II.
Die Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)). Der Kläger hat für den Zeitraum vom 7. März 2005 bis 27. Juni 2006 dem Grunde nach (§ 130 Abs 1 Satz 1
SGG) einen Anspruch auf Erstattung der von ihm selbst getragenen Kosten für ein tägliches Mittagessen in der Förderstätte der R -Werkstätten
gGmbH, soweit diese die Kosten übersteigen, die für das Mittagessen im Regelsatz enthalten sind.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 28. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2005 (§ 95
SGG), soweit mit diesem "bis auf weiteres" die Übernahme der Mittagessenskosten in der Förderstätte der WfbM unter Abänderung des früheren Bewilligungsbescheides (vom 15. Oktober 2002) abgelehnt worden ist. Hiergegen wehrt sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56
SGG), mit der er nunmehr statt einer Sachleistung (s dazu das Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 22/07 R) einen Erstattungsanspruch geltend macht, weil er sich die Leistung selbst beschafft hat.
Anspruchsgrundlage ist insoweit
§ 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX. Danach besteht eine Erstattungspflicht ua, wenn der Rehabilitationsträger eine (Sach-)Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl näher das Senatsurteil vom 9. Dezember 2008 -
B 8/9b SO 10/07 R). Mit dem streitgegenständlichen Bescheid hat der Beklagte die Leistung iS des § 15 Abs 1 Satz 4
SGB IX "zu Unrecht abgelehnt". Zwar handelt es sich hier nicht um die von der Norm unmittelbar erfasste rechtswidrige Ablehnung einer (bisher) nicht erbrachten Sachleistung. Dieser Fallkonstellation ist jedoch der vorliegende Sachverhalt einer rechtswidrigen (teilweisen) Aufhebung einer bindend zuerkannten Sachleistung gleichzustellen (näher dazu das Senatsurteil vom 9. Dezember 2008, aaO).
Insofern misst sich die Begründetheit der Revision im Rahmen des § 15 Abs 1 Satz 4
SGB IX an § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (
SGB X), weil der Beklagte als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen die Kosten in der Förderstätte der WfbM mit dem früheren Bescheid vom 15. Oktober 2002 "bis auf weiteres", dh auf unbestimmte Dauer, bewilligt hatte, ohne die Kosten des Mittagessens hiervon auszunehmen. Nach § 48 Abs 1 Satz 1
SGB X dürfte dieser Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft nur aufgehoben bzw geändert werden, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, weil auch nach Inkrafttreten der Regelungen des
SGB XII (ab 1. Januar 2005) die Kosten für das Mittagessen des Klägers in der Förderstätte als Leistung der Eingliederungshilfe zu übernehmen waren. Der Beklagte war weiterhin als überörtlicher Sozialhilfeträger für die Übernahme dieser Kosten der Förderstätte zuständig (§ 97 Abs 1 und 2 Satz 1
SGB XII iVm Art 11 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b AGSGB), weil das Mittagessen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse behinderter Menschen integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe war. Der Senat ist nicht an die Ausführungen des
LSG gemäß § 202
SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung und § 162
SGG gebunden, soweit es um die Zuordnung der Kosten für das Mittagessen zur Eingliederungshilfe statt - wie vom
LSG angenommen - zum Lebensunterhalt geht (s dazu Senatsurteil vom 9. Dezember 2008 B 8/9b SO 10/07 R).
