Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Erstattung der Kosten von
EUR 2.553,00 für die selbstbeschafften Hörgeräte Siemens Artis P e2e hat.
Der 1964 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Er absolvierte zunächst von 1983 bis 1986 eine Ausbildung als Vermessungstechniker, anschließend von 1986 bis 1988 als Industriekaufmann. Er ist als kaufmännischer Angestellter (Baurechnungsprüfer) bei einer Stadtwerke
GmbH beschäftigt. Wegen einer bestehenden Schwerhörigkeit nutzt er seit 1996 Hörgeräte, wobei er diese kaufte, ohne die Kosten bei Leistungsträgern der Sozialversicherung geltend zu machen.
Hals-Nasen-Ohren-Arzt
Dr. S. verordnete am 22. März 2007 wegen einer Schallempfindungsschwerhörigkeit Hörhilfen beidseits. In seiner ärztlichen Bescheinigung vom selben Tag führte er aus, der Kläger sei in einem kommunikativ anspruchsvollen Beruf mit regelmäßigem Kundenkontakt, Konferenzsituationen und regelmäßigen Telefonkontakten. Durch die alleinige Versorgung mit von der gesetzlichen Krankenversicherung erstatteten Hörgeräten seien die Kommunikationssituationen nicht zu bewältigen. Zur Abwendung von Erwerbsunfähigkeit seien höherwertige Hörgeräte zwingend erforderlich.
Die Firma Hörgeräte I.
GmbH & Co.
KG (im Folgenden I-
KG) erstellte unter dem 21. März 2007 drei Kostenvoranschläge über
- zwei Hörgeräte CENTRA S zum Preis von jeweils
EUR 2.390,00 sowie zusätzlichen Leistungen mit einem Gesamtbetrag von
EUR 5.563,82, abzüglich eines Betrags der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von
EUR 1.192,82 mit einem Betrag von
EUR 4.371,00,
- zwei Hörgeräte (Phonak) MicroSavia 100 dsZ zum Preis von jeweils
EUR 2.250,00 sowie zusätzlicher Leistungen mit einem Gesamtbetrag von
EUR 5.154,82, abzüglich eines Betrags der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von
EUR 1.192,82 mit einem Betrag von
EUR 3.962,00 und
- zwei Hörgeräte (Phonak) MicroSavia 100 dsZ zum Preis von jeweils
EUR 2.250,00 sowie zusätzlicher Leistungen mit einem Gesamtbetrag von
EUR 5.034,82, abzüglich eines Betrags der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von
EUR 1.192,82 mit einem Betrag von
EUR 3.842,00.
Sie führte ab dem 22. März 2007 eine vergleichende Hörgeräteanpassung durch, bei der unterschiedliche Hörgeräte verschiedener Hersteller ausprobiert wurden. In den Anpassungsberichten vom 4. Mai und 5. Juni 2007 führte Hörgeräteakustikerin St. aus, der bestmögliche Hörausgleich habe sich durch die Phonak Savia Multi-Mikrofon Technik gezeigt. Bei der einohrigen und der beidohrigen Hörgeräteanpassung habe der Kläger mit dem Hörgerät Phonak MicroSavia 65 v.H. und mit dem Hörgerät Phonak Solo T+411 45 v.H. sowie mit dem Hörgerät Phonak Extra311AZ bei der einohrigen Hörgeräteanpassung 50 v.H. verstanden. Zur Versorgung seien die Hörgeräte Phonak MicroSavia 100 dsZ gewählt worden.
Der Kläger beantragte unter dem 23. März 2007 bei dem beigeladenen Rentenversicherungsträger als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die Kostenübernahme von Hörhilfen. Er legte u.a. die genannte Verordnung und ärztliche Bescheinigung des
Dr. S. sowie die genannten Kostenvoranschläge der I-
KG vor und verwies darauf, von der Krankenkasse keinen höheren Zuschuss zu erhalten, weshalb er um die Übernahme des Eigenanteils von technisch hochwertigen Hörgeräten bitte. Nach Einholen einer Stellungnahme der beratenden Ärztin
Dr. L., die ein höherwertiges Hörgerät wegen besonderer beruflicher Anforderungen an das Hörvermögen im Berufsbild nicht für notwendig hielt, lehnte die Beigeladene den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 20. April 2007 ab. Den Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle der Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2007 zurück. Die Versorgung mit Hörhilfen gehöre grundsätzlich nicht zu ihren (der Beigeladenen) Leistungen nach
§ 33 Abs. 8 Nr. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX). Bei der vom Kläger begehrten Hörhilfe handle es sich um ein Hilfsmittel, das erforderlich sei, um die bestehende Hörbehinderung auszugleichen. Der sozialmedizinische Dienst habe zwar festgestellt, dass der Kläger auf speziell angepasste Hörhilfen angewiesen sei. Diese seien aber erforderlich zum Ausgleich der Behinderung. Sie dienten nicht ausschließlich der Ausübung eines Berufs, der spezielle Anforderungen an das Hörvermögen stelle, sondern für jeden Bereich des täglichen Lebens sowie für jedwede Form der Berufsausübung, wie
z.B. der Tätigkeit des Klägers als Rechnungsprüfer. Der Bedarf nach bestmöglicher Hörgeräteversorgung bestehe bereits aus medizinischen Gründen sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich, nicht aber wegen besonderer Anforderungen an den Beruf des Klägers.
Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage (S 6 R 3131/07) mit dem Begehren, die (im vorliegenden Fall) Beigeladene zu verurteilen, die Kosten seines Eigenanteils für höherwertige Hörgeräte zu übernehmen, ohne diesen allerdings zu beziffern und eine Rechnung vorzulegen. Er legte nur den Kostenvoranschlag der I-
KG vom 21. März 2007 mit dem Gesamtbetrag von
EUR 5.034,82 vor. Das SG hörte
Dr. S. als sachverständigen Zeugen. Er gab an, der Kläger leide unter einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden pancochleären beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Aufgrund der ausgeprägten Schwerhörigkeit sei die höherwertige Hörhilfe in allen Lebensbereichen und beruflichen Tätigkeit erforderlich (Auskunft vom 27. September 2007). Auf übereinstimmenden Antrag des Klägers und der Beigeladenen ordnete das SG mit Beschluss vom 25. Oktober 2007 das Ruhen des Verfahrens an. Am 17. Dezember 2007 legte der Kläger dem SG den Kostenvoranschlag der I-
KG vom 14. Dezember 2007 über zwei Hörgeräte Siemens Artis P e2e zum Preis von jeweils
EUR 1.590,00 sowie zusätzlicher Leistungen mit einem Gesamtbetrag von
EUR 3.759,80, abzüglich eines Betrags der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von
EUR 1.206,80 mit einem Rechnungsbetrag von
EUR 2.553,00 vor. Er verwies darauf, nach mehrmonatiger Testphase mit verschiedenen Hörgeräten habe sich das Hörgeräte Siemens Artis P e2e besonders bewährt. Der Kläger rief am 5. Juni 2008 das ruhende Verfahren wieder an (S 10 R 1994/08). Auf erneuten übereinstimmenden Antrag des Klägers und der Beigeladenen ordnete das SG mit Beschluss vom 31. Juli 2008 erneut das Ruhen des Verfahrens an.
Die I-
KG übersandte der Beklagten unter dem 5. Juni 2007 eine Versorgungsanzeige. Der Kläger beantragte am 6. August 2007 bei der Beklagten, die Kosten für Hörgeräte "gemäß beiliegendem Kostenvoranschlag", wobei dem Kläger seinem Vortrag nach das Datum des vorgelegten Kostenvoranschlags nicht mehr bekannt ist, zu übernehmen. Am 23. Oktober 2007 erhielt der Kläger die Hörgeräte Siemens Artis P e2e zum Probetragen. Die I-
KG übersandte der Beklagten den Kostenvoranschlag vom 20. November 2007 über zwei Hörgeräte Siemens Artis P e2e mit einem Gesamtbetrag auf der Grundlage der Festbeträge in Höhe von
EUR 1.166,80 mit der Bitte um Genehmigung und Rücksendung.
Dr. G., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), sah in ihrer sozialmedizinischen Beratung vom 23. November 2007 aufgrund der audiologischen Daten keine Anhaltspunkte, die das Überschreiten der Festbeträge begründen könnten. Aufgrund der audiologischen Daten sei eine mehrkanalige Hörgerateversorgung erforderlich. Die Festbetragsgruppe 13.20.03 beinhalte eine mehrkanalige Verstärkertechnik und je nach Angebot des Hörgeräteakustikers die analoge oder digitale Verstärkertechnologie. Die Beklagte erklärte sich bereit, Kosten für eine Hörgeräteversorgung bis zur Höhe der Festbeträge zu übernehmen, nicht aber die Kosten für eine höherwertige Versorgung (Bescheid vom 11. Dezember 2007, ohne Rechtsbehelfsbelehrung).
Der Kläger wurde am 14. Dezember 2007 mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e versorgt. Im Abschlussbericht zur Hörgeräteversorgung der I-
KG vom 14. Dezember 2007 bestätigte der Kläger unterschriftlich, sich für eine Versorgung mit Eigenanteilen entschieden und kein eigenanteilsfreies Versorgungsangebot gewünscht zu haben. Nach dem dem Abschlussbericht beigefügten Anpassbericht vom selben Tag verstand der Kläger bei Einsilber bei der einohrigen Hörgeräteanpassung 70 v.H. mit dem Hörgerät Siemens Artis P e2e, 65 v.H. mit dem Hörgerät Phonak Savia Micro und 45 v.H. mit dem Hörgerät Phonak SoloT+411 sowie bei der beidohrigen Hörgeräteanpassung 70 v.H. mit dem Hörgerät Siemens Artis P e2e 65 v.H. und 45 v.H. mit dem Hörgerät Phonak SoloT+411. Die I-
KG berechnete dem Kläger mit der "Eigenanteilsrechnung" vom 14. Dezember 2007 einen Gesamtbetrag von
EUR 5.259,80. Als "Kassenleistung" wies sie den Betrag von
EUR 1.206,80 aus, so dass sich ein Rechnungsbetrag von
EUR 4.053,00 ergab. In diesem Betrag sind
EUR 1.500,00 für ein weiteres Hörgerät Siemens Nitro CIC enthalten, das der Kläger seinem Vortrag nach ausschließlich in seiner Freizeit beim Sport benutzt und insoweit keine Kostenerstattung verlangt. Der Rechnungsbetrag setzt sich wie folgt zusammen:
Artis P e2e:
EUR 420,00 (Festbetrag) /
EUR 1.590,00 (Verkaufspreis)
Artis P e2e:
EUR 420,00 (Festbetrag) /
EUR 1.590,00 (Verkaufspreis)
Abschlag 2. Gerät: -
EUR 80,00
Gesetzliche Zuzahlung (zweimal): -
EUR 20,00
Secret Bar:
EUR 33,50 (Festbetrag) /
EUR 75,00 (Verkaufspreis)
Secret Bar:
EUR 33,50 (Festbetrag) /
EUR 75,00 (Verkaufspreis)
Reparaturpauschale:
EUR 194,90 (Festbetrag/Verkaufspreis)
Reparaturpauschale:
EUR 194,90 (Festbetrag/Verkaufspreis)
Servicecard:
EUR 55,00 (Verkaufspreis)
Servicecard:
EUR 55,00 (Verkaufspreis)
Ausführung weiches Material (zweimal):
EUR 10,00 (Festbetrag/Verkaufspreis)
Nitro CIC (Sonderpreis):
EUR 0,00 (Festbetrag) /
EUR 1.500,00 (Verkaufspreis)
Zwischensumme:
EUR 1.206,80 (Festbetrag) /
EUR 5.259,80 (Verkaufspreis)
abzüglich Kassenleistung:
EUR 1.206,80
Rechnungsbetrag:
EUR 4.053,00
Die I-
KG berechnete der Beklagten für die Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e auf der Grundlage der Festbeträge am 14. Dezember 2007 insgesamt
EUR 1.166,80. Aufgrund dieser Abrechnung über die Hörgeräteversorgung zahlte die Beklagte an die I-
KG EUR 700,00 für die beiden Hörgeräte Artis P e2e,
EUR 77,00 für die Otoplastik und
EUR 389,80 für die Reparaturpauschale im Rahmen der Festbeträge, mithin insgesamt
EUR 1.166,80. Der Kläger zahlte nach seinen Angaben den Betrag von
EUR 4.053,00 in monatlichen Raten an die I-
KG.
