Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend dargelegt, worauf der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt. Der Senat folgt dem Sozialgericht aber nicht darin, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig ist. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Bescheid vom 29. Oktober 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2009 nicht bestandskräftig geworden. Zwar hat der Antragsteller in dem am 3. Juli 2009 bei dem Sozialgericht Kiel eingegangenen Schreiben nicht ausdrücklich Klage erhoben. Allerdings kann in dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 87
SGG gleichzeitig eine Klage gesehen werden, sofern der Antrag in entsprechender Anwendung des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) einer diesbezüglichen Auslegung zugänglich ist (so auch Landessozialgericht (
LSG) Schleswig-Holstein, Beschluss vom 9. Januar 2007 - L 11 B 520/06 AS ER in Bezug auf die Einlegung des Widerspruchs). Dies ist vorliegend zu bejahen. Zu Recht weist der Antragsteller auf den so genannten Grundsatz der Meistbegünstigung hin, wonach der Antrag unabhängig von seinem Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens vom Gericht auszulegen ist und wonach die Gerichte im Zweifel davon auszugehen haben, dass der Antragsteller alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Lei¬therer,
SGG, § 92 Rdn. 12, § 90 Rdn. 4a, Keller, a.a.O., vor § 60 Rdn. 11a). Die Auslegung muss sich danach richten, was der Antragsteller bei vernünftiger Beratung beantragt hätte. Danach hat der Senat keinen Zweifel, dass der Antragsteller mit seinem innerhalb der Klagefrist am 3. Juli 2009 bei dem Sozialgericht Kiel eingegangenen Schreiben eine Überprüfung des - von ihm auch beigefügten - Bescheids vom 29. Oktober 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2009 begehrt. Eine Auslegung dahingehend, dass er diese Überprüfung ausschließlich im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens begehrt und damit einen unzulässigen Antrag stellt, ist mit dem Grundsatz der Meistbegünstigung nicht vereinbar. Denn bei der Auslegung des Begehrens ist
Art. 19
Abs. 4 Grundgesetz (
GG) zu beachten, der auch die Effektivität des Rechtsschutzes garantiert und verbietet, den Zugang zum Gericht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Das gebietet eine sinnvolle Auslegung des vom Antragsteller Gewollten. Dieser Grundsatz wäre verletzt, wenn das Gericht dem Sachvortrag des Beteiligten eine Bedeutung beilegt, die zur Zurückweisung als unzulässig führt, während bei - nach dem Wortlaut der Erklärung möglicher - sachdienlicher Auslegung eine Sachentscheidung zu treffen wäre. Ergibt sich aus dem Inhalt einer schriftlichen Erklärung in Verbindung mit den offensichtlichen Umständen zweifelsfrei, dass ein Rechtsbehelf eingelegt werden soll, darf der Rechtsbehelf nicht nur deswegen als unzulässig behandelt werden, weil er unzulänglich formuliert ist. Es ist im Zweifel anzunehmen, dass der Betroffene den Verwaltungsakt anfechten will, der nach Lage der Sache angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Ziel zu kommen (Keller, a.a.O., vor § 60 Rdn. 11a). Nach diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Antragsteller nicht anwaltlich vertreten ist, ist in seinem am 3. Juli 2009 bei dem Sozialgericht Kiel eingegangenen Schreiben neben dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Erhebung einer Klage gegen den Bescheid vom 29. Oktober 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. Juni 2009 zu sehen.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch unbegründet, sodass die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel zurückzuweisen ist.
Dabei versteht der Senat das Begehren des Antragstellers dahingehend, dass er Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht in Form einer Ausbildung im engeren Sinne, sondern im Sinne einer Weiterbildung
bzw. Qualifizierung im Bereich der Programmierung begehrt, speziell die Förderung der Erlangung von Zertifikaten von Microsoft. Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller einen entsprechenden Anspruch nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Gemäß § 9 in Verbindung mit § 10
Abs. 1
SGB VI können an Versicherte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch solche Leistungen abgewendet werden kann
bzw. bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch die begehrten Leistungen wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Zur Feststellung der bisherigen Tätigkeit ist auf den zuletzt ausgeübten Beruf abzustellen (Niesel in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht,
Bd. I, § 10 Rdn. 3; Götze in: Hauck/ Noftz,
SGB IX,
Bd. I, § 33 Rdn. 9). Es ist hier nach Aktenlage nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auf die letzte berufliche Tätigkeit des Antragstellers als Programmierer abgestellt hat. Der Antragsteller selbst gab diese Tätigkeit, die im Versicherungsverlauf als versicherungspflichtige Beschäftigung dokumentiert ist, als letzte berufliche Tätigkeit in den Jahren 1999 bis 2001 an. Seine in der Antrags-/Klageschrift vorgenommene "Relativierung" dieser Tätigkeit als vom Arbeitsamt geförderte Maßnahmen, die nichts mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu tun gehabt hätten, steht nicht im Einklang mit seinen Beschreibungen in der Anlage zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dieser Widerspruch wird im Hauptsacheverfahren aufzuklären sein.
