Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte eine dem Kläger erteilte Kostenzusage über die Bewilligung von Eingliederungshilfe zurücknehmen und aufgewendete Kosten zurückverlangen darf.
Der 1956 geborene Kläger leidet an einer angeborenen Hirnleistungsschwäche und an einer seelischen Behinderung. Im Schwerbehindertenausweis vom 26. Februar 1993 ist der Grad der Behinderung mit 60 % angegeben. Der Kläger erhält eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Er steht unter rechtlicher Betreuung.
Der Kläger ging in der Zeit vom 1. März 1996 bis zum 13. März 2000 einer Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Behinderte nach. Auf seinen Antrag vom 27. März 1996, gestellt durch seinen Betreuer, übernahm der Beklagte durch Bescheid vom 21. Mai 1996 ab dem 1. März 1996 die durch die Beschäftigung des Klägers im Arbeitsbereich der Werkstatt für Behinderte entstehenden Kosten durch unmittelbare Zahlung der genehmigten Pflegesätze. Der Bescheid wurde an den rechtlichen Betreuer des Klägers gerichtet. Bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe an die Kläger war der Beklagte auf der Grundlage der vom Betreuer des Klägers vorgelegten Unterlagen davon ausgegangen, dass der Vermögensfreibetrag des Klägers 49.500,00 DM betrug. Demgemäß wurde der rechtliche Betreuer des Klägers in dem Bescheid vom 21. Mai 1996 um Mitteilung gebeten, sofern das Vermögen des Klägers den Vermögensfreibetrag von 49.500,00 DM übersteigen sollte.
Der rechtliche Betreuer des Klägers legte dem Beklagten am 23. September 1998 Unterlagen aus der Betreuungsakte des Amtsgerichts S vor. Aus diesen Unterlagen ergab sich
u. a., dass der Kläger zu Miterbe nach seiner am 9. Mai 1997 verstorbenen Mutter geworden war und dass sich das Erbe aus einem Grundstück mit einem geschätzten Wert von 280.000,00 DM sowie aus Barvermögen zusammensetzte. Aus den Unterlagen des Amtsgerichts S ergab sich weiter, dass das Vermögen des Klägers zum 31. Dezember 1997 72.497,78 DM betrug.
Der Beklagte nahm durch Bescheid vom 22. Dezember 1998 seinen Bescheid vom 21. Mai 1996 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 zurück und stellte zugleich die Bewilligung von Eingliederungshilfe für die Zeit ab dem 1. Januar 1999 ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Kläger zum 31. Dezember 1997 über verwertbares Vermögen in Höhe von 72.497,78 DM verfüge und die ihm zustehende Vermögensfreigrenze um 22.997,78 DM überschritten sei, so dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe nicht mehr gegeben seien.
Der Kläger ließ anwaltlich vertreten Widerspruch einlegen und vortragen, dass er nicht über verwertbares Vermögen oberhalb der ihm zustehenden Vermögensfreigrenze verfüge, weil er Geldbeträge in Höhe von etwa 33.000,00 DM langfristig festgelegt habe; dieses Geld benötige er für seine Alterssicherung; über die Erbschaft nach dem Tod seiner Mutter könne er ebenfalls nicht verfügen, weil eine ungeteilte Erbengemeinschaft vorliege und alle Erben beschlossen hätten, das Grundstück nicht zu verwerten.
