose trägt.
Nach Auffassung des Senats sind die Bestimmungen der §§ 55 ff
SGB XI als lex spezialis zum Beitragszuschuss und zur Beitragsverpflichtung in der Pflegeversicherung anzusehen, wobei diese Bestimmungen dann auf die grundsätzliche Verpflichtung zur Beitragszahlung und die Regelungen des achten Kapitels vierter Titel (§§ 249 ff)
SGB V verweisen und damit klarstellen, dass die dort getroffenen Regelungen auch im Zusammenhang mit den Beiträgen zur Pflegeversicherung einschließlich des Beitragszuschusses für Kinderlose gelten. Daraus allein ergibt sich die Beitragspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten.
Soweit der Kläger seinen Befreiungsanspruch auf § 251
SGB V stützen will, kann diese Regelung nicht gegenüber der beklagten Einzugsstelle Anwendung finden. Auch wenn man in § 251
SGB V eine lex spezialis für Beschäftigte der WbfB sieht, führt dies allenfalls zu einem Anspruch gegen den Träger der Reha-Maßnahme, nicht zu einer Befreiung des Versicherten im Verhältnis zur Beklagten. Ob diese Erstattung dem Willen des Gesetzgebers entspricht, kann nicht festgestellt werden. Der Gesetzgeber hat bei der im Gesetzgebungsverfahren nachträglich aufgenommenen Befreiungsregelung für die Wehr- und Zivildienstleistenden, Arbeitslosengeld-II-Bezieher und Rentner, den Personenkreis der Beschäftigten in WbfB nicht aufgenommen und in seinem parlamentarischen Entscheidungsprozess nicht einbezogen (siehe dazu BT-Drs. a.a.O.).
Daraus ist aber nicht zu schließen, dass dieser Personenkreis einbezogen werden kann, da Ausnahmeregelungen grundsätzlich eng auszulegen und einer analogen Anwendung nicht zugänglich sind. Entsprechende Hinweise, der Gesetzgeber habe auch an diesen Personenkreis gedacht, finden sich im Gesetzgebungsverfahren nicht.
Auch das Argument des Klägers, die
§§ 41,
138 SGB IX seien bei Einführung des Zuschlags unverändert geblieben, stützt das Begehren des Klägers gegenüber der Beklagten nicht, da der Werkstattlohn weiterhin dem behinderten Menschen zufließt, wenn auch ein kleiner Teil zur Zahlung seiner Zuschlagspflicht an die Beklagte abgeführt wird.
Nicht zu entscheiden hat der Senat hingegen, ob dies auch bedeutet, dass der Versicherte der selbst keinen Beitrag zur Pflegeversicherung zu tragen hat, weil für ihn ein Dritter den Beitrag allein trägt, er deshalb auch beim Beitragszuschuss einen Anspruch gegen den Dritten hat, oder er den Beitragszuschuss selbst zu tragen hat, weil es nicht gerechtfertigt wäre, diesem Dritten einen Beitragszuschlag wegen Nichterziehung oder Nichtbetreuung eines Kindes aufzuerlegen (wie es zum Beispiel Didong in Hauck Wilde
SGB XI §§ 59
Anm. 33 sieht). Dies kann in der hier zu treffenden Entscheidung dahingestellt bleiben, da es wie bereits ausgeführt nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens und nicht in die Zuständigkeit der Beklagten fällt, sondern Streitgegenstand des Verfahrens ist, das beim Sozialgericht zum Ruhen gebracht wurde. Es ist auch nicht erkennbar warum es zwingend notwendig wäre diese Frage bereits in diesem Verfahren mit zu entscheiden.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers eine Einbeziehung der Beschäftigten in Werkstätten für Behinderte in die Ausnahmeregelung des § 55
Abs. 3
S. 7
SGB XI. aufgrund ihrer geringfügigen Einkünfte erstrebt, findet dies im Gesetz keine Stütze, d.h. aus dieser Bestimmung kann für die Beschäftigten in Werkstätten nicht abgeleitet werden, dass sie ebenso wie Wehr - und Zivildienstleistende oder Bezieher von Arbeitslosengeld II vom Beitragszuschlag nach § 55
Abs. 3
S. 1
SGB XI befreit sind. Denn für eine Ausnahmeregelung kann es keine Ausdehnung auf andere als die genannten Gruppen geben. Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 12 P 2/07 R Rn. 20) entschieden, dass ein ungewollt Kinderloser sich nicht auf die fehlende Zahlungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II oder der Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden berufen kann (§ 55
Abs. 3
S. 7
SGB XI). Auch wenn das Bundessozialgericht daran Zweifel hat, ob die in den Gesetzesmaterialien gegebene Begründung zur Ungleichbehandlung (Bundestagsdrucksache 15/3837
S. 7) eine ausreichende Begründung darstellt und diese daher fraglich erscheint, könne es offen bleiben, ob die Begünstigung dieser Gruppen aufgrund rechtfertigender Gründe erfolgt sei. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz könnte allenfalls zu einer Belastung auch dieses Personenkreises mit dem Beitragszuschlag führen, es würde sich jedoch keine Ausnahme anderer Gruppen vom Beitragszuschlag daraus ableiten lassen.
Insbesondere kann vom Senat auch nicht erkannt werden, dass die genannte Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden eine vergleichbare Gruppe darstellen, die zu einer Gleichbehandlung der Beschäftigten in den Werkstätten für Behinderte führen muss. Die Ausnahme für die Wehr- und Zivildienstleistenden erklärt sich daraus, dass diese nur für kurze Zeit dieser Gruppe angehören und im Übrigen wegen der erst ab dem 23. Lebensjahr eintretenden Beitragsverpflichtung (§ 55
Abs. 3
S. 1 2. Halbsatz
SGB XI) die Ausnahmebestimmung den Teil dieses Personenkreises schützen soll der nach Vollendung des 23. Lebensjahres noch Wehr- oder Zivildienst leistet. Weiter ist das Argument zu berücksichtigen, dass der Charakter des Wehr- und Zivildienst als verpflichtender, zeitlich nicht frei wählbare Dienst für die Allgemeinheit eine Ausnahme von der Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschlag rechtfertigt (
BSG Urteil vom 27. Februar 2008 B 12 P 2/07 R Rn. 21).
