1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.05.2007, Az. 11 BV 8/07, aufgehoben.
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für eröffnet erklärt.
3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
4. Der Streitwert der sofortigen Beschwerde wird auf 1.333,- Euro festgesetzt.
I.
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Antragstellerin, die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen über die bisher gewährten 50% hinaus zu 100% von der Verpflichtung der Arbeitsleistung freizustellen. Diese Vertrauensperson ist zugleich Mitglied des Personalrats und war bisher in dieser Funktion zu 50% freigestellt. Die Schwerbehindertenvertretung hat die volle Freistellung gemäß § 96
Abs. 4
S. 2
SGB IX mit der Begründung beantragt, im Klinikum seien mehr als 200 schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Die Dienststelle hat die weitergehende Freistellung abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat die Zuständigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt.
Die Antragstellerin hat sich bezüglich der Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen zur Entscheidung im Beschlussverfahren auf die Vorschrift des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG berufen. Sie hat die Auffassung vertreten, hiernach sei es unerheblich, ob die Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb oder einer Dienststelle gewählt sei. Nach dieser Vorschrift sei die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Schwerbehindertenvertretung immer dann gegeben, wenn es sich hierbei nicht um Beamte handele. Die Antragsgegnerin hat sich hiergegen auf die Rechtsprechung im einzelnen aufgeführter Verwaltungsgerichte berufen mit der Begründung, beim Streit über die Freistellung handele es sich nicht um eine in § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG aufgeführte Streitigkeit nach §§ 94, 95 oder
139 SGB IX, sondern um eine Streitigkeit über eine in § 96
SGB IX geregelte Frage. Es gehe nicht um eine personenbezogene, sondern um eine amtsbezogene Feststellung. Im übrigen sei die Notwendigkeit der Freistellung nicht erkennbar.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 16.05.2007 erkannt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet sei, und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Ansbach verwiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Auffassung im wesentlichen damit begründet, entsprechend der Entscheidung des
OVG Münster vom 06.08.2002 sei der Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit gegeben. Es fehle an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Zuständigkeit, weil es sich nicht um Angelegenheiten nach §§ 94, 95 oder 139
SGB IX handele. Es sei festzuhalten, dass es sich bei der Schwerbehindertenvertretung angesichts der in §§ 95, 96
SGB IX und
Art. 32
ff. BayPVG enthaltenen Bestimmungen ebenso wie beim Personalrat um ein gesetzliches Organ der Betriebs-
bzw. Dienststellenverfassung handele. Bei der vorliegenden Streitigkeit gehe es um Rechte und Pflichten des Organs "Schwerbehindertenvertretung". Der Freistellungsanspruch finde seine Grundlage in der besonderen Stellung des Organs und nicht in dem persönlichen Dienst-
bzw. Arbeitsverhältnis desjenigen Beschäftigten, der jeweils die Aufgabe der Vertrauensperson wahrnehme. Dies sei für die vergleichbare Freistellung von Mitgliedern der Personalvertretungen allgemein anerkannt.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist den Vertretern der Antragstellerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 21.05. 2007 zugestellt worden. Mit ihrer am 04.06.2007 zum Arbeitsgericht eingereichten sofortigen Beschwerde selben Datums beruft sich die Antragstellerin auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.11.2003 mit der Begründung, hier habe das
BAG gerade nicht mehr darauf abgestellt, ob in einer Dienststelle ein Betriebs- oder ein Personalrat existiere. Nach dem Gesichtspunkt der Sachnähe sei nicht nachzuvollziehen, warum Angelegenheiten, die das Organ Schwerbehinderung direkt beträfen, vor den Arbeitsgerichten zu behandeln seien, der Streit über den Umfang der Freistellung jedoch nicht. Die Antragsgegnerin wendet ein, der Gesetzgeber hätte die Vorschrift des § 96
SGB IX in die Regelungen der Rechtswegzuständigkeit des § 2a
ArbGG aufgenommen, hätte er die Begründung der Zuständigkeit auch für die dort geregelten Fragen gewollt.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren durch Beschluss vom 22.08.2007 dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt. Es hat die Auffassung vertreten, die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des
BAG beziehe sich allein auf die Frage der Wahl der Schwerbehindertenvertretung, nicht auf Freistellungen.
Die Antragstellerin hat hiergegen eingewandt, die Entscheidung des
OVG Münster überzeuge nicht. Die von
BAG vom 02. September 1989 (
1 AZR 465/88) getroffene Unterscheidung sei angesichts der durch das arbeitsrechtliche Beschleunigungsgesetz mit der Erweiterung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG inzwischen geltenden Rechtslage überholt. Im übrigen gehe es auch in den Regelungen der §§ 94 und 95
SGB IX um die Organstellung der Schwerbehindertenvertretung.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingereichte sofortige Beschwerde ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit ist entsprechend § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG eröffnet.