Im Widerspruchsverfahren teilte der die Erbschaft nach der Mutter verwaltende Bruder des Klägers mit, dass das langfristig angelegte Lebensversicherungsdepot aus einer Rentennachzahlung und einem Geldgeschenk der Tante des Klägers eingerichtet worden sei; der Nachlass der Mutter bestehe aus einem 1/4-Anteil am Barvermögen von insgesamt 140.000,00 DM und aus 1/4- Anteil am Hausgrundstück.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers, soweit er sich gegen die Einstellung der Hilfegewährung ab dem 1. Januar 1999 richtete, durch Widerspruchsbescheid vom 9. März 2000 zurück. Die hiergegen beim Sozialgericht N eingereichte Klage nahm der Kläger zurück.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers, soweit er sich gegen die Rücknahme der Hilfegewährung für das Jahr 1998 richtete, durch Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2000 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Bescheid vom 21. Mai 1996 wegen der geänderten Vermögensverhältnisse des Klägers mit Wirkung vom 1. Januar 1998 habe zurückgenommen werden müssen; das dem Kläger seit dem 1. Januar 1998 auf Grund der Erbschaft zur Verfügung stehende Vermögen habe ausgereicht, um die Kosten der Beschäftigung des Klägers in der Werkstatt für Behinderte zu decken; zu einer Weiterbewilligung über den 1. Januar 1998 sei es nur deshalb gekommen, weil der rechtliche Betreuer des Klägers es unterlassen habe, den Beklagten unverzüglich über die geänderten Vermögensverhältnisse zu unterrichten; dieses Fehlverhalten müsse sich der Kläger zurechnen lassen.
Der Beklagte ließ in seinem Widerspruchsbescheid ausdrücklich offen, ob die Rücknahme des Bescheides vom 21. Mai 1996 auf § 45 oder auf § 48
SGB X gestützt werden könne, weil er der Ansicht war, dass die Voraussetzungen beider Vorschriften im Falle des Klägers erfüllt seien.
Der Kläger hat am 29. Mai 2000 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass den rechtlichen Betreuer des Klägers kein Verschulden daran treffe, die geänderten Vermögensverhältnisse nicht rechtzeitig an den Beklagten gemeldet zu haben; er habe als juristischer Laie davon ausgehen können, dass dem Kläger durch die Erbschaft nach dem Tod seiner Mutter kein verwertbares Vermögen zugeflossen sei, weil es sich um eine ungeteilte Erbengemeinschaft gehandelt habe.
Der Kläger lässt weiter vortragen, dass eine Rücknahme des Bescheides vom 21. Mai 1996 durch den Bescheid vom 22. Dezember 1998 rechtlich nicht mehr zulässig sei, weil die in § 45
Abs. 3 Satz 1
SGB X geregelte Frist von zwei Jahren nicht eingehalten worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 22. Dezember 1998 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Bescheide,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat durch Bescheid vom 24. Mai 2000 die in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 erbrachten Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt 20.498,14 DM zurückgefordert. Dieses Verfahren ruht bis zur Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30. September 2003 am 6. August 2003 erhalten. Der als alleiniger Sachbearbeiter in dieser Angelegenheit benannte Rechtsanwalt G hat am 24. September 2003 die Aufhebung des Termins vom 30. September 2003 beantragt mit der Begründung, dass er sich am 24. September 2003 zu einer am 30. September 2003 stattfindenden vom nordrhein- westfälischen Ministerium für Gesundheit, Soziales und Frauen veranstalteten Tagung zum Thema "Patientenbetreuung - Die neue Rolle der Selbsthilfe?" angemeldet habe. Dieser Antrag ist am 25. September 2003 abgelehnt worden mit der Begründung, dass die Durchführung der mündlichen Verhandlung Vorrang vor der Teilnahme an der Veranstaltung habe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers und der rechtliche Betreuer sind ohne weitere Angabe von Gründen im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Das Gericht konnte am 30. September 2003 in Abwesenheit des rechtlichen Betreuers und der Prozessbevollmächtigten des Klägers über die Klage verhandeln und entscheiden.
