Urteil
Zur Aufnahme in das Eingangsverfahren

Gericht:

SG Dresden


Aktenzeichen:

SG AL 1041/03 ER


Urteil vom:

11.07.2003


Das SG gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Aufnahme in das Eingangsverfahren einer Werkstatt nach § 86 b Abs, 2 Satz 2 SGG statt.

Es bestehe ein Anordnungsanspruch nach summarischer Prüfung (§ 103 SGG). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit spreche dafür, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung nach §§ 97, 102 SGB III i.V. m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX auf Aufnahme in das Eingangsverfahren zustehe. Zwar sei nach § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Voraussetzung für die Aufnahme, dass die dafür erforderlichen Vorgaben gem. § 136 Abs. 2 SGB IX erfüllt werden könnten. Das Eingangsverfahren habe den Zweck, festzustellen, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Teilhabe am Arbeitsleben sei. Dies bedeute allerdings nicht, dass stets ein Eingangsverfahren durchzuführen sei, um festzustellen, ob der behinderte Mensch sinnvoll an Maßnahmen in einer Werkstatt teilnehmen könne. Sei bereits ohne ein Eingangsverfahren medizinisch gesichert, dass der behinderte Mensch eine solche Arbeitsleistung in der Werkstatt nicht werde erbringen können, liege kein Zweifelsfall vor und die Leistungen im Eingangsverfahren könnten von vornherein abgelehnt werden. Nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 SGB IX tatsächlich erfüllt seien, sei stets vor dem Beginn der Berufsbildungsmaßnahme das Eingangsverfahren durchzuführen, um einen Eingliederungsplan zu erstellen (Götze, in Hauck/Noftz, SGB IX, § 40 Anm. 3, mit verweis auf BT-Drucksache 14/5800, Seite 27 zu Artikel 1, § 40).

Im vorliegenden Fall sei jedoch nicht medizinisch gesichert, dass der Antragsteller von vorneherein und ohne Durchführung des Eingangsverfahren nicht in der Lage sei, später ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Er leide an einer Epilepsie und geistiger Behinderung. Dem Gutachten des Arbeitsamtes könne dies nicht entnommen werden, da dieses sich lediglich darauf stütze, schon diagnostizierte Gesundheitsstörungen aufzuführen. Es gelten Ausführungen dazu, aufgrund welcher Auswirkung der diagnostizierten Erkrankung dieses Mindestmaß nicht erbracht werden könne. In soweit sei es für das Gericht nicht hinreichend glaubhaft, dass ein Zweifelsfall vorliege, der die Durchführung eines Eingangsverfahrens in der Werkstatt rechtfertige.

Auch ein Anordnungsgrund sei zu bejahen.

Eine Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens bedeute für den Antragsteller einen wesentlichen Nachteil. Dieser liege jedoch nicht bereits darin, dass seine Mutter ihre Tätigkeit als Erzieherin aufgeben müsste, wenn er nicht in die Werkstatt aufgenommen werden könne. Wenn keine Aufnahme in das Eingangsverfahren erfolge, habe der Antragsteller einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für den Förder- und Betreuungsbereich nach § 136 Abs. 3 SGB IX. Eine Verzögerung der Aufnahme in das Eingangsverfahren würde für den Antragsteller jedoch eine nicht hinzunehmende Unterbrechung der kontinuierlichen Förderung der bisher erlangten Fähigkeiten und Fertigkeiten bedeuten. Das Gericht messe insoweit der Sicherung des Wohls und der geordneten Entwicklung des behinderten Antragstellers ein höheres Gewicht zu als dem Umstand, dass bei einer vorläufigen Gewährung der Reha-Leistung durch die Antragsgegnerin diese ggf., wenn das Hauptverfahren zu einem anderen Ergebnis führen sollte, die erbrachte Leistung nur schwerlich würde zurückfordern können.

Referenznummer:

R/R1834


Informationsstand: 18.11.2003