Nachdem die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, konnte das Gericht gemäß § 101
Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung, dass der zulässige Überprüfungszeitraum einer auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gerichteten Verpflichtungsklage mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides endet, geht das Gericht davon aus, dass auch die Klagebegehren des Klägers sich nicht über diesen Zeitraum hinaus erstrecken. Darüber hinaus geht das Gericht davon aus, dass sich das an den Widerspruch vom 14. November 2001 anknüpfende Klagebegehren des Klägers nur auf den Zeitraum November und Dezember 2001 bezieht, obwohl der Widerspruchsbescheid erst am 31. Januar 2002 erging, da über den Widerspruch des Klägers vom 27. Dezember 2001 gegen die Kindergeldanrechnung im Rahmen der Sozialhilfeberechnung für Januar 2002 im Bescheid vom 17. Dezember 2002 bisher noch nicht entschieden wurde. Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass er trotz der ausdrücklichen Mitteilung der Widerspruchsbehörde, die Entscheidung über seinen Widerspruch vom 27. Dezember 2001 werde zurückgestellt, auch den diesem Widerspruch zu Grunde liegenden Streitgegenstand zum Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens machen wollte.
Die so verstandenen Klagen des Klägers sind zulässig und auch begründet.
Der Kläger hat gemäß § 11
Abs. 1 BSHG Anspruch auf Gewährung weiterer Hilfe zum Lebensunterhalt für die streitgegenständlichen Zeiträume in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe. Denn die angegriffenen Sozialhilfeberechnungen der Beklagten erweisen sich insoweit als rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als das für ihn gewährte Kindergeld als sein Einkommen angerechnet wurde, § 113
Abs. 5 Satz 1
VwGO.
Gemäß § 11
Abs. 1 BSHG ist Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, wenn und soweit der Hilfe Suchende seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen decken kann. Dabei sind nach § 76
Abs. 1 BSHG als Einkommen grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen, soweit sie nicht auf Grund gesetzlicher Ausnahmeregelungen außer Ansatz zu bleiben haben. In diesem Sinne sind gemäß § 77 BSHG zweckbestimmte Leistungen auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften nur dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie zum selben Zweck gewährt werden wie die Sozialhilfe. Kindergeld stellt nach gefestigter Rechtsprechung Einkommen im Sinne des § 76
Abs. 1 BSHG dar, das demselben Zweck dient wie die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt,
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.01.1965 - V C 32.64 -, FEVS 12, 81, vom 25.11.1993 - 5 C 8.90 -, FEVS 44, 36 und vom 21.6.2001 - 5 C 7.00 - FEVS 53, 113;
OVG NRW, Urteile vom 17.10.1995 - 8 A 3699/95 - und vom 29.5.2001 - 16 A 455/01 -, FEVS 53, 273.
Allerdings ist auch das Kindergeld nach dem in der Sozialhilfe geltenden Individualisierungsgrundsatz Einkommen desjenigen, dem es zusteht und dem es gewährt wird, nämlich des Kindergeldberechtigten, und damit im Regelfall - und so auch im vorliegenden Fall - Einkommen eines Elternteils. Einkommen des Kindes kann das Kindergeld nur werden, wenn es an das Kind weitergegeben wird. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in einer Entscheidung vom 7. Februar 1980, Az: 5 C 73.79, FEVS 28, 177,
in Weiterentwicklung vorausgegangener Entscheidungen herausgestellt hat, bedarf es insoweit der Feststellung eines zweckorientierten Weitergabeaktes an das Kind im konkreten Fall. Diese Feststellung im Einzelfall könne nicht durch eine Vermutung ersetzt werden. Auch könne eine solche Weitergabe nicht bereits im Falle des §Wirtschaftens aus einem Topf' angenommen werden, indem das Kindergeld wie auch anderes Einkommen der Eltern in eine gemeinsame Kasse fließen, aus der sämtliche Ausgaben für den Familienhaushalt - also auch der Lebensunterhalt des Kindes, für das Kindergeld gewährt werde - bestritten wird. Vielmehr müsse feststellbar sein, dass das Kindergeld gesondert behandelt und ausschließlich und unmittelbar für den Bedarf des Kindes verwandt wird, für welches das Kindergeld gezahlt wird. Diesem Ansatz hat sich das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auch unter Hinweis auf einen Aufsatz von Lutter, Kindergeld und Wohngeld in der Bedarfsberechnung für die Hilfe zum Lebensunterhalt, ZfSH/SGB 1997, 391, in neuerer Zeit noch einmal ausdrücklich angeschlossen,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.8.1997 - 8 B 2289/97 -, Urteile vom 29.5.2001 - 16 A 455/01 -, a.a.O. und vom 26.9.2002 - 16 A 4104/00 -.