Der Kläger ist gemäß § 102
Abs. 2
VwGO darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
Der Antrag auf Terminsaufhebung war gemäß § 173
VwGO i. V. m. § 227
Abs. 1
ZPO abzulehnen, weil keine erheblichen Gründe vorlagen. Das öffentliche Interesse an der Durchführung einer langfristig anberaumten mündlichen Verhandlung geht dem privaten Interesse des Prozessbevollmächtigten eines Beteiligten, an einer kurzfristig anstehenden Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen, vor. Der als alleiniger Sachbearbeiter benannte Rechtsanwalt hat es zu vertreten, wenn er in Kenntnis eines angesetzten Gerichtstermins eine Anmeldung zu einer zeitgleich stattfindenden anderen Veranstaltung annimmt. Auch ist kein Grund dafür ersichtlich, warum keiner der beiden anderen Anwälte der Kanzlei den Termin hätte wahrnehmen können, zumal die dem Gericht vorgelegte Vollmacht nicht auf den als alleinigen Sachbearbeiter genannten, sondern auf einen anderen Anwalt aus der Kanzlei ausgestellt worden war.
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, denn der Bescheid des Beklagten vom 22. Dezember 1998 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2000 ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten, seinen Bescheid vom 21. Mai 1996 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 aufzuheben, ist § 48
Abs. 1
SGB X. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt gemäß § 48
Abs. 1 Satz 1
SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48
Abs. 1 Satz 2
Nr. 2
SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift liegen hier vor.
Bei dem Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 1996 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Wird Eingliederungshilfe mit Bescheid nicht zeitabschnittsweise, sondern für eine gewisse Zeit in die Zukunft und damit auf eine gewisse Dauer gewährt, sind Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse in dieser Zeit nach § 48
SGB X zu beurteilen (
BVerwG, Urteil vom 28. September 1995 - 5 C 21.93 -, FEVS 46, 360 und VGH B.-W., Urteil vom 3. April 1996 - 6 S 269/95 -, FEVS 47, 104).
Hieran anknüpfend ist der Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 1996 als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48
Abs. 1
SGB X anzusehen, weil der Beklagte in diesem Bescheid die durch die Beschäftigung des Klägers im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Behinderte ab dem 1. März 1996 entstehenden Kosten unbefristet und nicht nur Monat für Monat übernommen hat. Vielmehr zielte der Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 1996 darauf ab, dem Kläger Eingliederungshilfe für die Dauer seines Aufenthaltes in der Werkstatt für Behinderte zu bewilligen, vorbehaltlich eine Änderung der Vermögensverhältnisse.
Letzteres ergibt sich daraus, dass der Betreuer des Klägers in dem Bescheid vom 21. Mai 1996 um Mitteilung gebeten worden ist, sofern das Vermögen des Klägers den Vermögensfreibetrag von 49.500,00 DM übersteigt. In den tatsächlichen Verhältnissen des Klägers war mit Wirkung vom 1. Januar 1998 eine wesentliche Änderung eingetreten, weil ihm nach dem Tod seiner Mutter am 9. Mai 1997 Vermögen zugeflossen war, das den auf der Grundlage von § 88
Abs. 3 Satz 3, § 88
Abs. 2
Nr. 8 BSHG
i. V. m. § 1
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Buchstabe b) der Verordnung zu § 88 BSHG festgesetzten Vermögensfreibetrag von 49.500,00 DM überstieg. Die Änderung der Vermögensverhältnisse des Klägers war wesentlich, weil die Bewilligung von Eingliederungshilfe gemäß § 28
Abs. 1 Satz 1 BSHG davon abhängt, dass dem Hilfesuchenden kein vorrangig einzusetzendes Einkommen und Vermögen zur Verfügung steht. Auf der Grundlage der vom Kläger eingereichten Unterlagen des Amtsgerichts S und auf der Grundlage der Angaben des die Erbschaft nach der Mutter verwaltenden Bruder des Klägers steht für das Gericht fest, dass dem Kläger ein Wertanteil von 70.000,00 DM an dem Grundstück seiner verstorbenen Mutter mit einem geschätzten Verkehrswert von 280.000,00 DM und anteiliges Barvermögen in Höhe von 35.000,00 DM aus dem Gesamtbarvermögen seiner verstorbenen Mutter in Höhe von 140.000,00 DM, mithin 105.000,00 DM ab dem 1. Januar 1998 zur Verfügung standen. Damit war der Vermögensfreibetrag von 49.500, 00 DM deutlich überschritten und eine wesentliche Veränderung im Sinne des § 48
Abs. 1
SGB X eingetreten.