Die Gruppe der Beschäftigten in den Werkstätten für Behinderte sind dort hingegen in einem Dauerarbeitsverhältnisses und deshalb weder mit der Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden vergleichbar, noch können sie mit dem Personenkreis verglichen werden, der Arbeitslosengeld II bezieht. Bei dieser Gruppe ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen des Arbeitslosengeld II (§ 19 ff
SGB II) , die bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung dienen, also Leistungen der Grundsicherung darstellen, die gesetzlich auch in der Höhe festgelegt sind, während die Einkünfte der Beschäftigten in Werkstätten für Behinderte als Arbeitslohn zu qualifizieren sind und der Beschäftigte daneben zur Sicherung des Existenzminimums Anspruch weitere Leistungen im Wege der Eingliederungshilfe hat. Der Gesetzgeber hat daher die genannten Personengruppen ohne Verstoß gegen Verfassungsbestimmungen nicht gleich behandeln müssen, sondern konnte ohne Verstoß gegen
Art. 3
Abs. 1
GG für die genannten Personengruppen unterschiedliche Regelungen treffen.
Der allgemeine Gleichheitssatz (
Art. 3
Abs. 1
GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 112, 268 ; st Rspr). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfGE 110, 412 ). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfGE 112, 164
m.w.N.). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfGE 110, 274 ; 112, 164
m.w.N.).
Nach Überzeugung des Senats hat der Gesetzgeber die streitige Regelung ohne Verstoß gegen Verfassungsbestimmungen getroffen, da es sich bei den genannten Gruppen für die Ausnahme von der Pflicht zum Beitragszuschuss um nicht vergleichbare Personengruppen mit den Beschäftigten in einer Werkstatt für Behinderte handelt.
Ob allerdings im Verhältnis zum Sozialhilfeträger der Gedanke der Schutzwürdigkeit des Existenzminimums zu berücksichtigen ist, wie er in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt und zur Ausnahmebestimmungen für Bezieher von Arbeitslosengeld II sowie der Wehr- und Zivildienstleistenden Anlass gegeben hat, kann dahingestellt bleiben und ist erst im Verfahren gegen den Sozialhilfeträger zu berücksichtigen.
Da diese Prüfung es notwendig machen würde, den Verdienst der Beschäftigten in der Werkstatt für Behinderte und die sonstigen Leistungen die diese im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit dort erhalten, zu berücksichtigen, erscheint es sachgerecht die Frage, ob aus diesem Gesichtspunkt beim Kläger eine Tragung des Zuschusses rechtswidrig wäre, auf das Verfahren gegen den Bezirk Oberbayern zu beschränken.
Die Beiladung des Bezirks Oberbayern erfolgte nach § 75
Abs. 1
SGG, es handelte sich also nicht um eine notwendige Beiladung im Sinne von § 75
Abs. 2
SGG. Dies bedeutet, dass eine Verurteilung des Bezirks nach § 75
Abs. 5 nicht in Betracht kommt, denn der Streit im anhängigen Verfahren betrifft die grundsätzliche Versicherungspflicht beziehungsweise die Höhe des zu entrichteten Beitrags in der Pflegeversicherung nicht jedoch ob der verpflichtete Kläger möglicherweise einen Erstattungsanspruch gegen einen anderen Träger hat. Dies bedeutet also, es kann nicht festgestellt werden, dass bei Feststellung der Pflicht des Klägers den erhöhten Beitrag selbst zu entrichten dieser zwingend vom Sozialhilfeträger zu erstatten ist, so dass kein Fall der Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung vorliegt. Der Kläger ist soweit auf das beim Sozialgericht anhängige und derzeit runde Verfahren gegen den Bezirk Oberbayern zu verweisen.
Der Antrag des Klägers hat daher weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg
Der Senat sah sich auch nicht zu einer Vorlage gemäß
Art. 100
GG veranlasst, da keine Ungleichbehandlung gleich zu behandelnder Sachverhalte und damit kein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt, der eine Vorlage rechtfertigen würde. Denn der Gesetzgeber hatte den Auftrag, den Gedanken des Verfassungsgerichts umzusetzen, dass diejenigen die kinderlos bleiben der Pflegeversicherung einen größeren Aufwand überbürden, während die Eltern die Kinder erziehen Vorsorge treffen, dass ein gewisser Teil der Pflegeleistungen familiär erbracht wird. Diese Elemente sind bei kinderlosen Behinderten ebenso wie bei allen anderen kinderlosen Versicherten gegeben. So weit der Gesetzgeber die Wehr- und Zivildienstleistenden und Bezieher von Arbeitslosengeld II davon ausgenommen hat, ist dies wie ausgeführt, gerechtfertigt.
Die Beklagte und das Sozialgericht haben daher zu Recht entschieden, dass der Kläger verpflichtet war den Beitragszuschlag gegenüber der Beklagten zu entrichten und er daher von der Beklagten die Erstattung der bisher geleisteten Zuschussbeträge nicht verlangen kann. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16. März 2007 ist daher ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2005.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem §§ 183, 193
SGG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und im Hinblick darauf, dass dazu bisher höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht ergangen ist, war die Revision zuzulassen (§ 160
Abs. 2. Ziff. 1
SGG).