1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dafür, in welcher Gerichtsbarkeit und in welcher Verfahrensart Streitigkeiten zwischen der Schwerbehindertenvertretung und der Dienststelle über den Umfang der Freistellung bestehen, nicht vorhanden ist. Die durch das Arbeitsrechtsbeschleunigungsgesetz vom 30.03. 2000 (BGBl. I 2000, 333) eingeführte Regelung hat die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen im Beschlussverfahren nur auf die in §§ 24, 25
SchwbG - im wesentlichen wortgleich mit §§ 94, 95
SGB IX - geregelten Tatbestände bezogen, nicht aber auf Regelungssachverhalte, die in § 26
SchwbG - jetzt § 96
SGB IX - festgehalten sind. Auch in den verwaltungsrechtlichen Vorschriften existiert eine ausdrückliche Regelung derartiger Ansprüche nicht.
2. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei der Ergänzung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG die Vorschrift des § 26
SchwbG bewusst nicht mit aufgenommen hätte, sind nicht erkennbar.
a. Die Regelung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG bezog sich zuvor auf die Vorschrift des § 54c
SchwbG. Diese regelte - ähnlich wie die jetzige Regelung in § 139
SGB IX - die Einrichtung von Werkstatträten, die Wahlberechtigung hierzu, Fragen der Zusammensetzung, Amtszeit und Durchführung der Wahl sowie Art und Umfang der Mitwirkung der Werkstatträte. Der Wille des Gesetzgebers bei der Erweiterung auf die Schwerbehindertenvertretung durch Aufnahme der §§ 24, 25
SchwbG bestand darin, eine Lücke zu schließen. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 13/11289 vom 17.07.1998) heißt es hierzu: "Im Rahmen der Gesetzesänderung vom 23. Juli 1996 (BGBl. I,
S. 1088) wurde verabsäumt klarzustellen, dass nicht nur die Angelegenheiten der Werkstatträte der Behinderten gemäß § 54c
SchwbG, sondern auch die Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretung (§§ 24, 25
SchwbG) im Beschlussverfahren zu entscheiden sind." Wenn man überhaupt etwas aus der Begründung ablesen kann, dann den Schluss, dass der Gesetzgeber mit "die Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretung" sämtliche dieser Angelegenheiten gemeint haben dürfte.
b. Dies gilt umso mehr deshalb, weil es nähere Regelungen hinsichtlich der Rechtsstellung der Werkstatträte über die Vorschrift des § 54c
SchwbG hinaus nicht gibt - alles Nähere über die Werkstatträte sollte durch
Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung geregelt werden (§ 54c
Abs. 4
SchwbG). Es waren also sämtliche die Werkstatträte betreffenden Streitigkeiten der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren unterstellt - die Werkstatträte waren und sind der Entscheidung durch die Verwaltungsgerichte umfassend entzogen. Wenn der Gesetzgeber eine Gleichstellung der Schwerbehindertenvertretung mit den Werkstatträten herbeiführen wollte, spricht vieles dafür, dass er auch sämtliche Regelungen des Organs Schwerbehindertenvertretung der entsprechenden Regelung im Beschlussverfahren vor den Arbeitsgerichten unterstellen wollte.