Nach
§ 19 Abs 3 SGB XII iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII (jeweils in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 - BGBl I 3022) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von
§ 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zählen nach
§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII (ebenfalls
idF des Gesetzes vom 27. Dezember 2003)
iVm § 55 Abs 1 SGB IX ua Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ( soziale Rehabilitation). Dazu gehören nach Abs 2 Nr 3 dieser Vorschrift auch Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Zu diesen Hilfen zählen auch die der Förderstätten - wie vorliegend der R -Werkstätten
gGmbH - nach
§ 136 Abs 3 SGB IX für Personen, die die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer WfbM nicht erfüllen (Fuchs in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz,
SGB IX, 2006, § 55 RdNr 10; Cramer, Werkstätten für behinderte Menschen, 4. Aufl 2006, § 136
SGB IX RdNr 101; Wendt in Neumann, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - Handbuch
SGB IX, 2004, § 22 RdNr 21; U. Mayer in Oestreicher,
SGB XII/
SGB II, § 54
SGB XII RdNr 53, Stand November 2006; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar
SGB XII, 8. Aufl 2008, § 54
SGB XII RdNr 45). Mit dem von dem Beklagten im Verhandlungstermin abgegebenen und vom Kläger angenommenen Teilanerkenntnis ist für den Senat bindend festgestellt, dass die Leistungsberechtigung des Klägers auf diese Eingliederungshilfe dem Grunde nach zu bejahen ist.
Für die Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten WfbM nach
§§ 39,
41 Abs 2 Nr 2 SGB IX iVm § 136 Abs 1 Satz 2 Nr 2
SGB IX hat der Senat ausführlich dargelegt, dass diese auch auf die Weiterentwicklung der Persönlichkeit gerichtet sind und einem ganzheitlichen Förderkonzept mit gemeinsamem Mittagessen unterliegen (näher dazu das Senatsurteil vom 9. Dezember 2008, aaO) . Selbst wenn für die Förderstätte, die einer WfbM nur organisatorisch an-, nicht rechtlich in diese eingegliedert ist, die Regelungen für eine WfbM nicht einschlägig sind (vgl nur Cramer aaO), kann doch im Ergebnis nichts anderes gelten.
In den Förderstätten werden nur Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten gewährt, die erforderlich sind, behinderten (insbesondere geistig behinderten) nicht werkstattfähigen Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (Fuchs aaO). Ziel der Förderung ist damit ausschließlich die Weiterentwicklung der Persönlichkeit, die in der WfbM nur eines der Ziele, aber ausschlaggebend ist für die Annahme, dass das gemeinsame Einnehmen eines Mittagessens integraler Bestandteil der Maßnahme in der WfbM ist (s dazu das Senatsurteil vom 8. Dezember 2008, aaO). Umso mehr muss dies für die ganztägige Förderung geistig behinderter Menschen in einer Förderstätte gelten, weil dort im Rahmen eines strukturierenden Tagesablaufs vorrangig nur selbstständige Verrichtungen des täglichen Lebens eingeübt werden sollen (Fuchs aaO; Baur in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz, aaO, § 136 RdNr 6; vgl auch Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe,
IV.3 RdNr 48, Stand März 2006). Ggf bereiten die Förderstätten auf Maßnahmen der Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere in einer WfbM vor (Baur aaO; Vater in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum
SGB IX 2. Aufl 2006, § 136 RdNr 33). Es liegt deshalb auf der Hand, dass für das Mittagessen nichts anderes gelten kann als in einer WfbM (vgl zu Mahlzeiten in den Förderstätten Meusinger in Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl 2005, § 54
SGB XII RdNr 61).
Wie bei einer WfbM sind damit auch Vereinbarungen nach § 76
SGB XII, insbesondere Leistungsvereinbarungen mit und einer Grundpauschale für Unterhalt und Verpflegung (Abs 2) zu schließen. Auch für die Förderstätte belegt
§ 92 Abs 2 Satz 4 iVm Satz 5 und Satz 1 Nr 8
SGB XII, dass der Gesetzgeber erforderliche Kosten des Lebensunterhalts in der Einrichtung bei der Eingliederungshilfe verortet, nicht bei der Hilfe zum Lebensunterhalt (s dazu auch das Senatsurteil vom 8. Dezember 2008, aaO).
Dem Umstand, dass im Regelsatz der Grundsicherungsleistung, die dem Kläger vom Beigeladenen gewährt wurde, bereits Essenskosten enthalten sind, hat der Kläger mit seinem beschränkten Klageantrag Rechnung getragen (näher dazu das Senatsurteil vom 9. Dezember 2008, aaO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klage auf Erstattung der Kosten für das Mittagessen in der Revisionsinstanz teilweise zurückgenommen worden ist.