Der Kläger erhob am 22. Juli 2008 Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Dezember 2007. Zuvor hatte er der Beklagten bereits die ärztliche Bescheinigung des
Dr. S. vom 13. März 2008, wonach nur mit den jetzt angepassten höherwertigen Hörgeräten sich die Schwerhörigkeit des Klägers ausreichend "verstärken" lasse, sowie die Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin St. vom 11. März 2008 vorgelegt. Diese führte aus, durch die vergleichende Hörgeräteprobe habe sich der bestmögliche Hörausgleich durch die Siemens Artis Power e2e-Technologie gezeigt. Ein leistungsstarkes automatisches, mehrkanaliges und adaptives TwinMic Richtmikrofon-System ermögliche ein bestmögliches Störgeräusch-Management für maximalen Komfort sowie eine automatische Hörumgebungsanalyse. Durch die e2e-Funktion erfolgte eine bessere Lokalisation sowie eine verbesserte Sprachverständlichkeit im Störlärm. Die hier erzielbare Richtcharakteristik sorge dafür, dass der Kläger bei vielen beruflichen Anforderungen die Sprache von Kollegen, Vorgesetzten und Kunden besser verstehen könne. Das Hörgeräte beinhalte eine automatische Aktivierung des Telefonprogramms. Der Kläger habe im Freifeld bei 65
dB mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e 70 v.H., mit den Kassengeräten Phonak Solo 411 45 v.H sowie mit drei weiteren getesteten Hörgeräten 65 v.H. verstanden.
Dr. G. blieb in ihrem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 29. Juli 2008 bei ihrer Auffassung, aufgrund der audiologischen Daten gebe es keine Anhaltspunkte, die das Überschreiten der Festbeträge begründen könnten. Sie wies auch darauf hin, dass in dem Vertrag der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker über die Hörgeräteversorgung festgelegt sei, dass zwei eigenanteilsfreie Angebote mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hilfebedarf vorgesehen seien.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2008 zurück. Über die an die I-
KG gezahlten Festbeträge hinaus sei eine Kostenübernahme nur möglich, wenn medizinische Gründe dafür sprächen. Berufliche Gründe dürften für die Entscheidung der gesetzlichen Krankenversicherung keine Rolle spielen. Für berufsfördernde Maßnahmen seien andere Kostenträger zuständig. Das Verfahren gegen die Beigeladene ruhe wegen eines beim Bundessozialgericht (
BSG) anhängigen Verfahrens. Er (der Widerspruchsausschuss) wolle der höchstrichterlichen Entscheidung nicht vorgreifen. Da den Unterlagen zu entnehmen sei, dass ohne die höherwertige Hörgeräteversorgung insbesondere die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet sei, sei gerade deshalb eine Zuständigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung, zumindest für die Mehrkosten über den Restbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht ausgeschlossen. Hinzu komme, dass nach dem Gutachten des MDK keine medizinischen Gründe vorlägen, die einen höheren Kostenzuschuss rechtfertigten.
Der Kläger erhob am 11. November 2008 Klage beim SG und begehrte die Verurteilung der Beklagten, ihm
EUR 2.553,00 zu erstatten. Er sei zur Sicherstellung des allgemeinen Grundbedürfnisses Hören auf die Versorgung mit höherwertigen Geräten angewiesen. Aufgrund der Schwere der Erkrankung sei die Notwendigkeit der Versorgung im Alltag mit den höherwertigen Hörgeräten in den Vordergrund zu stellen. Als zuzahlungsfrei sei ihm lediglich das Hörgerät Solo+ 411 angeboten worden, mit welchem er im Freifeld beiderseits 55 v.H. verstanden habe (Verweis auf den vorgelegten Anpassungsbericht der Hörgeräteakustikerin St. vom 4. September 2009) und welches nur über ein Programm verfüge, während die beschafften Hörgeräten Siemens Artis P e2e über drei Programme verfügten.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen. Sie legte die weitere sozialmedizinische Fallberatung der
Dr. G. vom 28. Juli 2009 vor, die unter Berücksichtigung der Anpassungsberichte vom 14. Dezember 2007 und 11. März 2009 und den Angaben der I-
KG zur Hörgeräteversorgung vom 10. Juni 2009 ausführte, es sei nicht ersichtlich, welche Hörhilfen dem Kläger zuzahlungsfrei angeboten worden seien. Nach dem zwischen den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenversicherung mit der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker geschlossenen Vertrag seien zwei eigenanteilsfreie Versorgungsangebote mit analogen oder digitalen Hörgeräten der Produktgruppen 13.20.01, 13.20.02 und 13.20.03 entsprechend dem festgestellten Hörverlust vorgesehen. Die Beklagte legte weiter das sozialmedizinische Gutachten der
Dr. G. vom 19. November 2009 vor. Es sei davon auszugehen das der geforderte Ausgleich der Hörbehinderung im Rahmen der Festbeträge möglich sei. Für die Hörgeräte Siemens Artis P e2e seien im Rahmen der vergleichenden Anpassung die beste Sprachdiskrimination dokumentiert.
Das SG hörte
Dr. S. als sachverständigen Zeugen. Er gab an (Auskunft vom 2. Februar 2009), der Kläger leide unter einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden pancochleären beidseitigen Schallempfindungsschwerhörigkeit. Bei dieser könne nur mit Hörgeräten des neuesten technischen Standes, der Hörgeräte der Festbetragsgruppen nicht entsprächen, eine gewisse Verbesserung der Hörfähigkeit erreicht werden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erstattete
Prof. Dr. T., Abteilung Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des B.-Krankenhauses U., das Gutachten vom 20. April 2010. Beim Kläger liege eine hochgradige reine Schallempfindungsschwerhörigkeit vor. Durch vergleichende Messungen habe belegt werden können, dass berufsspezifische Bedingungen am Arbeitsplatz des Klägers die Erforderlichkeit einer höchstwertigen Hörgeräteversorgung begründeten.
Nach Eingang des Gutachtens sah es die Beklagte als nachvollziehbar an, dass die Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e zur Wahl des Arbeitsplatzes erforderlich gewesen sei. Für die Erstattung der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten sei aber die Beigeladene zuständig.