Mit Rücksicht auf diese wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse war es gemäß § 48
Abs. 1 Satz 2
Nr. 2
SGB X rechtlich zulässig, den Bescheid vom 21. Mai 1996 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 aufzuheben, weil der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse grob fahrlässig nicht nachgekommen war.
Die Pflicht zur Mitteilung der Änderung der Vermögensverhältnisse ergab sich für den Kläger aus § 60
Abs. 1
Nr. 2
SGB I. Danach hat derjenige, der Sozialleistungen erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Diese Voraussetzungen lagen hier vor, weil es für die Bewilligung von Eingliederungshilfe auf die Vermögensverhältnisse des Klägers ankam.
Der Verpflichtung aus § 60
Abs. 1
Nr. 2
SGB I ist der rechtliche Betreuer des Klägers, dessen Verhalten sich der Kläger in entsprechender Anwendung von § 278
BGB zurechnen lassen muss (
OVG NRW, Urteil vom 19. September 1994 - 8 A 469/92 -), grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Gemäß § 45
Abs. 2 Satz 3
Nr. 3 Halbsatz 2
SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Diese Regelung gilt im Rahmen des § 48
Abs. 1
SGB X entsprechend. Der rechtliche Betreuer des Klägers hat im vorliegenden Zusammenhang die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Eine besonders schwere Sorgfaltsverletzung liegt in der Regel vor, wenn jemand unmissverständlich darüber belehrt worden ist, dass er bestimmte für den Leistungsempfang wesentliche Umstände mitzuteilen hat und dies unterlässt (Wiesner in von Wulffen, Kommentar zum
SGB X, 4. Auflage 2001, § 48 Randziffer 23).
Dies trifft hier zu. Der rechtliche Betreuer des Klägers ist in dem Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 1996 ausdrücklich um Mitteilung gebeten worden, sofern das Vermögen des Klägers den Vermögensfreibetrag von 49. 500,00 DM übersteigt. Hieran anknüpfend war er verpflichtet, die ihm bekannte Änderung der Vermögensverhältnisse nach dem Tode der Mutter des Klägers unverzüglich anzugeben. Der Einwand des rechtlichen Betreuers, er habe wegen der ungeteilten Erbengemeinschaft angenommen, dass das Vermögen für den Kläger nicht verwertbar sei, greift hier nicht durch, weil der Hinweis des Beklagten in seinem Bescheid vom 21. Mai 1996 allein auf das Vorhandensein und nicht auf die Verwertbarkeit des Vermögens gerichtet war.
Dieser Hinweis entsprach auch der aus § 60
Abs. 1
Nr. 2
SGB I herrührenden Verpflichtung zur Mitteilung aller für die Leistungsbewilligung wesentlicher Umstände.
Es liegen außerdem die Voraussetzungen des § 48
Abs. 1 Satz 2
Nr. 3
SGB X für die Aufhebung des Bescheides vom 21. Mai 1996 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 vor. Nach dieser Vorschrift soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse
u. a. dann aufgehoben werden, wenn nach Erlass des Verwaltungsaktes Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall des Anspruches geführt haben würde. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat nach Erlass des Bescheides vom 21. Mai 1996 Vermögen erzielt, denn er ist nach dem Tode seiner Mutter am 9. Mai 1997 zum Erbe geworden, und zwar sowohl an einem Grundstück als auch an Barvermögen seiner verstorbenen Mutter. Das Erzielen von Einkommen setzt keinen bewussten und gewollten Akt des Anspruchsberechtigten voraus, vielmehr wird auch der Fall einer Erbschaft erfasst (Wiesner in von Wulffen,
SGB X,
a. a. O. § 48 Randziffer 24 Seite 379 und Giese in Giese/Krahmer,
SGB X - Stand: Juli 2003 -, § 48 Randziffer 9.3 unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes in Bundestags-Drucksache 8/2034