c. Zu beachten ist auch, dass die Rechtslage vor Inkrafttreten dieser Ergänzung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG sehr problematisch war. Eigene Regelungen über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bestanden für die Schwerbehindertenvertretung nicht. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Vertrauensleuten- soweit sie Arbeitnehmer und nicht Beamte waren - waren die Arbeitsgerichte im Urteilsverfahren zuständig. Das Bundesarbeitsgericht hatte daher zunächst auch entschieden (Beschluss vom 16.08.1977,
1 ABR 49/76), dass Ansprüche des Vertrauensmannes auf Ersatz von Schulungskosten im Urteilsverfahren auszutragen seien. Auch im Schrifttum ging es vorrangig um die Frage, ob die Vertrauensleute der Schwerbehinderten ihre Rechte im Beschlussverfahren geltend machen könnten oder ob sie auf das - wegen der fehlenden Kostenfreiheit, der fehlenden Kostenerstattung im Verfahren erster Instanz und des Beibringungsgrundsatzes - für sie ungünstigere Urteilsverfahren angewiesen seien; im wesentlichen wurde die Möglichkeit zur Geltendmachung der Ansprüche im Beschlussverfahren mangels gesetzlicher Regelung abgelehnt, so dass die Vertrauensleute auf das arbeits- oder verwaltungsrechtliche Urteilsverfahren verwiesen wurden (Einzelheiten
vgl. bei
BAG vom 21.09.1989, 1 AZR 465/88, zitiert nach juris). Das
BAG hat diese Rechtsprechung im Urteil vom 21.09.1989 teilweise aufgegeben. Es hat im wesentlichen ausgeführt, die Schwerbehindertenvertretung sei ebenso ein gesetzliches Organ der Verfassung des Betriebes oder der Dienststelle wie der Betriebs- oder Personalrat oder der Sprecherausschuss für leitende Angestellte. Rechte und Pflichten dieses Organs "Schwerbehindertenvertretung" hätten nicht im Arbeitsverhältnis des jeweiligen Amtsinhabers, sondern unmittelbar in den Vorschriften über Aufgaben, Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung ihre Grundlage. Aus dem Gesamtkomplex der Regelungen über die Zuständigkeit zur Entscheidung im Beschlussverfahren werde deutlich, dass der Gesetzgeber Rechtsstreitigkeiten zwischen den Organen der gesetzlichen Verfassung des Betriebes oder der Dienststelle in einem besonderen Verfahren, nämlich dem Beschlussverfahren entschieden sehen wollte; hinsichtlich des Betriebsrats sei das Beschlussverfahren vor den Arbeitsgerichten, hinsichtlich des Personalrats dasjenige vor den Verwaltungsgerichten gegeben. Dies rechtfertige es, auch Rechtsstreitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Organs "Schwerbehindertenvertretung" im Beschlussverfahren zu entscheiden, zumal es an einer anderen ausdrücklich normierten Zuständigkeitsregelung fehle und zumal diese Streitigkeiten nicht als Streitigkeiten "aus dem Arbeitsverhältnis" angesehen werden könnten (a.a.O. unter I.3. der Entscheidungsgründe).
Das Bundesarbeitsgericht hat in der genannten Entscheidung also trotz fehlender gesetzlicher Regelung das Beschlussverfahren als zutreffende Verfahrensart angesehen. Es hat den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht verwiesen mit der Begründung, wenn sich die Zuständigkeit zur Entscheidung im Beschlussverfahren daraus ergebe, dass die in der Dienststelle gebildete Schwerbehindertenvertretung wie der Personalrat ein gesetzliches Organ dieser Dienststelle sei, müssten auch die für Personalvertretungsrecht zuständigen Verwaltungsgerichte über derartige Streitigkeiten entscheiden. Dies gelte umso mehr, als die Vertrauensleute der Schwerbehindertenvertretung nach § 26
Abs. 3
SchwbG - heute § 96
Abs. 3
SGB IX - die gleiche persönliche Rechtsstellung besäßen wie im Betrieb die Betriebsräte, in der Dienststelle aber die Personalräte. Für den konkreten Streit, der über das Beteiligungsrecht des in der Dienststelle gebildeten Vertrauensmannes bei Einstellungen geführt wurde, seien daher die Verwaltungsgerichte zuständig.
Auf diese grundsätzliche Unterscheidung - Ursprung der Streitigkeit in den organschaftlichen Beziehungen einerseits, im Arbeitsverhältnis andererseits -nimmt auch das
OVG Münster im Beschluss vom 06.08.2002 (ZTR 2003, 103, zitiert nach juris) Bezug.
d. Nach alldem muss davon ausgegangen werden, dass es dem Gesetzgeber mit der Ergänzung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG im Jahr 2000 in erster Linie darum ging, der Schwerbehindertenvertretung in organschaftlichen Streitigkeiten die Verfahrensart des Beschlussverfahrens zu eröffnen, nicht aber um die Abgrenzung zwischen arbeits- und verwaltungsgerichtlichem Beschlussverfahren.