Die mit Beschluss des SG vom 29. Juli 2010 Beigeladene bewilligte dem Kläger auf dessen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 18. Dezember 2008 mit Bescheid vom 18. Mai 2009 die Kosten für ein Funksystem in Höhe von
EUR 1.334,00 sowie einem Telefonadapter in Höhe von
EUR 64,90. Sie vertrat die Auffassung, die Versorgung mit Hörgeräten falle grundsätzlich in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Notwendigkeit einer über den Versorgungsauftrag der Krankenkassen hinausgehenden höherwertigen Hörgeräteversorgung allein für die Ausübung eines bestimmten Berufs gehe bei der Tätigkeit des Klägers als Rechnungsprüfer nicht aus der Besonderheit der hierfür beruflichen Anforderungen hervor. Da es sich nicht um eine Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe im Sinne des
SGB IX handle, schieden sowohl eine Weiterleitung als auch eine (vorläufige) Leistungserbringung im Sinne des
§ 14 SGB IX für einen anderen Rehabilitationsträger aus. Ferner verbleibe es bei der Zuständigkeit der Krankenversicherung, wenn für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung die Festbeträge nicht ausreichten. Den am 29. März 2007 bei ihr eingegangenen Antrag des Klägers auf Kostenübernahme für den Eigenanteil einer höherwertigen Versorgung habe sie mit Bescheid vom 20. April 2007 sachlich beschieden. Auch habe sie mit Bescheid vom 18. Mai 2009 dem Kläger Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt.
In der mündlichen Verhandlung des SG begehrte der Kläger, die Beigeladene unter Aufhebung des Bescheids vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2007, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2008 zu verurteilen, ihm
EUR 2.553,00 zu erstatten.
Mit Urteil vom 9. November 2010 hob das SG den Bescheid der Beigeladenen vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2007 auf und verurteilte die Beigeladene, dem Kläger die weiteren Kosten für die Versorgung mit den Geräten Typ Siemens Artis P e2e in Höhe von
EUR 2.553,00 zu erstatten. Die Beigeladene sei der erstangegangene Rehabilitationsträger, da der Kläger bei ihr am 29. März 2007 die Versorgung mit digitalen Hörgeräten beantragt habe. Bei der Beklagten habe er zur gleichen Sache den Antrag im November 2007 gestellt. Die Beigeladene habe den Antrag nicht an die Beklagte weitergeleitet. Der Kläger habe sich die Hörgeräte erst nach der ablehnenden Entscheidung der Beigeladenen (Bescheid vom 20. April 2007) selbst beschafft, so dass die Ablehnung ursächlich für die selbstbeschaffte Leistung gewesen sei. Die allgemeinen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung zur Teilhabe lägen vor. Es könne offen bleiben, ob im Falle einer medizinischen Rehabilitation die Beklagte oder die Beigeladene sachlich zuständig wäre, weil die Leistung zur medizinischen Rehabilitation hier nicht als vorrangig anzusehen sei. Denn eine berufliche Tätigkeit könne der Kläger auch ohne die begehrten digitalen Hörhilfen ausüben, da er vor der Versorgung mit den digitalen Hörgeräten bereits mit "Kassengeräten" versorgt gewesen sei und auch dort eine berufliche Tätigkeit habe ausüben können. Im Übrigen ergebe sich aus dem Gutachten des
Prof. Dr. T., dass die Verständlichkeit bei einer hohen
dB-Frequenz sich auch durch ein digitales Hörgerät nicht verbessere, sondern es gerade darauf ankomme, dass der Kläger wegen der konkreten akustischen Anforderungen seiner beruflichen Tätigkeit auf Vermeidung von Störschall und Hintergrundgeräusche bei Kundentelefonaten oder Gesprächen dringend angewiesen sei. Diese besonderen Anforderungen seien gerade nicht für jeglichen Beruf erforderlich. Es könne nicht zulasten des Klägers gehen, dass er die Hörgeräte auch im privaten Bereich nutze. Die begehrten Hörhilfen seien zum Ausgleich der Behinderung des Klägers erforderlich und zwar für seinen konkret ausgeübten Beruf als auch Baurechnungsprüfer. Der Verurteilung der Beigeladenen stehe das ruhende Klageverfahren nicht entgegen.
Gegen das ihr am 22. November 2010 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 1. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Als erster Rehabilitationsträger sei stets der Träger der Krankenversicherung anzusehen (Verweis auf das nicht rechtskräftige Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25. November 2010 -
L 31 R 37/10 -). Der Zweck des
§ 14 SGB IX werde unter der vom
BSG angestoßenen, aber bisher noch nicht selbst durchgeführten Auslegung, nicht erreicht. Vielmehr entstehe hierdurch ein unnötiger Aufwand, der nicht das Ergebnis einer Vereinfachungsnorm sein könne. Die Frage der materiellen Leistungspflicht sei durch das Urteil des
BSG vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - (SozR 4-2500 § 36
Nr. 2) entschieden. Das SG verkürze entgegen der eindeutigen Ausführungen des
BSG zu den Pflichten der gesetzlichen Krankenversicherung im Hörgerätebereich die Pflichten der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der Gebrauchsvorteile im Beruf, weil es dieselbe Argumentation für den Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs annehme, obwohl das
BSG für den Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ausschließlich die Verpflichtung des Krankenversicherungsträgers sehe.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. November 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ergänzt sein bisheriges Vorbringen dahin, er habe bereits seit März 2007 in Kontakt mit einem Mitarbeiter der Beklagten gestanden. Ohne die selbstbeschaffte Hörgeräte hätte er mit Sicherheit seinen Arbeitsplatz verloren, da er dessen Anforderungen krankheitsbedingt nicht mehr habe gerecht werden können.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das dem Kläger von der I-
KG als mehrkostenfreier Versorgungsvorschlag unterbreitete Hörgeräte Phonak SoloT+411 sei ein gutes Gerät und eigne sich bei guten akustischen Voraussetzungen auch für die Arbeit in einem kleinen Büro.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten (S 6 R 3131/07, S 10 R 1994/08, S 3 KR 3938/08) sowie die von der Beklagten und der Beigeladenen vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Die nach § 151
SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Der Beschwerdewert des § 144
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
SGG von
EUR 750,00 ist überschritten. Denn die Beigeladene wendet sich gegen die Verurteilung, dem Kläger
EUR 2.553,00 zu zahlen.
