I.
Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle im Zusammenhang mit "mobilem Arbeiten".
Die Beteiligte zu 2.) ist ein Betrieb innerhalb des Unternehmens ............. Bei der Beteiligten zu zwei. Sind
ca. 650 Mitarbeiter beschäftigt. Der Sitz des Betriebes der Beteiligten zu 2. befindet sich in .................... Es gibt bundesweit weitere Standorte.
Der Beteiligte zu 1.) ist der im ........................ Betrieb gebildete Betriebsrat.
Jedenfalls seit Beginn der aktuellen Corona-Pandemie arbeiten verschiedene Beschäftigte ganz oder teilweise außerhalb des Betriebes der Beteiligten zu 2.
Die Betriebsparteien haben Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum "mobilem Arbeiten" aufgenommen. Der Beteiligte zu eins hat hierzu den Entwurf einer entsprechenden Betriebsvereinbarung vorgelegt. Insofern wird Bezug genommen auf Bl. 4-Bl. 8 der Akte. Nach § 2
Nr. 1 des Entwurfes soll mobiles Arbeiten eine Arbeitsformen sein, die nicht in einer Arbeitsstätte gemäß § 2
Abs. 1
ArbStättV oder an einem fest eingerichteten Telearbeitsplatz im Privatbereich des Beschäftigten ausgeübt wird. Der Entwurf enthält in § 7 eine Regelung zur Überlassung von Arbeit-und Kommunikationsmittel zur Frage der Kostentragung. § 8 dieses Entwurfs ist eine Regelung zur Leistung-und Verhaltenskontrolle enthalten. In § 11 dieses Entwurfs sind Regelungen zur Einhaltung des Datenschutzes enthalten und in § 12 ist eine Regelung zur Haftung für Schäden bei mobil tätigen Arbeitnehmern enthalten.
Die Arbeitgeberin ist in Verhandlungen über diesen Entwurf eingetreten. Der Betriebsrat hat am 07.12.2020 das Scheitern der Verhandlungen am festgestellt.
Am 03.02.2021 hat eine außerordentliche Sitzung des Betriebsrats stattgefunden. Die näheren Einzelheiten sind zwischen den Beteiligten streitig. Gegenstand dieser Betriebsratssitzung soll die Einleitung des vorliegenden Verfahrens und die Beauftragung der hiesigen Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats sein.
Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Einigungsstelle vorliegend gemäß § 100
ArbGG im einzusetzen sei.
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Aufstellung einer Betriebsvereinbarung über "mobiles Arbeiten", die insbesondere die Aspekte "Arbeitsschutz" und "Arbeitszeit" bei dieser Arbeitsformen regeln soll, wird der ehemalige Richter am Arbeitsgericht Frankfurt ........................ bestellt. Die Zahl der Beisitzer wird auf drei festgesetzt.
Die Beteiligte zu 2. beantragt,
den Antrag zurück zu weisen.
Die Beteiligte zu 2.) ist der Ansicht, dass der Antrag unzulässig sei. Zum einen bestreitet die Beteiligte zu zwei die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats. Zum anderen ist die Beteiligte zu zwei. Der Auffassung, dass der streitgegenständliche Antrag zu unbestimmt sei, da nicht klar sei, inwieweit die Einigungsstelle tätig werden soll. Im Übrigen ist die Beteiligte zu 2.) der Auffassung, dass die betriebsinternen Verhandlungen noch nicht gescheitert seien.
Die Antragsschrift ging beim Arbeitsgericht Köln am .................... ein und wurde der Beteiligten zu 2.) am .................... zugestellt (Bl. 14 d.A.). Der Anhörungstermin fand am .................... . Statt. Etwaige Zustellungsmängel sind gemäß § 295
ZPO geheilt worden, da sich die Beteiligte zu 2.) im Anhörungstermin rügelos zur Sache eingelassen hat.
II.
Der Antrag ist unzulässig, so dass die begehrte Einigungsstelle nicht einzusetzen ist.
