II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
Gemäß § 86b
Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b
Abs. 2 Satz 2
SGG ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint.
Das Gericht kann in den Fällen, in denen in der Hauptsache eine Verpflichtungs- oder Leistungsklage zulässig ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu muss glaubhaft gemacht sein, dass das geltend gemachte Recht des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und dass der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Nach dem Sinn und Zweck des § 86b
Abs. 2
SGG soll mittels des dort geregelten Instrumentes des einstweiligen Rechtsschutzes verhindert werden, dass die Verwaltung irreparable Entscheidungen trifft und damit endgültige, vom Gericht nicht mehr zu korrigierende Umstände schafft. Demzufolge kann eine einstweilige Anordnung vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache nur erlangt werden, wenn ohne die begehrte Anordnung für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden und diese auch nicht durch die spätere Entscheidung in der Hauptsache beseitigt werden könnten. Die im Rahmen des Eilverfahrens vorzunehmende Prüfung ist dabei regelmäßig eine summarische. Die Prüfung hat um so eingehender zu erfolgen, wenn Grundrechte berührt sind und sich schwere und unzumutbare Nachteile für den Rechtsuchenden ergeben könnten, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Maßgeblich ist danach in erster Linie der wahrscheinliche Verfahrensausgang in einem Hauptsacheverfahren: Ist das Begehren dort bereits offensichtlich unzulässig oder unbegründet, kann ein Recht, das durch eine einstweilige Anordnung geschützt werden muss, nicht bestehen. Bei offensichtlicher Zulässigkeit und Begründetheit des Hauptsachebegehrens ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung demgegenüber in der Regel zu entsprechen. Bei offener Prognose hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens erfolgt die Entscheidung anhand einer Abwägung der Interessen aller Beteiligten. Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt dabei nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen in Betracht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 8. Aufl., § 86b Rn 29ff.).
Einen Erfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren, hier zunächst dem Widerspruchsverfahren, ist weder offensichtlich gegeben noch überwiegend wahrscheinlich. Bei der gegebenen Sachlage und den vorliegenden Unterlagen vermag das Gericht nicht zu beurteilen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung des begehrten Anspruchs überhaupt vorliegen.
Ein Anspruch auf Eingliederungshilfe haben nach
§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von
§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt wird. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es nach § 53
Abs. 3
SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten die Vorschriften des
SGB IX, soweit sich aus dem
SGB XII und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt (§ 53
Abs. 4
SGB XII). Leistungen der Eingliederungshilfe sind u.a. Leistungen nach
§ 41 SGB IX. Gemäß § 41
SGB IX erhalten behinderte Menschen, bei denen eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommen, Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen.
Ob beim Antragsteller eine Behinderung vorliegt, die ihn wesentlich in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzuhaben einschränkt oder nicht kann das Gericht auf Grund der vorliegenden Unterlagen nicht feststellen. Es liegen keine aktuellen medizinischen Unterlagen oder ärztliche Feststellungen über den Zustand des Antragstellers vor. Insbesondere sind keine objektivierbaren Feststellungen dazu getroffen worden, wie sich der gesundheitliche Zustand des Antragstellers aktuell auf die Teilhabe an der Gesellschaft auswirkt. Den vorliegenden medizinischen Unterlagen in Form des Reha-Entlassungsberichtes der Klinik Burg L vom 10.3.2004 kann naturgemäß keine Aussage über den aktuellen Zustand des Antragstellers entnommen werden. Das im Antragsverfahren vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Attest enthält keine aussagekräftigen Befunde und keine klinischen Beschreibungen. Es werden im wesentlichen Diagnosen mitgeteilt, die aber keine Aussage über den Umfang der bestehenden Einschränkungen und das Ausmaß der Behinderung zulassen.
Ohne die Kenntnis über die bestehenden Behinderungen des Antragstellers sowie einer entsprechenden Aussage auf Grund der bisherigen Entwicklung des Antragstellers in der WfbM vermag das Gericht auch keine Aussage darüber zu treffen, ob er in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen, wie es nach § 41
Abs. 1
SGB IX erforderlich ist. Dafür spricht zwar nach den vorliegenden Unterlagen der WfbM, insbesondere dem individuellen Hilfeplan vom 6.10.2008, einiges, objektive Aussagen dazu finden sich allerdings nicht, so dass sich das Gericht eine abschließende Aussage hierzu nicht anmaßen will.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Feststellung, ob eine wesentliche Behinderung vorliegt oder nicht, nicht entbehrlich. Die von dem Antragsgegner angestellte Überlegung vermag einen Leistungsausschluss nämlich nicht zu begründen. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 53
Abs. 1 Satz 1
SGB XII vor, besteht dem Grunde nach ein Rechtsanspruch.