Die Berufung der Beigeladenen ist begründet. Das SG hätte die Beigeladene nicht unter Aufhebung ihres Bescheids vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2007 verurteilen dürfen, dem Kläger die Kosten in Höhe von
EUR 2.553,00 zu erstatten, die ihm für die selbstbeschaffte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e entstanden sind. Gegenüber der Beigeladenen hat der Kläger einen solchen Anspruch auf Kostenerstattung nicht (2.). Dieser Anspruch besteht vielmehr gegenüber der Beklagten, allerdings nur in Höhe von
EUR 2.463,00 (4.).
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren des Klägers, ihm die Kosten in Höhe von
EUR 2.553,00 zu erstatten, die ihm für die selbstbeschaffte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e entstanden sind. Denn mit der Klage wandte sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2008. Mit diesen Bescheid entschied die Beklagte über die Ansprüche des Klägers anlässlich der Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e. Zwar war der Antrag des Klägers vom 6. August 2007 gegenüber der Beklagten zunächst auf die Versorgung mit den Hörgeräten Phonak MicroSavia 100 dsZ gerichtet (zum Inhalt eines Antrages: siehe unten 3.a)), er wurde dann aber durch die Vorlage des Kostenvoranschlags der I-
KG vom 20. November 2007 auf die Hörgeräte Siemens Artis P e2e, spätestens jedoch mit der Versorgung des Klägers am 14. Dezember 2007 konkretisiert. Jedenfalls in dem Zeitpunkt, in dem der Versicherte das Hilfsmittel abnimmt und als Erfüllung seines Sachleistungsanspruchs anerkennt, konkretisiert sich ein solcher Bewilligungsbescheid auf die abgenommene Leistung (
vgl. BSG, Urteil vom 20. November 1996 -
3 RK 5/96 - SozR 3-2500 § 33
Nr. 21). Der zunächst gegenüber der Beklagten geltend gemachte Sachleistungsanspruch (
§ 2 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V)) auf Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e ist aufgrund des Erwerbs und der Aushändigung dieser Hörgeräte an den Kläger erloschen. An die Stelle des Sachleistungsanspruchs ist ein Kostenerstattungsanspruch getreten, den der Kläger geltend machte. Mit den genannten Bescheiden hat die Beklagte ihre Leistungspflicht wegen der Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e in Höhe der Festbeträge bejaht und eine darüber hinausgehende Leistungsverpflichtung abgelehnt (
vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - a.a.O.).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch, dass die Beigeladene ihm die Kosten erstattet, die ihm für die selbstbeschaffte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e entstanden sind.
Als Anspruchsgrundlage für eine Kostenerstattung kommt gegenüber der Beigeladenen allein
§ 15 SGB IX in Betracht. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist (die sie nach § 15
Abs. 1 Satz 2
SGB IX dem Rehabilitationsträger setzen können) eine erforderliche Leistung selbst, ist nach § 15
Abs. 1 Satz 3
SGB IX der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Nach § 15
Abs. 1 Satz 4
SGB IX besteht die Erstattungspflicht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. § 15
Abs. 1
SGB IX normiert trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbstbeschaffte Teilhabeleistungen und ist damit auch im Bereich der Rentenversicherung anwendbar (
vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 -
B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14
Nr. 8).
a) Hinsichtlich der streitgegenständlichen Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e ist die Beigeladene nicht als erst- oder zweitangegangener Rehabilitationsträger angegangen worden.
Rehabilitationsträger im Sinne von § 15
Abs. 1 Satz 4
SGB IX ist ausweislich des systematischen Zusammenhangs der Bestimmung mit Satz 3 der zuständige Rehabilitationsträger. Zuständiger Rehabilitationsträger im Sinne des § 15
Abs. 1
SGB IX ist der nach § 14
SGB IX verantwortliche Rehabilitationsträger. § 14
SGB IX sieht im Grundsatz lediglich zwei Zuständigkeiten vor, die des erstangegangenen oder des im Wege der Weiterleitung zweitangegangenen Rehabilitationsträgers (zum Ganzen:
BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - a.a.O.).
aa) Der Senat lässt offen, ob die Beigeladene überhaupt Rehabilitationsträger bei der Versorgung der Versicherten mit Hörgeräten sein kann. Die Träger der Rentenversicherung erbringen nach § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) u.a. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38
SGB IX. Nach
§ 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden können, ist in § 33
Abs. 3
SGB IX genannt. Diese Leistungen umfassen nach § 33
Abs. 8
Nr. 4
SGB IX auch Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung, zur Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz und am Arbeitsplatz erforderlich sind, es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können. Die Hilfsmittel im Sinne von § 33
Abs. 8
Nr. 4
SGB IX müssen einen spezifischen berufsfördernden Zweck verfolgen. Wegen Art oder Schwere der Behinderung muss das Hilfsmittel zur Berufsausübung, zur Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz und am Arbeitsplatz erforderlich sein. § 33
Abs. 8
Nr. 4
SGB IX umfasst in Abgrenzung zu § 33
SGB V und § 31
SGB IX nur solche Hilfsmittel, die zum Ausgleich eines behinderungsbedingten Nachteils für eine bestimmte Berufsausübung erforderlich sind und nicht (wie
z.B. Hörhilfen) generell zur Verbesserung einer körperlichen Funktion benötigt werden oder im Sinne eines Basisausgleichs einer Behinderung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben (
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX) überhaupt (
BSG, Urteil vom 21. August 2008 -
B 13 R 33/07 R - SozR 4-3250 § 14
Nr. 7; Luik in: jurisPK-SGB IX, § 33
SGB IX R. 167).
