II.
A) Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der vom Antragsteller gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig und für das vom Antragsteller anstelle des Beigeladenen erhobene Begehren sind ein Anordnungsgrund und teilweise auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Nach § 63 Satz 1
SGB IX können, werden behinderte Menschen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung behinderte Menschen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. Der Antragsteller ist unstreitig ein Verband im Sinne dieser Vorschrift. Er hat anstelle und mit schriftlichem Einverständnis des Beigeladenen Klage nach § 63
SGB IX erhoben. Zur Regelung eines vorläufigen Zustands (§ 123
Abs. 1 Satz 2
VwGO) hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Hierfür ist er in entsprechender Anwendung des § 63 Satz 1
SGB IX auch antragsbefugt. Er ist nicht selbst am Prozess beteiligt im Sinne dieser Vorschrift. Vor allem könnte er durch die begehrte gerichtliche Entscheidung selbst keinen Vorteil erlangen.
Das Klagerecht der Verbände nach § 63
SGB IX ist als gesetzliche Prozessstandschaft ausgekleidet. Der Verband klagt somit anstelle des behinderten Menschen. Dabei müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen (§ 63 Satz 2
SGB IX). Die Regelung in § 63 Satz 1
SGB IX "nicht selbst am Prozess beteiligt sind" stellt klar, dass die Klagebefugnis aus § 63
SGB IX neben einer Prozessvertretung oder einer anderen Beteiligtenstellung im identischen Prozess ausgeschlossen ist. Damit wollte der Gesetzgeber Interessenkollisionen verhindern, die auftreten können, wenn ein Behindertenverband neben der Prozessbeteiligung Prozessziele verfolgt, die vom Kläger selbst nicht geteilt werden (
vgl. Masuch in Hauck/Noftz,
SGB IX, Stand: Oktober 2004, RdNr. 4 zu § 63). Es sollen Interessenkollisionen in den Fällen verhindert werden, in denen Verbänden eine Doppelrolle zufallen könnte ( BT-Drs. 14/5074,
S. 111; Haines in LPK-SGB IX, 1. Aufl. 2002, RdNr. 11 zu § 63). Bei der Prüfung der Frage, ob eine Interessenkollision gegeben sein könnte, ist somit auf die Interessen des Verbandes und die des behinderten Menschen abzustellen. Eine Beteiligung des Verbandes am Prozess im Sinne des § 63 Satz 1
SGB IX ist nur dann gegeben, wenn die Interessen des klagenden Verbandes und die des behinderten Menschen kollidieren. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt eine solche Interessenkollision nicht schon dann vor, wenn der klagende Verband durch die begehrte gerichtliche Entscheidung selbst einen Vorteil erlangen könnte. Er darf nur keine vom Interesse des behinderten Menschen abweichende Prozessziele verfolgen. Eine andere Auslegung würde der Zielsetzung der Vorschrift des § 63 Satz 1
SGB IX zuwiderlaufen, die gerichtliche Geltendmachung von Rechten behinderter Menschen an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis zu erleichtern. Das gerade im Interesse des behinderten Menschen aufgenommene Klagerecht der Verbände liefe weitgehend leer, weil vor allem mitgliederstarke und bundes-
bzw. landesweit organisierte Behindertenverbände, würde man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen, häufig vom Klagerecht ausgeschlossen wären. Die Vorschrift lässt es deshalb auch genügen, dass der klagende Verband eine Einverständniserklärung des behinderten Menschen vorweisen kann.
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der Antragsteller durch die anstelle des Beigeladenen begehrte Aufnahme und Kostenübernahme einen (wirtschaftlichen) Vorteil erlangen könnte. Der Antragsteller und die Wertachtal-Werkstätten
GmbH sind unbestritten sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich völlig unabhängig voneinander. Letztere ist lediglich Mitglied des Antragstellers. Wirtschaftliche Verflechtungen gibt es nicht.
2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund für die begehrte Aufnahme des Beigeladenen und die Übernahme der dann anfallenden Kosten glaubhaft gemacht. Die einstweilige Anordnung ist erforderlich, um wesentliche Nachteile im Sinne von § 123
Abs. 1 Satz 2
VwGO für den Beigeladenen abzuwenden. Es ist jedenfalls glaubhaft gemacht, dass der Beigeladene ohne die begehrte Aufnahme in die Wertachtal-Werkstätten
GmbH zum frühest möglichen Zeitpunkt in seiner psychischen Gesundheit erheblich beeinträchtigt wird. Nach der psychiatrischen Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren vom 26. August 2004 ist die erneute Einstellung in die Wertachtal-Werkstätten aus psychiatrischer Sicht dringend erforderlich. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit des Beigeladenen könnten durch eine stattgebende (rechtskräftige) Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgeglichen werden.