S. 35).
Das vom Kläger erzielte Vermögen hätte mit Wirkung vom 1. Januar 1998 zum Wegfall seines Anspruches auf Bewilligung von Eingliederungshilfe geführt. Hilfe in besonderen Lebenslagen, zu denen gemäß § 27
Abs. 1
Nr. 3 BSHG die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gehört, wird gemäß § 28
Abs. 1 Satz 1 BSHG gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des Abschnitts 4 nicht zuzumuten ist. Dies traf auf den Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1998 nicht mehr zu, denn er konnte das ererbte Vermögen einsetzen, um die Kosten seines Aufenthaltes in der Werkstatt für Behinderte zu finanzieren.
Vermögen ist verwertbar, wenn es wirtschaftlich verwertbar ist,
z. B. durch Verkauf, Belastung oder Verpfändung, und zwar innerhalb des Zeitraumes, in dem der Bedarf besteht und gedeckt werden muss (
BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 C 7.96 -, BVerwGE 106, 105 = FEVS 48, 145 = NJW 1998, 1879). Hieran anknüpfend verfügte der Kläger jedenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 1998 über verwertbares Vermögen in Form eines 1/4-Anteiles an dem ererbten Grundstück und an dem ererbten Barvermögen. Dieses Vermögen belief sich nach den eigenen Angaben des Klägers auf (mindestens) 105.000,00 DM. Demgegenüber belief sich der im Jahre 1998 deckende Bedarf - das sind die Kosten des Aufenthaltes in der Werkstatt für Behinderte - auf 20.498,14 DM (
vgl. den Bescheid des Beklagten vom 24. Mai 2000 über die Erstattung dieses Betrages). Selbst wenn es dem Kläger tatsächlich oder rechtlich nicht möglich gewesen sein sollte, im Jahre 1998 das ererbte Barvermögen in Höhe von 35.000,00 DM oder den Anteil an dem Grundstück in Höhe von 70.000,00 DM zu veräußern, wäre es ihm tatsächlich und rechtlich unter Mitwirkung seines Betreuers möglich gewesen, seinen Grundstücksanteil oder das nach den Angaben des Klägers langfristig festgelegte Barvermögen zu beleihen.
Zwar darf die Sozialhilfe gemäß § 88
Abs. 2
Nr. 7 nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstückes, das vom Hilfesuchenden oder einem anderen in den §§ 11, 28 genannten Personen allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach seinem Tode bewohnt werden soll. Diese Voraussetzungen lagen jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 1998 nicht vor, denn der Kläger bewohnte das ererbte Hausgrundstück nicht selbst und sein Bruder, der dort wohnte, gehört nicht zu den in §§ 11, 28 BSHG genannten Personen (in Haushaltsgemeinschaft lebende Eheleute und minderjährige Kinder).
Die Sozialhilfe darf ferner gemäß § 88
Abs. 2
Nr. 8 BSHG nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage des Hilfesuchenden zu berücksichtigen. Der kleinere Barbetrag im Sinne der vorgenannten Vorschrift belief sich bei dem Kläger gemäß § 88
Abs. 4 BSHG
i. V. m. § 1
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 b) der Verordnung zur Durchführung des § 88
Abs. 2
Nr. 8 BSHG auf 4.500,00 DM. Auch nach Abzug dieses Betrages von den vorgenannten 105.000,00 DM stand dem Kläger ausreichendes Vermögen zur Verfügung, um die Kosten seines Aufenthaltes in der Werkstatt für Behinderte im Jahre 1998 sicherzustellen.