bb) Selbst wenn die Beigeladene Rehabilitationsträger bei der Versorgung der Versicherten mit Hörgeräten ist, besteht ein Kostenerstattungsanspruch nicht, weil wegen der konkreten Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e, über die im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist (siehe 1.), die Beigeladene zu keinem Zeitpunkt angegangen worden ist. Der Bescheid der Beigeladenen vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2007 und das wegen des Antrags des Klägers vom 23. März 2007 diesem Bescheid vorangegangene Verwaltungsverfahren betrafen nicht die Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e. Mit dem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 23. März 2007, über den die Beigeladene dann entschied, war noch die Versorgung mit anderen Hörgeräten beabsichtigt, nämlich mit den drei Hörgeräten CENTRA S und Phonak MicroSavia 100 dsZ, die in dem dem Antrag beigefügten Kostenvoranschlägen der I-
KG vom 21. März 2007 genannt waren. Jedenfalls im Widerspruchsverfahren ist das Begehren auf die Versorgung mit den Hörgeräten Phonak MicroSavia 100 dsZ eingeschränkt worden. Dies folgt aus den Anpassungsberichten der Hörgeräteakustikerin St. vom 4. Mai und 5. Juni 2007, die der Kläger der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren vorlegte. Denn aus dem Anpassungsbericht vom 5. Juni 2007 ergibt sich, dass zur Versorgung die Hörgeräte Phonak MicroSavia 100 dsZ gewählt wurden, weil der bestmögliche Hörausgleich sich durch die Phonak Savia Multi-Mikrofon Technik gezeigt hatte. Das Verständnis mit dem Hörgerät Phonak MicroSavia betrug 65 v.H., und lag damit höher als die anderen getesteten Hörgeräte Phonak Solo T+411 mit 45 v.H. und Phonak Extra311AZ mit 50 v.H. bei der einohrigen Hörgeräteanpassung. Folgerichtig hat der Kläger in der gegen die Beigeladene erhobenen Klage auch zunächst wiederum einen Kostenvoranschlag über die Hörgeräte Phonak MicroSavia 100 dsZ vorgelegt. Sinngemäß hat er damit die Versorgung mit diesen Hörgeräten durch die Beigeladene begehrt, und zwar als Sachleistung. Denn zum damaligen Zeitpunkt hatte sich der Kläger diese Hörgeräte nicht beschafft. Der Kläger beschaffte sich im Übrigen diese Hörgeräte überhaupt nicht selbst, so dass ihm insoweit keine Kosten entstanden sind. Er legte auf Aufforderung des SG (Verfügung vom 24. September 2007, Bl. 25 Rückseite der SG-Akte S 6 R 3131/07) auch keine Rechnung vor.
Auch wenn der behinderte Mensch im Zweifel die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen will, sodass der gestellte Antrag umfassend, d.h. auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen ist (
BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - a.a.O.), kann nach Auffassung des Senats ein Antrag auf Leistungen der Rehabilitation, jedenfalls soweit es die Versorgung von Hilfsmitteln betrifft, nicht allgemein dahin ausgelegt werden, er erfasse jegliches in Betracht kommende Hilfsmittel, im Fall von Hörgeräten, mithin alle auf dem Markt befindlichen Hörgeräte oder möglicherweise nach der Antragstellung erst auf den Markt kommende Hörgeräte. Der Leistungsantrag kann sich nicht auf Hörgeräte beziehen, deren Versorgung zum Zeitpunkt des Antrags und während des sich daran anschließenden Verwaltungsverfahrens überhaupt noch nicht in Betracht gezogen ist, weil sie
z.B. zum Zeitpunkt der Antragstellung der Hörgeräteakustiker (noch) nicht anbieten konnte. Zwar ist bei der Versorgung mit Hörgeräten ein Auswahlverfahren notwendig vorgeschaltet (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - a.a.O.), in dem unterschiedliche Hörgeräte getestet und angepasst werden, wie dies auch § 4
Abs. 4 des zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und der Beklagten geschlossenen Vertrags gemäß
§ 127 Abs. 1 SGB V (in der für Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e maßgeblichen ab 1. Mai 2007 geltenden Fassung) vorsieht. Danach überlässt der Hörgeräteakustiker dem Versicherten die Hörsysteme während der Anpassphase (Satz 1). Nach Satz 2 dieser Vorschrift endet die Anpassungsphase mit der endgültigen Abgabe des Hörsystems, dokumentiert durch die Bestätigung des Versicherten auf der Versichertenerklärung (Anlage 5). Damit beginnt der Versorgungszeitraum (Satz 3). Eine entsprechende Regelung enthält § 6
Abs. 5 der zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker geschlossenen Vereinbarung über die Versorgung mit Hörsystemen, wonach im Rahmen der Anpassung den Versicherten mindestens zwei mehrkostenfreie Versorgungsvorschläge mit Hörsystemen, die dem aktuellen technischen Standard entsprechen, zu unterbreiten sind, soweit die Anlage 2 (Vergütungsvereinbarung) nichts anderes vorsieht (Satz 1). Diese Geräte müssen zur Versorgung des jeweiligen Hörverlustes geeignet sein (Satz 2). Werden aber gegenüber einem Leistungsträger ausdrücklich konkrete Hörgeräte als die für die Versorgung geeigneten und somit für die Versorgung in Betracht kommend benannt, begrenzt der Versicherte seinen Leistungsantrag auf diese Hörgeräte. Nur dann kann auch der angegangene Leistungsträger den Versicherten darüber unterrichten, ob die Versorgung mit den ihm (dem Leistungsträger) gegenüber benannten Hörgeräten in Betracht kommt, und ist der angegangene Leistungsträger in der Lage, auf die Versorgung Einfluss zu nehmen.
Somit bezog sich der Antrag des Klägers vom 23. März 2007, den er bei der Beigeladenen gestellt hatte, auf die Hörgeräte Phonak MicroSavia 100 dsZ, nicht aber auf die Hörgeräte Siemens Artis P e2e. Der Kläger erhielt die Hörgeräte Siemens Artis P e2e auch erstmals am 23. Oktober 2007 zum Probetragen. Auch konkretisierte sich - wie ausgeführt - die Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e erst am 14. Dezember 2007, also nach Entscheidung durch die Beigeladene.
Wegen der Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e hat der Kläger damit als ersten und einzigen Rehabilitationsträger die Beklagte angegangen, so dass diese erstangegangener Rehabilitationsträger ist. Die Beklagte hat den Antrag nicht - auch nicht an die Beigeladene - weitergeleitet, so dass die Beigeladene auch nicht zweitangegangener Rehabilitationsträger ist.
b) Der Anspruch des Klägers, dass die Beigeladene ihm die Kosten in Höhe von
EUR 2.553,00 erstattet, die ihm für die selbstbeschaffte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e entstanden sind, scheitert auch daran, dass insoweit der Beschaffungsweg nicht eingehalten ist. Denn die Beigeladene war mit dieser Versorgung nicht befasst, was sich aus den vorangegangen Ausführungen ergibt.