3. Der Gesetzgeber hat mit der Einfügung der §§ 24, 25
SchwbG in die Vorschrift des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG ungeachtet seiner Motive tatsächlich nicht nur die Verfahrensart - Eröffnung des Beschlussverfahrens für organschaftliche Streitigkeiten der Schwerbehindertenvertretung -, sondern auch den Rechtsweg geregelt. § 2a
ArbGG differenziert insoweit nicht. Wenn das Beschlussverfahren nach dieser Vorschrift eröffnet ist, dann auch bei den Gerichten für Arbeitssachen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Streitigkeit sich auf ein Organ der Betriebs- oder auf ein solches der Dienststelle bezieht. Das Beschwerdegericht folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darin, dass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Organstreitigkeiten aus dem Recht der Schwerbehindertenvertretung auch dann gegeben ist, wenn es sich um eine in einer Dienststelle gebildete Vertretung handelt (Beschluss vom 11.11.2003,
7 AZB 40/03, EzA § 2a
ArbGG 1979
Nr. 22, zitiert nach juris). Das Bundesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung ausdrücklich aufgeführt, dass die früher angestellten Überlegungen über die Sachnähe zu Betriebs- oder zu Personalräten angesichts der nunmehrigen gesetzlichen Klarstellung ohne Bedeutung seien. Mit der Ergänzung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG sei die Grundlage für eine sinngemäße Ergänzung der Vorschriften des Betriebs-
bzw. Personalvertretungsrechts entfallen. Der Gesetzgeber habe diese Bestimmung nicht auf die Betriebe der Privatwirtschaft beschränkt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe lasse sich die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung daher nicht mehr begründen.
4. Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zur Entscheidung im Beschlussverfahren für organschaftliche Streitigkeiten der Schwerbehindertenvertretung mit der Aufnahme der §§ 24, 25
SchwbG - jetzt §§ 94, 95
SGB IX - in § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG allerdings nur unvollständig eröffnet. Er hat die Zuständigkeit sowohl für Streitigkeiten über die Wahl der Schwerbehindertenvertretung einschließlich Amtszeit, Ausscheiden und Erlöschen des Amtes als auch für Streitigkeiten, die sich aus den Aufgaben der Vertretung ergeben, normiert. Dies betrifft etwa auch Streitigkeiten, die sich aus der Heranziehung von weiteren Mitgliedern zur Erfüllung der Aufgaben ergeben (§ 95
Abs. 1
S. 4
SGB IX;
vgl. insoweit etwa
BAG vom 07.04.2004,
7 ABR 35/03 für die Heranziehung in einer Dienststelle), ebenso Streitigkeit bei der Zusammenarbeit mit Betriebs-, aber auch mit Personalräten (§ 95
Abs. 3 bis
6 SGB IX). Nicht ausdrücklich einbezogen sind, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist, Streitigkeiten, die sich aus den in § 96
SGB IX geregelten Sachverhalten ergeben. Gemäß der amtlichen Überschrift regelt die Vorschrift des § 96
SGB IX "persönliche Rechte und Pflichten der Vertrauenspersonen .". Für solche persönliche Rechte und Pflichten ist eine Einbeziehung in § 2a
ArbGG auch nicht angebracht, weil sich solche Rechte und Pflichten - im übrigen auch von Betriebs- und Personalratsmitgliedern - in der Regel aus der Rechtsstellung der Vertrauensleute in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer ergeben. Solche Rechte sind im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltend zu machen, soweit es sich bei den Personalratsmitgliedern nicht um Beamte handelt. Die Nichtaufnahme in die Zuständigkeitsregelung des § 2a
ArbGG erscheint - geht man von dieser Überschrift und einem erheblichen Teil der in § 96
SGB IX geregelten Sachverhalte aus - konsequent. Allerdings enthält § 96
SGB IX nicht nur solche persönlichen Rechte und Pflichten, sondern in
Abs. 4, in
Abs. 8 und
Abs. 9 auch Rechte, für die bei Betriebs- oder Personalratsmitgliedern die Geltendmachung im Beschlussverfahren eröffnet ist.
5. Offenbar hat der Gesetzgeber übersehen, dass es in diesen Vorschriften über die vollständige Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung, über die Kosten der Schwerbehindertenvertretung, über die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen und über die Zurverfügungstellung sachlicher Mittel für die Verrichtung der Tätigkeiten nicht um persönliche Rechte des jeweiligen Schwerbehindertenvertreters, sondern um Rechte des Organs geht. Es handelt sich um eine offenbar nicht bedachte Gesetzeslücke. Zur Schließung dieser Gesetzeslücke bleiben letztlich drei Möglichkeiten: Entweder man verweist die Schwerbehindertenvertretung auch in diesen Punkten tatsächlich, wie die Überschrift suggeriert, auf das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren. Oder man eröffnet für diese wenigen Punkten das Beschlussverfahren und lässt - so offenbar das
OVG Münster (a.a.O.) - die Überlegungen zur Abgrenzung nach Sachnähe der Organe zu Betriebsrat einerseits und Personalrat andererseits weiterhin durchgreifen. Oder man schließt die Lücke dadurch, dass man hinsichtlich dieser Streitigkeiten aus Sachnähe zu den anderen organschaftlichen Streitigkeiten der Schwerbehindertenvertretung entsprechend §§ 94, 95
SGB IX die Zuständigkeitsregel des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG ausdehnt.