3. Der Antragsteller hat für das Begehren des Beigeladenen auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, für die begehrte Kostenübernahme allerdings nur für den Zeitraum der vom Senat ausgesprochenen Verpflichtung. Für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Mit der Hilfe soll eine gegenwärtige Notlage beseitigt werden. Hierfür reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (
vgl. z.B. Beschluss vom 25.10.2004 - 12 CE 04.2408) eine Verpflichtung für den Monat seiner Entscheidung und den Folgemonat aus. Für den darüber hinausgehenden Zeitraum besteht keine gegenwärtige Notlage des Beigeladenen und damit zurzeit kein Anordnungsanspruch.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Beigeladene zum Personenkreis des § 39
Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 69
Abs. 1, § 2
Abs. 2
SGB IX gehört. Das Verwaltungsgericht geht aber von einer offenen Hauptsacheprognose aus, weil es - und mit ihm auch der Beklagte - das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39
SGB IX beim Beigeladenen bezweifelt. Es stellt in Frage, ob bei dem Beigeladenen nach § 39
Abs. 3, § 40
Abs. 1 Satz 1
Nr. 7 BSHG
i.V.m. § 39
SGB IX die Aussicht besteht, dass mit seiner Aufnahme in die Wertachtal-Werkstätten
GmbH die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt und die Zielsetzung einer Werkstattbeschäftigung erreicht werden kann. Das Verwaltungsgericht erweitert damit zwar nicht, wie der Antragsteller meint, die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 BSHG um die in § 39
SGB IX enthaltenen Zielsetzungen. Es zieht diese nur für die Prüfung der Frage heran, ob bei der Aufnahme des Beigeladenen in die Werkstätte die in § 39
Abs. 3 BSHG festgelegte Aufgabe der Eingliederungshilfe erreicht werden kann. Der Senat hält das aber für überwiegend wahrscheinlich und damit für glaubhaft gemacht (§ 23
Abs. 1 Satz 2
SGB X). In § 39
SGB IX wird die Aufgabe der Werkstatt für behinderte Menschen einmal im Hinblick auf die Erhaltung und Förderung der Erwerbs- und Leistungsfähigkeit festgelegt. Zum anderen kommt der Werkstatt die Aufgabe zu, die Persönlichkeit des behinderten Menschen weiterzuentwickeln. Schließlich wird auch die Beschäftigung des behinderten Menschen als solche genannt. Es mag offen und gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob die beiden ersten Zielsetzungen durch die begehrte Wiederaufnahme erreicht werden können.
Es besteht jedenfalls die hinreichende Aussicht, dass die Wiederaufnahme in die Wertachtal-Werkstätten
GmbH die Beschäftigung des erst 41 Jahre alten Beigeladenen in Zukunft ermöglichen oder sichern kann (§ 39
Abs. 3 BSHG, §§ 39, 41
SGB IX). In diesem Zusammenhang kann es jedenfalls nicht ausschließlich - wie das Verwaltungsgericht meint - darauf ankommen, dass der Beigeladene über eine Erwerbsunfähigkeitsrente verfügt und sein überwiegender Lebensunterhalt gesichert ist. Denn die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Notwendigkeit der Deckung des Lebensunterhalts des Beigeladenen ist gerade nicht Aufgabe der Eingliederungshilfe, sondern sie fällt in den Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben, und zwar unter anderem solcher, die - wie der Beigeladene - wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden könenn (§ 136
Abs. 1
SGB IX).
Der Zweck der Werkstatt liegt in der Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben mittels pädagogisch und auf andere fachliche Weise betreuter, nicht nur auf Erwerb ausgerichteter, Arbeit (Cramer, Schwerbehindertengesetz, 5. Aufl. 1998, RdNr. 17 zu § 54). Die Werkstatt für behinderte Menschen hat damit neben der reinen Beschäftigung auch gerade sozialpädagogische Aufgaben. Der Beigeladene kann unstreitig keiner Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen. Seine aufgrund der Betreuung und Anleitung durch den Stiefvater zeitweilig mögliche Mitarbeit auf dem Bauernhof ist mit dessen Tod und der Aufgabe des Bauernhofes weggefallen. Für die Realisierung seines Rechts auf Teilhabe ist der Beigeladene für die Ausübung einer angemessenen Tätigkeit im Sinne des § 39
Abs. 3 Satz 2 BSHG auf die Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen angewiesen. Dass der Beigeladene die institutionellen Aufnahmevoraussetzungen nach § 136
Abs. 2, § 137
Abs. 1
SGB IX erfüllt und damit nach
Abs. 2 der letztgenannten Vorschrift seine Aufnahme verlangen kann, ist wohl nicht streitig.
Jedenfalls ergibt sich das aber aus der vom Antragsteller vorgelegten Kurzmitteilung der
LVA Schwaben vom 1. Oktober 2004 und dem Schreiben der Wertachtal-Werkstätten
GmbH vom 11.10.2004, aber auch aus dem Protokoll der Fachausschusssitzung am 20. Oktober 2004, wonach der Beigeladene gemeinschaftsfähig, am "Arbeitsplatz" weitgehend unabhängig von Pflege und voraussichtlich in der Lage ist, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Die Werkstatt ist auch bereit ihn aufzunehmen.
Der Beigeladene hat auch einen Anspruch auf Aufnahme gerade in die Wertachtal-Werkstätten
GmbH. Diese Werkstatt ist nach dem vom Antragsgegner unwidersprochenen Vorbringen des Antragstellers die einzige im Einzugsbereich des Wohnorts des Beigeladenen zugelassene Anbieterin von Werkstattplätzen. Eine Aufnahmeverpflichtung besteht nach § 137
Abs. 1 Satz 1
SGB IX nur gegenüber denjenigen behinderten Menschen, die im Einzugsgebiet wohnen.
Auch der Vorschlag des Antragsgegners in der Sitzung des Fachausschusses am 20. Oktober 2004, den Beigeladenen in einer Tagesstätte für psychisch Kranke unterzubringen, ändert hieran nichts. Der Beigeladene ist geistig behindert und nicht psychisch krank. Ärztliche Atteste oder entsprechende Gutachten, die eine Aufnahme in eine Einrichtung für psychisch Kranke für geeignet erachten
bzw. befürworten würden, liegen nicht vor. Vielmehr ist nach dem Gutachten des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren vom 26. August 2004 eine erneute Einstellung des Beigeladenen in der Wertachtal-Werkstätten aus ärztlich- psychiatrischer Sicht dringend erforderlich.
B) Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 155
Abs. 1 Satz 1, § 188 Satz 2 Halbsatz 1
VwGO.
C) Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152
Abs. 1
VwGO).