Der Kostenerstattungsanspruch nach
§ 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX setzt - wie der Kostenerstattungsanspruch nach
§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V - voraus, dass zwischen dem die Haftung des Rehabilitationsträgers begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang besteht (
vgl. z.B. BSG, Urteil vom 7. Oktober 2010 -
B 3 KR 5/10 R - in juris). § 15
Abs. 1 Satz 3 und 4
SGB IX gewährt ebenso wie § 13
Abs. 3
SGB V einen Erstattungsanspruch nur für den Ausnahmefall, dass eine vom Versicherungsträger geschuldete notwendige Leistung infolge eines Mangels im Leistungssystem als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. An einem solchen Ursachenzusammenhang fehlt es, wenn der Rehabilitationsträger vor Inanspruchnahme der Versorgung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung,
z.B. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31
Nr. 15; Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - a.a.O.).
c) Da die Verurteilung der Beigeladenen aus materiell-rechtlichen Gründen ausscheidet, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Verurteilung der Beigeladenen bereits die anderweitige Rechtshängigkeit entgegenstünde, wenn der Kläger auch im ruhenden Klageverfahren S 6 R 3131/07, später S 10 R 1994/08 den Anspruch auf Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e geltend machen würde.
3. Der Senat kann es jedoch nicht dabei belassen, allein das Urteil des SG aufzuheben, sondern hat auch - ohne dass der Kläger (Anschluss-)Berufung eingelegt hat - zu prüfen, ob der Anspruch gegen die Beklagte besteht und die vom Kläger gegen die Beklagte erhobene Klage zur Verurteilung der Beklagten führen muss. Wird eine Klage gegen den beklagten Versicherungsträger abgewiesen, aber ein nach § 75
Abs. 2, 2. Alternative
SGG beigeladener Versicherungsträger gemäß § 75
Abs. 5
SGG zur Leistung verurteilt, so hat das Rechtsmittelgericht - hält es den beklagten Versicherungsträger für leistungspflichtig - nicht nur die Verurteilung des Beigeladenen aufzuheben, sondern auch den beklagten Versicherungsträger zu verurteilen. Das ergibt sich aus den Grundgedanken der §§ 75
Abs. 2 und 5, 180
SGG. Eines ausdrücklichen Antrags eines Beteiligten bedarf es nicht (
BSG, Urteil vom 14. September 1978 -
11 RA 70/77 - in juris; Urteil vom 15. November 1979 -
11 RA 22/79 - SozR 4100 § 57
Nr. 9).
4. Der Kläger hat Anspruch, dass die Beklagte ihm die Kosten in Höhe von
EUR 2.463,00 erstattet, die ihm für die selbstbeschaffte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e entstanden sind.
Da der Kläger die Hörgeräte Siemens Artis P e2e selbst beschafft hat, kommt als Anspruchsgrundlagen für den Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten neben dem trägerübergreifenden Kostenerstattungsanspruch des § 15
Abs. 1 Satz 4
SGB IX auch § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V in Betracht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese nach § 13
Abs. 3 Satz 1
SGB V von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Senat lässt offen, ob eine der Vorschriften die andere ausschließt, insbesondere ob bei der Versorgung mit Hörgeräten auch im Verhältnis zur Krankenkasse allein § 15
Abs. 1 Satz 4
SGB IX Anwendung findet. Denn die Voraussetzungen beider Vorschriften sind identisch.
a) Die notwendige (siehe dazu unter 2b)) vorherige Befassung der Beklagten ist gegeben. Der Kläger ist mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e endgültig am 14. Dezember 2007 versorgt worden und hat damit diese sich an diesem Tag selbst beschafft. Denn erst zu diesem Zeitpunkt lag ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Kläger und der I-
KG als Leistungserbringer in Bezug auf die Hörgeräte Siemens Artis P e2e vor. Zuvor stellte die I-
KG dem Kläger dieses Hörgerät lediglich zur Probe zur Verfügung. Die probeweise Überlassung eines Hörgerät ist eine Auswahlentscheidung (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.; siehe auch § 4
Abs. 4 des zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und der Beklagten geschlossenen Vertrags gemäß § 127
Abs. 1
SGB V). Die nach § 4
Abs. 4 Satz 5 dieses Vertrags vorgesehene Versichertenerklärung (Anlage 5) unterzeichnete der Kläger am 14. Dezember 2007 (Bl. 20 der Verwaltungsakte der Beklagten). Am 14. Dezember 2007 lag bereits die ablehnende Entscheidung der Beklagten mit dem Bescheid vom 11. Dezember 2007 vor. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dieser Bescheid innerhalb einer normalen Postlaufzeit dem Kläger zugegangen war.
b) Der Kläger hat Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten durch die Beklagte. Ein Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (
§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen hat (ständige Rechtsprechung,
vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - SozR 4-2500 § 13
Nr. 19; Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - a.a.O.). Nach
§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27
Abs. 1 Satz 2
Nr. 3
SGB V u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln. Zu den Hilfsmitteln gehören nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V Hörhilfen. Hiernach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung u.a. mit Hörhilfen, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Hörhilfen sind weder Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens noch nach § 34
Abs. 4
SGB V aus der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen (
vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 -
B 3 KR 20/08 R - a.a.O.).
Bei dem in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V als 3. Variante genannten Zweck des Behinderungsausgleichs (
vgl. jetzt auch
§ 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) steht im Vordergrund, die ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst auszugleichen (so genannter unmittelbarer Behinderungsausgleich). Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (so genannter mittelbarer Behinderungsausgleich) (
z.B. BSG, Urteil vom 29. April 2010 -
B 3 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 33
Nr. 30; Urteil vom 18. Mai 2011 -
B 3 KR 12/10 R - in juris). Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.). Bei diesem unmittelbaren Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (ständige Rechtsprechung,
z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.;
vgl. auch Urteil vom 18. Mai 2011 -
B 3 KR 12/10 R - in juris). Teil des von den Krankenkassen nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (
§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Das schließt je nach Notwendigkeit auch die Versorgung mit digitalen Hörgeräten ein (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O).