6. Das Beschwerdegericht hält es für angebracht, für die genannten organschaftlichen Streitigkeiten, die in § 96
SGB IX aufgeführt sind, die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zur Entscheidung im Beschlussverfahren anzunehmen. Die Verweisung auf das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren - die im übrigen auch das
OVG Münster ablehnt - erscheint angesichts des ausdrücklichen Willens des Gesetzgebers bei der Ergänzung des § 2a
ArbGG, der Schwerbehindertenvertretung dieselben prozessualen Möglichkeiten zu eröffnen wie den Betriebs- und Personalräten, nicht als sachgerecht. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen auch sie gerade nicht das Kostenrisiko eines arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens tragen. Auch das
OVG Münster, dem sich das Arbeitsgericht angeschlossen hat, muss, um zur Zuständigkeit im verwaltungsgerichtlichen Beschlussverfahren zu gelangen, eine Gesetzeslücke annehmen und nach allgemeinen Gesichtspunkten der Sachnähe entscheiden. Der Gesetzgeber hat jedoch durch die Zuweisung nicht nur sämtlicher Vorschriften zur Wahl und Ablösung, sondern auch durch die Zuweisung aller Fragen über die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung an die Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit fast sämtliche organschaftlichen Fragen den Gerichten für Arbeitssachen übertragen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie in einem Betrieb mit Betriebsrat oder einer Dienststelle mit Personalrat auftreten. Dies rechtfertigt es, die wenigen organschaftlichen Streitpunkte, die in § 96
SGB IX geregelt sind, ebenso zu behandeln wie die in §§ 94 und 95
SGB IX geregelten Sachverhalte. Hierfür spricht auch der Grundsatz der Sachnähe. Würde man dies trennen, wären zwar die Arbeitsgerichte für die Frage zuständig, welche Aufgaben die Vertretung zu erfüllen hätte, die Verwaltungsgerichte aber dafür, welche Zeit - Freistellung - hierzu benötigt würde. Die Arbeitsgerichte müssten entscheiden, ob die Vertrauensperson im Falle einer Schulungsteilnahme das Entgelt fortgezahlt erhielte, die Verwaltungsgerichte darüber, ob die Vertrauensperson an der Schulung teilnehmen könne. Die Arbeitsgerichte müssten darüber befinden, ob das stellvertretende Mitglied zur Erledigung von Aufgaben hinzugezogen werden kann (§ 95
Abs. 1
S. 4
SGB IX), die Verwaltungsgerichte aber darüber, ob die Vertrauensperson zu 50 oder 100 Prozent freizustellen ist. Eine solche Lösung erschiene als unpraktikabel und gekünstelt. Der Gesichtspunkt der Sachnähe spricht daher ebenso wie die Historie und die Begründung des Gesetzgebers ("Angelegenheiten der Schwerbehindertenvertretung") dafür, auch für die genannten organschaftlichen Streitpunkte, zu denen die streitgegenständliche Frage zählt, die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Beschlussverfahren festzulegen (so auch
VG Ansbach vom 23.08.2001, AN 8 P 01.00937;
VG Berlin vom 08.07.2003, 62 A 11.03, jeweils zitiert nach juris; ausdrücklich Etzel, AR-Blattei SD Arbeitsgerichtsbarkeit XII 160.12 Rn. 30; Matthes in Germelmann u.a.,
ArbGG, 5. Aufl. 2004, § 2a Rn. 24; Pahlen in Neumann u.a.,
SGB IX, 11. Aufl.2005, § 96 Rn. 24;:wohl auch Koch in Erfurter Kommentar, 7. Aufl. 2007, § 2a
ArbGG Rn. 4; wohl auch Walker in Schwab/Weth,
ArbGG, § 2a Rn. 86; a.A.
OVG Münster vom 06.08.2002, 1 E 141/02.PVL, a.a.O.; wohl auch Dörner in
GK-
ArbGG § 2a Rn. 72 am Ende).
7. Nach alldem ist die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen eröffnet. Der anderslautende Beschluss des Arbeitsgerichts ist daher aufzuheben.
8. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf die unklare Rechtslage dieser regelmäßig auftretenden Problematik und auf die zitierte abweichende Auffassung des
OVG Nordrhein-Westfalen veranlasst.
9. Als Wert der Rechtswegstreitigkeit erscheint ein Drittel des Hauptsachewertes - hier Regelwert - als angemessen.