Auch andere Obergerichte sind dieser Rechtsprechung gefolgt,
vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21.9.1999 - 4 M 3318/99 -, FEVS 51, 376;
OVG Hamburg, Beschluss vom 3.4.2002 - 4 Bs 20/02 -, NVwZ-RR 2002, 756;
OVG Koblenz, Urteil vom 23.5.2002 - 12 A 10375/02 -, FEVS 54,45.
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen zweckorientierten Weitergabeakts vom Vater des Klägers als Kindergeldberechtigtem an den Kläger sind vorliegend nicht erkennbar und werden auch von der Beklagten weder behauptet noch dargelegt.
Nach dem dargestellten klaren Rechtsansatz des Bundesverwaltungsgerichts, wie er in der neueren Rechtsprechung wiederholt herausgestellt wurde, kann die konkrete Feststellung eines zweckorientierten Weitergabeakts auch nicht durch eine auf die Einkommensverhältnisse innerhalb der Haushaltsgemeinschaft gestützte Vermutung ersetzt werden. Soweit die Beklagte dafür auf § 16 BSHG verweist und sich auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 2000, Az: 1 TG 444/00, FEVS 52, 114, beruft, kann dem vorliegend nicht gefolgt werden.
Zwar wird nach § 16 Satz 1 BSHG vermutet, dass ein Hilfe Suchender von Verwandten oder Verschwägerten, mit denen er in einer Haushaltsgemeinschaft lebt - ohne dass diese schon nach § 11
Abs. 1 BSHG mit ihrem gesamten Einkommen und Vermögen für den Lebensunterhalt des Hilfe Suchenden einstehen müssen -, Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, die dann als Einkommen des Hilfe Suchenden anzurechnen sind, wenn dies nach dem Einkommen und Vermögen des jeweiligen Verwandten oder Verschwägerten zu erwarten ist. Dabei wird in ständiger Rechtsprechung die Frage, wann Leistungen von einem Verwandten oder Verschwägerten erwartet werden können, nach dessen Leistungsfähigkeit beantwortet, die unter Rückgriff auf die in mehrjährigen Abständen aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe (im weiteren: Empfehlungen des Deutschen Vereins,
EDV) und die Tabellen der Oberlandesgerichte zum Unterhaltsrecht (insbesondere Düsseldorfer Tabelle, im weiteren: DT) beurteilt wird.
Vgl.
BVerwG, Urteile vom 29.2.1996 - 5 C 2.95 -, FEVS 46, 441 und vom 1.10.1998 - 5 C 32.97 -, FEVS 49, 55;
OVG NRW Beschluss vom 4.8.1997 - 24 E 441/95 -, Urteil vom 18.8.1997 - 8 A 4742/96 -, NWVBl 1998, 121.