Der Kläger ist auf die Versorgung mit Hörgeräten angewiesen. Bei ihm besteht eine hochgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des
Prof. Dr. T. vom 20. April 2010 sowie aus den Auskünften des
Dr. S. vom 27. September 2007 (im Klageverfahren gegen die Beigeladene) und vom 2. Februar 2009 (im Klageverfahren gegen die Beklagte).
Dr. S. beziffert den Hörverlust mit 100 v.H.. Bestätigt wird der erhebliche Hörverlust auch dadurch, dass der Sachverständige
Prof. Dr. T. die Kriterien für die Implantation eines Cochlea-Implantats für knapp gegeben hält.
c) Die selbstbeschafften Hörgeräte überschreiten nicht die Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgebot. Wie alle Ansprüche im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist auch der Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des
§ 12 Abs. 1 SGB V begrenzt. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (Satz 1). Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2).
Diese Grenze ist durch die erfolgte Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e eingehalten. Denn einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits - hier des Hörens - im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen gewährleisten nur die vom Kläger selbst beschafften Hörgeräte. Im Freifeld bei 65
dB verstand der Kläger mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e 70 v.H., mit den Hörgeräten Phonak Solo T+411 demgegenüber nur 45 v.H. (Stellungnahme der Hörgeräteakustikerin St. vom 11. März 2008). Das Verständnis bei Einsilber betrug mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e ebenfalls 70 v.H., mit den Hörgeräten Phonak Solo T+411 55 v.H., mit den Hörgeräten Phonak Extra311AZ 60 v.H. und mit den Hörgeräten Phonak Savia 311DS 65 v.H. (Anpassbericht der Hörgeräteakustikerin St. vom 27. Juli 2011). Auch
Dr. G. kam in dem von der Beklagten dem SG vorgelegten sozialmedizinischen Gutachten vom 19. November 2009 zu dem Ergebnis, dass für die Hörgeräte Siemens Artis P e2e im Rahmen der vergleichenden Anpassung die beste Sprachdiskrimination dokumentiert wurde.
Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht nicht durch die Zahlung der Festbeträge erfüllt, weil für den unmittelbaren Behinderungsausgleich der Festbetrag objektiv nicht ausreichend ist (
vgl. dazu
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.). Der Senat kann nicht feststellen, dass mit anderen Hörgeräten, deren Kosten mit den im Dezember 2007 geltenden Festbeträge abgedeckt waren, eine gleichwertige Versorgung des Klägers hätte erfolgen können. Die Beklagte hat insoweit keine Alternativen aufgezeigt, insbesondere nicht gegenüber dem Kläger im Rahmen des Verwaltungsverfahrens. Wenn die Krankenkasse erkennt, dass ein Versicherter ein Hörgerät wünscht, dessen Kosten nicht mit den Festbeträge abgedeckt sind, hat sie ihn gegebenenfalls hierauf hinzuweisen und ihm die Alternativen aufzuzeigen, mit denen eine gleichwertige Versorgung mit Hörgeräten zu Festbeträgen erfolgen kann. Denn genau aus diesem Grund wird verlangt, dass sich die Versicherten zunächst an ihre Krankenkasse wenden. Unterlässt die Krankenkasse entsprechende Hinweise, kann sie sich nachträglich nicht darauf berufen, der Versicherte hätte mit einem anderen Hörgeräten gleichwertig versorgt werden können. Die Festbetragsregelung enthebt die Krankenkassen nicht von ihrer Pflicht, im Rahmen der Sachleistungsverantwortung (§ 2
Abs. 1 Satz 1
SGB V) für die ausreichende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen. Hieraus können gesteigerte Obhuts- und Informationspflichten erwachsen, wenn vor allem bei anpassungsbedürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage, die auch durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist, und geeignete Angebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig zu erlangen ist (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.).
Des Weiteren vermag der Senat nicht festzustellen, dass ein Versicherten mit einem Hörverlust von beiderseits 100 v.H. - wie der Kläger - durch Hörgeräte zu Festbeträgen ausreichend versorgt werden kann. Zur Versorgung von Versicherten mit einem Hörverlust von beiderseits fast 100 v.H. war die Festbetragsfestsetzung für Hörgeräte im Jahr 2004 im Land Baden-Württemberg nicht ausreichend (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass sich hieran im Dezember 2007 (Zeitpunkt der Versorgung des Klägers mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e) etwas geändert hat. Auf den entsprechenden Hinweis des Senats vom 4. Oktober 2011 hat die Beklagte nichts vorgetragen.
Da für den unmittelbaren Behinderungsausgleich das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts gilt, ist es unerheblich, ob die Versorgung mit den Hörgeräten Siemens Artis P e2e für den Kläger berufliche und arbeitsplatzspezifische Gebrauchsvorteile hat (
BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - a.a.O.).
d) Das Erstattungsbegehren des Klägers ist in Höhe von
EUR 2.463,00 begründet. Von dem Gesamtbetrag der "Eigenanteilsrechnung" der I-
KG der vom 14. Dezember 2007 von
EUR 5.259,80 sind abzuziehen das weitere Hörgerät Nitro CIC von
EUR 1.500,00, der von der Beklagten an die I-
KG gezahlte Betrag von
EUR 1.166,80 und die vom Kläger selbst zu tragende Zuzahlung von zweimal
EUR 10,00 =
EUR 20,00 (
§§ 33 Abs. 8 Satz 1,
61 Satz 1 SGB V). Dies ergibt dann einen Betrag von
EUR 2.573,00. Hiervon ist weiter der in Rechnung gestellte Betrag für die Servicecard von
EUR 110,00 (2 x
EUR 55,00) abzuziehen. Die Beklagte schuldet lediglich die Kosten für die Anschaffung und die Anpassung der Hörgeräte, gegebenenfalls auch eine notwendige Instandsetzung (§ 33
Abs. 1 Satz 4
SGB V). Letzteres ist mit der Reparaturpauschale abgedeckt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Da der Kläger mit seinem Begehren nur zu einem geringen Teil erfolglos geblieben ist, ist eine Quotelung bei der Kostenentscheidung nicht angemessen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Insbesondere ist eine grundsätzliche Bedeutung ist im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung des
BSG nicht gegeben.