1. Der Antrag des Betriebsrats ist unzulässig, da er entgegen § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO nicht hinreichend bestimmt ist.
a) Gemäß § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO ist Voraussetzung einer zulässigen Klage die Angabe von Grund und Gegenstand des Anspruchs sowie eines bestimmten Antrags. Diese Norm gilt im Beschlussverfahren gleichermaßen wie im Urteilsverfahren (ständige Rechtsprechung, etwa
BAG, Beschluss vom 13. März 2001 - 1 ABR 34/00, AP
BetrVG 1972 § 99 Einstellung
Nr. 34, zu B II 1;
BAG, Beschluss vom 15. Januar 2002 -
1 ABR 13/01, AP
BetrVG 1972 § 87 Gesundheitsschutz
Nr. 12, zu B II 2 a). Sie gilt auch für einen Antrag auf Bestellung einer Einigungsstelle gemäß
§ 76 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 BetrVG iVm. § 100
ArbGG als Gestaltungsantrag. Im Verfahren nach § 100
ArbGG wird nicht nur die Person des Vorsitzenden und erforderlichenfalls die Zahl der Beisitzer festgelegt, sondern auch der Kompetenzrahmen der Einigungsstelle bestimmt. Die gerichtliche Vorgabe des Regelungsgegenstands aus dem Bestellungsverfahren kann nicht durch eine streitige Entscheidung der Einigungsstelle, sondern nur von beiden Betriebspartnern einvernehmlich abgeändert werden. Dementsprechend muss der Antragsteller im Bestellungsverfahren zwar nicht den Inhalt der von ihm angestrebten Regelung darlegen, wohl aber hinreichend konkret angeben, über welchen Gegenstand in der Einigungsstelle verhandelt werden soll (
LAG Köln, Beschluss vom 9. Dezember 2016 - 9 TaBV 67/16, Rn. 35, juris;
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 1 TaBV 47/13, Rn. 29 f., juris; Hess.
LAG, Beschluss vom 31.01.2006 - 4 TaBV 208/05, Rn 23, juris;
LAG Hamburg, Beschluss vom 01.02.2007 - 8 TaBV 18/06, Rn. 30, juris; Hess.
LAG, Beschluss vom 31. Januar 2006 - 4 TaBV 208/05, AuR 2006/214, zu II 2;
LAG Köln, Beschluss vom 18. Februar 1998 - 7 TaBV 66/97, AuR 1998/378 (Ls);
LAG Niedersachsen, Beschluss vom 7. Dezember 1998 - 1 TaBV 74/98 - LAGE
ArbGG 1979 § 98
Nr. 35, zu II 1 c aa).
Die Prüfung der Voraussetzungen von § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO ist nicht auf den Offensichtlichkeitsmaßstab von § 100
Abs. 1
S. 2
ArbGG beschränkt. Dieser kann zwar auch für Prozessvoraussetzungen gelten, kommt aber nur bei Zulässigkeitsvoraussetzungen in Betracht, die in Zusammenhang mit der Zuständigkeit der Einigungsstelle stehen und die nicht ohne weiteres auf Grund des Antrags und der Antragsbegründung geprüft werden können, etwa für die Beteiligtenfähigkeit (
vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 2. November 1998 - 4 TaBV 6/88, LAGE
ArbGG 1979 § 98
Nr. 16;
LAG Nürnberg, Beschluss vom 5. April 2005 - 7 TaBV 7/05, LAGE
ArbGG 1979 § 98
Nr. 44, zu II A 2 b aa). Die Erfüllung der formellen Voraussetzungen eines zulässigen Antrags nach § 253
ZPO schafft dagegen erst die Grundlage der Zuständigkeitsprüfung gemäß § 100
Abs. 1
S. 2
ArbGG und ist daher auch im Einigungsstellenbestellungsverfahren uneingeschränkt zu überprüfen (Hess.
LAG, Beschluss vom 11. September 2012 - 4 TaBV 192/12, Rn. 15 mwN, juris).
b) Einigungs- oder Bestellungsgegenstand bei der Errichtung einer Einigungsstelle ist auch die Bestimmung des von ihr zu verhandelnden Regelungsgegenstands. Dieser kann weit gefasst werden, was nicht zuletzt dem im Einigungsstellenverfahren angelegten Einigungsvorrang (§ 76
Abs. 3 Satz 3
BetrVG) entspricht. Stets aber muss hinreichend klar sein, über welchen Gegenstand die Einigungsstelle überhaupt verhandeln und
ggf. durch Spruch befinden soll. Das ist schon deshalb unerlässlich, weil mit dem Regelungsgegenstand der Zuständigkeitsrahmen der Einigungsstelle abgesteckt wird und nur so der gesetzgeberischen Konzeption genügt werden kann, eine regelungsbedürftige Angelegenheit im Rahmen der gestellten Anträge vollständig zu lösen. Denn ein Einigungsstellenspruch ist auch dann unwirksam, wenn die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht ausreichend nachkommt und keine abschließende Regelung trifft (
BAG, Beschluss vom 28. März 2017 -
1 ABR 25/15, Rn. 11, NZA 2017, 1132). Für das Einigungsstellenverfahren sowie einer gerichtlichen Überprüfung der Zuständigkeit der Einigungsstelle oder ihres Spruchs muss daher erkennbar sein, für welche konkreten Regelungsfragen sie errichtet worden ist (
BAG, Beschluss vom 19. November 2019 - 1 ABR 22/18, Rn. 20, NZA 2020, 266).