Jedoch konnte der Kläger, der auf Grund seiner Volljährigkeit mit seinen Eltern keine Einstandsgemeinschaft im Sinne von § 11
Abs. 1 BSHG, sondern lediglich eine Haushaltsgemeinschaft unter Verwandten im Sinne von § 16 BSHG bildet, nach diesem Maßstab von seinem Vater in keinem der streitgegenständlichen Zeiträume Unterhaltsleistungen erwarten. Denn die dem Vater des Klägers zur Verfügung stehenden Mittel überstiegen den ihm als nicht gesteigert Unterhaltspflichtigem für sich und seine nicht erwerbstätige Ehefrau nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins und den Regelungen der Düsseldorfer Tabelle zuzugestehenden Selbstbehalt nicht. Dem Vater flossen neben dem Kindergeld in Höhe von 270,00 DM im Juli 2000 Einkünfte in Höhe von 2.107, 94 DM (Arbeitslosengeld) und im November 2001 in Höhe von 2.623,01 DM (Renten, Wohngeld) zu. Die für den Vater und die Mutter des Klägers nach Ziff. 118
EDV 2000
i.V.m. Abschnitt A. Ziff. 5, Abschnitt B. VI. Ziff. 2 DT (Stand: 1.7.1999
bzw. 1.7.2001) anzusetzenden Selbstbehalte beliefen sich auf 2.750,00 DM (1.800,00 DM + 950,00 DM) für Juli 2000
bzw. 3.010,00 DM (1.960, 00 DM + 1.050,00 DM) für November 2001. Übersteigt damit der angemessene Selbstbehalt in beiden Zeiträumen bereits die dem Vater des Klägers tatsächlich zufließenden Einkünfte, kann offen bleiben, ob der Vater des Klägers noch abzugsfähige Ausgaben geltend machen könnte.
Darüber hinausgehende Anknüpfungspunkte für eine vermutete Weitergabe von Einkommensbestandteilen lassen sich der Regelung des § 16 BSHG nicht entnehmen. Insbesondere ist die im vorliegenden Fall gegebene Konstellation, dass zwar der Verwandte oder Verschwägerte nicht leistungsfähig im Sinne von § 16 Satz 1 BSHG
i.V.m. EDV und DT ist, sein Einkommen jedoch seinen und den seiner Ehefrau nach sozialhilferechtlichen Maßstäben berechneten Bedarf übersteigt, nicht geeignet, die Vermutung des § 16 BSHG auszulösen. Vielmehr missachtet das Abstellen auf die Deckung des eigenen sozialhilferechtlich ermittelten Bedarfs im Rahmen des § 16 BSHG als Ansatzpunkt für die Vermutung, dass darüber hinausgehendes Einkommen für Hilfe suchende Verwandte der Haushaltsgemeinschaft eingesetzt wird, die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung, §sonstige§ Verwandte der Haushaltsgemeinschaft gegenüber den Ehepartnern und Eltern minderjähriger Kinder zu privilegieren, die nach § 11
Abs. 1 BSHG uneingeschränkt mit ihrem über den eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf hinausgehenden Einkommen und Vermögen für den Ehepartner und minderjährige Kinder einstehen müssen.
Hat demnach die Beklagte zu Unrecht das für den Kläger gezahlte Kindergeld bei der Berechnung des Sozialhilfeanspruchs bedarfsmindernd auf dessen Einkommen angerechnet, resultieren daraus für die streitgegenständlichen Zeiträume die aus dem Tenor ersichtlichen weiter gehenden Leistungsansprüche des Klägers. Dabei war für den Zeitraum Juli bis September 2000 zu berücksichtigen, dass zwar auch insoweit die Anrechnung des Kindergeldes auf das Einkommen des Klägers in vollem Umfang rechtswidrig war, der Kläger aber diese Berechnung nur in Höhe eines Teileinkommensbetrages von 20,00 DM angegriffen hat. Deshalb ist die Sozialhilfegewährung für Juli bis September 2000 und die ihr zu Grunde liegenden Berechnungen im Übrigen bestandskräftig geworden, weshalb das Gericht die Beklagte für diesen Zeitraum nur verpflichten kann, die bereits gewährte Sozialhilfe um den Betrag aufzustocken, um den sich der Leistungsanspruch des Klägers bei Außerachtlassung eines Einkommensbetrages von 20,00 DM erhöht.
Die Klagen haben damit in vollem Umfang Erfolg, ohne dass es eines Eingehens auf die weitere Argumentation des Klägers bedürfte.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154
Abs. 1, 188 Satz 2 1. Halbsatz
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.