Der Sinn der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für die Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen liegt zum einen darin, dass die Beschäftigten ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Eigenleistung erbringen und dadurch der Sozialversicherungspflicht unterliegen, zum anderen darin, ihnen zu ermöglichen, ihr Alltagsleben in wesentlichen Punkten so zu gestalten wie ein nicht behinderter Arbeitnehmer (
vgl. hierzu noch zu § 41 BSHG
BVerwG, Urteil vom 21.12.2005 -
5 C 26/04 -).
Die tatsächlichen Gegebenheiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, nach denen es tatsächlich eher unwahrscheinlich ist, dass ein fast 63-jähriger Arbeitsloser, bei dem diverse gesundheitliche Beeinträchtigungen bestehen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz findet, stellen keinen rechtlich begründeten Leistungsausschluss für die Eingliederungshilfe dar. Diese tatsächlichen Gegebenheiten können gar nicht in ihnen gerecht werdender Weise rechtlich abgebildet werden, da dabei zu viele Faktoren der wirtschaftlichen Gegebenheiten und des Arbeitsmarktes, die einem ständigen Wandel unterliegen, eine Rolle spielen. Eine rechtliche Untermauerung und Begünstigung dieser Tatsache, etwa durch Schaffung entsprechender Vorteile, ist auch gerade nicht gewollt. So hat der Gesetzgeber der Tendenz dieses Personenkreises vorzeitig eine Rente wegen Erwerbsminderung in Anspruch zu nehmen entgegengewirkt, indem er diese Möglichkeit durch entsprechende Rentenabschläge unattraktiv gemacht hat. Grundsätzlich wird vielmehr davon ausgegangen, dass Erwerbstätige üblicherweise - für viele Berufe sogar zwingend - (im Moment noch) mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen und eine Altersrente beziehen können. Eine ausdrückliche, für die Aufnahme in den Arbeitsbereich einer WfbM normierte Altersgrenze ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe nach § 41
SGB IX ist auch nicht allein die Integration oder Reintegration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Zwar können Integration und Reintegration auch Ziele der Leistungen im Arbeitsbereich einer WfbM sein. Nach § 41
Abs. 1
SGB IX erhalten aber auch behinderte Menschen, bei denen wegen der Art oder Schwere der Behinderung eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in Betracht kommt, diese Leistungen, bei diesen kommt eine Integration und Reintegration aber gerade nicht in Betracht. Nichts anderes ergibt sich aus § 41
Abs. 2
Nr. 3
SGB IX, wonach die Leistungen im Arbeitsbereich der WfbM u.a. auf die Förderung des Übergangs behinderter Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gerichtet sind, doch bezieht sich diese Förderung nicht auf alle beschäftigten behinderten Menschen, sondern nach dem Wortlaut dieser Norm auf die insoweit geeigneten behinderten Menschen.
Die Aufgabe der Eingliederungshilfe ist darauf gerichtet, behinderte Menschen in die Gesellschaft einzugliedern und ihnen zu einer Lebensgestaltung zu verhelfen, auf die im gesellschaftlichen Leben generell ein Anspruch besteht (
vgl. auch
BVerwG, Urteil vom 21.12.2005 - 5 C 26/04 -), bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ist damit ein grundsätzlicher Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer WfbM bis zum 65. Lebensjahr begründet. Ein Leistungsausschluss vor dem 65. Lebensjahr durch eine irgendwie geartete Altersgrenze ist, auch durch eine teleologische Reduktion der Norm, nicht zu erkennen.
Rein der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Missverständnissen weist das Gericht darauf hin, dass der Antragsteller seinen Anspruch nicht auf die von ihm im Widerspruchsverfahren zitierte Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27.12.2005 -
12 B 03.2609 - stützen kann, denn diese Entscheidung betrifft gerade keine Leistungen zur Eingliederung in das Arbeitsleben durch Aufnahme in den Arbeitsbereich einer WfbM, sondern Eingliederungshilfe durch Übernahme von Kosten für einen Besuch einer Förderstätte. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich festgehalten hat, dass mit Erreichen des Ruhestandsalters der Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe nicht grundsätzlich entfällt, deren Zweck aber nicht mehr darin bestehen kann, dem behinderten Menschen die Tagesstruktur einer im Arbeitsprozess integrierten Person zu vermitteln (Urteil vom 21.12.2005 - 5 C 26/04 -).