Das gilt auch für eine Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten im Bereich der Mitbestimmung nach
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Arbeits- und Gesundheitsschutz). Diesem Mitbestimmungstatbestand ist immanent, dass die Betriebsparteien und damit auch die Einigungsstelle nicht nur Regelungs-, sondern auch Rechtsfragen zu behandeln haben. Der Regelungsauftrag muss aber den gegenständlichen Regelungsbereich ausreichend erkennen lassen, damit die Einigungsstelle beurteilen kann, welcher Auftrag für sie besteht und wann er beendet ist. Insoweit konkretisiert sich der Regelungsauftrag einer im Bereich der Mitbestimmung nach § 87
Abs. 1
Nr. 7
BetrVG errichteten Einigungsstelle regelmäßig nach der auszufüllenden Rahmenvorschrift des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (
BAG, Beschluss vom 19. November 2019 - 1 ABR 22/18, Rn. 20, NZA 2020, 266;
BAG, Beschluss vom 28. März 2017 - 1 ABR 25/15, Rn. 11, NZA 2017, 1132).
c) Gemessen hieran ist der streitgegenständliche Antrag nicht hinreichend bestimmt. Zwar mag der Begriff der "mobilen Arbeit" entsprechend der in § 2
Nr. 1 des Entwurfs der begehrten Betriebsvereinbarung enthaltenen Definition noch hinreichend bestimmt sein. Aber anhand des Entwurfes wird gleichzeitig klar, dass die Mobile Arbeit zugleich mehrere Mitbestimmungstatbestände des § 87
BetrVG berührt, nämlich § 87
Abs. 1
Nr. 1,
Nr. 2,
Nr. 3,
Nr. 6,
Nr. 7 sowie gegebenenfalls auch
Nr. 10
BetrVG. Es ist nach der Antragstellung vollkommen unklar welche einzelnen Aspekte aus dem Katalog des § 87
Abs. 1
BetrVG die Einigungsstelle inhaltlich betrachten und eine Regelung hierzu treffen soll. Bei dem insofern unbestimmten Gegenstand der Einigungsstelle "mobiles Arbeiten" ist also ein "bunter Strauß an Themen" zu behandeln, ohne dass im Einzelnen ersichtlich wäre, ob und inwieweit diesbezüglich überhaupt Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien im Bestehen. Im Übrigen kann bei dem Regelungsgegenstand der Einigungsstelle, wie er sich aus dem streitgegenständlichen Antrag ergibt, nicht bestimmt werden, ob und wann die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nach ausreichend nachgekommen ist. Auch durch das Wort "insbesondere" und die beiden gesondert genannten Aspekte des Arbeitsschutzes und der Arbeitszeit wird der Antrag nicht hinreichend konkretisiert (aA
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25.02.2020 - 5 TaBV 1/20, Rn. 38, juris).. Soweit es den Gesundheitsschutz betrifft hat der Antragsteller nicht dargelegt, welche Aspekte dieses Rahmenmitbestimmungsrechts von der Einigungsstelle behandelt werden sollen. Im Übrigen ergibt sich aus dem Wort "insbesondere", dass nicht nur diese beiden Themen sondern auch noch weitere Themen und damit Mitbestimmungstatbestände nach § 87
Abs. 1
BetrVG in der Einigungsstelle behandelt werden sollen, ohne dass sich dies aus dem streitgegenständlichen Antrag ergeben würde. Mobiles Arbeiten setzt nämlich regelmäßig die Nutzung eigener oder dienstlich beschaffter elektronischer Endgeräte voraus. Diese Geräte und die hiermit produzierten Daten lassen es typischerweise zu, das Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (
vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25.02.2020 - 5 TaBV 1/20, Rn. 44, juris). Insofern liegt ein unbestimmter Regelungsauftrag vor, der aufgrund seiner inhaltlichen Unbestimmtheit nicht geeignet ist, eine Spruchkompetenz der Einigungsstelle zu vermitteln.
2. Angesichts der mangelnden Bestimmtheit des streitgegenständlichen Antrages gemäß § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO kann es dahinstehen, ob der Antrag auch mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Betriebsrats unzulässig wäre.
3. Die vorliegende Entscheidung ergeht durch den Vorsitzenden allein (§ 100
Abs. 1 Satz 1
ArbGG).