Das von
Dr. H in sozialmedizinisch nicht zu beanstandender Weise festgestellte Leistungsvermögen rechtfertigt den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss, dass der Antragsteller den körperlichen und geistigen Anforderungen einer Tätigkeit als Programmierer gewachsen ist, sodass er die persönlichen Voraussetzungen des § 10
Abs. 1
SGB VI nach summarischer Prüfung nicht erfüllt. Allerdings erschöpft sich der Anspruch des Antragstellers nicht auf eine Prüfung der Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem
SGB VI; vielmehr hätte die Antragsgegnerin
bzw. hat nunmehr das Sozialgericht im Hauptsacheverfahren von Amts wegen alle denkbaren Anspruchsgrundlagen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen zu prüfen. Dies folgt aus der Zuständigkeitsregelung des
§ 14 Abs. 1 und 2 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), nach der ein Rehabilitationsträger, der den Antrag nicht innerhalb von zwei Wochen an den seiner Ansicht nach zuständigen Träger weiterleitet, vorläufig im Außenverhältnis zum Antragsteller sachlich zuständig ist. Leitet bei einem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe der erst angegangene Leistungsträger den Antrag nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 14
Abs. 1
SGB IX nicht unverzüglich an den seiner Meinung nach zuständigen Träger weiter, hat er Leistungen aufgrund aller Rechtsgrundlagen zu erbringen, die in dieser Bedarfssituation für behinderte Menschen vorgesehen sind (
BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 -
B 7 AL 16/04 R = SozR 4-3250 § 14
Nr. 1 m. w. N.; Urteil vom 26. Juni 2007 -
B 1 KR 34/06 R ; Urteil vom 21. August 2008 -
B 13 R 33/07 R). Hier hat die Antragsgegnerin den Antrag nicht binnen der in § 14
SGB IX geregelten Fristen abgegeben und damit ihre Zuständigkeit bestimmt. Dementsprechend hat sie den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch auch gegen die weiteren in
§ 6 SGB IX genannten Rehabilitationsträger zu prüfen. Nach der Argumentation der Antragsgegnerin, die auf mögliche erforderliche Maßnahmen hinweist, die das Ziel haben, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Antragstellers festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen, kommt ein Anspruch des Antragstellers gemäß § 16
Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB II) in Verbindung mit den dort im Einzelnen genannten Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III), und damit gegen die Bundesagentur für Arbeit
bzw. die Arbeitsgemeinschaft in Betracht (
§ 6a SGB IX).
Eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung der beantragten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben konnte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aber nicht erfolgen, da es sich sowohl bei den Eingliederungsleistungen nach § 16
Abs. 1 Satz 2
SGB II als auch bei den Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige nach § 16
Abs. 1 Satz 3
SGB II in Verbindung mit § 97 ff
SGB III um Ermessensleistungen handelt, was bereits aus der gesetzlichen Formulierung ("kann erbringen") sowie aus den Gesetzesmaterialien folgt (BT-Drucks. 15/2997,
S. 24). Dabei wird allerdings das Ermessen auf ein reines Auswahlermessen (das "Wie" der Reha-Leistung = Art, Umfang, Dauer, Ort
etc.) beschränkt, während das Entschließungsermessen (das "Ob" der Reha-Leistung = das Erfüllen der Eingangsvoraussetzungen) als weitgehend eingeschränkt und von den Gerichten voll überprüfbar angesehen wird (
vgl. hierzu Niesel in: Kasseler Kommentar, a.a.O., § 13
SGB VI Rdn. 4
ff.; Luik in: Eicher/Schlegel,
SGB III,
Bd. 2, § 97 Rdn. 54
ff.). Selbst bei Unterstellung der Eingangsvoraussetzungen als erfüllt, käme eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren also nur bei einer Ermessensreduktion auf Null in Betracht. Es ist für den Senat jedoch nicht erkennbar, dass der Ermessensspielraum sich derart verdichtet haben könnte, dass nur eine einzige Leistung aus dem umfangreichen Katalog der möglichen Eingliederungsleistungen/Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben rechtmäßig ist. Dass eine Eingliederung des Antragstellers in den Arbeitsmarkt einzig in Form einer Qualifizierung im Bereich der Programmierung erforderlich, ausreichend und erfolgversprechend ist, drängt sich nach Lage der Akten nicht auf. Aus diesem Grund sah der Senat auch keine Veranlassung, die Bundesagentur für Arbeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren beizuladen. Dies wird allerdings im Hauptsacheverfahren erforderlich sein (siehe hierzu Götze, a.a.O., § 14 Rdn. 19).
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193
Abs. 1,
Abs. 4
SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177
SGG).