Vor dem Hintergrund der geschilderten offenen Tatbestandsvoraussetzungen kann ein Erfolg im Hauptsacheverfahren nicht als wahrscheinlicher als ein Misserfolg bewertet werden. Das Gericht ist im Rahmen der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in der Lage die Frage zu beantworten, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erfüllung des begehrten Anspruchs vorliegen. Die Prüfung und Bewertung des von dem Antragsteller geltend gemachten Anspruchs muss bei dieser Sachlage zunächst dem Widerspruchsverfahren, ggfs. durch weitere Sachverhaltsaufklärung, vorbehalten bleiben.
Die hiernach vorzunehmende Interessenabwägung führt nicht zum Erlass der von dem Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung. Bei dem nach den obigen Ausführungen als offen zu bewertenden Verfahrensausgang (zunächst) des Widerspruchsverfahrens kann sich das Gericht insbesondere auch vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht überzeugen. Der Antragsteller hat einen solchen nicht dargelegt. Ihm drohen keine schweren und unzumutbaren Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die spätere Entscheidung in der Sache nicht mehr in der Lage wäre. Bei seiner Mitteilung, dass bei einer fehlenden Tagesstrukturierung depressive Auswirkungen zu erwarten wären, handelt es sich um eine Behauptung, die durch nichts belegt wird. Darüber hinaus hat der Antragsteller überhaupt nicht dargelegt, dass jedwede alternative Tagesstrukturierung zur Verhinderung einer Depression fehlen würde. Ausweislich der sich nach der Aktenlage darstellenden Vermögenssituation des Antragstellers - danach ist von einem verfügbaren Vermögen in Höhe von etwa 400.000 Euro auszugehen - wäre er darüber hinaus durchaus in der Lage, zunächst selbst für die Kosten einer Leistung im Arbeitsbereich der WfbM aufzukommen. Er wäre aus eigenen Mitteln in der Lage bis zu einer Entscheidung in der Sache, längstens bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres, die Maßnahme zu finanzieren und die von ihm angenommene Notwendigkeit einer tagesstrukturienden Maßnahme durch die Tätigkeit in der WfbM zu erhalten. Die Tatsache, dass er insoweit jedenfalls in Vorlage treten müsste, überwiegt die Nachteile nicht, die für den Antragsgegner entstünden, wenn er zunächst zur Förderung der Maßnahme durch Steuermittel verpflichtet würde, nach einem späteren Obsiegen in der Sache aber die verauslagten Kosten vom Antragsteller zuzufordern hätte. Nur am Rande sei angemerkt, dass der Antragsgegner zu Recht darauf hingewiesen hat, dass tagesstrukturiende Maßnahme auch außerhalb einer Tätigkeit in der WfbM angeboten werden und vom Antragsteller in Anspruch genommen werden können. Unbeschadet der zuvor dargelegten rechtlichen Beurteilung der Altersgrenze wird sich auch der Antragsteller dem Schritt von der Erwerbs- in die Ruhestandsphase stellen und in seinem eigenen Interesse geeignete Maßnahmen ergreifen müssen.
Das vorgelegte ärztliche Attest lässt eine Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers ebenfalls nicht zu. Dort wird die Notwendigkeit einer medizinischen Mitbetreuung und die Erforderlichkeit einer adäquaten ergotherapeutischen Maßnahme bescheinigt. Diese Maßnahmen müssen aber nicht durch den Arbeitsbereich einer WfbM erbracht werden, dies ist nicht deren primäre Aufgabenstellung. Der Antragsteller hat insoweit bereits gar nicht dargelegt, dass diese für notwendig erachteten Maßnahmen durch die WfbM erbracht werden und nur durch sie erbracht werden können.
Das Gericht muss bei dieser Interessenabwägung auch berücksichtigen, dass dem Antragsteller die Befristung der Maßnahme bis zum 22.2.2009 bekannt war und er bereits bei Eintritt in die WfbM nicht sicher sein konnte, dass eine Weiterbewilligung erfolgen wird, er sich also bereits unter diesem Aspekt Gedanken über seine Tagesstrukturierung außerhalb einer Tätigkeit in der WfbM machen musste. Darüber hinaus musste das Gericht berücksichtigen, dass eine Verpflichtung des Antragsgegners in dem vom Antragsteller begehrten Sinne eine vollumfängliche Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten würde. Gründe, die dies ausnahmsweise rechtfertigen könnten, vermag das Gericht aus der bereits oben genannten Überlegung nicht zu erkennen.
Der Antrag war daher abzuweisen. Die Kostensentscheidung folgt aus § 193
SGG.