Die Sozialhilfe darf gemäß § 88
Abs. 3 Satz 1 BSHG ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat eine Härte bedeuten würde. Dies ist gemäß § 88
Abs. 3 Satz 2 BSHG bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Dies traf bei dem Kläger im Jahre 1998 nicht zu, denn nach seinen eigenen Angaben sollte die Alterssicherung durch das längerfristig festgelegte Barvermögen in Höhe von 33.000,00 DM sichergestellt werden, das sich aus den nachgezahlten Beträgen der Erwerbsunfähigkeitsrente und dem Geldgeschenk einer Tante des Klägers zusammensetzte. Das neben diesem Betrag noch verfügbare ererbte Vermögen in Höhe von 105.000,00 DM stand dagegen uneingeschränkt weiter zur Verfügung.
Bei der Eingliederungshilfe zur Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen liegt gemäß § 88
Abs. 3 Satz 3 BSHG im Regelfall auch dann eine Härte vor, wenn das einzusetzende Vermögen den zehnfachen Betrag des Geldwertes nicht übersteigt, der sich bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen aus § 1
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Buchstabe b) der Verordnung zur Durchführung des § 88
Abs. 2
Nr. 8 BSHG ergibt. Danach lag hier für den Kläger im Jahre 1998 jedenfalls keine Härte vor, weil auch nach Abzug des nach den vorgenannten Vorschriften berechneten Vermögensfreibetrages in Höhe von 49.500,00 DM immer noch genügend Vermögen zur Verfügung stand, um den im Jahre 1998 zu deckenden Bedarf der Kosten des Aufenthaltes in der Werkstatt für Behinderte aufzubringen.
Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 48
Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 und
Nr. 3
SGB X soll der Verwaltungsakt aufgehoben werden. Eine Sollvorschrift verpflichtet die Behörde grundsätzlich, so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Wenn keine Umstände vorliegen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, bedeutet das "soll" ein "muss" (
BVerwG, Urteil vom 17. August 1978 - 5 C 33.77 -, BVerwGE 56, 220 = FEVS 27, 45 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Auf dieser Grundlage musste der Beklagte, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, den Bescheid vom 21. Mai 1996 mit Wirkung vom 1. Januar 1998 aufheben, weil sich weder dem Vorbringen des Klägers noch dem Akteninhalt ein Sachverhalt entnehmen lässt, der im Zusammenhang mit der Anwendung des § 48
SGB X als atypisch anzusehen wäre und den Beklagten hätte veranlassen müssen, von einer Aufhebung des Bescheides abzusehen. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er
bzw. sein rechtlicher Betreuer wegen der ungeteilten Erbengemeinschaft nicht über das vererbte Vermögen hätten verfügen können, macht der Kläger keinen vom Regelfall abweichenden atypischen Sachverhalt geltend. Vielmehr sollen gerade durch § 48
Abs. 1 Satz 2
Nr. 3
SGB X Fälle von ererbtem Vermögen in der Weise abgewickelt werden, dass bisher ergangene Bescheide aufgehoben werden. Dass hier eine ungeteilte Erbengemeinschaft vorgelegen haben könnte, ist in dem hier interessierenden Zusammenhang der Aufhebung des Bescheides des im Zeitpunkt der Änderung der Vermögenslage nicht als atypisch anzusehen.
Letztlich ergibt sich die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 22. Dezember 1998 nicht allein daraus, dass der Kläger entgegen der gesetzlichen Anforderung des § 24
Abs. 1
SGB X vor Erlass dieses Bescheides nicht angehört worden ist, denn dieser Verfahrensfehler ist gemäß § 41
Abs. 1
Nr. 3
i. V. m. § 41
Abs. 2
SGB X dadurch geheilt worden, dass dem Kläger Gelegenheit gegeben worden ist, vor Erlass des Widerspruchsbescheides zur Sach- und Rechtslage Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger auch anwaltlich vertreten Gebrauch gemacht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154
Abs. 1, 188 Satz 2
VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167
Abs. 2
i. V. m. §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.